Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Tierhaut, Leder
Band V,1 (1903) S. 11571158
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Διφθέρα ist die abgezogene Tierhaut, oder in verarbeitetem Zustande das Leder; dementsprechend kann δ. jeden Gegenstand aus Leder (Zelte, Säcke, Kleidungsstücke) bezeichnen. Ferner erreichte man durch eine besondere Art der Zubereitung, bei der das Tierfell enthaart, gereinigt und geschabt wurde (Blümner Technologie u. Terminologie I 266), dass die δ. sich zur Aufnahme der Schrift eignete; in dieser Bedeutung als Schreibmaterial kommt die δ. für uns hauptsächlich in Betracht. Tierhaut als Trägerin der Litteratur bei den Culturvölkern des Ostens wird öfter erwähnt: bei den Juden Joseph. ant. Iud. XII 89f. bei den Indern Strab. XV 719. Ein altes Zeugnis haben wir auch für die Perser, Diod. II 32, 4: Κτησίας δὲ ὁ Κνίδιος … φησὶν ἐκ τῶν βασιλικῶν διφθερῶν, ἐν αἷς οἱ Πέρσαι τὰς παλαιὰς πράξεις κατά τινα νόμον εἶχον συντεταγμένας … συνταξάμενος τὴν ἱστορίαν εἰς τοὺς Ἕλληνας ἐξενεγκεῖν. Von den orientalischen Völkern lernten dann wohl die Ionier die δ. kennen und benutzen, Herod. V 58: καὶ τὰς βίβλους διφθέρας καλέουσι ἀπὸ τοῦ παλαιοῦ οἱ Ἴωνες, ὅτι κοτὲ ἐν σπάνι βίβλων ἐχρέοντο διφθέρῃσι αἰγέῃσί τε καὶ οἰέῃσι· ἔτι δὲ κατ’ ἐμὲ πολλοὶ τῶν βαρβάρων εἰς τοιαύτας διφθέρας γράφουσι. Herodots Erklärung entspricht aber nicht der historischen Entwicklung, sondern ist eine Construction aus den Verhältnissen seiner Zeit; dass ursprünglich, vor der Einführung der ägyptischen Charta (s. oben Bd. III S. 2186), die δ. ein allgemein gebrauchtes Schreibmaterial war, beweisen noch einige versprengte Zeugnisse Späterer (Fr. Marx Ind. lect. Gryph. 1892/93 p. VI). In dem Sprichwort ἀρχαιότερα τῆς διφθέρας λέγεις (Diog. III 2) liegt doch nur eine Pointe, wenn die δ. thatsächlich das Material ist, auf dem die graue Vorzeit zu schreiben pflegte. Ebenso spricht für eine frühere Herrschaft der δ. die Thatsache, dass die Götter, wenn sie schreiben, nicht Charta, sondern Tierhaut nehmen. Von Zeus heisst es κατεῖδε χρόνιος εἰς τὰς διφθέρας (Zenob. IV 11), und die διφθέραι μελεγγραφεῖς des Loxias kennt Euripides (frg. 627 N.²). In heller historischer Zeit erfahren wir wenig vom Gebrauche der δ., Plinius erwähnt gelegentlich, dass der Maler Parrhasios, ein Zeitgenosse des Sokrates, seine Skizzen auf δ. (membrana n. h. [1158] XXXV 68) entworfen habe; wo Cicero einmal das Wort gebraucht (ad Att. XIII 24), heisst es einfach Handschreiben, wohl ohne jede Rücksicht auf das Material. Durch Lukian wissen wir auch, dass die δ. als Einband für Papyrus-Hss. Verwendung fand, um diese vor dem Verstossenwerden zu schützen (adv. ind. 7; de merc. cond. 41). Jedoch ist die δ. zur Aufnahme von Schrift nur in beschränktem Masse benutzt worden, bis sie dann von Pergamon aus sich die Stellung einer alleinigen Trägerin der hsl. Überlieferung eroberte (s. Membrana, Pergament). Litteratur: Th. Birt Das antike Buchwesen, c. II. Fr. Blass Paläographie, Buchwesen u. Handschriftenkunde, Iw. v. Müllers Handbuch I² 336. Daremberg-Saglio Diction. des antiqu. II 265f. K. Dziatzko Untersuchungen über ausgewählte Kapitel des antiken Buchwesens, namentlich in c. I.