Neuere Literatur zur Geschichte Englands im Mittelalter (DZfG Bd. 1)

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Autor: Felix Liebermann
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Titel: Neuere Literatur zur Geschichte Englands im Mittelalter
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aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 1 (1889), S. 174–186, 463–470
Herausgeber: Ludwig Quidde
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Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung J.C.B. Mohr
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Erscheinungsort: Freiburg i. Br
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Quelle: Scans auf Commons
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Neuere Literatur zur Geschichte Englands im Mittelalter.


Dem Wunsche der Redaction, einen zusammenhängenden und das wichtigste erschöpfenden Bericht über die neuesten hauptsächlichen Erscheinungen zur mittelalterlichen Geschichte Englands zu erhalten, scheint die nachfolgende Anzeige wenig zu entsprechen. Ref. hält jenes Ziel für höchst erstrebenswerth, aber für kaum erreichbar, soweit sein Referatsgebiet in Frage kommt, wenigstens nicht unter den Verhältnissen, unter denen er arbeitet: spät fliesst ihm die Literatur zu, zwar in ziemlich ausreichender Fülle, aber in fast zufälliger Auswahl. Doch auch wer an einer grösseren Bibliothek und selbst in England arbeitete, würde bei der Herstellung eines systematischen Literaturberichts auf Schwierigkeiten stossen, die im tiefsten Grunde mit der England eigenthümlichen Vereinzelung der historischen Arbeiter zusammenhängen. Einem deutschen Werke sieht man ausserdem leicht an, wo der Verfasser über das vor ihm Bekannte hinauszugehen anfängt; ein englisches Buch verbirgt den Punkt, wo die blosse Darstellungsarbeit aufhört.

Es gab bis vor wenigen Jahren an den Universitäten keine historischen Schulen; noch heute werden keine Dissertationen in deutscher Art gedruckt. Eine Untersuchung findet nur, wenn sie ein glänzendes Gewand anthut und das Handwerkszeug von sich wirft, Aufnahme in den grossen Magazines oder Reviews: sonst wird sie in Transactions oder Proceedings localer Gesellschaften neben alten Urnen begraben; und oft sorgt der private, auf die Mitglieder beschränkte, Absatz dieser Berichte, dass sie nicht über den Canal wandern. Kein Führer leitet durch den Wald dieser Literatur; nur einige Magazine haben classificirte Indices erhalten. Bis vor wenigen Jahren wurden ausserdem Berichte und kleine Mittheilungen über geschichtliche Bücher oder Gegenstände allein in den archäologischen [175] oder den allgemein literarischen Zeitschriften (Athenaeum, Academy, Notes and Queries) veröffentlicht: jetzt bietet die English historical review, tüchtig redigirt und mit einigen trefflichen Aufsätzen, einen Sammelpunkt. Aber auch hier findet man keine Quellenuntersuchung und das englische Mittelalter zurückgesetzt gegen andere Perioden. Noch immer soll drüben die Geschichte zum Theil der Politik oder der allgemeinen Bildung dienen: freilich veredeln sich diese beiden offenbar durch eine Verbindung, die der systematischen Entwicklung strengster Wissenschaft nach deutscher Auffassung wenig förderlich erscheint.

Mit um so wärmerer Bewunderung wird man nun zu jenen einzelnen Forschern aufblicken, die, wie es ihr Volk fordert, nur das vollendete Kunstwerk der Oeffentlichkeit überreichen, zahllose Vorarbeiten aber, die bei uns viele Zeitschriftenbände füllen würden, nie herausgeben. Das jetzt leitende Werk, Stubbs’ (jetzt Bischof von Oxford) Constitutional history, enthalt z. B. eine Fülle an Ergebnissen von uns verschwiegenen Untersuchungen; ein anderes Buch, in dem er mehr in seine Werkstatt zu blicken erlaubt, Haddan and Stubbs, Councils and eccles. documents III, wird dagegen noch immer nicht, wie es sollte, als einzige wissenschaftliche Grundlage angelsächsischer Geschichte benutzt. Da sich also der Fortschritt der Forschung oft in kleinen Anmerkungen und Vorreden zu Quellenausgaben verbirgt, ist er durch schnelle Charakterisirung einiger Hauptwerke nicht nachzuweisen. Die allgemeine Orientirung, wie sie mit der Redaction jeder Forscher wünschen wird, zieht daher Referent vor, nicht in eiligster Verfolgung der wichtigeren Erscheinungen seines ganzen Referatsgebietes, sondern in freierer Anknüpfung an eine Besprechung, durch Berücksichtigung auch der einige Jahre zurückliegenden Literatur, wenigstens je in Einem Gebiete, zu ermöglichen. Um so schneller soll der Leser künftig unter den Notizen wenigstens die Titel der hervorragendsten Publicationen, in einer, soweit es die leidige Rücksicht auf den Raum gestattet, systematischen Auswahl erfahren.

Aus brieflichen Anfragen, die zu beantworten sich Referent auch ferner gern bereit erklärt, folgt, dass die Angabe der unserem Dahlmann-Waitz und Wattenbach etwa entsprechenden, freilich nicht entfernt gleichkommenden, Werke über Literatur- und Quellenkunde des englischen Mittelalters manchem deutschen Historiker willkommen sei. In Gardiner and Mullinger, Introduction to the study of English history 1881,[1] bringt letzterer dankenswerthe Angaben [176] über Literatur und Quellen; wo sie nicht genügen, entschuldigt ihn der Mangel an Monographien. Für die Quellenkunde unentbehrlich ist aber noch immer Hardy, Descriptive catalogue of materials rel. to the hist. of Great Britain and Ireland, 3 Bände[2], 1862–71, bis 1327. Eine Fortsetzung und Ergänzung muss man aus den einzelnen Editionen sich selbst zusammensuchen. Diese aber sind (mit wenigen Ausnahmen) wie Hardy’s Werk selbst, published… under the… Master of the Rolls, heissen Rolls (Government) Series und erscheinen von einander redactionell unabhängig. Die leitende Commission of her Majesty’s Treasury bestimmt nur das Werk und den Herausgeber, gibt aber für die Art der Edition bloss mechanische Vorschriften, darunter die Forderung von Marginalinhaltsangaben und vorzüglichsten Indices. So ist denn der Werth dieser Ausgaben ein (wohl bei ähnlichen Regierungsarbeiten beispiellos) ungleicher: naivster Dilettantismus machte sich anfangs geltend; die Ausgaben durch Stubbs und Luard befriedigen dagegen die strengsten Ansprüche und haben glücklicherweise Schule gemacht. Jedem Bande wird ein Verzeichniss der Titel nebst kurzer Inhaltsangabe aller erschienenen Bände angeheftet. Die Quellen edirenden Regierungscommissionen und gelehrten Gesellschaften nebst ihren Publicationen bis 1861 nennt Hardy, I, 681[3] und verzeichnet auch die Einzelstücke der grossen Quellensammlungen[4]. Bedeutende Nachträge zu Hardy’s Quellenkunde findet man auch in Pauli’s und meinen Auszügen deutscher Stücke aus englischen Historikern des 10.–13. Jahrhunderts in Mon. Germ. SS. XIII, XXVII, XXVIII (1881–87) und in meinen Anglonorm. Geschichtsquellen (1879).

Fremde und besonders deutsche Publicationen vernachlässigte Hardy; und gerade von diesen ist sehr viel nach ihm erschienen. Namentlich die deutschen und französischen[5] philologischen Zeitschriften, die ich hier natürlich nicht nenne, enthalten recht viel England, besonders das Alterthum betreffende Aufsätze und (die Anglia z. B.) Literaturberichte auch über geschichtliche Erscheinungen. Die deutschen Philologen bieten überhaupt zur Quellenkunde und Bibliographie [177] englischer Geschichte bedeutende Hilfe: so Elze, Grundriss der englischen Philologie (1887); Ebert, Geschichte der Literatur des Mittelalters, III (1887. Ags. Zeit.); Wülker, Grundriss zur… ags. Literatur (1885); Körting, Grundriss der… englischen Literatur (1887), während ten Brink, Geschichte der englischen Literatur I. (1877) auch über lateinische Historiker zwar Trefflichstes bemerkt, aber keine Belege mittheilt.

