Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Höchste Erhebung auf der östlichsten Chalkidikezunge
Band II,2 (1896) S. 20662069
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Athos. 1) Ὁ Ἄθως (über die verschiedenen Formen des Namens und seiner Weiterbildungen s. Pape-Benseler Griech. Eigenn. I 26. Herodian. I 85. 127f. 244. II 234. 469. 713. 884. Steph. Byz. Etym. M. 220, 10. 347, 9ff.) heisst in engerem Sinne die höchste Erhebung auf der östlichsten der drei chalkidischen Landzungen, welcher nach Thuk. IV 109, 1f. (vgl. Classen und Stahl zu V 35, 1). Diod. XII 68, 5 die Bezeichnung Ἀκτή zukam; doch wurde der Name A. gewöhnlich auf die ganze Halbinsel übertragen, wie z. B. beim Canalbau des Xerxes (s. u.) stets vom Durchstich des A. die Rede ist, und ebenso werden Dion und andere Städte (Akrothooi, Olophyxos) in den attischen Tributlisten mit dem Zusatz ἐν Ἄθῳ u. dgl. bezeichnet, CIA I 37. 237–259. Die ganze, über 45 km. (25 mp. Plin. n. h. IV 37) lange, 321 qkm. grosse Halbinsel (Umfang nach Plin. a. a. O. 150 mp.), welche nur durch eine niedrige, kaum 2 km. (12 Stadien Herod. VII 22; 7 Stadien Scymn. 649; 1500 mp. Plin. a. a. O. Solin. 9, 3) breite Landenge mit dem Festland zusammenhängt, wird von einem 1000 m. nirgends übersteigenden, von üppigstem Waldwuchs bedeckten Bergrücken erfüllt, an den sich ganz im Süden die gewaltige Marmorpyramide des A. (1935 m.) anschliesst. Weithin über das aegaeische Meer sichtbar, erregte der Berg schon in frühester Zeit die Aufmerksamkeit der Seefahrer, Il. XIV 229, vgl. Strab. I 6. Hom. Hymn. I 33. Aisch. Ag. 285ff., und diente ihnen, wie der Olymp, als Wetterwarte, Theophr. frg. VI 34. 43. 51 Wi.; auch spätere Schriftsteller rühmen seine auffallende Höhe und Gestalt, Nikandr. frg. 26 Schn. Strab. VII 331 frg. 33. Liv. XLIV 11, 3; Mela II 31 und Solin. 11, 33 lassen ihn die Regenwolken überragen, so dass die Altäre des Gipfels, welche nach Aischyl. a. a. O. Schol. Il. a. a. O. Hesych. s. Ἀθώος zu einem uralten Kulte des Zeus in Beziehung standen, vom Regen unbenetzt blieben; doch kennt schon Homer a. a. O. die winterliche Schneedecke des A. Nach einem sprichwörtlich gewordenen Verse des Sophokles (frg. 703), der [2067] später mehrfache Auslegung erfahren hat, erreichte der Schatten des A. den Marktplatz von Myrina auf Lemnos (300 Stadien), Apoll. Rhod. I 601ff. m. Schol. Plin. n. h. IV 72f. Solin. 11, 33. Steph. Byz. Plut fac. lun. 22. Schol. Il. a. a. O. Theokr. VII 76. Vgl. hiezu Tozer Islands of the Aegean 248ff. Zu den sprichwörtlichen Eigenschaften des A. gehörte ferner der Reichtum an Hasen (Ovid. a. am. II 517; Krabben im Meere am A. häufig nach Arist. hist. an. V 17), sowie die Langlebigkeit seiner Bewohner (Ael. v. h. IX 10. Mela II 32. Plin. n. h. IV 37. Solin. 