Mathematische Principien der Naturlehre/Buch1-XII

Buch I. Abschnitt XI. Mathematische Principien der Naturlehre (1872) von Isaac Newton, übersetzt von Jakob Philipp Wolfers
Buch I. Abschnitt XII.
Buch I. Abschnitt XIII.


ABSCHNITT XII.
Von den anziehenden Kräften sphärischer Körper.

§. 112. Lehrsatz. Sind nach den einzelnen Punkten einer sphärischen Oberfläche Centripetalkräfte gerichtet, welche in dem doppelten Verhältniss der Abstände von den Punkten abnehmen; so wird ein kleiner, innerhalb der Oberfläche befindlicher, Körper durch diese Kräfte nach keiner Seite hingezogen.

Fig. 105.

Es sei HJKL diese sphärische Oberfläche, P der innerhalb derselben befindliche kleine Körper. Man ziehe durch P nach dieser Oberfläche die beiden Linien HK und JL, welche die sehr kleinen Bogen HJ und KL umspannen. Da (nach §. 7., Zusatz 3.)

Δ BPJ ∼ KPL,

so sind jene Bogen den Abständen HP und LP proportional, und beliebige Theilchen der Oberfläche bei HJ und KL, welche von geraden, durch den Punkt P gehenden, Linien begrenzt werden, verhalten sich wie die Quadrate jener Abstände. Die Kräfte dieser Theilchen, welche auf den Körper P wirken, sind daher einander gleich, indem sie sich direct wie die Theilchen und indirect wie die Quadrate der Abstände verhalten, und beide Verhältnisse zusammengesetzt das Verhältniss der Gleichheit bilden. Die Anziehungen, welche nach entgegengesetzten Seiten gleich stark ausgeübt werden, vernichten sich daher gegenseitig.

Auf ähnliche Weise werden alle Anziehungen auf der ganzen Oberfläche durch gleiche entgegengesetzte vernichtet, und es wird der Körper P durch diese Anziehungen nach keiner Seite hingetrieben.   W. z. b. w.

§. 113. Lehrsatz. Unter denselben Bedingungen wird ein, ausserhalb der sphärischen Oberfläche befindlicher, kleiner Körper durch eine Kraft nach dem Mittelpunkte der Kugel hingezogen, welche Kraft sich umgekehrt wie das Quadrat des Abstandes des kleinen Körpers vom Mittelpunkte verhält.

Es seien AHKB und ahkb zwei gleiche sphärische Oberflächen, welche um die Mittelpunkte S und s und über den Durchmessern AB

Fig. 106.
Fig. 107.

und ab beschrieben worden sind. Ferner seien P und p zwei kleine Körper, welche sich ausserhalb der Kugeln auf der Verlängerung der Durchmesser befinden. Man ziehe von den Körpern aus die Linien PHK, PJL, phk, pil, welche von den grössten Kreisen AHB und ahb gleiche und sehr kleine Bogen

HK und hk, JL und il

abschneiden. Man fälle auf jene Linien die Perpendikel

SD und sd, SE und se, JR und ir,

von denen die beiden erstem die Linien PL und pl in F und f schneiden. Endlich fälle man auf die Durchmesser die Perpendikel JQ und iq.

Da nun

1.   

und der verschwindende Winkel DPE = dpe, so kann man auch

2.   

annehmen, weil nämlich das letzte Verhältniss dieser Linien, wenn die Winkel DPE und dpe zugleich verschwinden, das der Gleichheit ist.[1] Nachdem dies vorausgeschickt ist, hat man nun

PJ : PF = RJ : DF
pf : pi = df : ri

und da df = DF, aus der Zusammensetzung dieser beiden Proportionen

3.    (nach §. 7., Zusatz 3.)