Die wichtigere historische Literatur der Gegenwart wurde von Pauli, wenigstens in früheren Jahren systematisch, in v. Sybels Historischer Zeitschrift, dann in den Göttinger Nachrichten (zuletzt schon posthum, 31, V, 82), von anderen in Revue historique und R. des Questions histor. (in den Courriers), nur sporadisch in den Mittheilungen aus der histor. Literatur, der Deutschen Literaturzeitung, Athenaeum, Academy, Revue critique u. s. w. besprochen; die Bibliothèque de l’École des Chartes gab ausserdem gute Auswahl der Titel; und für diese beansprucht die seit 1887 wieder erstandene (aber inzwischen wieder eingegangene) Bibliotheca historica von Masslow Vollständigkeit. Von sonstigen nichtenglischen Zeitschriften, die Forschungen zu und Ausgaben von kleineren Quellen des engl. Mittelalters enthalten, nenne ich Forschungen zur dt. Geschichte; Neues Archiv der Ges. für altere deutsche Geschichte. Wie diese, so bleiben leider auch andere deutsche Schriften mit englischem Quellenmaterial, sogar die hansischen Veröffentlichungen, in England wenig beachtet. Dass die historische Literatur des nordwestlichen Deutschland, der Niederlande, des westlichen und nördlichen Frankreich wichtigen, besonders urkundlichen Stoff für britische Geschichte birgt, sei, obwohl selbstverständlich, hier betont, weil sich die Engländer so wenig darum kümmern.

Die Planlosigkeit, mit der die historiographischen Quellen in England edirt werden, lässt zahllose kleine Denkmäler im Bibliothekenstaub schlummern, weil sie keinen ganzen Band füllen oder literarisch werthlos sind oder einen Inhalt bieten, der – vielleicht jedoch nur durch spätere Ableitungen – schon anderswoher bekannt ist. Vollends die Urkundenpublication hat in dem Jahrzehnt nach Hardy so gut wie geruht. Stubbs gab Select charters… of constit. hist. (5. ed. 1883) und Bigelow Placita Anglonormannica (1879). Aber der unvergleichliche Schatz der Ags. Urkunden wird anstatt Kemble’s höchst verbesserungsbedürftige Arbeit auf die Höhe französischer oder deutscher Diplomatik zu erheben, von Birch im Cartularium Saxonicum (I [1885], II [1887] bis 947) zwar fleissig [178] gesammelt und mit leidlicher Sorgfalt gedruckt[6], aber durchaus nicht untersucht. Ein anglonormann. Urkundenbuch oder ein Regestenwerk fehlt ganz – und damit die Grundlage für eine Darstellung, die für das Thatsächliche nach Art unserer Jahrbücher wissenschaftlich abschliessen könnte. Für die Zeit c. 1157–1199 bringt die Pipe Roll society die Schatzrollen heraus, und werden Königsurkunden zur Ausgabe vorbereitet. Die spätere Zeit hat eine zu reiche Fülle von Urkunden in den Archiven hinterlassen, als dass ein vollständiger Druck möglich wäre: um so mehr sollte man endlich Calendars drucken, wie sie für die Neuzeit so Vorzügliches leisten.

Von Rechtsdenkmälern im engeren Sinne sind seit Hardy mehrere Neudrucke erschienen. Den trefflichsten Ueberblick über die Geschichte der norm. und engl. Rechtsquellen gibt Brunner in Holtzendorffs Encyclopädie der Rechtswissensch. (4. A. 1882) 297[7]. Gegenwärtige Literatur findet man in Nouvelle revue histor. de droit français et étranger, Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Zeitschrift der Savigny-Stiftung. Die Ursprünge des englischen Rechts sind weit mehr von festländischen als von englischen Rechtshistorikern[8] bearbeitet worden. Hier muss genügen auf Brunners und auf Schröders Deutsche Rechtsgeschichte (1887) zu verweisen, die die Literatur aller germanischen Völker meisterhaft verwerthet haben.

Wenn somit deutsche Arbeiten über englische Geschichte ihrem inneren Werthe gemäss auch jenseits des Canals aufmerksame Beachtung beanspruchen dürfen, so braucht diese Zeitschrift deren besondere Berücksichtigung um so weniger zu entschuldigen. Dass ferner die Zeit vor etwa 1300, die Edition der Schriftsteller, die Literatur und das Recht in diesem Bericht bevorzugt werden, erklärt sich aus dem Arbeitsfeld des Referenten. Und da er eigenes Urtheil, das ja oft nur durch Weiterforschen entsteht, also zum Theil mit [179] technischer Untersuchung im kürzesten Ausdruck bieten möchte, wird er auf glatte Gleichmässigkeit der Form verzichten müssen. Hiermit und durch den Eingangs erwähnten äusseren, hoffentlich theilweise künftig abstellbaren, Mangel hofft er die Abweichung vom Plane der Redaction und die willkürlich erscheinende Auswahl des nachstehend Besprochenen zu entschuldigen.

Ch. Will. Kent, Teutonic antiquities in Andreas and Elene (Leipziger Diss., Halle 1887. VII und 64 S. 8°). Der aus Virginia gebürtige, auf deutschen Hochschulen germanistisch gebildete Verfasser fand des angelsächsischen Dichters Cynewulf Elene und Andreas (ein Gedicht „derselben literarischen Periode“) durch J. Grimm, Kemble, Grein, Zupitza wohl durchforscht, unterliess dennoch den Vergleich mit anderen Denkmälern (z. B. des monatlichen Volksdings S. 37 mit Gesetzen über Hundred), liefert aber der angelsächsischen Culturgeschichte eine brauchbare Vorarbeit zur Stoffsammlung. Unter den Kategorien „Mythologie, Religion, Staat, Krieg, See, Naturerscheinungen, (Einzelmensch und) Gesellschaft“ schöpft er aus Wörtern und Wendungen der zwei Gedichte literarhistorisch die Anschauung des Dichters und seiner Zeit und sprachgeschichtlich die prähistorische Cultur, der jene Wörter entsprangen, auch ohne dass der Dichter ihren anfänglichen Sinn noch empfand. (Vermengung beider Untersuchungsziele, meist richtig vermieden, verführt zu dem Einfalle S. 6 zu Elene 165). Zu schnell erblickt Verfasser Germanisches in allgemein Volksthümlichem (Talisman S. 23), tiefe Gefühle hinter unvermeidlichen Ausdrücken (ethel, ham), dauernde Einrichtungen hinter einmaliger Ausschmückung (Hunger S. 41 als Strafart aus El. 696), angelsächsischen Stoff in dem aus lateinischem Uebersetzten (Kenntniss Troja’s S. 64 wo Cynewulf nur herübernahm). Die bekannte Thatsache, dass dem Germanen das ganze Leben im Lichte des Kampfes strahlte, erhellt hier in vielen Belegen: da wird jeder Mann zum Kämpfer, jeder Anhänger zum Dienstritter, der Führer zum Herzog, das Volk zum Heer (selbst der roheste Haufen Wilder erscheint militärisch gegliedert), die Tugend zur Tapferkeit, das Glück zum Siege; 7¾ Procent aller Wörter in Elene beziehen sich auf den Krieg. – Genauer als in gangbaren Wörterbüchern findet der Historiker hier mehrere ihn angehende Ausdrücke erläutert: so eorl (Vornehmer, Ausgezeichneter ohne Rücksicht auf Stellung unter dem König oder Herrschaft über Untergebene), Looswerfen S. 38, das aber zu den Gottesgerichten zu stellen ist.

