Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Als t.t. im Sakralwesen
Band III,2 (1899) S. 1509
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2) Technischer Ausdruck für die Ernennung von Priestern des pontificalen Amtskreises durch den Pontifex maximus, belegt für den Flamen Dialis (Gell. I 12, 15f. Liv. XXVII 8, 5) und die vestalischen Jungfrauen (Gell. I 12, 1—14. Gai. I 130 = Ulp. reg. 10, 5. Tac. ann. II 86. IV 16. XV 22. Suet. Aug. 31), anzunehmen aber ohne weiteres auch für die übrigen (mindestens die grossen) Flamines und den Rex sacrorum; dagegen ist in dem bei Gell. I 12, 17 erhaltenen Fragmente aus einer Rede Catos das Wort capi von der Bestellung zum Pontifex oder Augur nicht im technischen Sinne, sondern absichtlich übertreibend gebraucht (ego me nunc volo ius pontificium optime scire; iamne ea causa pontifex capiar? si volo augurium optime tenere, ecquis me ob meam augurii scientiam augurem capiat?) im Sinne von ,gewaltsam zu etwas machen‘. Denn, wie das Wort zeigt, muss der Pontifex maximus ursprünglich die Befugnis gehabt haben, die ihm geeignet scheinende Persönlichkeit unbekümmert um ihre Zustimmung zu ,greifen‘, und für die Ernennung eines Flamen Dialis wider seinen Willen giebt Liv. a. a. O. ein Beispiel aus dem J. 545 = 209. Allmählich aber wurde die Freiheit der Bestimmung immer mehr eingeschränkt und damit trat auch das Wort capere derart zurück, dass es nur noch bei den vestalischen Jungfrauen zur Anwendung kam, und zwar auch hier mit veränderter Bedeutung; denn seit einer lex Papia hatte der Oberpontifex 20 geeignete Mädchen zu nominieren, unter denen dann eines durchs Los bestimmt und dann erst durch den Pontifex maximus ,capiert‘ wurde (vgl. Mommsen St.-R. II² 24f. Marquardt Staatsverw. III² 314. 337). Für die Bestellung der anderen Priester kam das Wort c. ganz in Fortfall; das sehen wir nicht nur daraus, dass Gellius den Ausdruck flaminem Dialem capere nicht aus den Juristen der augusteischen Zeit, sondern nur aus den Memoiren Sullas belegen kann (I 12, 16) sowie aus der gelegentlichen Verwendung andrer Verba (z. B. prodere Cic. Milon. 27), sondern vor allem daraus, dass im Ausdruck sorgfältige Autoren der captio der Vestalinnen bei den Flamines anders benannte Acte gleichstellen; Tac. ann. IV 16 de flamine Diali in locum Servi Maluginensis defuncti legendo … virgini, quae in locum Scantiae capiebatur. Gai. I 130 praeterea exeunt liberi virilis sexus de parentis potestate, si flamines Diales inaugurentur, et feminini sexus, si virgines Vestales capiantur; vgl. auch Serv. Aen. VII 303: sacerdotes creari, virgines capi dicimus. Über die rechtliche Wertung der captio (s. auch Nr. 1) und die Frage, ob sie als eine mancipatio anzusehen sei oder nicht vgl. einerseits Böcking Pandekten I 217. Marquardt St.-V. III² 314, 2. Jordan Der Tempel der Vesta und das Haus der Vestalinnen 82, andererseits A. Pernice Labeo I 180ff.; S.-Ber. Akad. Berlin 1885, 1159, 2.