Textdaten
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Autor: Wilhelm Berger
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Titel: Paolo Saviello
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aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 591–595
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[591]
Paolo Saviello.
Novellette von Wilhelm Berger.


Als ich mich nach Sicilien einschiffte, um dort Skizzen für künftige Bilder zu sammeln, wurde mir von einem vielgereisten Kunstgenossen der „Albergo centrale“ der Donna Maria Chiavelli zu Girgenti empfohlen. Daß ich deshalb von der leiblichen Pflege, die mir Donna Maria angedeihen lassen würde, keine hohen Erwartungen hegen dürfe, war mir recht wohl bewußt; kannte ich doch die primitiven Zustände in den Herbergen kleiner italienischer Städte hinreichend. Wenn mir von Donna Maria versichert wurde, sie sei eine wackere Frau und lasse es sich angelegen sein, ihren Gästen, deren sie nicht allzu viele habe, den Aufenthalt in ihrem Hause so angenehm wie möglich zu machen, so bildete ich mir darum nicht ein, ich würde in der Matratze meines Bettes etwas anderes finden als Hobelspäne oder zum Mittagessen andere Speisen vorgesetzt erhalten als gebratene Ziegenrippchen und Maccaroni al burro. Das war eben Landesbrauch, seit unvordenklichen Zeiten so gewesen und von den Reisenden heroisch erduldet worden. Aber Reinlichkeit, Freundlichkeit und billige Preise glaubte ich mir von Donna Maria versprechen zu dürfen. Und das war immerhin nicht wenig, wie jeder wissen wird, der sich abseits der großen Heerstraße in Italien bewegt hat.

Mit dem Dampfboot in dem winzigen Hafen von Girgenti angekommen, kletterte ich wohlgemuth zu der hochgelegenen Stadt empor, die Trümmer des alten Agrigent durchschreitend. Es war ein beschwerlicher Weg, und ich war nicht wenig froh, als mir endlich das Schild des „Albergo centrale“ entgegenwinkte. Kaum war ich eingetreten, als Donna Maria aus der Tiefe ihres Hauses hervorstürzte. Hübsch war sie nicht, die Götter können es bezeugen. Freilich hatte sie auch schon die Vierzig überschritten und somit ein Alter erreicht, in dem die sicilianischen Frauen ihre ohnehin mäßigen Ansprüche auf Schönheit endgültig aufgegeben haben. Doch schien sie gutmüthig und trug ihr Herz auf der Zunge. Schon während sie mich, einige Minuten nach meiner Ankunft, auf der tief ausgetretenen Steintreppe nach meinem Zimmer führte, vertraute sie mir an, daß sie seit zehn Jahren Witwe sei. Und kaum hatte sie mich in die kahle Kammer eintreten lassen, als sie wieder hinablief, um mir das Bildniß des Seligen zu holen, eine kolorierte Photographie auf Glas. Der verblichene Giuseppe Chiavelli mußte, nach diesem Bilde, ein ziemlich wüster Gesell gewesen sein, den ich keinem Mädchen zum Gatten empfohlen haben würde. Donna Maria versicherte mir indessen, er sei ein „gutes Närrchen“ gewesen und sie hätten miteinander gelebt wie ein Paar Turteltauben. Nur Kinderchen – ach, die seien ihnen leider nicht geschenkt worden; der fremde Herr könne sich wohl vorstellen, wie einsam es ihr manchmal gewesen sei in ihrem Witwenstande! Aber wieder heiraten – sie hätte es oft genug gekonnt, da das Haus ihr eigen sei – dazu habe sie sich doch nicht entschließen können. Wenn man es einmal so gut gehabt habe – hier brach sie ab und seufzte.

Inzwischen war mein Blick auf ein Bild gefallen, das, als einziger Schmuck, die Wände zierte. Es war ein roher Holzschnitt, augenscheinlich irgend einem billigen illustrierten Blatte entnommen und dann auf ein Stück Pappe geklebt. Er zeigte das Gesicht eines Mannes von etwa dreißig Jahren – kein übles Gesicht; neben wildem Trotz, finsterer Entschlossenheit war ein Zug von Weichheit darin – von Gemüth, hätte ich behaupten mögen. „Welchen Heiligen habt Ihr denn dort aufgehangen?“ fragte ich mit einiger Neugier.

„Ach Herr, der ist nur ein armes sündiges Menschenkind gewesen,“ erwiderte Donna Maria mit schwankender Stimme. „Gewesen!“ wiederholte sie und schauderte zusammen. „Heute morgen haben sie ihm in Catania das Leben genommen. Der unglückliche Paolo Saviello!“

Ich sah zu meiner Verwunderung aus den Augen Donna Marias einige Thränen rinnen. Um einen Banditen! Denn ein solcher war er doch ohne Zweifel, nach ihrer eigenen Aeußerung. „War dieser Mann vielleicht ein Verwandter von Euch?“ forschte ich.

