Mostpresse in Oberösterreich

Textdaten
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Autor: Dr. L. W.
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Titel: Mostpresse in Oberösterreich
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 739–740
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[729]

Mostpresse in Oberösterreich.
Nach einer Skizze von O. Pinsker gezeichnet von W. Gause.

[739] Mostpresse in Oberösterreich. (Zu dem Bilde S. 729.) Oberösterreich ist bei der Austeilung der Gaben der Natur wahrlich nicht zu kurz gekommen: die mannigfaltigsten Bilder landschaftlicher Schönheit erfreuen das Auge, wohin es auch immer den Blick wendet, und der hoch hinauf bis ins rauhe Gebirge emporreichende fruchtbare Boden mit seinen goldig wogenden Aehrenfeldern, grasreichen Wiesen und mächtigen Forsten, mit seinen fischreichen Seen und weiten Obstbaumhainen sorgt dafür, daß die Bewohner dieses herrlichen Kronlandes zu den wohlhabendsten des ganzen Kaiserstaates zählen. Nur Eines versagt die sonst so reichlich spendende Scholle dem Oberösterreicher: den Anbau des Weines. Einen Ersatz hierfür aber bietet ihm der sogenannte „Most“, den das ungemein obstreiche Land mit leichter Mühe gewinnen läßt. Ein gut Teil des bäuerlichen Denkens ist daher auf die vielen Obstbäume gerichtet; der Verlauf ihrer Blüte und das Reifen der Früchte ist für den Wohlstand des Landes von großer Bedeutung, werden doch alljährlich auch Tausende von Centnern verschiedenen [740] Obstes nach Deutschland und Ungarn ausgeführt. In günstigen Jahren beträgt der gesamte Ertrag gegen 600000 Metercentner Kern- und 700000 Metercentner Steinobst, und ein einzelner Bauer lagert hiervon durchschnittlich 400 bis 500 Hektoliter Most ab. Man unterscheidet je nach der Gattung des verarbeiteten Obstes Apfel- und Birnmost oder, wenn Aepfel und Birnen vermengt werden, den sogenannten Mischling.

In unserem Bilde sehen wir die einzelnen Phasen der Mostgewinnung, wozu in der Regel nicht die Sommer-, sondern die saftreicheren und zuckerhaltigeren Herbst- und Wintersorten verwendet werden, sehr instruktiv veranschaulicht. Der stattliche Apfelbaum im Hintergrunde rechts liefert das Rohmaterial für das köstliche Naß; eine Dirne langt die reifen schönen Aepfel mittels eines an eine Stange befestigten Sackes herunter; neuerdings wird dieser öfter durch eine selbstthätige Klappe aus Filz oder ähnlichem Stoff ersetzt. Bei diesem Verfahren wird jede Beschädigung der Aepfel vermieden. Die in Körben gesammelten Früchte wandern nun in die „Mühle“ (links auf unserem Bilde). In dem großen, nach oben trichterförmig geöffneten würfelartigen Kasten, der auf Holzböcken steht, befinden sich unten zwei steinerne Walzen, die von außen gedreht werden. Der links auf einer Bank stehende Mann sorgt mit einer Stange für die gleichmäßige Verteilung der Aepfel zwischen den Walzen. Der Brei der zermahlenen Aepfel, die Maische, ergießt sich in einen unter der Mühle aufgestellten Bottich, der, wenn er gefüllt ist, sofort zu der nebenan stehenden „Presse“ oder „Kelter“ getragen wird. Dieselbe setzt sich im wesentlichen aus einem großen viereckigen Trog von Eichenholz und einer Schraubvorrichtung zusammen, die über dem abhebbaren Deckel des Troges so angebracht ist, daß sie von einer oder zwei Personen bequem bedient werden kann. In der Mitte des Troges befindet sich ein Loch mit einer Röhre, durch welche der aus der Maische ausgepreßte Saft meist unmittelbar in die schon längst vorbereiteten, im Keller lagernden Fässer abfließt, aus denen er dann nach einer drei- bis vierwöchigen Gärung als ungemein erfrischendes und angenehm mundendes Getränk, als „Most“, wieder emporgeholt wird. Dr. L. W.