Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Dichter der Mittleren Komödie
Band I,2 (1894) S. 2518 (IA)–2521 (IA)
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15) Dichter der mittleren Komödie. Bei dem 3. Anonymus Περὶ κωμῳδίας und ebenso bei Suidas ist eine etwas ausführlichere biographische [2519] Notiz erhalten. Der erstere nennt ihn und seinen Sohn (was auf Verstümmlung des Textes zurückzuführen ist) die ἀξιολογώτατοι der mittleren Komödie, und für A. gilt das durchaus mit Recht. Zweifellos richtig sagt der Anonymus Ἀντιφάνης Στεφάνου Ἀθηναῖος, fügt aber eine andere Tradition hinzu, die ihn aus Larisa in Thessalien stammen und auf Demosthenes Antrag in die Bürgerrolle eingetragen sein lässt. Das ist chronologisch unmöglich, und vermutlich hat man einen unbekannten A. von Larisa fälschlicherweise mit dem Dichter identificiert. Bei Suidas heisst es Ἀ Δημοφάνους, οἳ δὲ Στεφάνου, καὶ Οἰνόης, Κιανός, ὡς δέ τινες, Σμυρναῖος, κατὰ δὲ Διονύσιον (in der Μουσικὴ ἱστορία) Ῥόδιος, ἀπὸ δούλων, ὥς τινες, lauter Angaben, bei denen es höchstens von Interesse wäre zu wissen, wie sie entstanden sind. Dass er aus Κίον sein sollte, steht wohl in Zusammenhang mit dem Schreibfehler bei Suidas τελευτᾷ δὲ ἐν Κίῳ, wofür der Anonymus sagt, er sei ἐν Χίῳ gestorben und seine Gebeine seien nach Athen zurückgebracht worden. Der Anonymus weiss auch von der Fabel bei Suidas nicht, A. sei von einer Birne getroffen und daran gestorben. Besser sind die chronologischen Angaben: γέγονε κατὰ τὴν qγ’ ὀλυμπιάδα (Suidas) und ἤρξατο διδάσκειν μετὰ τὴν qη’ ὀλυμπιάδα d. h. nach seinem zwanzigsten Jahre (halbe ἀκμή). Wenn Meineke richtig μετὰ in κατὰ ändert, kann man Ol. 98, 1 (387) als didaskalisch überliefertes Jahr ansehen; wenn nicht, muss man für das Geburtsjahr Ol. 93 (407/4) einen Anhalt gehabt haben. Suidas lässt ihn 74 Jahre alt werden; wir wissen nicht, worauf sich diese Angabe gründet. Dass des Dichters Hauptthätigkeit in die erste Hälfte des Jhdts. fällt, ist kein Zweifel; die Ἀνασῳζόμενοι sind Ol. 106, 2 (355) aufgeführt (CIA II 972). Ein Vers der Παρεκδιδομένη (frg. 187K.) erwähnt den König Seleukos, der Ol. 118, 2 (307) den Thron besteigt: entweder ist also das Stück unecht oder der Vers bei einer späteren Bearbeitung eingefügt. Suidas giebt die Zahl seiner Stücke auf 365 an, fügt aber hinzu οἳ δὲ σπ’. Das erstere ist gewiss falsch (typisch aber ist für den Griechen nicht die Zahl 365, sondern 360), die zweite Angabe nähert sich der des Anonymus, der 260 angiebt. Einige Stücke soll er durch seinen Sohn Stephanos zur Aufführung gebracht haben. Das Urteil beim Anonymus γενέσθαι δὲ λέγουσιν αὐτὸν εὐφυέστατον εἰς τὸ γράφειν καὶ δραματοποιεῖν bezieht sich vielleicht eher auf die grosse Productivität als auf die Poesie selbst. Gesiegt hat er (Suid.) nur 13mal, acht dionysische Siege verzeichnet die Inschrift CIA II 977. Uns sind 119 sichere Stücke zumeist aus Athenaeus, bekannt und ziemlich zahlreiche Bruchstücke