„Er trug meinen Familiennamen,“ antwortete sie. „Von einem Zweige der Saviellos stammt er, der vor langen Jahren in Favara Wurzel geschlagen hat – in Favara, einem elenden Neste, ein halbes Dutzend Miglien von hier. Als junger Bursche ist er oft bei uns gewesen. Ein solch lieber herziger Mensch! Daß er so enden würde – niemand hätte es gedacht, lieber Herr!“ Und aufs neue flossen ihre Thränen.

Angenehm war mir die Entdeckung gerade nicht, daß ein Verwandter meiner Wirthin die Landstraßen Siciliens unsicher gemacht hatte, namentlich da sie dem Verbrecher mit unverkennbarer Theilnahme nachtrauerte. Aber was wollte ich machen? Ich befand mich eben in Sicilien, wo die Weiber von jeher eine liebenswürdige Voreingenommenheit für tüchtige Briganti gezeigt haben. Also zuckte ich die Achseln und ließ die Sache auf sich beruhen.

Während ich nachmittags mit meinem Skizzenbuch in den Ruinen umherwanderte, mußte ich doch häufiger an jenen Paolo Saviello denken, als mir eigentlich lieb war. Sein Gesicht hatte es mir angethan, glaub’ ich. So ganz alltäglich mochte sein Schicksal doch nicht sein; es lohnte sich vielleicht der Mühe, Donna Maria zum Plaudern zu bringen. Abends, nach eingenommenem Mahle – Ziegenrippen und Maccaroni, wie ich erwartet hatte – machte ich [592] es mir neben dem Herde im Ehrensessel bequem und zündete meine Pfeife an. Donna Maria bereitete sich eben vor, mir Gesellschaft zu leisten, was sie jedenfalls für ihre Pflicht hielt, und ich hatte schon eine Frage nach Paolo Saviello auf der Zunge, als ein kleiner dürrer Pater eintrat, ein freundlich ernstes Männlein in höherem Lebensalter, der einen angenehmen Eindruck auf mich machte.

Kaum hatten wir uns begrüßt, als Donna Maria herbeieilte. „O Fra Bartolomeo!“ rief sie erregt „Wie dank’ ich Euch, daß Ihr zu mir kommt! Ist denn wirklich alles vorüber?“

„Ich stand bei ihm, als er seine Seele aushauchte,“ versetzte der Pater. „Auch Euch habe ich einen Gruß von ihm zu bringen.“

„Starb er standhaft?“

„Wie ein Mann und ein Christ.“

Es war die Rede von Paolo Saviello, wie ich nicht bezweifeln konnte. „Kommt Ihr von Catania, Hochwürden?“ fragte ich dazwischen.

Der Pater nickte langsam. „Jawohl, Herr. Ich hatte es dem Saviello zugesagt damals, ehe er sich den Behörden auslieferte, daß ich ihn auf seinem letzten Gange begleiten würde. Und ich habe mein Wort gehalten, so schwer mir’s wurde. Es war ein guter Kern in diesem Verirrten; es hat mir sehr leid gethan um ihn.“

„Man hätte ihm wohl das Leben schenken können, da er sich doch freiwillig gestellt hatte,“ eiferte Donna Maria.

„Damit wäre ihm kein Gefallen geschehen,“ sagte der Pater. „Ihn dürstete nach Gerechtigkeit und er litt den Tod mit Freuden.“

Durch alle diese Andeutungen war mein Interesse an Paolo Saviello noch gewachsen. „Erzählt mir die Geschichte dieses seltsamen Briganten,“ bat ich den Pater. Dazu schien der alte Herr jedoch keine Lust zu haben. Er that so, als wenn er mein Gesuch nicht gehört hätte, holte bedächtig den Becher süßen Landweins, den Donna Maria ihm vorgesetzt hatte, vom Tische und labte sich daran, mit der Miene eines Mannes, dem Stärkung noth thut. Ich wandte mich an die Wirthin um Auskunft.