M. Manitius, Zu Aldhelm und Baeda. Wien, 1886. 102 S. 8°. (Auch in den [Wiener] SB. der phil. Cl. der k. Akademie der [180] Wissenschaften CXII, 2). Dient zwar zunächst der Kunde altclassischer Texte, belehrt aber den Historiker in ungeahnter Vollständigkeit, welch umfassende Kenntniss lateinischer Literatur die Gelehrten unter den Angelsachsen nur Ein Jahrhundert nach der Bekehrung erworben hatten. Aldhelm und Beda citiren oder benutzen, wie M. mit erstaunlichem Fleiss, Spürsinn und Wissen aus Stilähnlichkeit (zum Theil etwas gewagt) nachweist, eine grosse Anzahl lateinischer Autoren von der vorclassischen Zeit bis auf Zeitgenossen hinab[9]. Ueber Bedas Interesse für Räthsel s. S. 83 und über die ags. Räthseldichter Tatwine, Eusebius und den hl. Bonifaz 78. 80. Ueber Aldhelms verlorene Schriften und die Reihenfolge der erhaltenen handelt Manitius S. 6 f., über Quellen des Jonas, Alcuin, Erzb. Lull S. 96. 100.

Edward A. Freeman, William the Conqueror (Twelve English statesmen). London, 1888. VIII und 200 S. 8°. Aus seinem grossen Zeitgemälde The Normann conquest den Eroberer als englischen Staatsmann herauszuheben, entsprach der Natur des Verfassers, der überall mehr lebendige Menschen mit warmer Theilnahme zu begleiten als die Entwicklung abstracter Ideen und Einrichtungen zu verfolgen liebt, der, von Tagesfragen stets selbst bewegt (S. 77), vor Allem der Politik in der Geschichte feinsinnig nachspürt. Zu jeder That weist er Beweggrund und Wirkung, die er richtig oft als unbeabsichtigt hinstellt, weithin, ja bis zur Gegenwart, nach; dazu hilft [181] ihm neben tiefer Stoffdurchdringung rege Combination und der Vergleich verschiedener Perioden, der freilich, auf so umfassender Bildung er auch fusst, manchmal recht gewagt erscheint. Zwar verschweigt er nicht, wie widersprechend oder lückenhaft die Ueberlieferung, wie unsicher die Entscheidung ist, er lässt den Leser selbst zur höheren Kritik zu; allein der Gesammtbau aus einzelnen Wahrscheinlichkeiten gibt sich dann doch als unerschütterlich. Wie vieles ruht auf der Voraussetzung, die damaligen Erzähler hätten wohl entstellt, aber nicht geradezu gelogen: was in ruhigen Zeiten gelten mag, aber für heftige Parteikämpfe nicht zutrifft; man denke an die Investiturschriften! Vom Standpunkt des patriotischen Engländers und des ernsten Sittenrichters fällt Verfasser Urtheile mit längeren Erkenntnissgründen über den Werth der That: ich glaube, dabei vermischt er nicht sowohl die damalige Moral mit der heutigen (vor deren Verwechselung er selber mehrfach warnt) als die bürgerliche mit der politischen. Er stellt die Dinge lieber mit kräftiger Wucht als mit feiner Glätte dar, bevorzugt im Ausdruck die lehrhafte Formel, die er dann breit auseinandersetzt, vor der abwägenden Einschränkung, und im Wortschatz das Germanisch-Alterthümliche vor dem romanisirten Zeitungsenglisch. Gern achtet man auf gelegentliche allgemeine historische Betrachtungen, z. B. dass durch Befriedung einzelner Wochentage die Anschauung, an den übrigen sei Fehde erlaubt, erst rechtlichen Ausdruck erhielt, dass kirchliche Sprengel meist früher politische Gaue waren, dass der Bau von Adelsburgen gewöhnlich die Anarchie, deren Fall den Landfrieden bedeutete, dass um 1048 das Ritterthum noch keinen Wappenschild kannte (S. 14. 23. 17. 22). – Dem Laienleser zu Liebe musste die Hälfte des Bandes der Einleitung bis 1067 gewidmet und jeder gelehrte Beleg fortgelassen werden. Um so einheitlicher erscheint das kleine Kunstwerk; man kann nichts daran ergänzen[10], so fertig ist alles; wer es bekrittelt, [182] zerstört nur. Ein künftiger Forscher mag jede Einzelquelle zu Wilhelms Geschichte im eigenen Zusammenhang untersuchen, Urkunden nebst Rechtsdenkmälern gründlicher heranziehen, und so genauere Regesten oder Jahrbücher herauszubringen hoffen: ein Bild von Wilhelms Persönlichkeit, wenn er an der Möglichkeit es wahr zu zeichnen nicht überhaupt verzweifelt, wird er in wesentlichen Zügen nicht klarer hinstellen als es Freeman gethan hat.

S. Goldschmidt, Geschichte der Juden in England von den ältesten Zeiten bis zu ihrer Verbannung. I: 11. und 12. Jahrhundert. Berlin, 1886. VIII u. 76 S. Der dankbare Gegenstand harrte einer neueren wissenschaftlichen Bearbeitung. Die vorliegende Studie entdeckt zwar keine weiteren Gesichtspunkte oder besonders merkwürdige Thatsachen, verzeichnet aber mit dankenswerthem Fleiss und nicht ohne Kritik (S. 36 richtig gegen Grätz) bisher bekanntes und manche unbeachtete Einzelheit aus lateinischen Quellen und bisweilen – so über den Gelehrten Benjamin aus Canterbury und die zu London, bez. York, 1189 f. ermordeten Rabbinen Jacob aus Orléans und Jomtob aus Loigny – aus hebräischen Notizen (S. 30 f.). Bedeutender Stoffzuwachs ist aus den neuerdings erscheinenden Pipe Rolls und den „Shtaroth, Hebreu deeds of english jews before 1290“ (von den Engländern als {SperrSchrift|star|.1}}, Stern missverstanden) ed. Davis 1888 zu erwarten. – Den Irrthum, unter den Angelsachsen hätten Juden gelebt, folgert Verfasser aus Canones, die nur angeblich (Stubbs, Councils III, 175. 415) den Erzbischöfen Theodor und Egbert gehören, und aus gefälschter Urkunde des sich Ingulf nennenden Betrügers; vielmehr zeugt Cynewulfs „Elene“ gegen Kenntniss von Juden; und sie begegnen in keinem literarischen Denkmal bis hinab zum Domesday einschliesslich; wahrscheinlich also richtig galt schon um 1130 der Eroberer als Gründer der Londoner Judenschaft durch Verpflanzung aus Rouen (Will. Malm. IV, 317). – Die englische Kammerknechtschaft der Juden – der deutschen, wie Verfasser bemerkt, analog, wesshalb er nicht S. 19 von „Bürgern“ reden sollte – bestand von Anfang an; denn die Leges Edwardi Cf. sind nicht zu Ende Heinrich II. (S. 23), sondern unter Heinrich I. [s. meinen Dial. de Scacc. 75] geschrieben. Sie entstammt also wohl, wie Englands Process, sein canonisches und fiscalisches Recht, der Normandie, d. h. dem fränkischen Reich. So [183] werden die Einrichtungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, des Judenbischofs, z. B. mit den neuerdings aufgehellten Kölner Verhältnissen zu vergleichen sein. – Schon 1189 wohnen die Juden zwar thatsächlich zusammen, sind aber auch hier nicht ins Ghetto hineingezwungen und im Grunderwerb unbeschränkt. – Von den Ursachen der Judenhetzen gibt Verfasser richtig einige, Pöbelwuth gegen Reiche, Raubsucht der Schuldner, Glaubensfanatismus und Mordlust der Kreuzfahrer, an. Er erklärt die Thatsache, dass England im 11. Jahrhundert sich der Verfolgung enthielt, (zwar falsch auch aus angeblicher politischer Einflusslosigkeit der Prälaten S. 7) richtig daraus, dass es am ersten Kreuzzug fast unbetheiligt blieb (demnach hätte er die Rejudaisatio [s. Ducange] zu Rouen mit der Regensburger von 1097 vergleichen und als Rückschlag gegen das Kreuzfieber erkennen sollen). Doch andere Ursachen des Judenhasses betont Verfasser zu wenig: die Zinshöhe bis 50 Procent, die er mit Geschäftsgefahr richtig erklärt, und die aus dem ordentlichen Rechtsleben, zum Theil auf eigenen Wunsch, ausgenommene Stellung der Juden. Statt nämlich dem Volke sich in gemeinsamer wirthschaftlicher und staatlicher Arbeit zu verbinden, fanden sie in einem Gewerbe, das vom Volksgewissen und vom canonischen Rechte (Endemann, Rom. kanon. Wirthsch. II, 387) ihnen nicht etwa im Gegensatz zu Christen erlaubt war, bei der Krone allein thatsächlichen Schutz, und zwar, wie Verfasser erkennt, nicht aus Gründen der Aufklärung oder Volkswirthschaft, sondern aus Habgier: was die Juden dem Volke abgewuchert hatten, konnten die Könige jederzeit wieder einziehen. Allein zur Entschuldigung für diese niederträchtige Finanzpolitik hätte der Verfasser hinweisen sollen auf den staatlichen Geldbedarf, den zu decken noch keine geordnete Steuerverfassung half. Auch hätte er den Daseinsgrund des damaligen jüdischen Wuchers hervorheben müssen: die Volkswirthschaft brauchte, was kanonistische Lehre und adliche Geschäftsverachtung verpönten, die Ansammlung grosser beweglicher Kapitalien zur Ausführung mächtiger Unternehmungen (vergl. Green, Short Hist. of the English people 85 über Bauten durch jüdische Vorschüsse. Hängt vielleicht mit Wilhelm des II. Baulust seine Gunst für Juden zusammen?). Ganz verfehlt ist es, den damaligen englischen Pfaffen die Greuel von 1189/90 zur Last zu legen, die zwar kirchlichen Anschauungen, aber nur theilweise und nur mittelbar, entsprangen; und diese waren anderwärts und früher entwickelt. Vielmehr erklärten sich die damaligen gebildeten und höheren Geistlichen Englands, darunter die Historiker und die Beamten, mit Wort und That gegen jene Roheiten der Laien; und der gesellige Verkehr von Juden mit angesehenen Geistlichen steht vereinzelt fest: [184] ein in Mainz gebildeter Hebräer disputirt um 1100 mit dem Abte von Westminster freundschaftlich (Gisleb. Crisp. Disp. de fide); ein jüdischer Witzbold reist um 1185 mit einem Archidiakon (Gir. Cambr. VI., 146). Gerne würde man etwas von Beeinflussung anglonormannischer Cultur durch Juden hören: Steinbau des Profanhauses und medicinische Lehre z. B. finde ich dafür angeführt. Unter den Apologeten schrieben gegen die Juden auch zwei Schüler Anselms von Canterbury: jener Gilbert und Wibert von Nogent. Das christliche Studium des Hebräischen bediente sich nachweislich wenig später der Juden, vielleicht so schon Robert von Cricklade (vergl. Mon. Germ. SS. XXVII, 34), der für Oxford als dessen Vater (s. meinen Nachweis N. Archiv IV, 18) wird gelten dürfen[11].