Ferner haben wir

PJ : PS = JQ : ES
ps : pi = es : iq

und da es = ES durch die Verbindung dieser zwei Proportionen

4.   PJ · pi = PS · pi = JQ : iq.

Verbindet man endlich die Proportionen 3. und 4., so erhält man

5.   PJ² · ps · pf : pi² · PS · PF = JQ · JH : iq · ih;

hier bezeichnen die beiden letzten Glieder der Proportion die kreisförmigen Oberflächen, welcher respective der Bogen JH, bei der Umdrehung des Halbkreises AKB um den Durchmesser AB, und ih bei der Umdrehung von akb um ab beschreibt.[2]

Nun verhalten sich nach der Voraussetzung die Kräfte, womit diese Flächen längs nach ihnen gerichteter Linien die Körper P und p anziehen,

direct wie diese Flächen und
indirect wie die Quadrate der Entfernungen der Körper von den letztern,

d. h. zufolge der letzten Proportion wie

6.   pf · ps : PF · PS.

Diese Kräfte verhalten sich ferner zu den Seitenkräften (nachdem die Zerlegung nach Gesetze, Zusatz 2. ausgeführt worden ist), welche längs der Linien PS und ps nach den Mittelpunkten gerichtet sind, wie

PJ : PQ und pi : pq,

d. h. weil

Δ PJQ ∼ PSF

wie

7.   PS : PF und ps : pf.

Mithin verhält sich die Anziehung des Körpers P gegen S zu der des Körpers p gegen s, wie

8.    · pf · ps : · PF · PS = ps² : PS².

Auf dieselbe Weise folgt, dass die Kräfte, mit welchen die durch die Umdrehung der Bogen KL und kl entstandenen Oberflächen die Körper anziehen, sich wie

ps² : PS²

verhalten. In demselben Verhältniss stehen die Kräfte aller kreisförmigen Oberflächen, in welche beide sphärische Oberflächen durch beständige Annahme von

sd = SD und se = SE

getheilt werden können. Durch Zusammensetzung werden die, von den ganzen sphärischen Oberflächen auf die kleinen Körper ausgeübten, Kräfte in demselben Verhältniss stehen.

§. 114. Lehrsatz. Sind nach den einzelnen Punkten einer Kugel gleiche Centripetalkräfte gerichtet, welche in dem doppelten Verhältniss der Abstände von diesen Punkten abnehmen, und ist zugleich die Dichtigkeit der Kugel und das Verhältniss ihres Durchmessers zur Entfernung des kleinen Körpers vom Mittelpunkte der Kugel gegeben; so ist die Kraft, durch welche der kleine Körper angezogen wird, dem Halbmesser der Kugel proportional.

Man denke sich zwei kleine Körper, welche getrennt durch zwei Kugeln angezogen werden und nehme an, dass die Abstände von den Mittelpunkten den Durchmessern respective proportional seien, die Kugeln aber in Theilchen zerlegt werden, welche ähnlich und in Bezug auf die Körper gleichliegend sind. Hiernach werden die Anziehungen des einen Körpers gegen einzelne Theilchen der einen Kugel sich zu den Anziehungen des andern Körpers gegen eben so viele analoge Theilchen der andern Kugel verhalten:

direct wie die Summe der Theilchen, und
indirect wie die Quadrate der Entfernungen.

Die Summe der Theilchen ist aber der Kugel, d. h. dem Cubus des Durchmessers, die Entfernung dem Durchmesser proportional; mithin verhalten sich die Kräfte direct wie die Durchmesser.

Zusatz 1. Drehen sich die Körper in Kreisen um Kugeln, welche aus gleich anziehender Materie bestehen, und sind ihre Abstände von den Mittelpunkten den Durchmessern proportional; so sind die Umlaufszeiten einander gleich.

Zusatz 2. Sind umgekehrt die Umlaufszeiten einander gleich, so sind die Abstände den Durchmessern proportional (§. 18., Zusatz 2.)