„Daß Paolo aus Favara stammte, wißt Ihr bereits,“ ließ sie sich willig vernehmen. „Sein Vater arbeitete unten in den Schwefelgruben, und als Paolo die erforderliche Kraft besaß, mußte auch er dort eintreten und die gefüllten Säcke nach oben tragen, an die hundert Stufen hoch, und das für einen lumpigen Tagelohn. Diese Arbeit däuchte dem jungen Burschen zu niedrig; denn er hatte Verstand und gute Manieren, trotz seiner geringen Herkunft, und daß er höher hinaus wollte, war ihm am Ende nicht zu verdenken. Eines Tages also lief er davon, und dann blieb er eine Reihe von Jahren verschwunden. Es heißt, er sei drüben auf dem Festlande gewesen und dort in schlechte Gesellschaft gerathen. Wie dem auch sein möge, jedenfalls war aus dem Burschen, als er hier wieder auftauchte, ein arger Strick geworden. Denn das erste, womit er sich seinen Landsleuten in Erinnerung brachte, war, daß er dicht vor Canicatti die Post ausraubte, er ganz allein.“

„Eins habt Ihr zu erwähnen vergessen, Donna Maria,“ unterbrach sie der Pater, „der Vater Paolos hatte sich inzwischen in den Schwefelminen zu Tode gearbeitet.“ Er wandte sich zu mir: „Ihr müßt wissen, daß unsere Schwefelgruben Menschenopfer ohne Zahl verschlingen. Ob dies so sein muß, weiß ich nicht. Es soll Maschinen geben, welche die schlimmste Arbeit verrichten könnten. Aber kein Unternehmer schafft sie an, und wenn es einer thäte, so würden die Arbeiter sie ihm wahrscheinlich zerschlagen, aus Furcht, ein Theil möchte dadurch brotlos gemacht werden. Wie die Sache lag, hatte Paolo Saviello infolge des Todes seines Vaters einen grimmigen Haß zunächst auf die Minenpächter geworfen, und hernach, als er das System der Landverpachtung kennenlernte, wie es bei uns von altersher üblich ist, auch auf die größeren Landpächter, die ja allerdings, Gott sei’s geklagt, mit den kleinen Stücken Grund und Boden, deren der geringe Mann bedarf, einen schmählichen Wucher treiben.“

„Ich glaube zu verstehen,“ sagte ich, „Saviello hat der Vorsehung ein bißchen vorgegriffen und die bösen Leuteschinder schon auf Erden bestraft. Er war nicht der erste dieser Art; Eure großen Briganti sind von jeher eifrige Parteigänger des armen Mannes gewesen.“

Der gute Pater merkte den Spott in meinen Worten nicht. Er erwiderte, nicht ohne einen Anflug voll priesterlicher Würde: „Keiner, der Sünde thut, kann dafür eine triftige Entschuldigung geltend machen, mein lieber Herr.“ Damit verstummte er und gab Donna Maria die längst ersehnte Gelegenheit, den Faden ihrer Erzählung wieder aufzunehmen.

Sie fuhr fort: „Saviello fand bald Genossen, mit denen er dann an dieser Seite der Insel umherstreifte und Beute machte. Doch hat er nie ohne Noth getötet.“

„Sehr anerkennenswerth,“ bemerkte ich trocken. „Und wie verhielt sich die Behörde diesem Unfug gegenüber?“

„O, die Herren in Catania ließen sich durch ein paar Räuber nicht aus ihrer Ruhe bringen. Alles, was geschah, war, daß die Posten mit ausreichender Bedeckung versehen wurden. Wer sonst reiste, mochte, so gut er konnte, für seine Sicherheit sorgen. Wahrscheinlich hegten die Behörden die Hoffnung, Saviello werde einmal bei einem unvorsichtigen Angrif unschädlich gemacht werden. Das aber geschah nicht; es war, als ob die heilige Jungfrau ihn in ihren Schutz genommen hätte. Kein Unfall stieß ihm zu. Ein junges Mädchen wurde endlich, unbegreiflicherweise, die Ursache, daß er sich in die Gewalt der Polizei gab. Dies geschah vor etwa sechs Wochen hier in Girgenti.“

