« 8. Kapitel Johann Jacob Saar
Ostindianische Kriegsdienste
10. Kapitel »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
[113]
Das Neunte Capitul.
Was sich Anno 1652. begeben?

Gerichtliche Execution über einen Sodomiter. IM Jahr 1652. im Monat Martio, ist ein Dennemarcker / Namens Hans Stein / von Coppenhagen bürtig / zum Tod verurtheilt worden / um begangener Sodomiterey willen / die Er mit fünf schwartzen Jungen eine geraume Zeit getrieben hatte / auch bekannt / daß Er vorher schon in Italia / mit neun Jungen Edelleuten aus Engelland / solche ungeziemende Lust gepflogen. Seines Alters war Er etlich viertzig Jahr / fünf Sprachen kündig: Dem Frauenvolck sonst gram / daß Er Sich gantz entrüstet / wann Er einen unter Uns mit einer schwartzen Frauen nur hat schertzen sehen. Es wurde aber Sein Urtheil / daß Er lebendig verbrannt wurde / darein Er Sich auch willig gab / Jedermann segnete / und unserm Herrn Prædicanten, der Ihm die Hofnung der Seeligkeit wohl einband / und gewaltig tröstete / zur Antwort gab: Er wäre froh / daß Seine Sünden in der Welt wären offenbahr worden. Denn wenn Er darinn gestorben wäre / wissete Er gewiß / daß Er wäre verdammt Fünf schwartze Jungen / mit denen Sodomiterey getrieben / werden ersäufft. worden. Bate benebenst / daß man die fünf Jungen / die Er zu solchen Sünden gebracht / und nun um Seinet willen auch sterben müsten / in Seinem Namen um Vergebung bittensolte / vor Ihren Tod / wie Sie es dann auch auch offentlich thaten: Aber wann man von Ihren Tod sagte / nur lachten / biß endlich der Trummelschläger das Spiel rührte / und das Volck beysammen war / und obgedachter unser Præadicant Ihnen auf Portugäsisch zusprach: Sie solten nun gedencken / Ihre Sünde Gott abzubitten; da fiengen Sie erst an bitterlich zu weinen / und ferner / da Ihrer zween und zween rückwerts gebunden wurden / jedem einen Sack mit Steinen an den Hals gehenckt / und bey dem Hafen geführet / fleissig nachzubeten / was der Herr Præadicant Ihnen auf Portugäsisch fürbetete / biß Sie in das Meer geschmissen wurden / daß Ich / und Männiglich / mit Mir Sich wunderte / der es gesehen / und gehöret.

Holländer halten scharff Recht in India. Es wird sonst auf gedachter Insul Ceilon / und überahl in Indien / ein scharffes Recht gehalten / massen denn Anno Christi 1643. der andere Führnehmste Herr von der Ost-Indianischen Compagnia, * in India / um dergleichen Laster willen / auch auf Batavia verbrannt worden / doch noch mit der Gnad / daß Er zuvor am Pfahl mit dem Strang erwürget wurde.

* Mag ein σφάλμα μνημονικὸν[WS 1] seyn / wann Jürgen Andersen Relation gewiß / der pag. 10. diese Wort führet: Im Martio dieses 1645. Jahrs wurde Just Scheuten von Roterdam / Extraordinar-Raht von Indien / allhier (zu Batavia) um daß Er das Knaben-schänden eine geraume Zeit getrieben / bey dem Schavot vor dem Castell, erst an einem Pfal erwürget / und hernach verbrannt.

Im Monat Junii / muste auch ein Lieutenant, Namens Heinrich Fetting / von Dantzig bürtig / Seinen Geist aufgeben / um Ursach / weil Er im Trunck einen Ambassadeur von dem Käiser von Ceilon tod gestochen / und zwey Monat hernach arquebusiert werden. Da Ihm nun drey Kugel in die Hand gegeben wurden / die Er austheilen solte / wem Er wolte / [114] gab Er Mir die erste / der Ich den ersten Schuß thun solte. Die andere einem von Olmütz mit Namen / Andreas Mott. Die dritte / Christian von Cöln / bate dabey andächtig zu GOtt / und zu unsern Officier, in gebühr / daß man Ihn ehrlich zur Erden bestatten wolte.

