Neueste Geschichte der Mineral-Quellen zu Boklet

Textdaten
<<< >>>
Autor: Sebastian Goldwitz
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Neueste Geschichte der Mineral-Quellen zu Boklet
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 6, S. 464–483
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Raw
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Nürnberg
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


|
IV.
Neueste Geschichte der Mineral-Quellen zu Boklet.[1]

Die Mineral-Quellen, an und für sich betrachtet, werden in den heutigen Tagen des Geschmackes als rohe und unbeliebte Arzney-Vorräthe angesehen, welche man zwar als wichtige Geschenke der Natur gegen die Leiden des Menschengeschlechtes erkennet, die aber dennoch verachtet und unbenützet in die Vergessenheit hinfließen, wenn nicht ein weiser Fürst dieselben in Schutz nimmt, sie aus ihrer rohen Naturgestalt hervor ziehet, ihnen die gehörige Einkleidung schenket, und Freude und Bequemlichkeit um sie her verbreitet. Aber dann werden diese Quellen nicht nur zu allgemein beliebten Mitteln umgeschaffen, sondern sie werden auch zu jenen großen Heilmitteln erhoben, für welche sie von ihrer ersten Entdeckung an bis jetzt mit Recht sind gehalten worden, da kein Arzneymittel so sicher, so geschwinde und so angenehm heilet, und kein Mittel so allgemeine Kräfte gegen langwierige und hartnäckige Krankheiten besitzet, als wohl eingekleidete Mineral-Quellen.

|  Dieses bewog die wahren Fürsten Teutschlandes schon lange, daß sie keine Kosten sparten, Mineral-Quellen in ihren Ländern zu entdecken, oder die schon vorhandenen zum allgemeinen Besten in ihre erforderliche Verfassung zu bringen. Dadurch erhielten zwar manche unmächtige Wasser die Einrichtung und den Ruf heilsamer Mineral-Quellen: aber eben dadurch wurden auch mehrere wirksame Wasser entdecket, die schon vorhandenen in ein helleres Licht gesetzet, und durch äussere Veredelung und durch die passendsten Einrichtungen, mit neuen Kräften bereichert. Muß nicht eine Quelle, welche aus einem blumigen Boden in wohllüstige Lebenslust übergehet, – um welche die ländlichen Grazien spielen, und die Natur ihre Mannigfaltigkeiten im Ueberflusse ausbietet, deren bescheidene Pracht durch die Kunst erhöhet wird, – eine Quelle, wo Alter und Wohlseyn thronet und wo der National-Charakter alle Etikette und Wache verbannet, – muß nicht eine solche Quelle den siechen Menschen ganz anders stimmen, als jene, die im engen, unfreundlichen und kahlen Thale aus feuchten und frostigen Schatten hervor quillet, oder die beständig von melancholischen| Schatten aus ewigen Eichen beschlichen wird, und wo die gothische Etikette, Armuth und Seuchen wohnen?

 Jeder, der einsiehet, daß zu einer Brunnen-Cur, von welcher man wahre Hülfe für seine Krankheit erhalten will, mehr erfordert wird, als eine beliebige Zeit hindurch eine bestimmte Menge Wassers aus der Quelle, nach einer angenommenen Vorschrift, zu trinken, und dabey etwa noch einige Mahl in dem Mineral-Wasser zu baden, wird den großen Beytrag nicht verkennen, welchen er von der äußerlichen Beschaffenheit einer Mineral-Quelle für seine Heilung erhalten muß: und da niemand in einer so wichtigen Sache, als die Herstellung der Gesundheit ist, gern eines nothwendigen Beytrages entbehren will; so wird jedermann wünschen, die Beschaffenheit aller Mineral-Quellen in ihrem ganzen Umfange zu kennen, damit er unter denselben die seinen Umständen angemessenste wählen könne.

 Dieser gerechte Wunsch, welcher die baldigste Befriedigung fordert, ist Ursache, daß ich hier einstweilen die so interessante neueste Geschichte der Mineral-Quellen zu Boklet bey Kissingen nur ganz kurz darstelle, bis Zeit und Umstände erlauben, alles ausführlich zu| beschreiben, was ich seit mehreren Jahren an diesen vortrefflichen Wassern versuchet, beobachtet und erfahren habe.

