3) Armatura ist im besonderen die in der Kaiserzeit übliche lateinische Bezeichnung für die pyrrhicha militaris (s. d.). Sie besteht in besonders vom campidoctor (s. d.) eingeübten (Veget. I 13. II 23), mit kunstvollen Evolutionen verbundenen militärischen Manövern, die teils zu Pferd (a. equestris), teils zu Fuss (a. pedestris) von römischen Jünglingen in voller Waffenrüstung bei Festen im Circus unter den Augen von Zuschauern ausgeführt wurden. Veget. II 23: armatura quae festis diebus exhibetur in circo. Die ausführlichste Beschreibung einer a. pedestris (denn diese ist offenbar gemeint, wenn auch der Ausdruck nicht gebraucht ist) findet sich Liv. XLIV 9 (im J. 169 v. Chr.). Danach zerfiel sie in zwei Teile: in einfachere, rein militärische Exercitien (in parte simulacrum decurrentis exercitus) und in Kunststücke, denen ähnlich, wie sie die Gladiatoren in der Arena zeigten (ex parte elegantioris quam militaris artis propiorque gladiatorium armorum usum). Diese letzteren bestanden hauptsächlich in der Bildung einer fünfgliedrigen, 60 oder mehr Mann starken testudo (s. d.), auf der zwei Gewaffnete, wie auf festem Boden, verschiedene Zweikämpfe darstellten. Livius bemerkt ausdrücklich, dass dies Vorübungen für den Ernstfall waren (ludicro circensi ad usum belli verso). Vgl. auch Veget. I 13, wonach Soldaten, die die Anforderungen der a. nicht erfüllten, früher (apud maiores) statt des Weizens nur Gersterationen fassen durften, solange bis sie in einer besonderen Vorstellung vor den Legionsoffizieren ihre Fertigkeit darlegten; ferner II 23: armaturam omnes aequaliter contubernales cotidiana meditatione discebant. Vom Kaiser Constantius bezeugt Amm. Marc. XXI 16, 7, dass er artium armaturae pedestris perquam scientissimus gewesen sei. Die Schilderung einer a. equestris unter der Bezeichnung armati chori besitzen wir aus spätrömischer Zeit bei Claudian. de VI. [1179] consul. Honor. 621–639: Mit Schwert, Helm und Schild bewehrte Reiter liefern ein reglementmässiges Scheingefecht. Die Bewegungen, die Wendungen des Körpers und die Handhabung der Waffen, namentlich das Schlagen derselben gegen einander, geschehen nach dem Takte, den der magister (Vorreiter?) mit Peitschenknall angiebt (Ähnliches finden wir noch heute). Nach einer dem Veranstalter der Spiele dargebrachten Huldigung schliesst das Schauspiel mit einem kunstvoll verschlungenen Volten- und Figurenreiten (Vorbild für Claudian war die Schilderung des ludus Troiae [s. d.] Verg. Aen. V 545–603, eines Reiterspiels, das mit der a. equestris grosse Ähnlichkeit hat, aber doch nicht, wie das vielfach geschieht, damit verwechselt werden darf). Firmic. mathes. l. VIII: aut qui saltu quadrigas transeat aut apprime vectus equo militares armaturas exerceat. Dass auch in der Arena von Gladiatoren a. veranstaltet wurden, geht aus der oben angeführten Liviusstelle hervor. Man scheint sie hier nach den einzelnen Waffengattungen der Gladiatoren eingeteilt zu haben; denn vom Kaiser Titus heisst es Suet. Tit. 8, dass er eine besondere Vorliebe für die a. Thraecum an den Tag gelegt habe. Nach CIL VI 10197 errichtete die a. Thraecum universa einem gefallenen Kameraden ein Grabmal. Daraus muss man schliessen, dass mit a. nicht nur eine Schauspielgattung, sondern auch die Darsteller dieses Manövers selbst, die sich zu diesem Zwecke vereinigt hatten, bezeichnet wurden, ähnlich wie a. levis oder gravis nicht bloss von der Bewaffnung gesagt wird, sondern auch von ihren Trägern. So auch ein alter Erklärer zu Ptolemaei Quadripart. IV cap. 4 Mitte: ὁπλορχηστάς, οἷοίπερ εἰσιν οἱ μεθ᾿ ὅπλων ὀρχούμενοι, οὓς καλοῦσιν ἀρματούρας Veg. I 13: Constat etiam nunc in omnibus proeliis armaturas (so Oudendorp) melius pugnare quam ceteros. II 23: armaturae, qui sub campidoctore sunt. Vgl. Friedländer in Marquardt-Wissowa Röm. Staatsverw. III² 527, wo die übrige Litteratur verzeichnet ist.