Indianer und Mohren meinen / der Verstorbene komme nach einer Zeit wieder. Wann sonst die Indianer unter der Holländer Händen sterben müssen / fragen Sie zuvor: † Wer Ihnen die Kost gebe / wenn Sie in die andere Welt kommen? Wann auch neu Volck ankommt / und sihet * einer etwann einem Verschiedenen gleich / ob Er schon drey / vier / Jahr tod ist / so glauben die Indianer / Er wäre in Indien gestorben / und in Holland wieder auferstanden / und käme nun wieder in Indien. Das glauben Sie so vest / daß mans Ihnen nicht ausreden kann. Wann Sie sonst sterben müssen / machen Sie nicht viel Wort / und meinen: Es müsse so seyn; Wenn Sie aber für dem Feind seyn / ist Ihnen trefflich bang um Ihr Leben.

† Der Mohren Aberglaub ist auch so / nach Hemmersams Beschreibung / Mohren fragen die Sterbende / und Toden / was Ihnen abgehe. pag. 78. Wann Ihr End vorhanden / spricht Er / so fragen Sie den Sterbenden / warum Er von Ihnen / und sterben wolle? Ob Er an Essen / und Trinken / an Weib / und Kind / oder Nahrung und Lebensmitteln / Mangel hätte; auch wo / und in welches Land Er wolle / unter Christen / oder Heyen? Wann Sie nun den Cörper ins Grab geleget / und zugedecket / haben / setzen Sie Ihm allerley Haußraht dazu / oder was Er in Seinem Leben gebraucht habe / als Häfen / Beck / Schaufel / Goldwag / auch Speiß / und Trank / damit Er solches brauchen / und an andern Ort der Welt keinen Mangel haben / möge. Kommen auch oft nach langer Zeit dahin / und fragen: ob Er Mangel habe; auch wie es Ihm gehe? ob es Ihm wie bey Die Russen auch. Ihnen gehe / oder Ihm jetzt besser gehe / als vor dessen? Zu verwundern ists / daß / da die Russen Christen seyn wollen / und besser / als andere Christen / dennoch solche thörichte Fragen auch thun. Herr Olearius schreibt / Seiner Persianischen Reisen / Lib. III. Cap. 31. p. m. 313. also: So jemand stirbt / kommen die nächste Freund zusam / und helfen die Weiber einander überlaut heulen / und schreyen / und stehen um die Leiche herum / und fragen: Warum Er doch gestorben? Ob Er an Nahrung / Essen / und Trinken / Kleidung / und dergleichen / Mangel gehabt? Ob Ihm Sein Weib nicht gut / nicht jung / nicht schön / nicht treu genug gewesen / und was des Dings mehr. Solche Klage wiederholen Sie auch bey dem Grab / wann der Mann soll hinein gescharret werden. Ingleichen geschichts auch zu gewissen Zeiten des Jahrs auf den Gräbern / auf welche Sie in Schüsseln / etliche drey / etliche vier / lange Pfannen-Kuchen / etliche zween / oder drey / gedörrte Fisch / und gefärbte Eyer / legen / wie obgemeldter bemerkt / Lib. I. c. 4. p. m. 11.

* Weil die Mohren auch in dem Wahn sind / ist Hemmersam deßwegen ein mächtiger Poß von einer Mohrin wiederfahren / den Er selber also erzählet / pag. 19. Erstes Tages zu Land / spricht Er / als Wir dem Castell de Mina zu giengen / sprang eine Mohrin auf Mich zu / bote mir die Hand / und wolte mit Mir reden / darüber Ich sehr erschrack / und fragte die / so mit Ihr reden kunnten / und die Sprach verstunden / was dieses bedeuten / oder daraus werden / wolte / welche sagten / daß / so einer von Ihnen stürbe / Sie vermeinen / Er verreise an einen andern Ort. Dieweil nun selbiger Mohrin Mann vor kurtzer Zeit gestorben / sagte Sie: Ich wäre es / und wäre Ihr verstorbener Mann / und durch den Tod weiß worden; käme aber jetzo mit andern Volck daher / damit man Mich nicht kennen mögte. Ob diesen der Mohrin Glauben / verwunderten Wir Uns / konnten Sie auch nicht mehr davon abreden. Sie aber wolte / daß Ich mit Ihr reden solte / brachte mir auch von des Landes besten [115] Früchten zum Willkomm. Ihr Mann aber / als Wir hernach erfuhren / war nicht tod: sondern weit ins Land geschickt worden / und als Ich ein Jahr da zu Land war / kam Er wieder nach Haus / da führte Sie Ihren Mann zu Mir in das Castell, welcher mir die Hand bote / und sagte: Ackyo Irmau, das ist / willkomm Bruder! und muste nicht allein Sein Bruder seyn / so lang Ich da zu Land war: sondern auch Sein Vatter / so ein Capitain war / und viel mit Uns Teutschen handelte; denn Er Gold aus Arabien brachte / so das beste seyn soll im Land; hiese Mich Coranigy indau, das ist / weisser Sohn. Wurde also von allen Mohren dafür gehalten / kunnte es Ihnen auch nicht ausreden / und muste es dabey bleiben lassen / als daß Ich vor dessen auch ein gebohrner Mohr gewesen wäre.