 Die heilsamen Quellen, von denen ich hier rede, entspringen in dem fränkischen Hochstifte Wirzburg ganz nahe an dem Dorfe Boklet, von welchem sie ihren Namen haben, und sie sind unter dem Namen Bokleter Mineral-Wasser in der Welt bekannt. Dieser Ort ist 14 Stunden von der fränkischen Residenz-Stadt Wirzburg, 8 Stunden von der Reichsstadt Schweinfurth, 9 Stunden von der Sächsischen Residenz-Stadt Meinungen, und 2 Stunden von dem Cur-Orte Kissingen entfernt.

 Diese Quellen entspringen an dem Fuße des genannten Dorfes in einem reichen Wiesengrunde, welcher ein heiteres Thal bildet, wodurch sich der befeuchtende Saalfluß in großen Wendungen langsam hindurch schlängelt. Um dieses Thal herum erheben sich Theils kleine Hügel, Theils höhere Berge, deren harter Rücken entweder von der fleißigen und nahrsamen Hand des Landmanns nutzbar verwendet, oder von bemoosten Eichenhainen bekrönet, und von jungem munterem Gebüsche mit dem verschiedensten Grün ausgemahlet wird. Gegen Norden öffnet sich| das Thal, und bietet in den heißesten Sommertagen einer kühlen und ermunternden Lebenslust den freyen Eingang dar.
.
 Lange waren diese in einer so vortrefflichen Gegend liegenden Mineral-Quellen für das leidende Menschengeschlecht verloren, und erst in diesem Jahrhunderte wurden sie wieder entdecket. Mehrere heilsame Wirkungen, welche dieses Wasser bey verschiedenen, obwohl rohen Versuchen, gleich Anfangs hervor brachte, machten nach und nach mehrere große Fürsten des Herzogthums zu Franken auf diese Quellen besonders aufmerksam. Sie gaben daher von Zeit zu Zelt dem Brunnen nicht nur neue und bessere Fassungen, sondern, da sich allmählich der Ruf des Wassers durch ausgezeichnete Curen verbreitete, und daher die Anzahl der Gäste sich von Jahre zu Jahre bey dem Brunnen vermehrte; so erweiterten und verschönerten sie auch die zur Cur erforderlichen Bequemlichkeiten. Gleichwohl waren diese Brunnenfassungen immer fehlerhaft, und die Brunnenanstalten so mangelhaft, daß sie dem immer mehr steigenden Rufe des Mineral-Wassers auf keine Weise entsprachen. Die Quellen litten daher an ihrem Ruhme, und das leidende Menschengeschlecht mußte eines der größten Hülfsmittel| für seine Krankheiten beynahe ganz entbehren. Dieses fiel unserem gnädigsten Fürsten Franz Ludwig bey dem Antritte seiner Regierung bald in die Augen, und da er mehr, als irgend ein einzelner Fürst, alles, was zur Aufnahme unseres Vaterlandes und zum Wohle der Menschheit dienet, mit väterlichem Gefühle beherziget, und alle Schätze und eigene Kräfte verwendet, seine Nation zu beglücken; so ließ er schon 1782 ein neues und größeres Gebäude neben dem vorhandenen kleineren aufführen, und sorgte für bessere Anstalten bey dem Verlaufe der Cur-Zeit.
.
 Eine schöne Lage, so gut getroffene Cur-Anstalten, und größere Bequemlichkeit lockten jetzt mehrere Kranke, an der Quelle selbst ihre Cur zu gebrauchen, und das Mineral-Wasser konnte nun unter günstigeren Umständen bessere Wirkungen bey den Siechen, die ihre Zuflucht zu ihm genommen hatten, hervor bringen. Dadurch stieg nun der Ruhm dieses Wassers täglich, und jährlich drängten sich die Leidenden häufiger an die Quelle. Dieses, und daß die Fassung des Brunnens immer schadhafter wurde, bewog Se. hochfürstl. Gnaden, die Fassung des Brunnens nicht nur erneuern, und, so viel| möglich, verbessern zu lassen, sondern die ganze Gegend zu verschönern, die Gebäude zu vermehren, und die Einrichtungen so vortheilhaft zu treffen, als es immer der heutige Geschmack von einem Cur Orte fordern kann. Der berühmte wirzburgische Professor der Chemie, Hr. Dr. Pickel, und der geschmackvolle Baumeister, Hr. Hofkammer-Rath Geigel, bekamen daher 1785 den Auftrag, den Willen Sr. hochfürstl. Gnaden ins Werk zu setzen.
.
 Als die Quelle gehörig aufgegraben war, so stellten sich dem geübten Auge des Hrn. Prof. Pickel mehrere Quellen dar, deren Wasser er sehr von einander verschieden fand. Er machte daher die Veranstaltung, daß bey der neuen Fassung diese Quellen nicht mehr, wie zuvor, zusammen gefasset, sondern eine jede besonders in einem eigenen Rohre abgetheilet wurde. Dadurch erhielt man nun zu Boklet neun Quellen, welche, da sie in ihrem Gehalte von einander verschieden sind, größten Theils besondere Benennungen haben, und zwar entweder von den ehemahligen Fürsten in Franken, welche diese heilsamen Quellen in besondern Schutz genommen hatten, oder von ihrem vorzüglichsten Bestandtheile. Andere, deren Bestandteile nicht wichtig genug| schienen, sind ohne Namen geblieben. Man nennet nun zu Boklet die Ludwigs-Quelle zum Andenken unsers jetzigen gnädigsten Fürsten; die Carls-Quelle, zum Andenken des Fürsten Philipp Carl von Greifenklau, unter dessen Regierung die wieder gefundene Quelle im J. 1754 das erste Mahl gefasset wurde; die Friederichs-Quelle, weil im J. 1766 unter dem Fürsten Adam Friedrich von Seinsheim die Bokleter Quelle in eine engere Fassung gebracht worden war; die Schwefelquelle, wegen ihres flüchtigen Schwefelleber-Geruches und Geschmackes; die Luftquelle, weil bey einer geringen Menge Wassers unaufhörlich eine sehr große Menge Luftsäure hervor bricht.

