Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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maior, kyon, Sternbild i. d. südl. Halbkugel
Band III,2 (1899) S. 14801481
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3) Canis maior, κύων, der grosse Hund, ein, Sternbild in der südlichen Halbkugel zwischen dem Schiffe, dem Orion und dem Hasen. Eratosthenes erzählt, er sei mit einem nie fehlenden Speere zum Wächter der Europa bestellt worden und später in den Besitz von Minos übergegangen. Dieser schenkte Hund und Waffe zum Dank für seine Heilung Prokris, und deren Gemahl Kephalos führte das Tier nach Theben gegen einen Fuchs, von dem das Orakel gesagt hatte, dass er nicht getötet werden könne. So blieb Iuppiter nichts übrig, als den Fuchs in Stein zu verwandeln, der Hund aber wurde unter die Sterne versetzt. Nach der Darstellung von andern ist das Sternbild der Hund von Orion, der diesen auf der Jagd begleitet habe (C. Robert Erat. Catast. reliqu. p. 166ff.). Nach Eratosthenes enthält das Sternbild im ganzen 20, nach Ptolemaios (Μεγ. σύντ. VIII p. 72 Halma) 18 Sterne (1 erster Grösse, 5 dritter, 5 vierter, 6 fünfter, 1 sechster Grösse); von diesen hat für das Altertum besondere Bedeutung der eine Stern erster Grösse, den Arat (330) in das Kinn, Eratosthenes in die Zunge, Ptolemaios allgemein in den Mund verlegt, und der überhaupt als hellster aller Fixsterne gilt, der Sirius (auch allein als der Hund bezeichnet, Geminos Isag. c. 14. Ptolem. a. a. O. Gal. XVII 1, 17 und Procl. de sphaer. c. 15 f.). Wenn im alten Ägypten dieser Stern, dort Sothis genannt, nach einer bestimmten Dauer vollster Unsichtbarkeit (weil er tagsüber zugleich mit der Sonne am Himmel stand) zum erstenmale wieder kurz vor dem Aufgange der Sonne auf einige Momente im Osten aufleuchtete, so wusste man, dass nun der Nil wieder zu steigen begann und dass die Sonne ihre Jahresbahn durch den Tierkreis zurückgelegt hatte, es begann also ein neues Jahr. Man nennt das den Frühaufgang des Hundssternes; derselbe fiel nach den Berechnungen von G. Hofmann (Progr. des k. k. Gymn. in Triest 1879, 30. 23. 25) auf dem 38° nördlicher Breite (Athen) im J. 800 v. Chr. auf den 29. Juli (Spätaufgang 2. Januar, Frühuntergang 24. November, Spätuntergang 4. Mai), im J. 430 v. Chr. auf den 28. Juli (Spätaufgang 31. December, Frühuntergang 26. November, Spätuntergang 4. Mai), im J. 45 v. Chr. auf den 3. August (Spätaufgang 6. Januar, Frühuntergang 23. November, Spätuntergang 2. Mai). Die entsprechenden Angaben der antiken Kalender lauten bei Geminos (Wachsmuth Lydus de ostentis p. 175ff.): Frühaufgang Juli 19. 21. 23. 26. 28, Spätaufgang 11. December, Frühuntergang December 2. 7. Bei Ptolemaios (ebd. p. 215ff.): Frühuntergang Athyr 24, 27. Choiak 1. 5. 9, Spätaufgang Tybi 1. 6. 10. 14, Spätuntergang Pachon 3. 7. 12. 17, Frühaufgang Epiphi 22. 28. Mesori 4. 9. 14 (über diese Angaben Ideler Über den Kalender des Ptolemaios, Abh. Akad. Berl. 1816/1817, 197). Die römischen Ansätze sind zu finden bei Petavius in seiner Zusammenstellung Calendarium vetus Romanum. Über die Beobachtung des Frühaufgangs und Spätuntergangs vom Sirius in Babylon vgl. J. Epping Astronomisches aus Babylon 1889, [1481] 150. Schon Homer kennt den Sirius, den er als Hund des Orion und als hellsten Stern bezeichnet; er strahlt am nächtlichen Himmel des Hochsommers (ὀπώρη) und gilt als Vorbote von fieberartigen Krankheitserscheinungen (Il. XXII 26ff.; V 5 als ἀστὴρ ὀπωρινός bezeichnet). Auch Hesiod spricht von dem entnervenden Einflusse des Sirius nach seinem Frühaufgange im Hochsommer (op. 587; vgl. scut. Herc. 397, während op. 417 mit Σείριος ἀστήρ die Sonne selbst bezeichnet wird; vgl. G. Hofmann a. a. O. 33f.), womit man die Ausführungen von Arat vergleiche (Phaen. 331–337. Cic. 107ff. German. 333ff. Avien 724ff.). In einer recht verständigen Auseinandersetzung legt Geminos (isag. c. 14) dar, dass der Sirius, der in Rhodos 30 Tage, anderwärts 40, ja sogar 50 Tage nach der sommerlichen Sonnenwende zum ersten Male wieder früh aufgeht, nicht selbst, wie viele glauben, die Ursache der gesteigerten Sommerhitze ist, sondern nur das Anzeichen für ihren Eintritt.

Nicht blos die oben citierte Hesiodstelle beweist, dass Sirius auch die Sonne bezeichnen kann, sondern dieser Gebrauch des Wortes wird uns direct bestätigt von Plutarch (qu. conv. III 10, 1 p. 658 B, speciell für Archilochos bezeugt), Hesychius und Suidas. Auch Eratosthenes bemerkt a. a. O., alle solche Sterne wie der Sirius würden wegen der zitternden Bewegung des Lichtes mit dem gleichen Namen belegt. Somit war das Wort ursprünglich ein Gattungsbegriff in adjectivischer Form und konnte von jedem hellglänzenden, funkelnden Stern gebraucht werden, allmählich aber wurde es der Eigenname für den hellsten aller Fixsterne. Das stammverwandte Verbum σειριᾶν (leuchten, glänzen, funkeln) gebraucht vom Sirius Arat Phaen. 331 (ὅς ῥα μάλιστα Ὀξέα σειριάει). Vgl. Ideler Untersuchungen über den Ursprung und die Bedeutung der Sternnamen, Berlin 1809, 239f.

Die römische Bezeichnung für den Sirius ist Canicula, z. B. Manilius I 396ff. V 207 (vgl. Scaliger z. d. St.). Plin. n. h. II 107f. 123. 130 und sonst; da der sog. kleine Hund (προκύων) im Lateinischen keinen besonderen Namen hat, so möchte Plinius (n. h. XVIII 268) den Vorschlag machen, dafür die Bezeichnung canicula zu verwenden, worin ihm aber zum Glück niemand, ausser etwa Hygin. astron. II 4 (p. 36 Bunte) gefolgt ist (Franz Harder Astrognostische Bemerkungen zu den römischen Dichtern 1893, 6).