Zusatz 3. Sind nach den einzelnen Punkten zweier beliebiger ähnlicher und gleich dichter Körper gleiche Centripetalkräfte gerichtet, welche im doppelten Verhältniss der Abstände von den Punkten abnehmen; so verhalten sich die Kräfte, mit denen kleine Körper, welche gegen jene festen Körper ähnlich liegen, von ihnen angezogen werden, wie die Durchmesser der anziehenden Körper.

Fig. 108.

§. 115. Lehrsatz. Wenn nach den einzelnen Punkten einer Kugel gleiche Centripetalkräfte gerichtet sind, welche im doppelten Verhältniss der Entfernung von den Punkten abnehmen; so wird ein innerhalb der Kugel befindlicher Körper durch eine Kraft angezogen, welche seinem Abstände vom Mittelpunkte proportional ist. In der Kugel ACBD, welche um den Mittelpunkt S beschrieben ist, befinde sich der kleine Körper P, und man denke sich aus demselben Mittelpunkte S eine innere Kugel PEQF zum Halbmesser SP beschrieben. Offenbar werden nach §. 112. die concentrischen sphärischen Oberflächen, aus denen der Unterschied AEBF beider Kugeln gebildet ist, nicht auf den Körper P wirken, indem ihre Anziehungen einzeln durch gleiche entgegengesetzte aufgehoben werden. Es bleibt demnach nur die Anziehung der inneren Kugel PEQF übrig und diese ist nach §. 114. dem Abstände PS proportional.   W. z. b. w.

§.116. Anmerkung. Die Oberflächen, aus denen die festen Körper gebildet werden, sind hier nicht rein mathematische, sondern so dünne Schalen, dass ihre Dicke dem Nichts ähnlich wird. Sie sind nämlich verschwindende Schalen, aus denen zuletzt die Kugel besteht, wenn ihre Anzahl ins Unendliche vermehrt und ihre Dicke ins Unendliche vermindert wird, nach der anfangs in den allgemeinen Lehnsätzen erläuterten Methode. Auf ähnliche Weise hat man unter Punkten, aus denen man sich Linien, Flächen und Körper gebildet denkt, gleiche Theilchen von zu vernachlässigender Grösse zu verstehen.

§. 117. Lehrsatz. Unter denselben Voraussetzungen wird ein ausserhalb der Kugel befindlicher kleiner Körper durch eine Kraft angezogen, welche dem Quadrat seines Abstandes vom Mittelpunkte umgekehrt proportional ist.

Man denke sich die Kugel in unzählige concentrische sphärische Oberflächen getheilt, alsdann werden die, von jeder derselben auf den Körper ausgeübten, Anziehungen nach §. 113. dem Quadrat seines Abstandes vom Mittelpunkte umgekehrt proportional sein. Durch Zusammensetzung wird daher ihre Summe, d. h. die Anziehung der ganzen Kugel in demselben Verhältniss stehen.   W. z. b. w.

Zusatz 1. Die Anziehungen, welche homogene Kugeln in gleichen Abständen von ihren Mittelpunkten ausüben, verhalten sich daher wie die Kugeln. Sind die Abstände nämlich den Durchmessern proportional, so verhalten sich die Kräfte, nach §. 114., wie diese Durchmesser. Verkleinert man nun die grössere Entfernung in jenem Verhältniss, so wird, indem auf diese Weise die Entfernungen einander gleich gemacht werden, die Anziehung im doppelten Verhältniss vergrössert, und steht daher zur Anziehung der andern im dreifachen Verhältniss, d. h. im Verhältniss der Kugeln.[3]

Zusatz 2. In beliebigen Abständen verhalten sich die Anziehungen

direct wie die Kugeln,
indirect wie die Quadrate der Abstände von ihren Mittelpunkten.

Zusatz 3. Wird ein ausserhalb einer homogenen Kugel gelegener kleiner Körper durch eine Kraft angezogen, welche dem Quadrat seines Abstandes vom Mittelpunkte umgekehrt proportional ist, und besteht die Kugel aus anziehenden Theilchen; so nimmt die Kraft eines jeden Theilchens ab im doppelten Verhältniss des Abstandes von demselben.