Hier hielt Donna Maria inne, langte die Weinkanne vom Boden und füllte erst den Becher des Geistlichen und dann den meinigen. Und nachdem sie sich wieder niedergesetzt und ihre bunte Schürze glattgestrichen hatte, nahm sie den Faden ihrer Erzählung von neuem auf. „In unserer Stadt lebt ein Engländer, der eine der größte Schwefelgruben der Gegend in Pacht hat. Er wohnt in einem der schönsten und geräumigsten Häuser des Ortes und heißt Clinton. Abgesehen von den geschäftlichen Verbindungen, die er zu pflegen genöthigt ist, sucht er keinen Verkehr. Und in seinem Hause geht es zu, als ob es mitten in England läge. Das Dienstpersonal besteht aus lauter Inglesi, mit einer einzigen Ausnahme. Das ist die Francesca, die Tochter einer guten Freundin von mir. Durch sie habe ich meine Kenntniß von der Familie Clinton. Da ist also zuerst der Signor Edoardo, ein gütiger Herr, der niemals um ein paar Soldi knausert und seine Leute behandelt wie ein Gentiluomo. Dann die Signora, eine große stolze Frau, die mit Francesca noch nie ein Wort gewechselt, ja sie kaum angesehen hat. Endlich die einzige Tochter Signorina Evelyn. Die ist die Sonne des Hauses und von allen vergöttert. Oft hat mir Francesca versichert, es käme manchmal über sie, als ob sie vor ihr niederknieen müßte und ihre Füße küssen. Und schön sei sie – so schön wie die heilige Jungfrau, mit ihrer rosigen Haut und ihrem hellen goldigen Haar. Seitdem sie die Signorina kenne, komme sie sich vor wie eine braune Hexe. Und die Francesca gilt doch für eins der hübschesten Mädchen in Girgenti. Vor einigen Monaten nun erschien bei der Familie Clinton ein Landsmann, ein lang aufgeschossener junger Mensch, der, seiner schwachen Augen wegen, beständig eine graue Brille trug. Er mußte sich wohl dort im Hause langweilen, denn er strolchte den ganzen Tag in der Stadt umher, die Hände in den Taschen, und gaffte in alle Gänge und Höfe hinein, ohne jemals ein Wort zu sprechen, da er unsere Sprache nicht verstand. Nachdem er die Ortsbewohner genügend besichtigt hatte, verfiel er darauf, ein Pferd zu miethen, und ritt dann täglich spazieren. Und eines Tages überredete er die Signorina, ihn, ebenfalls zu Pferde, nach der Maccaluba zu begleiten. Das ist ein Hügel, ein paar Stunden von hier, sehr abgelegen, und nur wenige von den Girgentinern wissen sich hinzufinden, was aber nicht verhindert, daß jeder sich als Führer anbietet, wenn je einmal ein Ausflng nach dem Berge in Frage steht.

Signor Ernesto hatte einen halbwüchsigen Buben gewonnen, der die Maccaluba so genau zu kennen vorgab wie seines Vaters Hofraum; in Wirklichkeit aber kannte der Schlingel den Schlammberg nur vom Hörensagen und erkundete die Richtung, in welcher derselbe liegt, erst dann, als die Reise losgehen sollte. Wie es unter solcher Führung den Reisenden erging, läßt sich denken. Quer durch das unbebaute felsige Land reitend, geriethen sie nach einer Stunde auf ein schwieriges Terrain mit zahlreichen tiefen Bodeneinschnitten, die ihnen das Weiterkommen zu einer sehr mühsamen Arbeit machten. [594] Der Bube natürlich verharrte steif und fest dabei, daß sie auf dem geradesten Wege seien, und spähte umher wie ein Luchs, um eine Höhe zu entdecken, die er für die gesuchte Maccaluba ausgeben könnte. So ritten sie noch eine weitere Stunde landeinwärts, bis die Inglesi sich endlich der Einsicht nicht länger verschließen konnten, daß ihr Führer sie betrogen habe. – Ich muß hier einschalten, daß man im Hause der Inglesi sich wenig oder gar nicht um dasjenige bekümmerte, was ringsumher vorging. Die Leute dort lebten mit ihren Gedanken in England. Es ist möglich, daß sie von Paolo Saviello und seinen Thaten gehört hatten; doch selbst wenn dies der Fall war, ging ihre Ansicht ohne Zweifel dahin, daß die Sache sie nichts weiter angehe. Und der Signorina mit ihren sechzehn Jahren lag der Gedanke, daß sie von Menschen belästigt werden könnte, überhaupt ganz fern.