Joseph Felten, Robert Grosseteste, Bischof von Lincoln. Ein Beitrag zur Kirchen- und Culturgeschichte des 13. Jahrhunderts. (Freiburg 1887. VIII u. 112 S. 8°) sammelt fleissig zeitgenössische Nachrichten über Leben, Schriftentitel (doch ohne Echtheits-Untersuchung) und damaliges Ansehen Roberts. Für diese Gesichtspunkte wird wohl nun nach Brewer, Luard, Pauli, Perry und dem Verfasser wenig Bedeutendes aus Gedrucktem zu entdecken bleiben; allein in Hss. liegen noch viele Bücher Roberts undurchforscht (über De virginitate s. Mon. Germ. SS. XXVIII, p. 85, n. 5). – Robert tritt hier hauptsächlich als Seelsorger in neues Licht: danach scheint er mir unmittelbar mehr auf Mächtige und höher Gebildete, dagegen auf das Volk nur durch Anstellung guter Lehrer und Pfarrer gewirkt zu haben; wie er denn, obwohl ein Freund feiner Poesie und Musik, die Volksthümlichkeit in Narrenfest und Mirakelspiel verfolgte. – Seine Stellung in der Geschichte der Scholastik, anglonormann. Literatur und engl. Verfassung liesse sich selbst aus gangbaren Handbüchern klarer bestimmen (ten Brink, Stubbs, Prothero’s und Bémonts Bücher blieben unbenutzt): die hier gewählten Auszüge aus seinen Schriften zeigen weite Bildung und geistvollen Styl, aber zum Theil entlehnte Gedanken und schiefe Definitionen. Seine Belobigung [185] durch den sonst so tadelsüchtigen Roger Baco wird also auch fernerhin Roberts Ruhm als Philosoph fast allein begründen; sie hätte durch Rogers persönliche Vorliebe für den Engländer, den Oxforder, den Minoritenfreund, den freigebigen Förderer griechischer Literatur (Roberts eigene Kenntniss des Griechischen überschätzt Verfasser nachweislich) vielleicht Erklärung und Einschränkung finden müssen und durfte nimmermehr den Verdacht veranlassen, als habe Baco den Lincolner Bischof geplündert. – Der Leser wird, auch ohne dass Felten die mannigfachen Züge zu einem Bilde deutlich verbände, klar genug ersehen, wie der kluge, gelehrte, geschäftskundige Mann thatkräftig an der Spitze der Universität lehrte, organisirte, Studien anregte und Studenten und Bettelorden beschützte, in seiner weiten Diöcese die ordentliche Pfarre gegen die einreissende Bepfründung von Klöstern, Fremden, Pluralisten, Ungeweihten wahrte, als Baron in und ausser dem Parlament die Tyrannei der Krone, besonders den Steuerdruck, abwehrte und wilde Parteigegner vom Bürgerkrieg versöhnend zurückhielt. Allein er verfocht hierin doch mehr die unter strengen Prälaten damals herkömmlichen Gedanken (so die Trennung geistlicher Personen von weltlichen Studien und staatlichen Aemtern), als dass er eine verfassungsgeschichtlich wichtige Organisation zu schaffen versucht hätte. Ein echt mittelalterlicher Kanonist, ahnt er nicht die selbständige Würde von Staat, Landrecht, Wissenschaft oder Evangelium gegenüber beziehungsweise Hierarchie, Kirchenrecht, Glaubenslehre und katholischer Ueberlieferung. Als Held tritt er aus der allgemeinen Bewegung erst durch den rücksichtslosen Eifer hervor, mit dem er die Missbräuche frei von Menschenfurcht geisselt und zu welthistorischer Bedeutung wächst er erst durch seine Weigerung, auf päpstlichen Befehl englische Pfründen mit unfähigen Günstlingen Roms zu besetzen. Verfasser erklärt nun das Manifest dieses Widerstandes, einen Brief nicht an den Papst, sondern den Nuntius Innocenz, gegen Jourdains Zweifel mit Recht als echt (und will richtig nur die Aufforderung zu allgemeinem Aufruhr gegen die Erpressungen der Curie Robert nicht beigelegt wissen), verurtheilt aber gerade diese bezeichnenden Züge Grosseteste’s als unklug, denn – daran scheiterte der Versuch, denselben später heilig sprechen zu lassen; wie denn im umgekehrten Fall Erzbischof Bonifaz gepriesen wird, der kirchliche Amtspflicht zu Canterbury gröblich hinter savoyischer Hauspolitik vernachlässigt hat, denn – dieser zählt zu den Heiligen. Verfasser will offenbar den Grundsatz des Kampfes nicht sehen und meint, der Papst habe nur ungern aus zeitweiser Noth die Provisionen zugelassen, die doch nur eine Folgerung des centralisirenden Gregorianismus sind: so erscheint [186] Grosseteste noch weniger systematisch als er wirklich war. Freilich handelte Robert als Greis nicht im Einklang mit seinen früheren Ansichten von Roms schrankenloser Macht, auch im Besonderen über die Pfründen aller Kirchen; wohl durfte, wer Friedrich II. (den Verfasser ganz papistisch beurtheilt) abgesetzt, nicht hinterher die Kriegspolitik der Curie tadeln und wer strengste Hierarchie nach unten übte, sich nicht der Beaufsichtigung durch den Metropoliten widersetzen. Längst ist Grosseteste des Verdachtes entledigt, Luther oder Wicliff vorbereitet zu haben; zum Reformator fehlt ihm doch die Grösse des Angriffsgegenstandes: nicht etwa das Papstthum hält er für unevangelisch, sondern den zeitigen Rath des Papstes für zufällig missleitet – dieselbe Formel, deren sich beginnende Opponenten in scheuer Ehrfurcht vor einer geheiligten Einrichtung oft bedienen, ohne dass sie später immer vor offenem Widerstand zurückschrecken. Verfasser erklärt mit Recht die Nachrichten des Matheus Paris über heftige Verfolgung Grosseteste’s durch Rom für unhistorisch: die Schwäche der Curie, Roberts grosses Ansehen und sein baldiger Tod mussten jeden offenen Kampf gegen ihn und sein Vorgehen widerrathen. Müssige Frage, was sonst erfolgt wäre, wenn das Evangelium, auf das sich Grosseteste berufen hatte, schon damals in Gegensatz zum Papstthum selbst gestellt worden wäre! Werthlos aber dürfen des Matheus Anekdoten nicht gescholten werden: aus ihnen erklingt der Beifall, den fromm kirchliche, aber zugleich patriotische Engländer dem Bischof zollten, selbst solche, die Mönche des eximirten, dem visitirenden Diöcesan feindlichen, St. Albans waren[12].

