Peter Rosegger und sein Lehrmeister
[579] Peter Rosegger und sein Lehrmeister. (Zu dem untenstehenden Bilde.) Den Lesern der „Gartenlaube“ hat Peter Rosegger selber in seinem fesselnden Artikel „Wenn du noch eine Heimat hast“ 1893 geschildert, wie er aus dem armen Waldbauernbuben und Schneidergesellen der Dichter geworden ist, den wir alle bewundern und ins Herz geschlossen haben. Ignaz Orthofer hieß sein Lehrmeister, der ihn in die Kunst des Kleidermachens einführte und dem er bis heute ein treues, ehrendes Gedenken bewahrt hat. Am 5. Juli d. J. nun hat der Dichter ein fröhliches und freudiges Wiedersehen mit dem alten Handwerksmann gefeiert. Es war bei einem Fest in Mürzzuschlag, das von Verehrern Roseggers veranstaltet wurde. Einer derselben hatte den ehemaligen Lehrmeister Roseggers herübergeholt in das schöne Mürzthal, das der 85jährige Mann seit 30 Jahren nicht mehr gesehen hatte, denn er lebt in einem zwar reizenden, aber sehr entlegenen Gebirgsdörfchen der oststeirischen Waldmark, in St. Kathrein am Hauenstein, gänzlich abgeschlossen von aller Welt. Doch gerne folgte er der Einladung in jenes herrliche Thal, in dem er einst als Wanderschneider seine Heimat hatte. Eine halbe Stunde von Mürzzuschlag entfernt steht der Bauernhof zum „Steinbauer“, wo Ignaz Orthofer mit seinem damaligen Lehrling Peter Rosegger einst, wie noch in 66 anderen verschiedenen Bauernhäusern, auf der „Stör“ gearbeitet hat. Noch am selben Abend traf auch Rosegger von seinem Sommerhause in Krieglach zu dem Feste in Mürzzuschlag ein, und nun wurde der denkwürdige 5. Juli gefeiert, an dem vor 39 Jahren der „Waldbauernbub“ zu dem Schneider Ignaz Orthofer in die Lehre kam.
Wer da Zeuge war, wie Rosegger mit seinem alten Lehrmeister in traulichem Gespräch so manche alte Erinnerung auffrischte und wie beide ihre herzliche Freude aneinander hatten, dem werden diese Stunden gewiß unvergeßlich fürs ganze Leben bleiben. Das Fest wurde im „Roseggerstübl“ des Hotels zur Post gefeiert, wo sich viele wertvolle Andenken an den Dichter befinden. Tags darauf wurde Rosegger mit seinem alten Meister photographiert und nachmittags kehrte er in sein Sommerhaus nach Krieglach, der alte Meister in sein stilles St. Kathrein zurück.