Es handelte sich für die Reisenden nun darum, den Rückweg nach Girgenti aufzusuchen. Vorher indessen verlangte die Signorina, eine Weile zu rasten, da sie sich von der ungewohnten Anstrengung erschöpft fühlte. Sie stiegen also ab und ließen sich auf einem alten Säulenschaft nieder, der in das Erdreich eingebettet lag. In einiger Entfernung streckte sich der Bube auf den Boden, die Zügel der Pferde in der Hand haltend, und schielte begehrlich nach den Eßwaren, welche die Signorina aus ihrer Satteltasche hervorgeholt hatte und nun mit ihrem Vetter verzehrte. Weiter hatte er für nichts Sinn, obwohl er hätte bemerken müssen, daß der Scirocco zu wehen anfing und vom Süden schwere Wolken heraufführte. Sogar eins der Pferde gab Zeichen von Unruhe und begann zu schnauben. Der Schlingel jedoch fuhr fort, mit den Augen zu betteln, und erst als die Signorina sich über ihn erbarmt und ihn mit guten Dingen vollgestopft hatte, gewahrte er das nahende Unwetter und wies mit ausdrucksvollen Gebärden auf die dunkle Bank am Himmel, hinter der die Sonne bereits verschwunden war. Zwar wurde nun eiligst der Rückweg angetreten, doch nahm die Dunkelheit rasch zu und drohte in kurzer Zeit jedes Fortkommen unmöglich zu machen. Der Bube freilich, der gesättigt war und deshalb wieder im Besitze seiner ganzen natürlichen Keckheit, heuchelte die größte Zuversicht; alle paar Minuten streckte er den Arm gerade aus wie ein Wegweiser und rief mit heller Stimme: ‚Girgenti!‘ Bei den beiden Inglesi aber hatte er allen Glauben verloren; sie vertrauten nur noch ihren eigenen Augen, denen nichts sichtbar war als eine pfadlose Steinwüste mit spärlichen Pflanzen, und merkten immer deutlicher, daß nur ein absonderlicher Glücksfall sie noch vor Anbruch eines neuen Tages Girgenti erreichen lassen würde. Sie hätten gar nicht gewagt, weiter zu reiten, wenn nicht das Pferd des Signor Ernesto, sich selbst überlassen, mit großer Behutsamkeit seinen Weg durch die Finsterniß fortgesetzt hätte. Das Thier folgte seinem Instinkt, und der Reiter war klug genug, es gewähren zu lassen. Anders das Pferd der Signorina. Es zauderte unentschlossen, blieb allmählich zurück und stand endlich still. Die Signorina versuchte, es durch Zureden und Liebkosungen zum Weitergehen zu bewegen, doch ohne Erfolg. Auch einige gelinde Hiebe mit der Gerte fruchteten nichts; das Thier fürchtete sich und wollte nicht von der Stelle. Evelyn rief ihren Gefährten, doch erfolgte keine Antwort; der starke Wind, der sich inzwischen erhoben hatte, verwehte den Laut ihrer Stimme.

Sie war allein, in finsterer Nacht, in unbekannter Gegend, fern von jeder menschlichen Behausung. Beherzt, wie sie war, verlor sie indessen ihre Ruhe nicht. Nachdem sie sich ihre Lage klar gemacht hatte, glitt sie aus dem Sattel herab, das Pferd seinem Schicksal überlassend, und suchte tastend ein Felsstück oder ein Trümmergestein, das ihr als Sitz dienen konnte. Ziemlich bald gerieth sie an einen behauenen Steinblock, auf dessen Fläche sie sich nun niederließ. Sie beschloß, hier die Nacht zu durchwachen, an keine weitere Gefahr denkend als diejenige, gründlich durchnäßt zu werden, falls die am Himmel aufgethürmten Wolken sich entlüden. Die arme Signorina!“

Bescheidentlich erinnerte ich Donna Maria daran, daß sie versprochen habe, mir von Paolo Saviello zu erzählen.

„Ihr sollt nicht lange mehr auf ihn zu warten haben,“ erwiderte die würdige Dame etwas verstimmt. „Hört nur zu! – Nach einer Weile entdeckte Evelyn in einiger Entfernung einen Lichtschein, der dicht über dem Boden aus einer schmalen senkrechten Spalte fiel. Ohne Zögern setzte sie sich dorthin in Bewegung. Nur langsam kam sie vorwärts, trotz aller Vorsicht oftmals stolpernd. Doch verzagte sie nicht; unablässig strebte sie weiter nach dem Obdach, das ihr das Licht verkündete. Der Wind, der ihr stark entgegenblies, führte ihren Hut hinweg und löste ihr goldenes Haar aus den Fesseln, daß es lang hinter ihr hinausflatterte. Geraume Zeit dauerte es, bis sie in die Nähe ihres Zieles gelangte. Nun erkannte sie, daß sie sich vor dem Ruinenstück eines alten Bauwerkes befand, das an der ihr zugekehrten offenen Seite verhangen war. Eine gewaltige Steinplatte, quer über die Mauerreste gelagert, bildete eine Art von Dach. Evelyn hörte Stimmen und beeilte sich, über die letzten Hindernisse zu klettern, die sich ihr in Gestalt wild übereinander gehäufter Trümmer darboten. Eine Minute noch und sie hatte den in der Mitte getheilten Vorhang nach beiden Seiten zurückgeschoben und war in die Oeffnung getreten, plötzlich grell beleuchtet von der lodernden Flamme eines harzreichen Holzspans, der ihr gegenüber in einer Mauerlücke stak.“

