Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Blutsühne, konnte dem Verurteilten vor der Verbannung erteilt werden
Band I,1 (1893) S. 941 (IA)–942 (IA)
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Αἴδεσις ist die Blutsühne, die bei φόνος [942] ἀκούσιος dem Urheber von den Verwandten des Getöteten gewährt wird. Dieselbe war ausgeschlossen beim Mord, φόνος ἑκούσιος (Demosth. XXI 43. Schoemann ant. iur. publ. 297, 8). Sie konnte dem Verurteilten erteilt werden, bevor er die Strafe der Verbannung antrat, und war unwiderruflich (Demosth. XXXVII 59. XXXVIII 22). Doch mussten wenigstens die nächsten Verwandten, Vater, Brüder, Söhne in ihrer Gewährung einstimmig sein (CIA I 61. [Demosth.] XLIII 57); sie konnte auch die Verbannung des Schuldigen abkürzen (Aristot. Resp. Ath. 57, 3. Demosth. XXIII 77. 72, wo jedoch die Worte ἕως ἂν αἰδέσηταί τινα τῶν ἐν γένει τοῦ πεπονθότος verdorben sind, trotz Harp. s. αἰδέσασθαι), sie konnte auch in Ermangelung von Verwandten von den φράτερες gewährt werden (CIA I 61) und war mit einem Reinigungsopfer verbunden. Demosth. XXIII 72. Ob auch die Verzeihung des Ermordeten selbst (Demosth. XXXVII 59) als αἴδεσις bezeichnet wurde, ist mindestens fraglich. Vgl. Philippi Areopag und Eph. 125f. Meier-Lipsius Att. Proc. 380.