Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Bukoliker zu Ende des 2. Jh. v. Chr. von Smyrna
Band III,1 (1897) S. 481 (IA)–482 (IA)
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6) B., auf dem Landgute Phlossa bei Smyrna geboren (Suid. s. Θεόκριτος. Schol. Anth. Pal. IX 440 [ὁ Σμυρναῖος]. Stob. flor. XXIX 52 [= Anth. III 29, 52 Hense]; flor. LXIV 21; Anspielung darauf bei dem Verfasser des Epitaphios [Ps.-Moschos ΙII] 74), ist in der Reihe der namentlich bekannten griechischen Bukoliker der letzte (Suid. a. a. O. Schol. Anth. Pal. IX 440, vgl. Suid. s. Μόσχος. Serv. praef. Verg. ecl.; richtig beurteilt von Buecheler Rh. Mus. XXX 40) und hat etwa am Ausgang des 2. Jhdts. v. Chr., vielleicht auf Sicilien, gelebt (alle Angaben in älteren Ausgaben beruhen auf den von Naeke Op. I 167 als Fälschung des M. Musurus erkannten Versen [Mosch.] III 97ff.). Mit diesem allgemeinen Zeitansatz stimmt gut, dass im Epitaph. Adonid. (I Ziegl.) die von Ahrens als interpoliert ausgeschiedenen, von Buecheler (Jahrb. f. Philol. LXXXVII 1863, 109) mit Recht verteidigten Verse 64–66 eine Polemik gegen den etwas älteren Nikander (frg. 65) enthalten. Sonst wissen wir über B.s Leben nichts; der Hinweis im Epitaphios 120, dass er vergiftet sei, ist, wie Buecheler nach dem Vorgange G. Hermanns mit Recht annimmt, nur als poetische Fiction zu betrachten. Seine Gedichte, in eine Sammlung Βουκολικά, wonach Stobaios citiert, vereinigt, enthielten u. a. mehrere Epyllien, von denen aber nur spärliche Bruchstücke bei Stobaios erhalten sind: Hyakinthos (frg. 11 Ziegl., Gegenstück zu einem gleichnamigen Gedichte Nikanders?, neben diesem von Ovid. met. X 162–219 benützt [Knaack Anal. Alex. Rom. 60f.], Anspielung darauf Epitaph. Bion. 6), Galateia (oder Kyklops) frg. 12 (14. 15?, vgl. Epitaph 59ff. und Holland De Polyphemo et Galatea, Lpz. Stud. VII 249–253) und wahrscheinlich Orpheus (Epitaph. 14ff. 128. 135f.). Erhalten ist der Epitaphios des Adonis, allerdings nicht unter seinem Namen, aber bereits von Camerarius auf Grund zahlreicher Anspielungen im Epitaph. Bion. mit Sicherheit dem Dichter zugeschrieben; ferner eine Anzahl kleiner Stücke meist erotischen Inhalts, ἐρωτύλα oder μελύδρια, wie sie B. selbst bezeichnend nennt. Der interessante Epithalamios des Achilles und der Deidamea, in dem die auch bei Statius (Achilleis) vorliegende hellenistische Sagenversion berücksichtigt zu sein scheint, ist dagegen B. ohne Grund von Ursinus beigelegt worden (anonym im cod. Vat. 1311, im [482] Vat. 1379 von Triclinius verkehrterweise dem Theokrit zugeschrieben, Hiller Beitr. z. Textgesch. d. griech. Bukoliker 35. 59). Auch der Versuch, im theokriteischen Corpus Stücke dem Dichter zuzuweisen, muss als verfehlt bezeichnet werden; der Κηριοκλέπτης ([Theokr.] 19), den Valckenaer und G. Hermann für bioneisch hielten, gehört eher dem Moschos an (Hiller a. a. O. 57). B. ist nicht ohne Talent, aber zum Weichlichen und Sentimentalen neigend. Am besten sind ihm kleine Tändeleien gelungen; der Epitaphios ist ein rhetorisches Prunkstück in schwulstiger Sprache, womit er Theokrits Adoniazusen (100–144) fortzusetzen und zu überbieten sucht. Die Übereinstimmung mit einem pompejanischen Wandbilde notiert Helbig Untersuch. üb. die campan. Wandmalerei 224. Übertrieben klingt das Lob seines Schülers (103f.) im Epitaph. Bion. (12 ἀπώλετο Δωρὶς ἀοιδά), wohl so ziemlich des letzten Vertreters der hellenistischen Bukolik (im sullanischen Zeitalter, Buecheler Rh. Mus. XXX 31). Im Versbau zeigt sich ein Vorherrschen der Daktylen, wogegen die Spondeen nur unter bestimmten Bedingungen zugelassen sind, also bereits eine Vorstufe der nonnianischen Technik. Im Epitaphios ist eine strophische Gliederung mit Kehrreim trotz der ziemlich verderbten Überlieferung noch erkenntlich.