Bis hierher hatte der Pater der Erzählung unserer beredtsamen Wirthin ohne sonderliches Interesse zugehört. Jetzt auf einmal ermunterte er sich und hob die Hand empor, Donna Maria Schweigen gebietend. Zu mir sich wendend nahm er das Wort: „In diesem Schlupfwinkel, den die englische Signorina ahnungslos betrat, befand sich, wie Ihr errathen haben werdet, Paolo Saviello. Zwei Gefährten, von denen der eine, ein in Sünden ergrauter Bursche, schwer verwundet war, theilten den Raum mit ihm. Der Bande des Räubers war der erste Unfall zugestoßen. In der Frühe hatten sie, ihrer vier an der Zahl, in der Nähe eine Diligenza anzuhalten versucht, ohne Widerstand zu erwarten. Da fielen aus den Fenstern wohlgezielte Schüsse, die einen der Räuber sofort töteten und einem andern die Brust zerrissen. Der Wagen fuhr eilends davon; Paolo und der Vierte luden den Verletzten auf ihre Gewehre und bargen ihn und sich in jener Ruine, die ihnen schon häufiger als Versteck gedient hatte. Doch war der Verwundete ein verlorener Mann; schon begann seine zerschossene Lunge den Dienst zu versagen; er konnte die Nacht nicht überleben. Ich habe Ihnen schon angedeutet, Signore, daß Paolo Saviello kein gewöhnlicher Bandit war. Er hatte, allerdings in einem schweren Irrthum befangen, seine Laufbahn damit begonnen, daß er sich beikommen ließ, an einzelnen zu rächen, was doch nur die Folge der unseligen Verhältnisse war. Dieser Irrthum führte ihn dann auf die abschüssige Bahn des Verbrechens. Als er zum ersten Mal sein Gewehr aus einem Hinterhalt abfeuerte, war er noch kein verlorener Mensch, da legte der Teufel erst eine Hand auf ihn. Ganz in seine Gewalt aber bekam er ihn, als Paolo der Beute wegen raubte.“

Ich hielt es für weise, gegen diese feine Unterscheidung des Paters nichts einzuwenden.

„Doch blieb das Gewissen in seiner Seele thätig,“ fuhr er fort. „Je tiefer Paolo sank, je wilder er sich nach außen hin zeigte, desto stärker wühlte und arbeitete es in ihm. Er hat mir später gestanden, daß er oft eine wahre Marter ausgehalten hätte. Oft packte ihn ein Entsetzen, und mit heißer Angst suchte er nach einem Auswege, der ihn zum Frieden führen möchte. Ueber einer langen beschwerlichen Wallfahrt sann er; er dachte daran, in ein Kloster einzutreten. Aus der Tiefe seines Innern aber trat ihm dann immer wieder die Ueberzeugung entgegen, daß keins dieser Mittel vermögen würde, die Erinnerung an seine Frevelthaten in ihm auszulöschen. Und voll von Grimm gegen sich selbst und alle Welt setzte er sein verbrecherisches Treiben fort: Da traf also ihn und seine Spießgesellen das erste ernstliche Mißgeschick. Einer tot, ein anderer sterbend! Als er neben dem verwundeten Kameraden saß und dem leisen Röcheln in dessen Brust lauschte, durchbrauste ihn ein Zuruf: ‚Das nächste Mal kommt’s an dich! Und wenn du so weit bist, wie der da in einer Stunde sein wird, dann wird ein Frohlocken aller Gerechten anheben, so weit man deinen Namen kennt. Denn nichts anderes bist du als ein wildes Thier, das in Gottes Schöpfung wüthet!‘ Und düster, von kalten Schauern gerüttelt, starrte er vor sich hin, auf die bunten Decken, mit denen der unwirthliche Raum verhangen war. In diesem Augenblick glitten die Decken auseinander, von unsichtbaren Händen bewegt, und ein Engel des Lichts stand vor ihm. Ein Mädchen war es von fremdartiger seltener Schönheit, umglänzt von der Glorie jugendlicher Unschuld und Reinheit. Daß diese Erscheinung von Fleisch und Blut sein könnte – dieser Gedanke kam ihm gar nicht. Erschrocken warf er sich auf die Knie und stammelte verwirrt: ‚Heilige Madonna … gebenedeite Jungfrau …‘

[595] Die Signorina lächelte den wilden Mann an, der ihr, von seiner Einbildungskraft hingerissen, den höchsten Tribut der Verehrung zollte. ‚Ich bin ein verirrtes Menschenkind,‘ sagte sie in ihrem fremden Accent, ‚Gewährt mir einen Platz für die Nacht unter Eurem Schutze und geleitet mich zurück nach Girgenti, sobald der Tag zu grauen anfängt!‘

Paolo sprang auf und berührte, noch immer zaghaft, die weißen Fingerspitzen, die sie ihm willig reichte. ‚Wer Ihr auch sein mögt, Madonna, ich bin Euer Knecht!‘ sagte er mit überquellender Empfindung. ‚Gebietet über mich!‘

Die Signorina hatte sich in dem engen seltsamen Raume umgesehen, worin links und rechts ein schlafender Mann ausgestreckt lag. ‚Wer seid Ihr?‘ fragte sie neugierig, ‚Arme Hirten,‘ antwortete Paolo verlegen. ‚Wir haben uns hier vor dem Unwetter geborgen.‘