 Durch diese überdachte Abtheilung der verschiedenen Quellen erhielt das leidende Menschengeschlecht neue und wichtigere Vortheile, indem jetzt nicht nur mehrere und verschiedene Kranke zu Boklet Hülfe finden, welche sie zuvor umsonst hier suchten; sondern es finden jetzt sogar Kranke an diesen Quellen ihren sicheren Trost, welchen ihnen alle Arzneymittel versaget haben. Ich will ihnen die verschiedenen Vortheile, welche sie von jeder Quelle insbesondere zu gewarten haben, kurz aufzählen.

|
Die Ludwigs-Quelle
 enthält in ihrer Mischung viele Luftsäure, Eisenerde, Kochsalz, und luftsaure alkalische Erde, - also ein Stahlwasser, welches wegen seiner einfachen Mischung ganz nach dem heutigen Geschmacke der Aerzte ist. Entfernt von seiner Quelle und eben nicht curmäßig getrunken, dienet dieses Wasser überhaupt zur allgemeinen Verbesserung übel beschaffener Säfte, im Sommer zur Verhütung der herrschenden Gallenkrankheiten und der Ruhren, und Hypochondristen, geschwächten Gelehrten u. d. zur Erhaltung ihrer Gesundheit. Jeder leidende Theil des menschlichen Körpers kann an dieser Quelle in bestimmten Fällen seine sichere Hülfe hoffen. Leidet der Kopf am Schwindel, Kopfschmerzen, an der Migraine, Schwäche des Gedächtnisses, veralteten Schnupfen, an Fehlern des Gesichtes oder des Gehöres; so wird er hier Nutzen finden. Die durch Engbrünstigkeit, Herzklopfen, vernachlässigten Husten gequälte Brust wird hier gänzliche Befreyung ihrer Marter, oder doch in einigen verzweifelten Fällen, wo gar keine Heilung mehr zu hoffen ist, merkliche Besserung erhalten. Der von Verschleimung, von Säure, oder alkalischer Schärfe, von Blähungen oder unordentlichem Antriebe des| Geblütes gemarterte Magen hat hier ein geprüftes Mittel. Hier erhält er seine verlohrne Eßlust wieder, und vom Würgen, Ekel, Erbrechen, Aufstoßen, Magenkrampf und Sodbrennen wird er ganz befreyet. Die erschlafften Gedärme gewinnen hier ihren Ton bald wieder, und lassen ihre Krämpfe, ihre Koliken u. d. auf immer zurück. An dieser Quelle genesen auch die übrigen Eingeweide des Unterleibes, als die Drüsen, die Milz, die Leber, welche oft an einer Trägheit in ihren Verrichtungen leiden, wodurch denn die sonderbarsten Krankheiten entstehen, und schleimige Durchfälle, Gelbsuchten, Verstopfungen der Leber weichen diesem Wasser bald. Die Urinwege finden hier Trost für manche ihrer Leiden. Da es nicht nur sehr nachdrücklich auf die Nieren wirket, sondern noch die Urin absondernden Gefäße stärket und verenget; so wird der in den Nieren und der Urinblase vorhandene Sand und Schleim nicht nur abgeführet, sondern es wird auch seine Geburt für die Zukunft verhindert.
.