11, 34. Lucian. macr. 5), welche Isigonos sonderbarerweise dem Genuss von Vipern zuschrieb (Plin. n. h. VII 27, vgl. XXIX 120). Die Vorzüge des Klimas und die Reize der Landschaft, besonders die Üppigkeit der Vegetation rühmt Niceph. Greg. XIV 7. Die Bewohner der Halbinsel waren Pelasger, neben denen sich auch Colonisten aus Chalkis und Eretria angesiedelt hatten. Thuk. IV 109, 4. Strab. VII 331 frg. 35. X 447. Mela II 32. Über ihre Städte, welche von Herod. VII 22. Thuk. IV 109, 3. Strab. VII 331 frg. 33ff. Plin. n. h. IV 37 aufgezählt werden, vgl. die Art. Akrothooi, Apollonia Nr. 6, Dion, Kleonai, Olophyxos, Palaiorion, Sane, Thyssos, Uranopolis. In der alten Geschichte wurde der A. hauptsächlich bekannt durch das Unglück der persischen Flotte des Mardonios, welche an seinen Felswänden zerschellte (Herod. VI 44f. 95. VII 189. Ael. v. h. I 15), sowie durch den Canalbau des Xerxes, den uns Herodot VII 22–24. 37. 122 ausführlich beschrieben hat. Auch Spätere gedenken dieses Werkes ausserordentlich häufig, so Thuk. IV 109, 3. Plat. leg. III 699 A. Lys. II 29. Isocr. IV 89. Aisch. III 132. Marm. Par. 66 (57). Scymn. 646ff. Diod. XI 3, 6. Cat. 66, 46. Verg. Cul. 31. Cic. fin. II 112. Mela II 32. Plin. n. h. IV 37. Sen. suas. V 7. Iust. II 10, 24. Amm. Marc. XXII 8, 2; vgl. XXXI 4, 7. Plut. coh. ira 5. Lucian. rhet. praec. 18. Cramer. An. III 206. Ampel. XIII 4. Mart. Cap. VI 655. Ael. h. an. XIII 20 sowie Strab. VII 331 frg. 33–35 und Scymn. 648 bezeugen, dass noch zu ihrer Zeit der Graben gezeigt wurde; doch bezweifelte schon Demetrios von Skepsis (bei Strab. a. a. O., vgl. auch Iuven. X 173f.), dass der Canal jemals schiffbar gewesen sei, und in neuerer Zeit sind ebenfalls, freilich nur oberflächlich begründete Zweifel an der Thatsächlichkeit des Canalbaues geäussert worden (so von Pococke, Cousinéry, Niebuhr u. a.). Doch scheint dieselbe nicht nur durch die Bestimmtheit der Überlieferung, sondern auch durch die noch vorhandenen Spuren, worüber Leake N. Gr. III 142ff. und besonders T. Spratt im Journ. R. Geog. Soc. 1847, 145ff. (mit Karte) zu vergleichen, sowie durch einen im mutmasslichen Canalbett gemachten Fund von 300 Dareiken gesichert zu sein, worüber Borrell Num. Chron. VI 153, dazu Duncker Gesch. d. Alt. VII 198f. Busolt Griech. Gesch. II 117f. Aus der späteren Geschichte ist hauptsächlich das Unglück zu erwähnen, welches 411 eine spartanische Flotte unter Epikles am A. betraf, an dessen Felsen der grösste Teil derselben ebenso wie die Schiffe des Mardonios zerschellte, Diod. XIII 41, 2f. (= Ephor. frg. 121). Nur als Curiosum mag endlich [2068] das angebliche Project angeführt sein, den Berg in eine Statue Alexanders d. Gr. umzugestalten, eine Nachricht, deren anekdotenhafter Charakter schon aus dem Schwanken über den Urheber des wunderlichen Planes (Stasikrates, Deinokrates, Diokles) erhellt, Strab. XIV 641. Cie. rep. III bei Priscian. VI 70. Vitruv. II prooem. Plut. Al. 72; fort. Al. II 2. Lucian. hist 12; pro imag. 9. Schol. Il. XIV 229. Ausser den bereits angeführten Stellen vgl. man aus der antiken Litteratur noch Hekat. frg. 121 bei Steph. Byz. s. Σερμυλία. Thuk. V 3, 6. 