‚Und jener Graubart dort – er ist so blaß – was fehlt ihm?‘

‚Er hat das Fieber,‘ lautete Paolos vorsichtige Auskunft. Während er dies sagte, erschrak er über den Gedanken, daß des Todes häßliches Grinsen die klaren Himmelsaugen seines Gastes treffen möchte. – ‚Ich will Euch ein Zimmerchen bereiten, worin Ihr allein sein werdet,‘ sagte er mit ängstlicher Hast. Und heftig rief er den schlafenden Dritten an: ‚Pietro, ermuntere Dich! Mach’ Raum; wir haben einen Gast bekommen!‘

Schlaftrunken kroch Pietro von seinem Lager empor und warf begehrliche Blicke auf das Geschmeide, das die Signorina an sich trug. Mit einem Fluche wandte er sich an Paolo: ‚Wo hat der Teufel die hergeführt?‘ Paolo schämte sich der Roheit des Gefährten. ‚Schweig und hilf mir,‘ zischte er zwischen den Zähnen hervor. ‚Sie soll behandelt werden, als wenn sie die Madonna selber wäre!‘ Er löste den Strick, woran der Vorhang befestigt war, und spannte ihn so, daß der eingeschlossene Winkel von dem Sterbenden getrennt war. Pietro stand abseits, an die Mauer gelehnt, und beobachtete mit finsterem Blick und höhnischem Lächeln das ihm unverständliche Treiben des Hauptmanns. Paolo breitete seinen Mantel auf den Boden und trat zurück. ‚Dies sei Euer Schlafzimmer, Madonna,‘ sagte er. ‚Könnte ich diese Steine zu Daunen machen und diesen Mantel zu einer seidenen Decke, ich thät’ es.‘

‚Und wo bleibt Ihr?‘ fragte sie.

‚Ich wache über Euch,‘ war Paolos Antwort.

‚Wo wäre denn hier Gefahr?‘ erwiderte Evelyn lächelnd. ‚Aber ich danke Euch, Ihr seid ein braver Mann! Gute Nacht!‘

Die beiden Banditen zogen sich zurück. Draußen kauerten sie nieder; keiner sprach ein Wort. Auch der Verwundete hatte aufgehört, zu stöhnen. Der Holzspan erlosch. Einzelne Tropfen fielen draußen nieder; noch eine Viertelstunde und der Regen klatschte schwer auf die Steintrümmer und durchnäßte die ungeschützten Männer. Unruhig wand sich Pietro. Endlich zischte er leise: ,Wie lange soll die Komödie noch dauern? Laß uns ein Ende machen mit dem Bambino, damit wir ins Trockene kommen!‘ Paolo aber rief mit mühsam niedergedrückter Wuth: ‚Versuch’ auch nur, ihren Schlaf zu stören, und Du hast es mit mir zu thun!‘

Eine Weile verhielt sich der andere ruhig. Dann begann er, in der Richtung des Vorhangs davonzukriechen. Paolo hörte es; ingrimmig flüsterte er: ‚Rühre Dich nicht weiter, sonst schlägt Deine letzte Stunde!‘ ‚Du bist ein altes Weib geworden, Paolo!‘ Und Pietro setzte seinen Weg fort. Da stürzte Paolo sich stumm auf ihn, das rasch gezogene Messer in der Faust. Auf den Knien liegend, empfing ihn sein Gefährte und führte einen Stoß von unten gegen den Angreifer. Der Stahl traf eine Rippe und glitt ab. Im nächsten Augenblick war Pietro zu Boden geschleudert und das Messer des Hauptmanns saß in seinem Herzen. Paolo lauschte. Nichts regte sich hinter dem Vorhange. ‚Gebenedeit sei die heilige Jungfrau!‘ brach es wie ein Dankgebet aus ihm hervor. Dann entfernte er sich leise von der Leiche und kehrte an seinen Platz zurück.

Langsam rückte die Nacht vor. In Saviello aber arbeitete es mächtig. Plötzlich wurde ihm die Erleuchtung, die er suchte. ‚Dieser sei der letzte,‘ murmelte er vor sich hin. ,Von ihm braucht niemand zu wissen. Aber die anderen!‘ Ein unsäglicher Ekel vor sich selbst ergriff ihn. In dem Himmelslichte der Reinheit und Unschuld, das mit Evelyns Erscheinen in die verfinsterte Seele des Verlorenen gefallen war, erkannte er mit Grausen seine Nichtswürdigkeit und die entsetzliche Größe seiner Schuld. ‚Sühnen mußt du, was du verbrochen!‘ schrie es in ihm. Und stumm beugte er sein Haupt. ,Dein Leben ist verwirkt!‘ sagte die Stimme. ‚Gieb es hin, und die Gnade kann dich vor ewiger Verdammniß retten!‘ Auf die Knie warf er sich. ,Heilige Jungfrau, bitte für mich!‘

