Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Teil d. röm. Staatsdomäne
Band III,2 (1899) S. 14411442
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Campanus ager. Dieser Teil der römischen Staatsdomaenen, der in der agrarpolitischen Bewegung der Republik eine so hervorragende Rolle gespielt hat, umfasste das gesamte Territorium des ehemaligen Municipium sine suffragio Capua, das 211 v. Chr. zur Strafe für seine Empörung erobert und aufgelöst worden war. Nur von diesem a. C. soll hier gesprochen werden und nicht von jenen Landstrichen, welche bei dem ersten Anschluss Capuas an Rom 340 v. Chr. dieser Gemeinde abgenommen worden waren, dem ager Falernus und dem ager Stellas, die nach ihrer Erwerbung eigentlich gleichfalls als a. C. bezeichnet werden konnten; da das Gebiet des Falernus rasch an römische Bürger in Ackerlosen verteilt und daraus bereits 318 die Bürgertribus Falerna gebildet worden ist, während der Stellas maioribus consecriert wurde (Suet. Caes. 20, vgl. Mommsen CIL X p. 460), war die Rechtslage dieser Landstriche eine andere geworden, noch bevor (211 v. Chr.) die capuanische Mark vom römischen Staat eingezogen wurde.

In diesem Jahre ager omnis et tecta publica populi Romani facta, ceterum habitari tantum tamquam urbem Capuam frequentarique placuit, corpus nullum civitatis nec senatus nec plebis concilium nec magistratus esse; denn praesens utilitas vicit: nam propter agrum, quem omni fertilitate terrae satis constabat primum in Italia esse, urbs servata est, ut esset aliqua aratorum sedes, Liv. XXVI 16. Noch während des hannibalischen Krieges, im J. 205, veranlasste Geldnot die erste Veräusserung eines Teiles: agri Campani regionem a fossa graeca ad mare versam vendere quaestores iussi, indicio quoque permisso, qui ager civis Campani fuisset, uti is publicus populi Romani esset Liv. XXVIII 46. Es muss aber damals in dieser Gegend noch viel Terrain unverkauft geblieben sein, da bei der Deduction der Bürgercolonien Liternum und Volturnum 194 v. Chr. (Liv. XXXIV 45, der in dem gleichen Zusammenhang auch Puteoli, Salernum und Buxentum mit aufführt, wie es scheint durch zu starke Kürzung seiner Quelle) von den deducierenden Triumvirn ager divisus est, qui Campanorum fuerat (vgl. Mommsen CIL X p. 356). Auch 199 v. Chr. haben die Censoren sub Tifatis Acker vom a. C. verkauft, Liv. XXXII 7. Sonst sollte die Bodenrente vom a. C., dem orbis terrae pulcherrimus (Cic. de lege agr. II 76), in die Staatskasse fliessen, wofür bereits 210 gesorgt wurde, Liv. XXVII 3, 1. Im J. 209 wurde geradezu gesetzlich angeordnet: censores ut agrum, Campanum fruendum locarent, Liv. XXVII 11, 8. Die widerrechtlichen Occupationen von Privaten veranlassten 173 ein SC, L. Postumium consulem ad agrum publicum a privato terminandum in Campaniam ire, ebd. XLII 1, 6. 19, 1, und nachdem der Consul seinen Auftrag ausgeführt hatte, ein tribunicisches Gesetz 172 v. Chr., ut agrum Campanum censores fruendum locarent, quod factum tot annis post captam Capuam non fuerat, ut in vacuo vagaretur cupiditas privatorum. Wie schwer die Übergriffe der Privaten erfolgreich zu verhindern waren, zeigt das Auskunftsmittel, zu dem die Regierung sich wenige Jahre danach, vor 162, gezwungen sah: dem Praetor urb. Lentulus senatus permisit agrum Campanum, quem omnem [1442] privati possidebant, coemeret, [u]t publicus fieret; et possesso[r]es Lentulo concesserunt pretia constitueret. nec fefellit vir aequus; nam tanta moderatio[ne] usus est, ut et [r]ei p. commoda et [po]ssess[oru]m tempera[n]s [in tabulas publicas] ad [i]u[g]e[rum milia] quinquaginta (vgl. Cic. ad Att. II 16, 1; de lege agr. 76-78) [referr]et. agrum [e]um in [fundos] minu[t]os divisum [mox ad pr]et[i]um indictu[m locavit et mul]to plures [quam sperarant agros ei rei] praepositus reciperavit formamque agrorum in ae[s] incisam ad Libertatis fixam reliquit, quam postea Sulla corrupit, Licinianus p. 15. Cic. de leg. agr. II 81. 82. Aus wenig späterer Zeit stammt ein Terminationsstein, der ausser den Grundbuchsmarken die Namen C. [Se]mpr[on]iu[s Ti. f. Grac(chus)], Ap. Claudius C. f Polc(her), P. Licinius P. f. Cras(sus) IIIvir(i) a(gris) i(udicandis) a(dsignandis) trägt, CIL X 3861[WS 1] (mit wichtiger Correctur der Lesung Not. d. scavi 1897, 122f.).

Dieser Rechtszustand erhielt sich, bis Caesar als Consul, 59 v. Chr., im Verlauf der Vorbereitungen seiner Ackergesetze auch für die Deduction einer Colonie nach Capua und die Aufteilung des a. C. und des ager Stellas (durch XXviri Varro de r. r. I 2, 10. Mommsen St.-R. II³ 628f.) die verfassungsmässige Erlaubnis erhielt; er hatte anfänglich den a. C. nicht mit in seinen Adsignationsplan aufgenommen, Plut. Cat. min. 33. Dio XXXVIII 1, 4. Wiederholt war das gleiche Ziel von den Führern der demokratischen Partei schon früher angestrebt worden; von Ti. Gracchus (Plut. Ti. Gracch. 8, aber so schüchtern, dass Cic. de leg. agr. II 82 behaupten konnte: duo Gracchi... agrum Campanum attingere ausi non sunt), von Brutus 83 (der sogar die Deduction einer Colonie durchsetzte und durchführte, Cic. II 92f., ohne dass indes, nach dem Siege der sullanischen Partei, ihre Auflösung hätte verhindert werden können) und von Servilius Rullus 63 v. Chr., gegen dessen Anträge Cicero als Consul in vier Reden, von denen die ersten drei erhalten sind, sich ausgesprochen hat. Von der caesarischen Gesetzgebung (speciell von der lex Mamilia Roscia Peducaea Alliena Fabia), die das Muster für die späteren Stadtstatute geworden ist, sind in den Schriften der Feldmesser drei Abschnitte, c. 53-55, erhalten, I 263ff. (daraus bei Bruns Fontes iuris⁵ 94f. abgedruckt). Näheres in der ausgezeichneten Darstellung Mommsen CIL X p. 365ff. Im übrigen vgl. Capua.

Anmerkungen (Wikisource)