Meine Gedanken über die Schrift: Schatten und Licht

Textdaten
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Autor: Anonym
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Titel: Meine Gedanken über die Schrift: Schatten und Licht
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 6, S. 596–599
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
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V.
Meine Gedanken über die Schrift:
Schatten und Licht.
Die Schrift: Schatten und Licht in der Biographie Johann Nepomucks Abts zu Langheim mit berichtigenden Anmerkungen etc. las ich mit vieler Begierde; und nach der Ankündigung auf dem Titelblatte, hoffte| ich, etwa sanfte und menschenfreundliche Berichtigungen darin zu lesen. Allein zu meinem Erstaunen fand ich auf jedem Blatte, schier in jeder Zeile bis zum Ekel gallsüchtige Ausfälle theils wider den Biographen selbst, theils wider die benachbarte Abtey. So eine Schrift konnte unmöglich auf meinen Beyfall Anspruch machen. So will man also, dachte ich, die Herren zu Langheim mit Herabsetzung ihrer Nachbarn vertheidigen? Dieß ist wenigstens der Weg nicht, den sonst ein ehrliebender Msnn geht. Und ich bin versichert, nicht ein einziges Mitglied des Klosters Langheim wird auf eine solche Art von Verteidigung stolz seyn. Der Herr Verfasser dieser Schrift lärmet ja selbst aus vollem Halse über die Unbilligkeit, daß der Biograph das Lob des verstorbenen Herrn Abtes auf die Herabsetzung seiner untergebenen Geistlichen habe bauen wollen. Und nun – wie blind sind doch die Menschen in Erkenntniß ihrer eigenen Fehler! – und nun ergreift er, ohne es selbst zu merken, mit rascher Hand ebendasselbe Mittel, welches er an andern zu heftig und übertrieben tadelt. So geht es aber, wenn Menschen sich nicht von der Vernunft; sondern von Leidenschaften regieren lassen.
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|  Ich hatte zwar die Ehre, ein einzigesmahl mit dem Herrn Abte Johann Nepomuck zu sprechen; und fand auch zu meinem wahren Vergnügen Gelegenheit, verschiedene würdige Männer seiner Abtey kennen zu lernen: allein dieses setzte mich noch nicht in den Stand, über die Strittigkeiten, die zwischen ihm und seinen Herren Mitgeistlichen vorgegangen waren, bis auf den Grund zu urtheilen. So viel bemerkte ich dennoch, daß der Herr Abt sehr viel Schönes und Gutes, zugleich aber auch manche fehlerhafte Seite in seinem Charakter vereiniget herumtrage: ich bemerkte auch, daß so viele, rechtschaffene und edeldenkende Männer nicht ohne Grund ihm entgegen waren. Daß aber unter der Menge seiner Gegner gar keine Leidenschaft sollte geherrscht haben, dessen konnte ich mich, und kann mich noch nicht überreden. Genug, man weiß, wie es unter Menschen – also auch unter Ordensleuten – zugeht. Die Herren Geistlichen in Langheim können ja überhaupt rechtschaffen seyn; und viele unter ihnen sind es vorzüglich: werden sie aber dadurch rechtschaffener, wenn ein unberufener, von Leidenschaft hingerissener Apologet auftritt, der ihre Ehre zu erheben glaubt, wenn er auf ihre Nachbarn schimpft? Wächst vielleicht unsere| eigene Tugend, wenn unsere Mitmenschen erniedriget werden? Alles dieses hätte der Herr Verfasser wohl bedenken sollen.

 Auch fällt mir, wenn ich mich nicht trüge, ein Widerspruch allzu sehr auf, als daß ich ihn verschweigen sollte. S. 28 in der Anmerkung heißt es: Ich kenne etc. – S. 29-30 lautet eine andere Anmerkung also: Vor einigen Jahren etc. –

 In der Voraussetzung, daß diese beyden Anmerkungen auf ein und eben dasselbe Kloster deuten, versteht man nicht, wie der Herr Abt dieses Klosters in der ersten Anmerkung gelobt und in der zweyten sogleich getadelt wird, und zwar so, daß sich jenes Lob und dieser Tadel nicht wohl miteinander vereinigen lassen. Die erste Anmerkung spricht: bey der weisen Leitung ihres vortreflichen Abtes: und die zweyte spricht von ihm, wenn es anders eben derselbe seyn soll: Der Obere ist Despot. – Kann wohl die Regierung eines Despoten eine weise Leitung genannt werden? – Ich, der ich dieses schreibe, habe alle Hochachtung gegen jenen Herrn Abt, von dem hier die Rede seyn soll: nur kann ich den offenbaren Widerspruch nicht verdauen.

 Dieß sind meine Gedanken über die Schrift: Schatten und Licht.