Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Comes Africae, Beaufsichtigung des Statthalters Vicarius Africae
Band IV,1 (1900) S. 637638
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3) Comes Africae. a) Constantin der Grosse pflegte in die einzelnen Dioecesen zeitweilig ausserordentliche Sendlinge mit dem Comestitel zu schicken, um die Statthalter zu beaufsichtigen, von ihnen Appellationen anzunehmen und über die Zustände der Provinzen an den Kaiser zu berichten (s. o. S. 631f. und u. Comes Orientis Nr. 64). In dieser Weise erscheinen als C. per Africam (Cod. Theod. XII 5, 1) ein Leontius um das J. 320 (Passio SS. Donati et Advocati 2 = Migne L. 8, 753; vgl. Pallu de Lessert 58) und Annius Tiberianus 326–327 (Cod. Theod. XII 1, 15. 5, 1). Solche ausserordentliche Abgesandte des Kaiserhofes sind vielleicht auch gemeint, wenn sich zwischen 351 und 354 ein africanischer Stadtrat rühmt, er habe seine Mauern hergestellt cuncta comitum executus iussa (CIL VIII 9282).

b) Claudius Avitianus, der von den übrigen Quellen immer nur als Vicarius Africae bezeichnet wird (s. Bd. II S. 2394f.) nennt sich im J. 363 auf seinen Inschriften (CIL VIII 7037. 7038): Comes primi ordinis agens pro praefectis. Er besass also als persönliche Auszeichnung die Comitiva und hätte danach Comes Africae genannt werden können, wenn nicht damals der Titel des Vicarius Africae schon zu fest eingebürgert gewesen wäre, als dass man für sein Amt einen andern gebraucht hätte.

c) Als Diocletian die militärische Gewalt von der civilen trennte, setzte er für die gesamte africanische Dioecese einen Oberfeldherrn aus dem Ritterstande ein, der den Titel dux per Africam Numidiam Mauretaniamque führte (Ephem. epigr. V 301). Doch entkleidete dieser nur den Consularis Numidiae seiner Militärgewalt; dem Praeses Mauretaniae Caesariensis blieb sie, weil seine Provinz weiter vom Sitze des Centralcommandos abgelegen und zugleich noch mehr den Einfällen der Barbaren ausgesetzt war (CIL VIII 8924. 9041. 9324). Er dürfte sich also zu jenem Dux in der Stellung eines Unterfeldherrn befunden haben. Sehr bald darauf wurde er aber unter dem Titel eines dux et praeses Mauretaniae Caesariensis wieder selbständig gemacht (s. Comes Isauriae Nr. 45) und damit die Macht jenes anderen Dux auf die Provinzen Proconsularis, Numidia und Byzacena beschränkt. Den Titel Dux führt er hier noch weiter, mindestens bis zum J. 320 (Ephem. epigr. V 752. Passio SS. Donati et Advocati 2 [638] = Migne L. 8, 753. Pallu de Lessert 58); aber schon um das J. 330 erscheint bei ihm der Comestitel (Amm. XXX 7, 3), und zwar ist derselbe nicht, wie in Isaurien und Mauretanien, dem einzelnen Commandanten als persönliche Ehre verliehen, sondern gehört notwendig zu ihrer Stellung. Am deutlichsten spricht sich dieser Unterschied in der Inschrift der Aemilia Andronica aus, die sich filia comitis Africae, nurus comitis ordinis primi Isauriae ducis nennt (CIL VI 1674). Übrigens ist auch der africanische Feldherr comes primi ordinis (CIL VIII 10937). So lange er nur Dux war, gehörte er dem Ritterstande an und führte demgemäss den Titel vir perfectissimus (Ephem. epigr. V 752), als Comes wird er Senator und vir clarissimus (CIL VIII 10937. Cod. Theod. XI 17, 3) oder nach der Rangordnung Valentinians I. vir spectabilis (Cod. Theod. XVI 2, 31. Not. dign. occ. VII 140. 179. XXV 19. 37) und steht den Vicaren an Würde gleich, wie sich aus der Reihenfolge der Ämter in der Notitia dignitatum ergiebt.

Die africanischen Militärprovinzen haben in der Notitia dignitatum (occ. XXV. XXX. XXXI) die Eigentümlichkeit, dass unter ihren Befehlshabern keine bestimmten Truppenkörper genannt werden, sondern nur eine Reihe von Praepositi limitum. Es scheint danach, dass ihre regelmässige Truppenmacht nur in den Milizen bestand, die in jenen Grenzstrichen als Bauern angesiedelt waren und bei Einfällen der Wüstenstämme jedesmal aufgeboten werden mussten. Daneben aber stehen in Africa eine Anzahl von Reiter- und Fusstruppen, die thatsächlich von dem Comes Africae befehligt werden (Not. dign. occ. VII 140. 179); doch sind es palatini oder comitatenses, die rechtlich dem Befehl der Magistri militum untergeben sind und nur als von ihnen hergeliehen gelten, obgleich einzelne davon, wie die legio tertia Augusta (Not. dign. occ. VII 151), die africanische Dioecese seit Jahrhunderten nicht mehr verlassen hatten.

Im J. 393 erscheint Gildo mit dem Titel comes et magister utriusque militiae per Africam (Cod. Theod. IX 7, 9); schon vorher hatte er acht Jahre lang das Commando der Dioecese geführt (Claud. bell. Gild. 154) und wahrscheinlich durch seine Haltung in den Kriegen des Theodosius gegen die Usurpatoren Maximus und Eugenius jene Rangerhöhung verdient, die ihn zum vir illustris machte und den Praefecti praetorio an Würde gleichstellte. Praktisch wird ihre Folge gewesen sein, dass die Duces von Mauretanien und Tripolitana seine Untergebenen wurden und die palatinen oder comitatensischen Truppen bei ihm nicht entliehene waren, sondern ihm als höchsten Feldherrn zu gehorchen hatten. Nach seinem Sturze (397) wurde die Comitiva Africae wieder in ihrer alten Form hergestellt (Cod. Theod. XVI 2, 31. XI 17, 3. IX 42, 18), doch kommt es in den J. 414 und 425–432 vor, dass der Commandant von Africa den Titel comes domesticorum et vices agens magistri militum führte (s. Bd. III S. 698f. Cod. Theod. XV 11, 1). A. C. Pallu de Lessert Vicaires et Comtes d’Afrique, Constantine et Paris 1892. Grossi-Gondi bei Ruggiero Dizionario epigrafico II 522.

[Seeck. ]