Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Athenische Jungfrau, die die Hebammenkunst geübt haben soll
Band I,1 (1893) S. 831 (IA)–832 (IA)
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Agnodike (Hagnodike?), eine athenische Jungfrau, welche als die erste aus ihrem Geschlecht die Hebammenkunst geübt haben soll. Da es nämlich nach einem Gesetz den Sklaven und Frauen verboten war, sich mit Heilkunde abzugeben, und viele Frauen, die sich aus Schamhaftigkeit den Männern nicht anvertrauen wollten, bei der Entbindung starben, so ging A., als Mann [832] verkleidet, zu dem Arzte Herophilos in den Unterricht und begab sich dann, ihrer Kunst mächtig, zu einer gebärenden Frau, der sie ihr Geschlecht entdeckte, so dass dieselbe sich nicht scheute, ihre Hülfe zu gebrauchen. Da bald ihr Ruf sich verbreitete, so klagten die Ärzte, eifersüchtig auf diese Nebenbuhlerin, deren Geschlecht sie nicht kannten, sie als Verführerin der Frauen an, und sie war genötigt, vor dem Areopag sich als Weib zu erkennen zu geben, worauf aber die Ärzte die Anklage um so mehr aufrecht zu erhalten suchten, bis die Fürsprache der vornehmsten Frauen es dahin brachte, dass sie freigesprochen und das bisherige Gesetz dahin abgeändert wurde, dass freigeborene Frauen die Heilkunde lernen durften (Hyg. fab. 274).