Welches das rechte Indien heise. Es ist vielerley Nation auch unter Sich Selbst / und so manche Insul / so besonder Volck / und wohl besondere Sprachen. Es kommen hundert Personen in das Land / und kommen von den hundert kaum zehen recht in Indien. Das Capo de bona esperance ist etwann der halbe Weg / von Holland auf die ein und zwantzigHolländer erobern die Stadt Malacca. hundert Meil gerechnet / von dar biß nacher Bataviam noch auf die funfzehenhundert Meil gehalten wird. Die Insul aber noch unter der Linea gegen Osten / worinn Batavia ist / heiset Java major; Recht Indien aber ligt noch ein anderthalb hundert Meil davon / gegen Norden / und heiset doch nur Indien ausserNegopatam, Cormandel, Malabar, Palicate, Tegonampatan, Masulipatan, Matarapatan. S. Thomæ. den Fluß Ganges, worinnen Anno Christi 1641. die Holländer eine * Stadt Malacca genannt / von den Portugäsen erobert haben / und von dar erst hinüber in Indien gegangen / das innerhalb des Flusses Ganges ist / und die grosse See-Stadt Negopatan einbekommen; die Veste Küsten Cormandel, Malabar, Palicate, Tegonampatan, Masulipatan. Die Engelländer haben auch ein Forteresse in den Indien Matarapatan; die Portugäsen auch noch eine Stadt Ostwerts / S. Thomœ genennt. So hat auch der König von Dennemarck ein Forteresse daselbst / Cranganor genannt / darinnen / als der Dänische Kaufmann Fallitte gespielt; die Holländer aber Seinem König viel Geld fürgeschossen hatten / begehrten Sie zur Assecuration, die Vestung halb mit Ihrem Volck auch zu besetzen / welche / da es der König wohl einwilligen müste / Wir bezogen / und Ich für mein Person in die vierzehen Wochen darinnen Holland und Dennemark besetzen miteinander Cranganorligen müssen.