F. Liebermann.     



[463]
Vergl. den Artikel im 1. Heft S. 174 ff., insbesondere die Einleitung dort.

W. de G. Birch, Catalogue of seals in the Department of manuscripts in the British Museum, I, Lond. 1887 (VIII und 863 S., 12 Plates). 4578 Siegel von Englands Fürsten, Staatsämtern (seit dem 13. Jahrh.), Geistlichen (ausser S. 213 seit ca. 1100), Stiftern (seit 11 Jahrh.), Orden und Brüderschaften (Gilden) werden hier nach Material, Form, Fundort, Darstellung beschrieben; Legenden sind abgedruckt, Literaturnotizen und von 60 Siegeln Lichtdruckbilder, meist nach beiden Seiten, beigefügt. Die Reihe beginnt mit 790, doch nur 4 betreffen die Zeit vor Eduard dem Bekenner. Für das Siegel der Aalidis von Brabant, der zweiten Gemahlin Heinrich’s I., wurde das der ersten Frau „Mathildis“ nach Ausstechung dieses Namens verwendet, dagegen „secundae“ – welches Wort diese schottische Prinzessin von der ersten Mathilde (des Eroberers Gemahlin) unterschied – blieb stehen. Die Wittwe Kaiser Heinrich’s V. nennt sich um 1141 richtig Mathildis Dei gratia Romanorum regina, nicht Kaiserin. Das Wappen der 3 Löwen begegnet zuerst auf Richards I. zweitem Siegel zur Urkunde von 1194, Dec. 12 [nicht 1198], wo es heisst: unser erstes Siegel, quia aliquando perditum fuit et, dum capti essemus in Alemannia, in aliena potestate constitutum, mutatum est. – Gothische Verzierung beginnt um 1259. – Die Matrize des Grosssiegels Edwards I. diente auch, doch mit kleinen Aenderungen, seinem Sohn und seinem Enkel. – Natürlich wird die Geschichte des königlichen Titels hier vielfach belegt: z. B. seit 1259 bleibt Normandie und Anjou fort, 1340 tritt Frankreich in denselben ein. Diese werthvolle Sammlung verdient die Beachtung nicht bloss des Diplomatikers, sondern auch des Verwaltungs- und Kirchenhistorikers, des Kostüm- und Kunstforschers: die überladene Pracht auf Edwards III. Siegel, die Serapisgemme auf der Rückseite des Siegels des Bischofs Heinrich von Blois (König Stephan’s Bruder, vgl. auch Nr. 1699, 3981) bezeichnen den Sinn für glänzende Aeusserlichkeit bei dem einen, den frühesten Sammeleifer für classische Alterthümer (vgl. Joh. Saresber. Hist. pont. SS. XX, 542) bei dem anderen. Ein Index wird hoffentlich in späteren Bänden folgen.

Rogeri de Wendover Flores historiarum ab a. D. 1154 etc. The Flowers of history by Roger de Wendover: from 1154 ed. from the original [?!] mss. by Henry G. Hewlett. I. (Rolls Series) Lond. 1886. 8°. XII und 320 S. – Willkürlich wird der Anfang der Chronik, darunter das nie gedruckte erste Stück und [464] eine Reihe inhaltlich werthvoller Notizen, fortgelassen (nicht einmal beschrieben), auf einen langst widerlegten Irrthum Hardy’s hin. Eine Genealogie der Hss. ist nicht versucht, die frühesten, die von Matheus Paris fortgesetzten, sind nicht erwähnt, geschweige Luard’s Ausgabe für den Text benutzt; dass die Hss. Douce und Otho collationirt sind[13], macht den einzigen Werth des Buches aus. Für die Kritik ist nichts geschehen, auch Luard’s und meine Arbeit sind nicht verwerthet: Quellennachweis, Unterscheidung des Abgeleiteten, Correctur der Namen oder Daten fehlt. Das Verständniss des Textes charakterisirt 236, 19 non alieni statt alieni und 273, 2 matris prostratu statt mattis pro stratu (Mon. Germ. SS. XXVIII, 40, 23). Band I bricht mitten in 1204 ab.

Hugo Koch, Richard von Cornwall. I. (1209–57), Strassburg 1887. 143 S. 8°. Diese Strassburger Dissertation liefert aus fleissiger Benutzung gangbarer Quellen und Literatur eine so reichhaltige Sammlung von zum Theil nie vorher verwertheten Einzelnachrichten[WS 1] zu Richard’s Leben, dass der Leser sich dessen Gestalt leicht deutlicher – und meines Erachtens für diese Zeit günstiger und grossartiger – wird vorstellen können, als sie Koch schildert; dieser liess sich die Skizzen echter Meisterhand bei Stubbs, Early Plantagenets 183 und Luard, Matthew Paris VII, p. XXVIII, entgehen und folgte zu sehr dem Urtheile der damaligen Geschichtschreiber, die, als Mönche der Volkspartei angehörig, in jedem Auftreten für die Krone, oder auch nur für den Staat, Verrath wittern. Der innere Widerspruch in Richard’s Stellung als des Königs nächster Agnat und erster Baron erklärt zum Theil seine schwankende Haltung: wo er dem schwachen Bruder mit warnender Stimme oder offenem Widerstand entgegentrat, handelte er so offenbar patriotisch – oder doch rechtlich – dass ihn schon Zeitgenossen lobten; dass er aus der einmal vollendeten Thorheit des Königs nicht den Bürgerkrieg durfte entbrennen lassen, sondern überall vermitteln, die Adelsforderungen abschwächen musste, kann erst der unparteiische Historiker begreifen. Der Abfall von der baronialen Opposition war keine „Schuld“ (S. 50): wie konnte der Thronerbe – wie kann auch Koch – die Einsetzung des Staatsministeriums durch den Adel für „das Richtige“ halten? Richard’s stetig steigender Erfolg setzt nothwendig eine ungewöhnliche Kraft des Denkens und Wollens voraus; da die materiellen Mittel nicht aus einer bedeutenden Territorialmacht flossen, war er auf Gelderwerb angewiesen. Die unleugbare Habgier, die selbst der heftige Matheus Paris nicht überall offen zu verlästern wagte (Mon. [465] Germ. SS. XXVIII, 87, n. 12), diente nicht dem Geiz, sondern grossartigen Zwecken; sein Bankgeschäft wäre den Mönchen auch dann als Greuel erschienen, wenn es bloss rechtlich der auch sie treffenden Landesbesteuerung durch Krone und Curie gedient hätte. Wenn es zweifellos in bösen Wucher ausartete (vergl. Grosseteste ed. Luard 33. 36), so muss zum Urtheil darüber das damals in England beginnende Treiben der Toscaner Wechsler verglichen werden. Ebenso erhielten die Beamten für Vollzug der Amtspflicht überall Geschenke; schuldig könnte Richard erst dann gesprochen werden, wenn er Bestechung für ungerechte Amtshandlungen genommen hätte. Die Glaubenseiferer verübelten ihm z. B. die Anwaltschaft für verklagte Juden. Freilich übernahm er sie aus Gewinnsucht – wiewohl nicht ohne einen Zug von milder und vielleicht selbst aufgeklärter Gesinnung —, aber was sind die Anklagen? Die alten Lügen vom Mord eines Christenkindes u. dergl.! – Ueberall müssen die einzelnen Nachrichten des Matheus Paris im Lichte der allgemeinen Anschauung über ihn verwerthet werden: er schöpft theilweise aus bester Quelle (von Richard selbst: SS. XXVIII, p. 82 f!), theilweise aus wirren Gerüchten, kannegiessert (mit offenbarer politischer Anlage!), liebt Scandal und Anekdote. Wohl erfindet und lügt er nie, besitzt Scharfsinn, Gelehrsamkeit und weltliche Erfahrung, versteht und bewundert politische Grösse, er liebt sein Land, Volk und Königthum; aber sein Urtheil wird befangen, wo der Nutzen des Klosters in Frage kommt: wenn Krone und Curie Geld den „Armen“, d. h. auch St. Albans, entziehen, so denkt er nicht an die Zwecke, die er meist selbst billigt, sondern begeifert jene und ihre Gehilfen mit blindester Wuth. Wohl vertritt er darin meist die Volksstimmung; diese aber soll man als damalige Macht vermerken, nicht heute als Richterin verehren.