Litteratur: Meist mit Moschos (s. d.) zusammen herausgegeben und commentiert, die älteren Ausgaben und Erläuterungsschriften wegen des verkehrten chronologischen Ansatzes fast unbrauchbar). Bionis et Moschi carmina rec. G. Hermann, Berlin-Leipzig 1849; ed. Chr. Ziegler, Tübingen 1868 (mit krit. App. nach neuen Collationen), Einzelausgabe des Epitaphios Adon. von Ahrens, Leipzig 1854 (dann in den Bucol. Graec). Hiller Beiträge z. Textgeschichte der griech. Bukoliker, Leipz. 1888 (u. a. neue Ausg. des Epitaph. Adon.). Th. Schmitz Adnot. ad Bion. et Mosch. carm., Diss. Münster 1856. F. C. Goebbel Progr. Warendorf 1862. H. Stier De Bionis et Moschi Epitaphiis, Diss. Berl. 1864. Fritzsche Progr. Güstrow 1867. R. Peiper Jahrb. f. Philol. LXXXVII 617–623. 762–766. C. Lang Eos II 204–223 (fast alles willkürliche Responsionstheorien, ohne Förderung der Kritik). Buecheler Bions Grablied auf Adonis, Jahrb. f. Philol. LXXXVII 106–113 (gegen Ahrens, mit vortrefflichen Verbesserungen und massvoller Responsionsannahme); Rh. Mus. XXX 33–41 (hier zuerst richtige Zeitbestimmung). W. Stein De Moschi et Bionis aetate, Diss. Tübingen 1893 (setzt B. hauptsächlich auf Grund metrischer Untersuchungen in die erste Hälfte des 1. Jhdts. v. Chr.; nicht wahrscheinlich). Zur Kritik: C. Hartung Philol. XXXVII 567. XLI 346–350 (ohne Bedeutung), v. Wilamowitz Herm. XIV 163. Über den Sprachgebrauch Kaibel Herm. XVII 423 (ἀπὸ κοινοῦ), über die Metrik noch Kunst De Theocr. versu heroico (Diss. phil. Vindob. I 1887) 12–14. W. Meyer S.-Ber. Akad. Münch. 1884 II 979ff.

[Knaack. ]

Nachträge und Berichtigungen

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Band S I (1903) S. 252 (EL)
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S. 480ff. zum Art. Bion:

6) Der Adonis B.s ist griechisch und deutsch von v. Wilamowitz (Berlin 1900) besonders herausgegeben worden (mit lehrreichen Bemerkungen über die raffinierte Kunst des Dichters, der um 100 v. Chr. angesetzt wird). Aus dem Epitaphios auf B. sucht Neues für die Fragmente zu gewinnen Fr. Skutsch Aus Vergils Frühzeit (Leipz. 1901) 56–60.

[Knaack. ]
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Band R (1980) S. 66
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6) Bukoliker zu Ende des 2. Jh. v. Chr. (L) S I.