† Weil die Holländer diese Stadt gebauet / ists wehrt zu wissen / wie der Ort beschaffen / und was Sie daselbst für Profit haben. Besser aber können Wirs nicht haben / als Jürgen Andersen beschrieben / der Selbst in loco gewesen. Er schreibt aber / Lib. II. p. 102. das davon: Die Stadt ist mehrentheils in Vierkant gebauet / und begreift um sich achtzehen hundert Schritt. Die Stadt-Mauer ist von guten gebrannten Mauer-steinen aufgebauet / mit Thürmen / Rundeln, und StückenBeschreibung der Stadt Malacca. umsetzet / und wohl verwahret / ohne daß ins Osten / nicht weit von der Stadt / ein zimlich hoher Berg liget / welcher dieser Stadt sehr schädlich ist / weil man von denselben in die Stadt überahl flanquiren kann / welches noch jetzund an den ruinirten Häusern / und Capellen, so die Holländer in wärenden Kriegs-Zeiten / da Sie es den Portugäsen abgenommen / nidergeschossen haben. Recht mitten in der Stadt liget auch ein Berg / worauf die Kirch S. Johannes stehet / wie auch ein Blockhauß / von welchen man über die Stadt / nicht allein längst der Rede, sondern auch das Feld beschiessen kann. Die Gebäude der Stadt seynd theils von Mauersteinen / gar schlecht / und alt-Fränkisch / theils von Bambus-Reht / aufgesetzet / gleich wie die auf Sumatra, und andern Orten in Indien. Ausserhalb der Stadt hat es feine Krautgärten / [116] und etliche grüne Felder / welche / neben gedachten Reviren, die Einwohner noch erlustigen können: Sonst haben Sie des Mittages eine fast unerträgliche Hitze / und daher eine ungesunde Luft / sonderlich die Fremdlinge (so Sie Orangbaar nennen) daher unter Ihnen grosse Krankheiten entstehen / welche mit der Patienten Leben kurtze Arbeit machen / sonderlich die / so zu Mittag nicht in Häusern schulen können. Dann der Sonnen Strahlen haben hier so starcke Wirkung / daß Ihrer viel davon blind werden. Wer allhier lang seyn will / muß eine gesunde starke Natur haben / oder Ihn GOtt sonderlich behüten / sonst wird Er das Leben schwehrlich davon bringen. Ich habe allhier etliche Oranglambs, und Niederländische Soldaten / gesprochen / welche sagten / Sie hätten zwar einer hundert und funfzig Gulden von der Compagnia zu geniessen; aber mögten Sie von diesem ungesunden Ort an einen gesunden versetzet werden / wolten Sie mit viel wenigerm Gelde zu frieden seyn; dann dieser wäre der allerungesundeste Ort in gantz Indien. Es pflegen die Portugäsen an einem andern Ort / zu den neu-ankommenden Soldaten / die vermeinen Eisen-hart zu seyn / Schertz-weise zu sagen: Soldat / du hast das böse Malacca noch nicht gesehen. Wann die Europæer eine Zeit lang hier gewesen / verändert sich Ihre Farbe in gelb / oder Erd-Farbe / gleich wie die West-Indianer von Natur aussehen / und werden so mager dabey / als wenn Sie die Schwindsucht hätten. Was die Kaufmanschaft betrifft / wird dieselbige allhier so stark getrieben / als an einem Orte in Indien. Dann alle Schiffe / so aus China, Amboina, Insulis Philippinis, und Borneo, kommen / oder dahin wollen / müssen hier vorbey / und an die Holländer Zoll erlegen / so ferne Sie nicht weit aus dem Wege und umsegeln wollen; daher haben die Holländer allhier von dem täglichen Zollen ein sehr groß Geld einzunehmen. Ich habe gesehen / daß auf einen Tag / nemlich den 8. Augusti, allhier auf der Reede ankommen zwey Portugäsische Schiffe / nemlich der Cayman, und St. Francisco, welche von Goa kamen / und nach Maccaà in China wolten. Item, ein Englisch Schiffe / Snayle genannt / welche von Masulipatan kam / und nach Camboien wolte / und noch ein ander Schiff von Mosambique, so nach Macau gedachte zu segeln; die musten alle ankern / und den Zoll entrichten; Und halte Ich darfür / wenn das grosse Einkommen von den Zollen nicht wäre / daß die Holländer / ein so kluges Volk / diese Forteresse schwerlich bey Macht erhalten würden; weil dieser Ort mehr Menschen wegfrisset / als die Holläner in andern Guarnisonen durch gantz Indien verlieren.

Ein Weib gehet aus Lieb gegen Ihren Mann mit in Tod. Da zu Land ist die Gewonheit / sonderlich * unter Grossen / und Edlen / daß / wann der Mann ehe stirbt / als das Weib / † Sich das Weib mit Ihm lebendig verbrennen läst. Wägert Sie Sich solches zu thun / so wird Ihr das Haar abgeschnidten / und hernach als rev. eine Hure gehalten / und für einen grossen Schimpf geachtet / bey der gantzen Freundschaft / von der Sie auch weg gestossen wird / öffentlich / und ewiglich; Je freudiger aber eine mit zum Tod gehet / je mehr Ehr / und Freude / ist bey der gantzen Freundschaft.

