RE:Θητών, Θητώνιον
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Stadt in Thessaliotis | |||
Band VI A,1 (1936) S. 242–243 | |||
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Θητών oder Θητώνιον, Stadt in Thessaliotis. Genannt bei Hellanikos im 1. Buch der Deukalioneia, FGrH 4 F 8, darnach bei Steph. Byz. s. Θηγώνιον. Den Schreibfehler γ statt τ verbesserte Keil Herm. XXXIV 192 auf Grund der bekannten in Kupoitsi gefundenen archaischen Bronzeinschrift, IG IX 2, 257, um 450 v. Chr., zu der Zeit, als die Athener den Königssohn Orestes nach Pharsalos zurückführen wollten. Die Erklärung ist noch umstritten. Hiller von Gaertringen (o. Art. Thessalien, Geschichte) hält den in der Inschrift Z. 11 genannten Orestes für den Königssohn und zieht Ὀρέσταο als possessiven Genitiv zu τὰ χρυσία καὶ τὰ ἀργύρια in Z. 9. Weiter verbindet er Φερεκράτ [243] der letzten (11.) Zeile mit dem ες der o. angeflickten (1.) Zeile, wo das ο ausgefallen sei ε⟨ο⟩ς; der Sinn wäre dann, daß die T. den Sotairos aus Korinth mit Asylie, Atelie und dem Titel ,Wohltäter‘ ehrten, weil er das aus dem Delphinion verschwundene Gold und Silber des Orestes rettete, als Pherekrates, der Sohn des Philonikos, Waldhüter war. Diese Gleichsetzung des Orestes der Inschrift mit dem geschichtlichen Orestes läßt sich freilich nicht beweisen; und man kann auch, wie Kern im Corpus tat, in besserer Übereinstimmung mit der Wortstellung so verbinden: als Orestes, der Sohn des Pherekrates, des Sohnes des Philonikos, Waldhüter war. Zu ὑλωρός vgl. Busolt-Swoboda Gr. Staatsk. I 493. II 1480. Zu ὑλορέοντος vgl. ἑλεορέοντος in Erythrai (Kleinasien), Glotta XIX 164f. Kahrstedt GGA 1924, 133, 1.
Dieses Amt weist darauf hin, daß in der wohlbewässerten Gegend im Norden der Othrys, die archäologisch noch wenig erforscht ist, einst ausgedehnte Wälder waren. In der Stadt ist der oberste Beamte der Tagos, Z. 8. Nachdem dieser speziell thessalische Amtstitel hier in so früher Zeit besteht, darf man schließen, daß die Bewohner von thessalischem Stamm und nicht unterworfene Theten (Penesten) waren, Bechtel Herm. XXXVII 633. Die Inschrift kennt aber auch einen Tagos für Gesamtthessalien, S. Ferri Rivista di phil. VIII 1930, 300f. Der eponyme Hyloros hatte die Aufsicht über Wald und Flur, wo vielleicht das Delphinion lag, das deshalb bestohlen werden konnte. Es handelt sich um wirkliches Metall. Vgl. die Diopeithesinschrift Fouill. de Delphes III 2, 205.
Die Erwähnung bei Hellanikos und die kostbare Bronzeinschrift lassen den Schluß zu, daß T. im 5. Jhdt. wohlhabend war; aber später wird die Stadt nie mehr genannt. Die IG IX 2, 121 gewagte Ergänzung des Ethnikons [Θ]ητ[ώ]νιος] ist ganz unsicher. Die umfangreiche Literatur zu dieser Inschrift s. bei Hiller Syll.3 55 und o. Art. Thessalien, Geschichte. Stählin D. hell. Thess. 132, 5 (mit Karte). Nachzutragen wäre G. Fohlen Unters. z. thess. Dialekt., Straßb. 1910, 62, 1. 71 § 64. Bourguet Rev. ét. Gr. XXXVII 471. R. van der Velde Thess. Dialektgeographie, Nijmegen 1924, 30, 6. 49, 3. 51, 6 u. ö. Schwyzer Rh. Mus. LVII 426. II, Schäfer Staatsform u. Politik 1932, 34 (verfehlt).