 Besondern Nutzen erhalten an dieser Quelle die zur Fortpflanzung des Menschen nothwendigen Werkzeuge. Ich mag hier die aus dem so sehr eingerissenen frühzeitigen Mißbrauche dieser Theile entstehenden Übel| nicht nennen. Fühle jeder Sünder mit Aufrichtigkeit an sein Herz, so wird er sie selbst kennen; aber doch zu seinem Troste muß ich sagen, daß er an dieser Quelle seine Heilung finden werde, wenn er dabey seine schimpfliche Gewohnheit ablegen will. Ausser dem dienet dieses Wasser bey dem schöneren Geschlechte gegen den weißen Fluß; es hebet den Mangel der Reinigung, und mindert auch die zu starke Reinigung, wenn diese von Schwäche herrühret; die Unfruchtbarkeit hat es schon oft gehoben, und gegen die Neigung zu unzeitigen Geburten dienet es vortrefflich. Die Männer aber werden ihre beschämende Schwachheit in tüchtige Mannskräfte übergehen sehen; die den Menschen so sehr verzehrenden freywilligen Pollutionen werden leicht geheilet, und selbst die nach geheilten venerischen Krankheiten gewöhnlich zurück bleibenden so genannten Nachtripper verschwinden an dieser Quelle gänzlich.
.
 Auch die äusseren Gliedmaßen, welche so oft die Sünden des Rumpfes büßen müssen, finden hier Trost; denn die von Gicht und Podagra geschwächten Glieder erhalten hier ihre Kräfte wieder, und vortreffliche Dienste leistet dieses Wasser in der atonischen Gicht. Bey Kinderkrankheiten wird es mit großem| Nutzen angewendet. Blödsinnige erhielten hier Besserung ihres Verstandes; die Dörrsucht verlor sich bald, und die englische Krankheit fand an diesem Wasser ihren Überwinder. Ach! erkenneten es die Ältern, daß von einer gesunden Kindheit die zukünftige Gesundheit Leibes und der Seele abhange; sie würden für dieselbe in den Jahren der Kindheit ernstlicher sorgen, und das Vorurtheil, daß Kinder keine Brunnen-Cur gebrauchen dürfen, verschwände bald.
Friedrichs- und Karls-Quelle.

 Diese beyden Quellen sind der vorigen in der Art der Bestandtheile, nicht aber in der Menge derselben gleich: sie bringen daher dieselben Wirkungen, wie die Ludwigs-Quelle, nur in geringerem Grade hervor, und Personen, welche das starke Stahlwasser nicht vertragen können, bedienen sich dieser schwächeren Quellen mit großem Nutzen.

Schwefelquelle.
 Geruch, Geschmack und chemische Versuche zeigen deutlich, daß diese Quelle unter die hepatischen Wasser gehöre. Besondere Kräfte zeiget dieses Wasser gegen rheumatische und gichtische Schmerzen. Es dienet sehr gut zur Vorbauung podagrischer Anfälle und zur Tilgung der Schwachheit, Empfindlichkeit| und Steifheit, welche die Gichtanfälle in den Theilen, wo sie ihren Sitz hatten, nach ihrem Abzuge zurück ließen. In veralteten venerischen Krankheiten, zur Heilung der Krätze und gegen die üblen Folgen, welche von übel behandelter Krätze, oder verkünstelter Behandlung der Blattern, oder überhaupt von zurück getriebenen Ausschlägen entstehen, ist es von großem Nutzen.
Luftquelle.

 Das wenige Wasser dieser Quelle ist keiner besondern Betrachtung werth, da es wenige und unbedeutende feste Bestandtheile in sich enthält; desto mehr Aufmerksamkeit aber verdienet die an dieser Quelle beständig in großer Menge ausströmende luftartige Flüssigkeit.