* Johann Hugo von Lindschotten meldet / Part. II. Oriental. hist. cap. 36. Der Ursprung / daß man die Weiber mit Ihren Männern verbrennet / kommt daher / wie es die Indianer Selbst erzählen. Nemlich / als vor Zeiten die Weiber viel Ihrer Männern mit Gift Selbst ums Leben brachten / wie Sie den von Natur und Complexion sehr geil und unkeusch sind / wenn Sie deren müde waren / darauf Sie fast abgerichtet sind / nemlich / damit Sie Sich desto bässer erlustiren mögten / Ihre unkeusche Begierden und Lüsten zu ersättigen. Als der König aber sahe / daß Seine [117] fürnehmste Herren: item, die Obersten / und Soldaten / mit welchem Er Seinen Stand / und das Königreich / erhalten und beschirmen muß / durch der Weiber Boßheit so geschwind umkamen / und zu Grund giengen / als wolte Er demselbigen Ubel abwehren / so viel es Ihm müglich war. Liesse derohalben ein ausdrückliches Mandat ausgehen / und befahl / daß / so bald der Mann gestorben wäre / und verbrannt solte werden / daß man auch Seine Ehefrau zugleich solte lebendig mit Ihm verbrennen / damit man Ihnen eine Furcht einjagte / auf daß Sie aufhörten / Ihren Männern zu vergeben; Und diß Gesetz wurde anfangs sehr scharff gehalten / und man kunnte daraus wohl so viel abnehmen / daß es nur von wegen der Edelleut / Regenten / und Brahmanes, wäre gegeben worden. In Summa: Mit der Zeit ist eine Gewonheit und Constitution, daraus worden / und also verblieben. Sie halten es noch heuntiges Tags für einen Puncten Ihres Gesetzes / und für eine besondere Ceremoni Ihres Teuflischen Aberglaubens / und thun solches nummehr als freyen und guten Willen / aus Anreitzung Ihrer guter Freund.

Wie Ichs mit Augen gesehen / will Ich hiermit auch angezeiget haben. Es wurden etliche alte Weiber dazu erkaufft / die vor Ihrer Thür gewaltig schreyen / und weinen / musten / die Hände vor Sich hinauswarts schlugen / Sand aufhuben / und über die Köpfe wurfen / zum Zeichen einer grossen mächtigen Betrübnus. Da nun die Zeit war / daß es fort solte / giengen Ihre Freunde mit einer Gungumma, fast wie einer Heerbaucken / und mit einem Instrument / unsern Schalmeyen gleich. In der Mitte folgte Sie in einem weissen Kleid von Cattun / von dem halben Leib an biß an die Knye / über welches / von den Brüsten an / ein ander durchsichtiges Gewand Ihr Sterb Gewant. wie eine Spinnwebe / roht / und schwartz / durchnehet / angezogen war. An den Händen hatte Sie / wie von Silberdroht gezogene Armbänder / [118] auf die zehen / oder zwölf. In den Händen eine Pomerantzen / mit der Sie spielte / ein wenig in die Höhe wurf / und wieder fieng: An den Fingern Ringe / biß an das mittelste Glied; Dergleichen auch in den Ohren silberne / und überguldet; An der Stirn / Armen / und Brust / weißlicht gefärbet / von einem wohlriechenden Holtz / das erst gar zu kleinen Spähnen gestossen wird / und wanns gesotten ist / eine helle weisse Farbe von sich gibt. Da Sie gar an die Stätte kam / war eine grosse Gruben schon bereit / Ihr Grab eine grosse Gruben Feuer. voller hellflammenden Feuers / worbey Sie von Ihnen / und Uns allen / welches Sie für eine besondere Ehre hielte / daß Wir zusehen wolten / einen frölichen Abschied nahm; darauf Sie bald einen Topf mit köstlichem Oel über Sich schüttete / und wie Wir nicht anderst sehen / und urtheilen kunnten / mit freudigem Muht Sich in die Gruben stürtzte. So bald solches Ihrer Freunde Freud. geschehen / wurde ein grosses Geschrey von Ihren Freunden / und Geleitsleuten / welche Ihr ein wohlriechendes / bald flammendes / zu den End dahin gebrachtes / Holtz nachwurfen / daß nur desto eher Ihr Leben enden mögte. Etliche Tag hernach kamen Sie wieder / und opferten von Ihrer Freund Opfer und Ehr nach den Tod. Früchten / und Speisen / die Sie da stehen liessen; auch von Blumengestreu / und verbrannten etliche Scipturen in Quarto eingebunden / (kunnte nicht erfahren / was es war) einen gantzen Arm voll / überfüllten endlich die Gruben mit Gestreus / und Bäumen / derer Löcher viel da zu finden / und man bey nächtlicher Weile / mit einem starcken Liecht wandern muß / daß man nicht in eine fallen möge.

