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ich, etwa sanfte und menschenfreundliche Berichtigungen darin zu lesen. Allein zu meinem Erstaunen fand ich auf jedem Blatte, schier in jeder Zeile bis zum Ekel gallsüchtige Ausfälle theils wider den Biographen selbst, theils wider die benachbarte Abtey. So eine Schrift konnte unmöglich auf meinen Beyfall Anspruch machen. So will man also, dachte ich, die Herren zu Langheim mit Herabsetzung ihrer Nachbarn vertheidigen? Dieß ist wenigstens der Weg nicht, den sonst ein ehrliebender Msnn geht. Und ich bin versichert, nicht ein einziges Mitglied des Klosters Langheim wird auf eine solche Art von Verteidigung stolz seyn. Der Herr Verfasser dieser Schrift lärmet ja selbst aus vollem Halse über die Unbilligkeit, daß der Biograph das Lob des verstorbenen Herrn Abtes auf die Herabsetzung seiner untergebenen Geistlichen habe bauen wollen. Und nun – wie blind sind doch die Menschen in Erkenntniß ihrer eigenen Fehler! – und nun ergreift er, ohne es selbst zu merken, mit rascher Hand ebendasselbe Mittel, welches er an andern zu heftig und übertrieben tadelt. So geht es aber, wenn Menschen sich nicht von der Vernunft; sondern von Leidenschaften regieren lassen.

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