82, 1. Skyl. 66. Theophr. frg. II 64 Wi. Dikaiarch. II 9. Theokr. VII 77 m. Schol. Verg. Georg. I 332; Aen. XII 701. Liv. XLV 30, 4. Diod. IV 42, 1. XI 2, 4. Strab. VII 330 frg. 31f. Plin. n. h. XVIII 215. Mela II 106. Ptol. ΙΙΙ 13, 11. Vib. Sequ. 154 Riese. [Agathem.] ΙΙI 9, 28 (Geogr. Gr. min. II 501). Steph. Byz. s. Σάρτη. Nonn. Dion. II 399. III 202. 216f. Ovid. met. II 217. XI 554. Sen. Med. 723; Herc. Oet. 145. 1052. 1157. 1388. 1735. Petron. frg. 27 Büch. Sil. It. III 494. Stat. silv. IV 3, 56; Theb. V 52. Val. Flac. I 664. II 76. 201. IV 322. Claudian. passim. M. Aur. comm. VI 36. Apost. prov. XII 65 a. Niceph. Bryenn. IV 27. Niceph. Greg. VIII 12. XII 14. In neuerer Zeit hat der A. besonders durch seine eigentümlich organisierten mönchischen Ansiedelungen, sowie durch die daselbst aufbewahrten oder vermuteten litterarischen Schätze die Aufmerksamkeit auf sich gezogen; da jedoch diese Geschichte des ,Heiligen Berges‘ Ἁγιον Ὄρος), wie der A. und nach ihm die ganze Halbinsel seit dem Mittelalter (vgl. Hierocl. ed. Parthey app. 132) genannt wird, uns hier nicht mehr beschäftigen kann, so sei auf die reichhaltige Litteratur verwiesen, welche (bis 1866) am vollständigsten bei Langlois (s. u.) verzeichnet ist. Von den älteren Werken sind insbesondere die Schilderungen von Leake (North. Gr. III), Grisebach (Reise durch Rumelien II), Fallmerayer (Fragm. a. d. Orient I) und Pischon (Hist. Taschenb. IV 1) noch heute von Wichtigkeit. Für die neuere Litteratur bildet die Grundlage V. Langlois Le Mont A. et ses monastères, Paris 1867 (mit Karte, auch als Einleitung zu des Verfassers Géogr. de Ptolémée gedruckt). Seitdem gaben mehr oder weniger ausführliche Beschreibungen J. W. Beamont Transact. R. Soc. Lit. II 9 (1870) 87ff. A. St. Neyrat L’A., Paris 1880. M. J. Gedeon Ὁ Ἄθως, Konstant. 1885. A. Riley A., London 1887. N. Th.Schinas Ὁδοιπορικὸν τοῦ Ἁγίου Ὄρους, Athen 1887. Mahaffy in Murrays Magaz. 1889 (Juni). Emm. Miller Le Mont A., Vatopédi, l’île de Thasos, Paris 1889. K. Dühmig Jahresber. d. Geogr. Ges. in München für 1890/1, 75ff.; Ausland 1883, 505ff. 1885, 184ff. 211ff. 228ff. 1893, 36ff. Die Geschichte der A.-Klöster behandeln am besten W. Gass Zur Gesch. d. A.-Klöster, Giessen 1865, und Phil. Meyer Ztschr. f. Kirchengesch. XI (1890) 395ff. 539ff.; Die Haupturkunden f. d. Gesch. d. A.-Klöster, Lpz. 1894. Die Kenntnis der Hss. des A. beruht jetzt hauptsächlich auf den Arbeiten von Spyr. Lambros, welche leider erst zum kleinsten Teil veröffentlicht sind; vgl. Krumbacher Philol. Wochenschr. 1889, 894ff. und Byz. Lit-Gesch. 222. Eine kunstgeschichtlicbe Würdigung der Klöster und ihrer Schätze, mit [2069] zahlreichen Abbildungen, giebt H. Brockhaus Die Kunst in den A.-Klöstern, Leipz. 1891. Über ein in Vorbereitung befindliches Prachtwerk von einheimischer Seite vgl. Byzant. Ztschr. III 223.