† Volquard Iversen / der dergleichen drey gesehen / spricht Seines Buchs im 14. Cap. daß / an unterschiedlichen Orten / auch auf unterschiedliche Art geschehe. Bey / und um / Suratta, hat Ers auf folgende Weise gesehen: Wenn ein Mann gestorben / schreibt Er / stehen etliche Weiber auf der Strassen vor der Thür / schlagen mit beyden Händen auf die Brust / und ruffen eine gute Zeit: Os reos, Os reos. Denn wird die Leich von den nechsten Freunden hinaus getragen. Sie / die Witwe / aufs schönste gezieret / folget mit Ihren Verwanten; Vor Ihnen her gehen Trummeln / Pfeiffen / und Posaunen / worzu die mitgehende Weiber in die Hände klopfen / und singen mit grossem Geschrey. Wann Sie nun zur Stelle kommen / da Sie sollen verbrannt werden / stehet eine kleine Hütte von vier Stollen aufgerichtet / und mit Laub-Blättern bedecket und bekleidet. Die Leich wird erst zum Rivier getragen / und wohl gewaschen. Die Frau mit Ihren Gespielen waschen Sich auch am gantzen Leib / und ziehen Sich wieder aufs köstlichste an / unterdessen stehen drey / oder vier / Pfaffen bey Ihnen / reden Ihnen frölich zu / und vertrösten Sie / daß Sie in kurtzer Zeit mit Ihrem Mann / in einer grossen herzlichen Stadt / in allen Freuden seyn werden. Solches müssen die armen Heyden vestiglich glauben; sonst wäre es unmüglich / daß Sie bey gesundem Leib so getrost Sich verbrennten. Dann gehet die Frau / mit Ihrer Gesellschaft / dreymahl um die Hütte mit jubiliren. Darauf gehet Sie in die Hütte / setzet Sich mitten darein auf Brennholtz. Ihr wird der tode Man hinein gebracht / und Sein Kopf in Ihren Schoß geleget. Einer von den Pfaffen gibt Ihr mit gehler Farb ein Zeichen an die Stirn / und damit eine brennende Kertze in Ihre Hand / und gehet heraus. Darauf zündet Sie Selbst die Hütte an allen vier Stollen an / weil Sie mit gewisser Materia, so bald Feuer fänget / bestrichen / alsbald samt der gantzen Hütte in Flammen ausschläget. Denn fangen die Baucken / und Trompeten / samt den Umstehenden / wieder an zu jauchzen und schreyen / daß man Sein eigen Wort dabey nicht hören kann. Dann giessen die Freund etliche [119] Krüg mit Oli und Spiritus ins Feuer / und werfen viel Holtz / so alles dabey in Bereitschaft stehet / dazu / daß Sie wohl ehe mit Holtz zu tod geworfen / als verbrannt wird. Wenn nun alles zu Aschen worden / nehmen die Freund die Asche / und streuen Sie in das Rivier, gehen mit Freuden wieder nach Haus.