Zur Königswahl Richard’s hat Koch die mannigfachen Streitpunkte fleissig in der Literatur nachgelesen und besonnen geprüft, ohne gerade durch neue Stützen sein Ergebniss sicher zu stellen. Er hält die Ansicht von Richard’s Candidatur schon für 1247 fest, schiebt die Initiative 1256 nicht Avesnes, sondern Heinrich III. und Richard zu: der erste Antrag sei nicht an Mainz gegangen, sondern Köln habe, mit Pfalz schon einig, in Prag Ottokar für Richard gewinnen wollen, wie Böhmen denn auch die Vollendung der castilischen Wahl in Frankfurt hinderte. Die französischen Umtriebe, die Heinrich III. (im Briefe an Bonquer, den Koch [mit Ficker Reg. imp. V, 5287] zum 27. März ansetzt), und die Doppelwahl, die die rheinischen Städte fürchteten, beträfen noch nicht Alfons’ oder Conradin’s Candidatur. Nachzutragen wären viele Einzelheiten[14], im Ganzen aber [466] ist die Schrift eine verdienstliche Vorarbeit und macht dem Verfasser wie dem Veranlasser Scheffer-Boichorst Ehre.

The metrical chronicle of Robert of Gloucester ed. Will. A. Wright (Rolls Series London 1887, 2 Bde, XLVIII und 1018 S.). Robert – so nennt er sich – gehörte nach Sprache, Localkenntniss und (zeitweiligem?) Aufenthalt der Nähe Gloucesters an und war, da er nur lateinische Bücher benutzt und Vorliebe für Klöster hegt, Mönch; dass er gerade in St. Peters zu Gloucester lebte, was Antiquare seit dem 17. Jahrhundert behaupten, lässt sich durch nichts wahrscheinlich machen. Er compilirte aus bekannten Quellen kurz nach 1297 in engl. Alexandrinern und Septenaren eine poesielose Reimchronik von Brutus bis auf seine Zeit; da hinter 1271 das Ende verloren ist – doch folgte wohl nur ein Blatt bis 1272 –, so bietet nur das letzte Zwölftel des Werkes Spuren eignen Wissens. Wright’s Ausgabe ist philologisch ein grosser Fortschritt gegenüber dem älteren Druck. Glossar und (unvollständiger) Index sind beigegeben; [467] der historische Leser vermisst moderne Interpunction, Hervorhebung der Eigennamen durch grosse Anfangsbuchstaben, Inhaltsauszüge am Rande, Unterscheidung des Abgeleiteten durch kleineren Druck. Den Quellennachweis in der Vorrede möchte man genauer wünschen. Gelegentlich der Auszüge deutscher Stücke in Monum. Germ. hist. XXVIII, 663 konnte ich neuere Forschungen anführen, einiges nachtragen und Zweifel an einheitlicher Verfasserschaft widerlegen.

The story of England by Robert Manning of Brunne, a. D. 1338. Ed. from mss. at Lambeth palace and the Inner Temple by Fred. J. Furnivall Part I. II (Rolls Series) Lond. 1887. 8°. XXIII und 846 S. – Nur die ersten 16 630 Verse bis a. 689 werden hier, und zwar zum erstenmal vollständig, herausgegeben. Für den späteren, zuletzt historisch wichtigen, Theil der Reimchronik bleibt man auf Hearne’s Ausgabe angewiesen. Also nur für das 14. Jahrhundert, z. B. für dessen Anschauung von der Vorzeit und für Robert’s Quellenkunde wird die Geschichte einiges aus Furnivall’s Text notiren können: das Ags. Recht gilt vom Festland herstammend 16 574; Englands Volk ist wie der Adel schönhäutig und wohlriechend 14 886; die Namen England und Scarborough werden nach Thomas of Kendal und Meister Edmund fabulos erklärt; der weitaus meiste Stoff entstammt aber aus Wace, der Rest, den Furnivall durch einen Punkt vor der Linie auszeichnet, fast ganz aus Dares Phrygius, Beda, Galfrid von Monmouth, und namentlich Peter von Langtoft[15]. Aus Furnivall’s Einleitung: der Gilbertiner[16] Robert Mannyng aus Bourne reimte 1303 zu Sempringham, nach fünfzehnjährigem Aufenthalt, „Handlyng synne,“ (aus einem französ. theolog. Gedicht), dessen sittengeschichtlich wichtigen Inhalt Furnivall hier verzeichnet[17]. Robert sah auch einmal zu Cambridge vor 1306 den [späteren Schottenkönig] Bruce bankettiren, er reimte 1338 zu Sixhills[18] die vorliegende Chronik; ob er auch die Meditacyuns verfasste, bleibt unentschieden. Hierüber und über manches andere Literarische gewährt deutsche Forschung[19] [468] Ergänzung. Verzeichniss der Reime, Namen- und Sachregister und Glossar hat Furnivall seiner philologisch wichtigen Arbeit beigefügt.

W. J. Ashley, Edward III. and his wars 1327/60; extracts from the chronicles... and other contemporary records (Lond. 1887, 199 S. 8° für die, französischem Muster folgende Reihe „English history by contemporary writers“) verbindet die meist in modernes Englisch übersetzten Auszüge aus historiographischen Quellen, Gesetzen, Urkunden, theologischen Abhandlungen und Gedichten durch kurze Einleitungen, liefert erklärende Anmerkungen und mehrere Bilder (leider keine Karte). Es wird natürlich auch deutsche, namentlich niederländische Geschichte und, weiter als der Titel andeutet, auch die innere Entwicklung Englands berührt. Das geschickte Büchlein wird zu erster Einführung oder volksthümlichem Zwecke willkommen sein.