 Durch die an dieser Quelle getroffene Vorrichtung kann man dieses luftige Wesen nach Belieben fühlen, riechen, verkosten, auffangen, mit andern Flüssigkeiten vermischen, an jeden beliebigen Ort hinleiten, und daher als ein kräftiges Arzneymittel auf die verschiedenste Art an dem leidenden Körper anwenden.

 Überhaupt betrachtet, äussert diese Luftsäure vorzügliche Kräfte auf das Nerven-System und auf die Mischung der flüssigen Theile| des menschlichen Körpers. Die besondern Kräfte dieser luftartigen Flüssigkeit aber erstrecken sich über die fürchterlichsten Krankheiten, welche den Menschen befallen können, z. B. das Faulfieber, hartnäckige Wechselfieber, Schwindsucht, Lungensucht, Wassersucht, Scorbut, Gallen- und Blasen-Steine, Erbrechen, Hämmorrhoiden, Windsucht, Lähmung, Entzündung der Brüste, böser Kopf, bösartige Geschwüre, Nasengeschwür und Krebs.
.
 Diese durch die neue Brunnenfassung für das leidende Menschengeschlecht erhaltenen wichtigen Vortheile werden noch durch äußere Zierde und gut getroffene Anstalten bey dem Brunnen erhöhet. An dem Ursprunge dieser Quellen ist ein steinernes einfach verziertes Postement, auf dessen Höhe zwey Genii angebracht sind. Der sitzende hat in der einen Hand eine Schreibfeder und in der andern ein Blatt, mit den Worten: Wir schreiben für die Nachwelt. Der stehende Genius scheinet dem sitzenden in die Feder zu dictiren. Auf beyden Seiten stehen zwey Vasen, und an der Hauptseite des Postementes ist eine schwarze Marmor-Platte angebracht, worauf die ganze Geschichte dieses Brunnens mit kurzen Worten eingegraben ist. Unter dieser Marmor-Platte so wohl,| als auf der Rückseite des Postements läuft die Ludwigs-Quelle aus ihren Röhren: an der rechten Seite desselben die Friedrichs- und an der linken die Carls-Quelle. – Um diese Fassung ist eine zwey Treppen versenkte Vertiefung geführet, in welche die genannten Quellen ablaufen.

 Siehet man in dieser Stellung vor der Ludwigs-Quelle gerade rückwärts, so fällt einem die Vorrichtung der Luftquelle in die Augen. Diese bestehet aus einer einige Schuhe über den Boden erhöhten Vase, aus welcher von beyden Seiten ein mit einem Hahne versehenes Rohr herab steiget. Unten an dem Fuße des Stockes, worauf die Vase stehet, läuft die Quelle.

 Wenn man weiter um sich her siehet; so bemerket man noch mehrere Quellen in einem Kreise um das angeführte Postement aus ihren Röhren hervor laufen. Einige derselben wird man unbedeutend finden, bis man hinter dem Rücken des Postementes zwey Schwefel-Quellen antrifft, welche sich, dem Geruche und dem Geschmacke nach, besonders auszeichnen.