Etwas anderst erzählet es Herr von Mandelslo / Lib. I. p. m. 73. von einer Rasbutin, einem vornehmen schönen Weib / so noch nicht über zwantzig Jahr alt war. Ihr Mann / spricht Er / als ein vornehmer Hauptmann / war hinter Lahor, bey zweyhundert Meilen von Cambaja, erschlagen. In Mangel dessen Cörper nun / wolte Sie Ihr feuriges Begräbnus allein halten. Sie hatte zwar lang zuvor um diesen Tod bey dem Sulthan, oder Gubernator dieser Stadt / angehalten / welcher es Ihr anfangs nicht erlauben wollen / weil Ihres Manns Cörper nicht zu Stelle. Wie Sie es endlich erhielte / gieng Sie mit grosser Freudigkeit zum Holtzhauffen. Ich halte / Sie müssen das Offion oder Opium einnehmen / welches Sie so freudig und behertzt machet / daß Sie darzu / wovor die Natur sonst sich entsetzet / so freudig sind. Den Anfang dieser Procession machten etliche Spielleut / mit zweyerley Art Paucken / und Schalmeyen; darnach folgten etliche Jungfern / und Weiber / welche vor der lebendigen Leich her spielten / und tantzten; hinter Ihr giengen auch viel Mann- und Weibs-Volk / neben etlichen Kindern. Sie / die Witwe / war mit köstlichen Kleidern angethan / mit Ringen / Armbanden an Händen / Armen / Beinen / und Füssen / nach Ihrer Art wohl gezieret. Als Sie zum Holtzhauffen kam / nahm Sie Abschied von allen Ihren Freunden / theilte Ihre beste Kleinodien / und Geschmeide / unter Sie / davon Wir das unvermuhtliche Glück auch etwas beschehrte. Denn wie Ich / neben zweyen Engelländern / zu Pferd nahe bey Ihr hielte / mogte Sie vielleicht an unsern Gebärden vermerken / daß Wir Sie beklagten / risse Sie etliche Brasoletten vom Arm / warf Sie nach Uns / davon Ich eines ergriffe / und zum Gedächtnus behalte. Demnach satzte Sie Sich auf einen gar hoch aufgestaffelten Holtzhauffen / welcher meinst von Apricos- oder Morellen-Holtz / mit Zimmet / und Sandel / durchleget / und mit wohlriechendem Oel begossen. Wie solches auf Ihren Befehl angezündet war / goß Sie über Ihren Kopf / und über gantzen Leib / aus einem grossen Krug ein wohlriechendes köstliches Oel / welches die Flamme des Feuers vermehrte / und zu Ihr führte / daß Sie also ohn einigen Geruf / oder übel Gebärde von Quahl / in einem Hui und Augenblick / gleich als mit einem Blitz / getödet wurde. Es stunden etliche Ihrer Freund / welche auch gantze Krüg voll Oels zu der Glut gossen / damit der Brand desto eilfertiger alles auffraß. Die Asche wurde hernach ins Wasser geschüttet. Herport kommt fast in allen mit diesen Erzählungen überein / ohn daß Er / pag. 165. sagt: Sie ziehe ein geles Kleid an / von dünnen Cattunen-Zeug / und Ihr Aschen werde von Ihren Freunden in silbernen Gefässen verwahret.

Die zarteste Leinwath kommt daher. Sonst was Victuaille belangt / ist auf dem Land gut wohnen / und kann man von dar aus / zu Fuß / biß auf der Christen Boden reisen / woselbst auch das beste Cattun / oder Baumwollen-Leinwerck herkommt / * weil Plätze sich finden / darinnen fünf / biß in sechs tausend Weber anzutreffen / deren Stuck eines funfzig Holländischer Ellen / oder funfzig Klafter / halten muß / und allerley Sorten. Die Holländer haben Ihren eignen Mann daselbst / und wenn ein Indianer Seine rechte Maß nicht liefert / so wird Sein Gut alsobald ins Feuer geschmissen / und verbrannt / und unser einer darf nicht nur eine halbe Ellen davon nehmen / welches denn unter die Heyden einen grossen Schrecken machete.