Riess, L., Der Ursprung des englischen Unterhauses (Historische Zeitschrift hrsg. von Sybel LX, 1), vertheidigt, im Wesentlichen gegen Gneist (auch ich widersprach Riess in Histor. Zeitschr. N. F. XX [1886] 126), seine frühere Behauptung, dass Vertreter von Grafschaften und Städten vom König anfangs einberufen wurden (I), nicht (wie man irrig aus Analogie der Geschichte Stuart’scher und Bismarck’scher Kämpfe (?) voraussetze) lediglich (was auch nicht die massgebende Ansicht) und auch nicht hauptsächlich zur Geldbewilligung, sondern (II) um 1. Beschwerden der Provinzialen vorzulegen, untersuchen zu helfen, den Regierungsbescheid heimzunehmen, 2. die Localverwaltung a) theilweise auszuführen, b) überall regelmässig, besonders in der Steuererhebung, zu überwachen. Nur als eine Folge dieser (als Nebenzweck des Parlaments längst anerkannten) Absicht suche die Krone Verständigung über Steuern mit den Gemeinen, ohne deren Bewilligungsrecht unbedingt anzuerkennen.

Seine Beweisgründe (für I) sind: 1. Die Parlamentsrollen berichten vor Edward III. nur von Einer Geldbewilligung a. 9 Edward II. 2. Unter den Schriftstellern spreche nur (der sogen.) Matheus von Westminster von einer Bewilligung zu 1297; sie alle, obwohl Steuerdruck stets beklagend, übergehen die Schöpfung des Unterhauses. (Riess, der sich berufen könnte auf die Klage [wohl vom Ende 1297] bei Wright, Polit. songs 184: Rien greve les grantz graunter regi sic tributum: Les simples deyvent tot doner... Nam concedentes nil dant regi sed egentes, übersieht aber z. B. Mathei Paris. Contin. Alban. II [irrig sogen. Rishanger] S. 143. 165 und Bartholom. Cotton S. 314. 299: concesserunt civitates, burgi, [469] antiqua dominica regis septimam). 3. Auch die Urkunden von 1275, von 1283 (wo die allerdings bewilligenden Gemeinen nicht gewählt [was aber für diese Frage gleichgültig], sondern nur deputirt seien) und selbst die Urkunde von 1295 mit Ausdrücken wie communitates concesserunt bewiesen nichts (? unter et alii de regno hinter milites) scheint mir wie 1301 nur cetere communitates gemeint), weil (?!) die Steuerproclamation die Politik der Steuerbewilligung durch Volksstimme nicht ausspreche. 4. Der nie inrotulirte lateinische Text des Statutum de tallagio non concedendo bei Hemingborough (u. A.!) ist nicht authentisch (was längst bekannt), sondern sei nur Forderung der Barone (dies hielt schon Stubbs für möglich, aber unwahrscheinlich; Riess beweist nicht dies, sondern nur die bekannte Authenticität des franz. Statuts); die Schätzung hänge nur hiernach ab von assensu communi… baronum, militum, burgensium et aliorum liberorum hominum; wofür die authentischen Worte granté… a… seinte eglise et as… barons et a tote la communauté, … qe… aides ne prendroms forsqe par commun assent de tut le roiaume einen ganz verschiedenen (?) Sinn böten, nämlich nur das Oberhaus beträfen. Dafür spreche, dass Hemingborough (der eben auf verfassungsgeschichtlich grobem Fehler ertappte! – daneben aber Barth. Cotton) die Befriedigung nur der Magnaten erwähnt. 5. Die päpstlichen Dispensbullen von 1305/6 erwähnen das Zugeständniss als nur den Baronen gewährt (was doch seinen Inhalt nicht trifft). 6. Bis 1377 werde in den Freiheitsbestätigungen die Steuer deutlich nur an das Oberhaus geknüpft (? commune und plein parlement begreift offenbar das Unterhaus mit). 7. Edward I. habe a) das Unterhaus zwar 1295 (mit einem Schlage?) freiwillig (?) gegründet, b) aber der Steuerbewilligung α) 1297 lange widerstanden, β) 1305 sie rückgängig zu machen gesucht, folglich c) nicht das Unterhaus zur Steuerbewilligung geschaffen. (Der Schluss ist unlogisch, da die Krone in a und b unter verschiedenem Druck handelte.) 8. Zölle und Verbrauchssteuern waren auch nach 1297 nicht an Parlamentsbewilligung gebunden.

Das Unterhaus verdanke seinen Ursprung auch nicht der Höflichkeit des Königs, sich, was er nehmen konnte, gewähren zu lassen (denn Edward erscheint um 1295/7 schroff; noch 1377 waren die Gemeinen zufrieden, wenn die Krone mit den Baronen allein Rücksprache nahm; die fernen Städte hätten lieber kleine unbewilligte Steuern als theure Diäten zur parlamentarischen Vertretung bezahlt).

II. Dass das Unterhaus zum Zwecke der Localverwaltung entstand, erhelle 1. daraus, dass Städte darin vertreten sind, obwohl dieselben als Domänen der Schatzungswillkür auch nach 1297 (wie [470] Stubbs deutlich sagt) unterlagen, also nur weil sie zum Verwaltungsbericht unumgänglich waren; 2. aus Berufung von je zwei Vertretern, was zur Bezeugung von Localzuständen nöthig war, während zur Geldbewilligung einer noch 1353 und 1362 genügte; 3. aus der Häufigkeit der Parlamente, die vom steten Wechsel der Provinzialverhältnisse (?) erfordert wurden, während Geld ebenso leicht (?) auf mehrere Jahre hätte bewilligt werden können; 4. aus der Nichtwählbarkeit von Sheriffs und Anwälten: eben diese sollten nämlich controlirt werden.

Riess rennt offene Thüren ein, wenn er nachweist, Edward habe nicht aus der Kronhoheit das gesammte Schatzungsrecht wie ein heutiger Verfassungssystematiker herausgenommen und zu dessen Ausübung das Unterhaus geschaffen. Er leugnet selbst nicht, dass thatsächlich Ritter und Bürger fast in jedem Parlament dem Könige Geld bewilligten, dass sie einige Male sogar nur dazu berufen waren, dass Edward 1297 ein Stück Besteuerungswillkür gesetzlich und thatsächlich einbüsste und sich des Verlustes schweren Herzens bewusst war. Er unterschätzt aber doch das staatsrechtliche Verständniss der englischen Könige, wenn er meint, sie hätten im 13., 14. Jahrhundert den Ständen einen Schein von Mitwirkung bei der Besteuerung gewährt, weil sie sich noch so stark gefühlt hätten, dass sie auf die Parlamentsmacht nicht eifersüchtig zu sein brauchten.

Berlin 1888.

