Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Militare, Altersversorgung der Praetorianer und Legionarier
Band I,1 (1893) S. 672 (IA)–674 (IA)
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3) Aerarium militare. Als Augustus 5 n. Chr. sich genötigt sah, die Dienstdauer der Praetorianer und Legionarier neuerdings zu regeln und für die Altersversorgung (praemia militiae) derselben eine neue Norm aufzustellen, musste in entsprechender Weise für die Beschaffung der erforderlichen Gelder gesorgt werden. Die Praetorianer sollten nach 16 Dienstjahren auf eine Prämie von 20 000 Sesterzen, die Legionarier nach 20 Jahren auf 12 000 Sesterzen Anspruch haben (Dio LV 23, 1). Da die Verhandlungen mit dem Senate über die Beschaffung der Gelder lange zu keinem Ziele führten (Dio LV 24, 9. 25, 1), ἐςήνεγκεν ὁ Αὔγουστος χρήματα καὶ ὑπὲρ ἑαυτοῦ καὶ ὑπὲρ τοῦ Τιβερίου ἐς τὸ ταμιεῖον, ὃ καὶ στρατιωτικὸν ἐπωνόμασε (im J. 6), was Augustus selbst im mon. Ancyr. (lat. 3, 35ff. = griech. 9, 14ff.) genauer berichtet: M. Lep[i]do et L. Ar[r]unt[i]o cos. i[n] aerarium militare, quod ex consilio m[eo] co[nstitut]um est, ex [q]uo praemia darentur militibus, qui vicena [aut plu]ra sti[pendi]a emeruissent, HS milliens et septing[e]nti[ens ex pa]tr[im]onio m[e]o detuli. Zu diesem Fond von 170 Millionen Sesterzen versprach er einen jährlichen Zuschuss und nahm auch freiwillige Beiträge einiger Könige und Gemeinden an, wies aber Beiträge von Privaten zurück (Dio LV 25, 3; über den Posten in commeatum legionibus HS∞∞∞CCCCL in der iguvinischen Inschrift Bull. d. Inst. 1863, 228 s. Mommsen R. G. Divi Aug. ²67, 1). Da auch so nicht die Mittel für die Dauer auszureichen schienen, wurden die Verhandlungen mit dem Senat fortgeführt, bis die vom Dictator Caesar angeordnete, aber bald wieder aufgehobene 5 % Erbschaftssteuer (vigesima populi Romani CIL III 2922) [673] neuerdings beschlossen wurde. Dio LV 25, 6. Von anderen Einnahmequellen des A. m. spricht Dio nicht, ausser dass er (LV 32, 2) erwähnt, dass 7 n. Chr. das Vermögen des Agrippa Postumus τῷ στρατιωτικῷ ταμιείῳ ἐδόθη; doch scheint Sueton (Aug. 49) an mehrere Quellen zu denken: a. m. cum vectigalibus novis constituit, und gelegentlich erfahren wir aus dem J. 15, dass dem A. auch die 1 % Auctionssteuer zufloss: centesimam rerum venalium post bella civilia institutam deprecante populo edixit Tiberius militare aerarium eo subsidio niti (Tac. ann. I 78). Über die weiteren Schicksale dieser Steuern und der praemia militiae s. d.

Augustus liess diese Gelder nicht durch die Staatskasse einheben und liquidieren, sondern gründete eine neue, deren Einrichtung deutlich auf einen schwierigen Compromiss zwischen dem Kaiser und dem Senate hinweist. Der Vorstand der Kasse war collegialisch geordnet und durch das Los aus den Praetoriern bestellt; das Amt war auf eine dreijährige Dauer berechnet und jedem der Vorstände kamen zwei Lictoren zu; die oberste Leitung stand dem Kaiser zu, und daher mussten sich die drei Vorstände als seine Stellvertreter bezeichnen: praefecti aerari militaris. Dio LV 25, 2. Als später jene Rücksichten, von denen sich Augustus einer starken Opposition gegenüber hatte bestimmen lassen müssen, unnütz geworden waren, trat kaiserliche Ernennung an die Stelle der Auslosung, und die Lictoren fielen fort; wann dies geschehen ist, wissen wir nicht; doch war dem wohl längst so, als Dio schrieb (LV 25, 3).

Das Verzeichnis der derzeit bekannten praefecti a. m. giebt Ruggiero Diz. epigr. I 309 (griechisch lautet der Titel CIL X 6569 ἔπαρχος ἐραρίου στρατιωτικοῦ). Sie alle sind von der Praetur zu diesem Amte aufgestiegen; die Ausnahme in der auch sonst auffälligen Carrière des Cuspius Rufinus (CIL X 8291) fällt nicht schwer ins Gewicht, da er vor dieser Praefectur ein Legionscommando inne gehabt hatte, das in der Regel nur einem Praetorier zukam. Dass dieser Cuspius Rufinus, sowie vor ihm der jüngere Plinius (CIL V 5262. 5667), von der Praefectur beim A. zur Praefectur beim Saturntempel aufstieg, zeugt für eine höhere Geltung dieser; s. über die Stellung beider Praefecturen oben S. 671. Der praetor aerari militaris Orelli 364 = Mommsen inscr. Helvet. 175 beruht vielleicht auf einem Fehler des Steinmetzen oder des Concipienten.

Wie lange das A. m. thatsächlich und ausschliesslich dem von Augustus in Aussicht gestellten Zwecke gedient hat, lässt sich nicht sagen. Da jede Controle fehlte, war es gut möglich, was Hirschfeld (Fleckeisens Jahrb. 1868, 683) geläugnet hat, dass auch der Sold aus dieser Kasse bezahlt wurde. Die Praefectur des A. bestand noch unter Alexander Severus (CIL VIII 2392. 7049), aber von dem Amte selbst, seinen Zwecken und seiner Organisation erfahren wir nach dem J. 15 nichts. Hirschfeld macht (Untersuch. I 64, 6) darauf aufmerksam, dass bereits zu Beginn des 3. Jhdts. die statio XX hereditatium in Rom nur als Unterabteilung des fiscus angesehen worden ist, was nicht ohne Folgen für das A. m. geblieben sein kann.

[674] Litteratur: O. Hirschfeld Das aerarium militare, Fleckeisens Jahrb. 1868, 683ff. Die Handbücher der römischen Staatsverfassung, besonders Mommsen St.-R. II³ 1010f. Marquardt Staatsverw. I² 121f. II² 304f. Ruggiero Diz. epigr. I 308f.