[120] * Die gewerbsamste / und denkwürdigste / ist Negopatan, weil viel Handwerker darinnen gefunden werden / welche gute Cattun-Leinwath machen / nach Mandelslo Erzählung / pag. 194. In Persien / spricht Olearius, pag. 566. seyn auch etliche Städte / und Dörfer / die Sich einig und allein von solchen Baumwollen-Wahren nehren. Wehrt ist hierbey zu setzen / wo diese herkomme. Sie wächset aber in Strauch / Ellen hoch / hat Blätter / fast als Wein-Laub / jedoch viel kleiner; es träget oben auf den Gipfeln der Stengel Köpfe / als grosse runde Wallnüsse. Wenn sie reiff / thun sich die Köpfe auf den Seiten / an vier / oder sechs / Orten auf / und dringet die Wollen durch die Ritzen. Am allermeinsten wird die Baumwollen gesamlet / sagt Er ferner / in Armenien, Iruam, Hachtzuan, in gantz Harabach bey Arasbar, in Adirbeitzan, und Chorasan. Wie es ob Hochgedachter Herr Christoph Führer zu Damasco befunden / wollen Wir dabey vernehmen: Es wächset / spricht Er / p. m. 179. viel Baumwollen da / ist in gutem Kauff; man säet die Körner / samt den Roßkoht / wie man es den Pferden zu Cairo unter zu streuen pflegt / miteinander auf einen Acker / der feucht genug ist; dann sie viel Feuchtigkeit bedarf; solches geschicht um Mitfasten / und nimmt man sie ab im September; Es wächset ein Stäudlein / welches zwantzig / dreissig / in sechzig Büschlein trägt / wann man es abgenommen / beschneidet man das Stäudlein wiederum / es trägt drey Jahr / alsdann reisset mans aus / und säet es wiederum von neuen; die Wollen thut man aus den Hülsen / welche drey Blätlein / und viel Samen / hat / zeucht sie darnach mit einem Rade zwischen ein Eisen / und Holtz / herdurch / also / daß das Korn heraussen bleibt / und die Wollen hindurch gehet.

Jentiven / was Volck? wie mans von den Mohren kennet. Das Land Cormandel ist sehr Volckreich / und sind zweyerley Nationen darinnen: Die eine heiset man Mohren; Die andere Jentiven / unterschiedlich in Kleidern / und Sitten. Die Mohren tragen / ordinari, Bünt auf den Häuptern mit Gold durchzogen / wie die Türcken / enge Ermeln / und einen langen weissen Küttel von Baumwollen biß auf die Füsse; um den Leib ein Gürtel von gemengterFühren grosse Krieg miteinander. Seiden grün und roht. Die † Jentiven aber haben ein weisses leines Käplein / gehen halb bloß / und tragen guldene Ringlein in den Ohren. Weil Sie aber dabey unterschiedlichen Humors sind / stehen Sie immerzu in Differenz, und führen grosse Krieg untereinander; stehen auch wohl auf einmahl beyderseits mit ein viertzig tausend Mann gegeneinander Und lassen doch wenig auf der Wahlstadt. / darunter wohl der halbe Theil Reuterey ist / mit Lanzen: aber nicht mit Pistolen; sonst gemundiert / wie die die Cavallerie auf der Christen-Boden / und wann Sie gleich in dem Feld aufeinander treffen / bleibt doch selten über funfzig Mann tod / auf beyden Seiten. Dann es sind viel Jentiven unter den Mohren / und hinwieder derer viel unter jenen / daß / wann also einer Seines gleichen antrifft / gleich Quartir gibt / und wieder zu Seiner Partey lauffen läst.

† Die Jentiven sind eine Secte von den Benjanen, sollen Ihren Ursprung aus dem Königreich Golkende haben / schlechte Leut / und unwissend von Ihren Glaubens-Articuln, lassen die Bramanen Ihre Pfaffen dafür sorgen / warten Ihrer Arbeit / halten auch wenig Unterschied der Tag / haben keine Feyertag / als wann es Ihnen von Ihren Pfaffen bißweilen gebotten wird; enthalten Sich auch / wie die Benjanen, der Fleisch-Speisen / seyn ins gemein Handwerks-Leute / welche die Kaufleut Ihre Wahren zu machen gebrauchen; werden aber von Ihnen so schlecht und veracht gehalten / daß man Sie mit Ihnen weder essen / noch trincken / lässet. Also beschreibts Iversen / Seines Buchs im 12. Cap.

[121] Holländer sind gegen beyds Neutral. Die Holländer halten Sich gegen beyde Neutral, werden auch von beyden mächtig gefürchtet; sintemahl dreyhundert unsers Volck keinen Scheu tragen / mit Ihrer zwantzig tausend zu schlagen; jagens auch wohl in die Flucht / wie Wir denn im Jahr Christi 1653. für der Stadt Negopatan in einem Morgenfrühe / in einer halben Stund / wohl auf die zwey tausend Jentiven nidergemacht / daß unser Commandeur geruffen: All gnug von dem armen Volck nidergewürgt; Lasset die andern lauffen!

Anmerkungen (Wikisource)

  1. σφάλμα μνημονικὸν - erinnerungswürdiger Fehltritt.