F. Liebermann.     



Anmerkungen

  1. Bei all’ meinen Literaturangaben ist, wo nichts Gegentheiliges bemerkt, Format 8°, Bandzahl 1, Verlag bei engl. Titeln London.
  2. Der vierte Band wird seit 20 Jahren als in Vorbereitung angezeigt.
  3. Nachzutragen ist die Cambridge Antiquarian society; Hakluyt soc. (Geographie); Harleian miscellany; Histor. soc. of science (darin Wright’s Pop. treatises mittelalt. Naturwissenschaft); Jona Club (Schottisch-Irisch-Nordisches); Welsh mss. soc.
  4. Vergessen ward Mansi Concilia, Labbe, Nova bibl. mss. Ludewig, Reliquiae mss., Mone, Quellen und Forsch., Schilter, Thesaurus ant. Teuton.
  5. Besonders P. Meyer in Romania.
  6. Die wesentlich paläographischen Zwecken dienenden kostbaren Bücher der Palaeographical Society, namentlich aber Facsimiles of Ags. charters in the British Museum und Facs. of Ags. mss. photozincographed, transl. Saunders (Ordnance Survey) erlauben ein Urtheil; um so weniger war die sklavische Beibehaltung graphischer Eigenthümlichkeiten nöthig.
  7. Seitdem: Henr. Bracton, De leg. Angliae ed. Twiss; Cases [tp.] Henry III ann. by… seemingly Bratton (zum ersten Mal) ed. Maitland. Ungedrucktes zu ags. Recht brachte ich Zs. d. Savigny-Ges. germ. 1883, S. 127; 1885; Anglia IX. Ein Gesetz Aethelred des II in Haupt’s Zs. XXIV, 193.
  8. Mehrere Amerikaner verfassten die zum Theil trefflichen Essays in Anglosaxon law 1876.
  9. Im folgenden stelle ich die von Manitius nachgewiesenen Autoren zusammen, mit Angabe der betreffenden Seiten in M’s Schrift. Zunächst die von Beiden benutzten oder citirten: Vergil S. 15. 84. 98, Ovid 29. 85. 98, Horaz 30. 99, Persius, Juvenal 32. 85. 98, Lucan 35. 85. 99. Juvencus 36. 86, Paulin von Nola und Périgueux 38. 47. 84. 88, Prudentius 39. 87. 99, Prosper 41. 89. 97, Sedul 43. 47. 83. 89. 99, Avit 47. 91, Dracontius 47. 91, Arator 48. 92. 99, Fortunat 50. 92. 97, Ambros 71. 93. Isidor 71. 102; Aldhelm braucht ferner Terenz 31, Cicero 68, Seneca 32, Plinius Sec. 69, Sueton 75 ff., Apuleius 36, Solin 69, Auson 38, Claudian 40, Sidon 42, Phocas 42. 75, Coripp 49, Symphosius, Sisibut, die verlorenen „Paulus Quaestor“, „Proba“, „Sybilla“ 51 ff., Vergils „Paedagogus“ 28. Audax, Junil 57. 70, Priscian 34. 59, Donat und Commentatoren Servius, Sergius, Pompeius, Phocas, Diomedes u. a. Grammatiker 27. 62. 65. 68, Julian von Toledo (Aldhelms älterer Zeitgenosse!) 65, Nonius Marcellus 67. 77; Hieronymus (dessen Chronik er als Euseb citirt) 27, Augustin, Orosius, Rufins Euseb und Vitae patrum, Gregor I., Tertullian, Cassian, Cyprian, Sulpic Sev. 69 ff., einen Bibeltext zwischen Itala und Vulgata 55. Beda allein benutzt Marius Victor 88, Epitaphien auf Cicero, Gregor I., Caedvalla, Erzb. Theodor, Bisch. Wilfrid 97 f., Carmen in exodum 93 und den Aldhelm selbst 43. 92.
  10. Im Einzelnen möchte Referent in einer gewiss bald erscheinenden zweiten Auflage die normannischen Neuerungen in der Schatzverwaltung, dem gerichtlichen Beweis, dem Erbrecht schärfer betont wissen; mir erscheint überhaupt die Entwicklung der englischen Verfassung als durch die normannische Eroberung mehr durchbrochen als Freeman (S. 127) zugibt. Grimmer Scherz und Formalismus, als normannische Charakterzüge (S. 41. 61) beobachtet, sprechen sich im germanischen Rechtsleben überhaupt aus; das Silbenstechen durchzieht im Besonderen den normannischen Process. Die „landsittende“ dürfen nicht als Vorahnung des Unterhauses (S. 136) gelten; denn sie erscheinen nicht als Vertreter und nicht zur Berathung. Die Jagd als blosses Vergnügen (S. 172) wird lange vor Wilhelm geübt: Eadgar verbietet sie den Priestern. Das Wort „Forst“ (S. 171) findet man in gangbaren Wörterbüchern richtiger erklärt. Anselm gehört nicht (S. 3) zu den englischen Staatsmännern; seine Hauptthat ist England und dem Staate entgegengesetzt. Der Name Northmannen verlor das th nicht schon um 1030 (S. 6). S. 7, 5 lies kingdom, 23 Moretolium, 26 Mantes, 141 La-Croix-Saint-Leufroy, 158 Hersfeld, 194 Wulfnoth.
  11. Im Einzelnen bessere man S. 9 „Wunderbild von Lucca“ für Bild des heiligen Lucas; 25: „liess die Reichen (zu sich nach der Normandie) überfahren (statt verjagen) und (diese ditiores) den Rest einschätzen; 34 „Guildford“ (statt Geddington); 45 „s. Hugo von Lincoln“ (statt Bischof von Northampton); 62 tallia Quittungskerbholz. Der Anm. 56 Ende erwähnte Jacob von London ward 1199, Juli 81 zum Bischof bestätigt (Selden, Hist. of tithes 22); zu Sporteln für Heirathsconsens waren die Juden vielleicht nicht bloss kraft Ausnahmerechts (S. 75) dem Fiscus verpflichtet: auch adliche Mannen des Königs zahlten solche.
  12. Verfasser befleissigt sich im Ganzen eines guten Styls und bringt aus einstiger Stellung als (katholischer) Professor des Ushaw College in der Grafschaft Durham Verständniss für die englischen Namen heim; im Einzelnen lies S. 6 zurückrief für „umrief“; Lebewohl für „Adieu“; 52 (24) Orden für „Mönche“; 9. 62 St. Davids für „Menevia“; 16 streiche „oder Wallis“; 16 (30 f.) vertausche „Lindsey“ mit „Lincoln“; 24 stammt „scot“ nicht von „schottisch“, sondern von ags. scot, d. i. Schoss, Einlage.
  13. Nach Stevenson, English histor. review 353 ungenügend.
  14. Schon die Mon. Germ. SS. XXVII f. (den XXVIII konnte Koch noch nicht kennen; Referent freut sich, in vielen kritischen Punkten mit ihm übereinzustimmen) ergeben manches: dass Richard’s Charakter wollüstig gewesen (XXVII, 503), dass er die ungesetzlich gehinderte Fischerei befreite (XXVIII, 509), das Datum der zweiten Hochzeit (552), den Eintritt der Karmeliter nach England in Folge seines Kreuzzugs (568). Namentlich aber liefern Urkundenbücher mehrere Daten: Hans. Urkb. (11. Nov. 1254). Rotuli de Liberate, Munimenta Gildhallae Londoniensis, Michel’s Rôles Gascons.
    Zu streichen ist in den Citaten stets Oxenedes: er hängt von St. Albans ab (SS. XXVIII, 506. 598). Der Hass gegen Peter des Roches betraf zunächst den Poitevinen, nicht den „Römling“ (S. 30); der „Ausländer“ Simon von Montfort war schon Graf von Leicester (S. 43); für Avignon darf nicht Lyon emendirt werden, das Itinerar scheint verschoben (S. 51); dass Gascogne nicht schon 1225, erst Mitte 1242 an Richard verliehen ward, nimmt schon Ficker Reg. 5286 s an (S. 138); ob Innocenz im April 1250 sich noch nicht nach einem Asyl in England habe umsehen können, bleibt fraglich, da die Franzosen, lange bevor sie ihren König gefangen wussten, dem Kampf des Papstes abgeneigt waren.
    Stil (S. 43 mächtige Macht und Anordnung (S. 97. 108 dasselbe ohne Verweisung! höchst Wichtiges in Anm. S. 591) einer Erstlingsschrift verdienen Nachsicht; lateinische Stellen im Text (s. auch S. 20. 55. 84) könnten zum Irrthum verführen, als sprächen anglonormannische Barone Latein. Die Namen müssen besser übersetzt werden: S. 8 de Marisco (oder Marsh), 9 Westminster, 12 Eye, 19 Walliser, 20 St. Giles, 25 Berkhampstead, 28 Reading, 35 Marlborough, 46 Havering, 66 Clare, 70 am (obwohl latinisirt weiblich) Tyne, 78 Nimfa, 88 Mayor, 97 Sheriff (statt Vicomte), 98 Elias.
  15. Vergl. Mon. Germ. XXVIII, p. 648.
  16. Dass er Novizenlehrer gewesen, scheint mir unbewiesen, dass Laienbruder, höchst unwahrscheinlich: Robert’s Sprachen- und Literaturkenntniss und v. 14 837 sprechen dagegen.
  17. Er edirte es 1862.
  18. Brymwake, früher als Robert’s Kloster genannt, ergab sich als falsche Lesung.
  19. Körting, Grundriss Engl. Lit. 119, 123; ten Brink, Engl. Lit. 372; Anglia IX, 43, 622.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Einzelnachten