Unterdessen waren die Regenwolken vorübergezogen. Frischer ward die Luft, das Gekreisch des Nachtgevögels war verklungen; geheimnißvoll bereitete sich im Osten der Morgen vor, eine leichte graue Dämmerung vor sich hersendend. Paolo raffte sich empor und lud den Getöteten auf seine Schulter. Sie durfte ihn nicht sehen, wenn sie erwachte. Seitab in einer Lücke des Gesteins verbarg er ihn und bedeckte die Leiche mit Trümmerstücken. Dann kehrte er zurück und wartete, den Tag herbeisehnend, der ihm das Heil bringen sollte. – Immer noch blieb es still hinter dem Vorhang. Friedlich, als ob sie sich von Engelscharen bewacht wüßte, schlummerte das Mädchen in dem Schlupfwinkel der Banditen.

Hell wurde es und immer heller. Und endlich tauchte die Sonne aus dem Meere hervor und sandte ihre goldenen Strahlen empor zu Siciliens Bergen. Da, blendend schön wie der junge Tag, trat Evelyn hervor, mit großen verzückten Augen in die wiedergeborene Welt schauend. Paolo starrte die Fremde an wie ein neues Wunder. Erst als sie sich nach dem Kranken erkundigte, sprang er auf, ihr den Blick auf den Gestorbenen versperrend. ‚Er schlummert in Frieden, Madonna,‘ antwortete er mit gesenkten Augen. Dann raffte er sich auf. ‚Seid Ihr bereit? Man wird in Sorge um Euch sein in Girgenti!‘

In einiger Entfernung irrte das Pferd der Signorina umher, zwischen den Steinen das harte Gras suchend. Paolo fing es ein und half ihr hinauf. Rüstig schritt er nebenher, als wenn er einem Feste entgegenginge. Als die Stadt in Sicht kam, erklärte er, sein Führeramt sei zu Ende. Die Signorina forderte ihm das Versprechen ab, eine Belohnung zu holen, Er aber bat demüthig: ‚Schenkt mir einen Eurer Handschuhe, Madonna.‘ Und als er ihn empfangen, küßte er ihn und barg ihn auf seiner Brust. Dort hat er ihn getragen bis zu seinem Ende.

Am Abend jenes Tages stahl Paolo sich zu mir und beichtete. Ehe er von mir ging, segnete ich sein Vorhaben. Gleich darauf hat das Gefängniß ihn aufgenommen.“

Der Pater hatte geendet und sank wieder in sich zurück.

Donna Maria ergänzte: „Erst Wochen nachher hat die Signorina gehört, in welcher Gefahr sie geschwebt hat. Niemand mochte es ihr sagen, In einer englischen Zeitung fand sie die Geschichte ihrer Begegnung mit Paolo Saviello; sogar ihr Name war genannt. Da ist sie doch nachträglich gewaltig erschrocken und ihr Vater hat sie schleunigst nach England senden müssen, da sie selbst in ihrem wohlverwahrten Hause keinen Schlaf mehr zu finden vermochte.“

Nochmals erhob der Pater sein Haupt. „Ich habe Saviello den Schmerz nicht anthun mögen, ihm dies mitzutheilen,“ sagte er. „Die englische Signorina lebte in seinem Gedächtniß als ein höheres Wesen, zu dessen Verehrung sich alles Gute in ihm vereinigte. Das einzige gütige Wort, das der arme Bursche seit seiner Kindheit gehöt hatte, war von ihren Lippen gefallen. ‚Ihr seid ein braver Mann!‘ hatte sie ihm gesagt. Das klang ihm in den Ohren wie himmlisches Geläute. Ich konnte die Grausamkeit nicht begehen, ihm zu eröffnen: auch sie fürchtet Dich jetzt, auch ihr schaudert vor Dir. Nein, ich schwieg; ich ließ es sogar geschehen, daß er sie und die Himmelskönigin, unsere gebenedeite Jungfrau, durcheinander wirrte. Sollte ich ihm nehmen, was ihm Trost gab, was ihm den dunklen Pfad erhellte, den er gehen mußte? – Er hatte den Namen der Fremden von mir erfahren. Heute morgen auf dem Schafott, während ich ihm leise zusprach, zog er den Handschuh hervor und drückte ihn an die Lippen. Ehe ihm die Hände auf dem Rücken gefesselt wurden, gab er ihn mir. ‚Erzählt ihr von meinem Ende,‘ bat er, ‚wenn Ihr dies Geschenk zurückgebt.‘ Und ein wenig später, als die Binde schon über seinen Augen lag, hörte ich ihn flüstern: ‚Heilige Madonna, bitte für mich!‘ Es waren seine letzten Worte; eine Minute später hatte seine Seele die Erde verlassen.“