derselben. Eine unverhältnismässig grosse Menge von Fragmenten ungenannter Stücke finden wir bei Stobaeus, aber teils Inhalt (γνῶμαι) teils Ausdruck machen es bei mehreren zweifelhaft, ob sie wirklich dem A. angehören, der zwar ebenso wenig wie andere Dichter der Zeit moralische Sentenzen verschmäht, aber es versteht, sie mit guter Pointe in anmutige Form zu kleiden. Unter den Titeln wiegen die vor, welche Charaktertypen bezeichnen (über 30); merkwürdig oft kehrt das Motiv wieder, zwei gleichartige oder verschieden geartete Charaktere nebeneinanderzustellen (wohl nicht immer zum Zwecke einer Komödie der Irrungen), [2520] so in den Ἀδελφαί Δίδυμοι Δίδυμαι ἤ Αὐλητρίς Ὁμοπάτριοι Ὁμώνυμοι Ὅμοιοι Διπλάσιοι. Als Gegenstücke mögen Φιλοπάτωρ und Φιλομήτωρ gedacht sein. Sonst mögen aus dieser Klasse noch folgende Titel erwähnt werden: Φιλοθήβαιος Οἰωνιστής (den Menander unter dem Titel Δεισιδαίμων als sein Stück ausgegeben haben soll, vgl. Euseb. praep. ev. X 2) Παιδεραστής Παράσιτος Μοιχοί Κυβευταί Δύσπατρος (neu bearbeitet von Epikrates, vgl. frg. 89 K.) Μισοπόνηρος Δυσέρωτες Ἀντερῶσα Αὑτοῦ ἐρῶν Ἀποκαρτερῶν Τραυματίας Πλούσιοι u. a. Berufstypen sind ebenfalls zahlreich Ἀγροῖκος ἢ Βουταλίων (Βουταλίων hiess die Neubearbeitung des Ἀγροῖκος Athen. VIII 358 d) Ἀκέστρια Ἀλείπτρια Αὐλητής Αὐλητρίς Ζωγράφος Ἡνίοχος Ἰατρός Καρίνη (vgl. Hesych. s. v.) Κηπουρός Κιθαριστής Κιθαρῳδός Κναφεύς Κοροπλάθος Κουρίς Μητραγύρτης Προσβατεύς Στρατιώτης ἢ Τύχων Τριταγωνιστής, letzteres wohl das einzige Beispiel, dass der Bühnenkünstler in der Komödie geschildert und lächerlich gemacht wurde. Über seine eigene Kunst hat A. sich in dem schönen Fragment der Ποίησις vor dem Publikum ausgesprochen (frg. 191 K.). Über zwanzig Stücke sind nach Personen benannt, darunter die Hetären Ἄντεια (von Alexis neubearbeitet, Athen. III 127 b; Meineke wollte die in Bellerophon verliebte Tochter des Iobates verstehen) Ἀρχεστράτη Μαλθάκη Μέλιττα Νεοττίς Φιλωτίς Χρυσίς, vielleicht auch Ἀφροδίσιον, obwohl dieser Titel auch andres bedeuten kann. Gestalten ausserattischer Herkunft haben nicht wenigen Stücken den Namen gegeben, Weiber Βοιωτίς Δηλία Ἐφεσία Κορινθία, vielleicht auch Δωδωνίς (Athen. XII 526 d ἐν δωδώνῃ); die Λήμνιαι dagegen werden mythologischen Inhalts gewesen sein; Männer Ἀρκάς Βυζάντιος Ἐπιδαύριος Ζακύνθιος (ἐν Ζακύνθῳ Athen. XII 553 c) Λευκάδιος Λυδός Ποντικός, dazu als Stammestypen Αἰγύπτιοι Σκύθαι ἢ Ταῦροι Τυρρηνοί Κᾶρες, lauter Nichtgriechen. Anderer Art sind Κνοιθιδεὺς ἢ Γάστρων Θορίκιοι ἢ Διορύττων (eine Bergwerksaffaire) und Φρεάρριος. Mythologische Themen, d. h. Travestien von Götter- und Heldensagen, hat auch A. oft behandelt: Ἄδωνις Ἀσκληπιός Ἀφροδίτης γοναί Ἀθάμας Αἶολος (Incest des trunkenen Makareus frg. 18 K.) Ἀνταῖος Βάκχαι Βούσιρις Γανυμήδης Γλαῦκος Δευκαλίων Θαμύρας Καινεύς Κύκλωψ Λήμνιαι Μελανίων Μελέαγρος Μήδεια Μίνως Οἰνόμαος ἢ Πέλοψ Ὀμφάλη Ὀρφεύς Φάων Φιλοκτήτης. Von sonstigen Titeln mögen genannt werden Μνήματα Παροιμίαι