 Hebet man nun das Auge empor; so wird man sich in einem vertieften Tempel bemerken, dessen vordere und hintere Seite von einer| Colonnade gebildet, die Nebenseiten aber von zwey großen anstoßenden Gebäuden geschlossen werden, und das Ganze ist von einer einfachen Kuppel gedecket. Zu den beyden Hauptausgängen durch die Colonnaden führen zwey mehrere Stufen hohe Treppen. Gehet man aus diesem erfurchtsvollen Orte auf der gegen Norden liegenden Treppe heraus; so locket eine wohl geordnete Faßade unsere Aufmerksamkeit an sich. Die Mitte dieser Faßade bildet die schon bemerkte Colonnade, welche aus Säulen nach toscanischer Ordnung mit dazwischen angebrachten Festonen bestehet, und die vorderen Außenseiten der Nebengebäude vollenden dieselbe. – Von stiller Bewunderung zu heißen Gefühlen der Dankbarkeit gegen den großen Stifter dieses Gebäudes reissen die in dem Giebelfelde mit goldenen Buchstaben geschriebenen Worte – zum Wohl der leidenden Menschheit erbauet – jeden gefühlvollen Menschen unvermuthet hin, und unter beständigen Segenswünschen für den Wohlthäter des Menschengeschlechtes wandelt man getrost in die Gebäude hinein.
.
 Die beyden anstossenden Gebäude sind massiv und aus gehauenen Steinen erbauet. In dem Gebäude auf der linken Seite des| Brunnens findet man in dem unteren Stockwerke viele Zimmer, welche ganz allein zum Baden eingerichtet sind. In jedem derselben ist eine Badwanne angebracht, an welcher zwey mit Hahnen versehene Röhren befindlich sind, aus deren einer man durch Öffnung des Hahnen warmes, aus der andern aber kaltes Wasser nach Belieben in die Wanne fließen lassen kann. Dadurch hat der Badende die Bequemlichkeit, sich sein Bad nach eigener Empfindung einzurichten. In demselben Stockwerke befinden sich auch die Behälter des kalten und erwärmten zum Baden bestimmten Mineral-Wassers. In dem oberen Stockwerke sind für Cur-Gäste bestimmte, schöne, geräumige und gut meublirte Zimmer angebracht, vor deren Fenstern die Natur eine etwas melancholisch feyerliche Landschaft hingemahlet hat. – In dem Gebäude rechter Hand tritt man gleich bey dem Eingange in dasselbe in einen schönen großen Saal, an welchen ein großes Zimmer stosset. Das obere Stockwerk dieses Gebäudes ist ebenfalls zu Zimmern für Cur-Gäste eingerichtet. Diese Zimmer geben in aller Rücksicht denen im andern Gebäude nichts nach: nur hat man hier die Aussicht in eine offene und belebtere Gegend.
.
|  Kommt man nun wieder aus den Gebäuden in die freye Luft, so überschauet man einen großen Platz, welchen eine doppelte Allee in vier Quadrate abtheilet; diese sind mit Pappelweiden und den verschiedensten Buschhölzern und Pflanzen besetzet, so, daß diese Quadrate von aussen das Ansehen einer Wildniß haben. Folget man aber den einladenden Schatten der Alleen; so wird man hie und da von muthwillig neckenden Wegen in die Gebüsche eingeladen: und hier überraschet den Angelockten ein spielender Teich, dort ein einsames Berceau, hier ein vertrautes Cabinettchen, dort Trägheit heilende Spiel-Maschinen.
.
 Am Ende dieses angenehmen Platzes sind noch zwey Gebäude befindlich, von denen das größere im oberen Stockwerke die fürstlichen Zimmer, einen schönen Speisesaal und ein Billard-Zimmer, im untern Stockwerke eine kleine Capelle und die Wohnung des Inspectors enthält. Das anstossende kleine Gebäude ist zu Zimmern für Cur-Gäste eingerichtet, welche die Annehmlichkeit haben, daß sich vor den Fenstern derselben die ganze neue Anlage ausbreitet, welche von einem vesten, breiten mit Pappelweiden besetzten Damme| umgeben ist, der zu sanften Spazierfahrten die angenehmste Gelegenheit darbietet.
.
 Diesen großen Gaben der Natur, diesen wichtigen Geschenken der Kunst geben die besten ökonomischen Einrichtungen die Vollendung. Wer an diesen heilsamen Quellen seiner Gesundheit pflegen will, kann, weil Kost, Wohnung, Bäder und die übrigen wichtigsten Bedürfnisse ihren bestimmten und möglichst wohlfeilen Preis haben, die zu seiner Cur erforderlichen Kosten voraus mit seinem Beutel berechnen. Diese neueste Geschichte der Mineral-Quellen zu Boklet mag mit noch so schwachen Zügen entworfen seyn; so halte ich doch jeden Zusatz zur besondern Empfehlung dieser so vortrefflich eingekleideten Mineral-Quellen, für überflüssig. Ärzte! urtheilen Sie mit Strenge über die Vorzüge dieser Quellen, und Sie werden den Gebrauch derselben ihren Kranken mit Wärme empfehlen: – Leidende! bedenken Sie den großen und bloß zu Ihrem Besten gemachten Aufwand, und Sie werden diese Quellen vorzüglich zu Ihrer Heilung aussuchen; und Sie, welche Ihre Gesundheit erhalten, Ihr Leben verlängern, und im heißen Sommer der bösen Stadtluft entfliehen wollen, Sie werden| den hiesigen Aufenthalt vortrefflich finden, ihn auswählen, und mit Nutzen, mit Unterhaltung und mit Vergnügen genießen.
Dr. Sebastian Goldwitz,
Physikus zu Kissingen. 



  1. Aus der Wirzb. Gel. Zeit. 1793. Beylage 73.