Πρόβλημα und Σαπφώ. In letzteren beiden Stücken hat es sich vorwiegend um witzige Auflösung anzüglicher Rätselfragen gehandelt. Das einzige Fragment des Πρόβλημα (194 K.) verspottet den sinnlosen Gallimathias der Rätselerfinder, die Σαπφώ wird, der Sphinx gleich, Rätsel aufgebend eingeführt (in Hexametern), die von einem anderen unrichtig gelöst werden. In den Παροιμίαι war der Held wohl ein leidenschaftlicher Sprichwortsmann, bei dem es wie bei dem Battaros des Herondas mit der richtigen Anwendung haperte. A. ist offenbar nicht nur ein sehr gewandter Sprach- und Verskünstler gewesen, er hat vor allem auch die echtattische χάρις (daher mit Recht oft ὁ χαρίεις, ὁ ἡδύς bei Athenaeus), feinen Witz und packende Anschaulichkeit, wie z. B. in der schönen Scene der Kottaboslection (frg. 55 K.). Den subtilen Jargon der Philosophenschulen weiss er hübsch [2521] nachzuahmen und den Schein zu erwecken, als ob der Unsinn einen tiefen Sinn verbärge (frg. 122). Die unnatürliche Sprache des Dithyrambos verspottet er öfters (frg. 52. 182), wobei er freilich ungerechter Weise den Euripides mit Philoxenos auf eine Stufe stellt (frg. 207); gerechter ist es, wenn er Sophokles Sprache in ähnlicher Weise parodiert (frg. 1). Überhaupt scheint ihn schon die beginnende Corruption der attischen Sprache zu bekümmern; das gelehrte Fremdwort σφύραινα für κέστρα wird frg. 97 abgewiesen. A.s Ansehen in späterer Zeit beweist die Schrift des Demetrios von Phaleron Περὶ Ἀντιφάνους α’ (Diog. L. V 81) sowie die speciellere Abhandlung des Dorotheos von Askalon Περὶ Ἀντιφάνους καὶ τῆς παρὰ τοῖς νεωτέροις κωμικοῖς ματτύης (Athen. XIV 662 f). In neuerer Zeit hat über den Dichter Clinton gehandelt in The philological Museum (Cambridge 1832) I 558. Besonders vgl. Meineke hist. crit. 304, der um die Richtigstellung des sehr häufig verschriebenen Dichternamens (Ἀντιφῶν, Ἀριστοφάνης, Ἀντισθένης u. a.) sich besonders verdient gemacht hat. Die Fragmente bei Meineke III 3. Kock II 12.

[Kaibel. ]

Nachträge und Berichtigungen

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Band S I (1903) S. 93 (EL)
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15) Antiphanes ist geboren Ol. 98 (388–385), trat zuerst auf Ol. 103 (368—365) und ist gestorben zwischen 314 und 311; man muss bei Suidas mit Bernhardy κατὰ τὴν ργ’ ὀλυμπιάδα lesen und γένονε im Sinne von floruit fassen; die Notiz des Anonymus ist corrupt. Vgl. Capps Americ. Journ. of Phil. XXI (1900) 54ff., wo gezeigt ist, dass der erste lenaeische Sieg um 367 fiel.

(Zu S. 2519, 36): CIA II 972 gehört in das Archontat des Diotimos (289/8), die Ἀνασῳζόμενοι dieser Inschrift können daher nicht die des A. sein, Capps Americ. Journ. of Archeol. IV (1900) 74ff. S. 2519, 53 ist anstatt ,dionysische‘ vielmehr ,lenaeische‘ zu lesen (s. o. Zusatz zu Alexis Nr. 9).

[Capps. ]
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Band R (1980) S. 31
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