§. 118. Lehrsatz. Wenn nach den einzelnen Punkten einer Kugel gleiche Centripetalkräfte gerichtet sind, welche im doppelten Verhältniss des Abstandes von diesen Punkten abnehmen; so wird irgend eine andere ähnliche Kugel durch eine Kraft angezogen, welche sich umgekehrt wie das Quadrat des Abstandes beider Mittelpunkte verhält.

Die Anziehung eines jeden Theilchens verhält sich nämlich umgekehrt wie das Quadrat seiner Entfernung vom Mittelpunkte der anziehenden Kugel (nach §. 113), sie ist daher dieselbe, als wenn die ganze anziehende Kraft von einem einzigen kleinen, im Mittelpunkte dieser Kugel gelegenen, Körper ausströmte. Diese Anziehung ist aber so gross, als diejenige, welche umgekehrt der kleine Körper erleiden würde, wenn er durch die einzelnen Theilchen der angezogenen Kugel mit derselben Kraft angezogen würde, und die letztere Anziehung würde (nach §. 117.) dem Quadrat der Entfernung des kleinen Körpers vom Mittelpunkte der Kugel umgekehrt proportional sein; folglich steht die ihr gleiche Kraft in demselben Verhältniss.   W. z. b. w.

Zusatz 1. Die Anziehungen, welche Kugeln auf andere Kugeln ausüben, verhalten sich zusammengesetzt

direct wie die anziehenden Kugeln und
indirect wie die Quadrate der Entfernungen der Mittelpunkte der angezogenen Kugeln von denen der anziehenden.

Zusatz 2. Dasselbe gilt für den Fall, dass die angezogene Kugel ebenfalls anzieht. Denn die einzelnen Punkte der letzteren ziehen die einzelnen Punkte der anderen Kugel mit derselben Kraft an, mit welcher sie von diesen angezogen werden. Da nun bei jeder Anziehung (nach Gesetz 3.) sowohl der anziehende, als der angezogene Punkt angetrieben wird; so verdoppelt sich die Kraft der wechselseitigen Anziehung, indem das Verhältniss dasselbe bleibt.

Zusatz 3. Alles, was oben über die Bewegung von Körpern um den Brennpunkt der Kegelschnitte bewiesen worden ist, bleibt gültig, wenn die anziehende Kraft in den Brennpunkt gesetzt wird und die Körper sich ausserhalb der Kugel bewegen.

Zusatz 4. Dasjenige aber, was über die Bewegung der Körper um den Mittelpunkt der Kegelschnitte bewiesen worden ist, bleibt für den Fall gültig, dass die Körper sich innerhalb der Kugel bewegen.

§. 119. Lehrsatz. Kugeln sind in der Richtung vom Mittelpunkt gegen den Umfang (was Dichtigkeit und Anziehungskraft der Materie betrifft) beliebig unähnlich, hingegen in demselben Abstände vom Mittelpunkte überall ähnlich, und die anziehende Kraft eines jeden Punktes nimmt im doppelten Verhältniss des Abstandes vom angezogenen Körper ab. Die ganze Kraft, womit eine derartige Kugel eine andere derselben Art anzieht, verhält sich alsdann umgekehrt wie das Quadrat der Entfernung beider Mittelpunkte von einander.

Es seien AB, CD, EF u. s. w. mehrere concentrische Kugeln, von denen die innere, den äusseren hinzugefügt, eine gegen das Centrum dichtere Materie bildet, oder umgekehrt, wenn sie fortgenommen wird, eine lockerere Materie übrig lässt. Jede einzelne derselben wird nach §. 118. jede einzelne von beliebig vielen anderen concentrischen und ähnlichen Kugeln

Fig. 109.

GH, JK, LM u. s. w., mit einer Kraft anziehen, welche sich umgekehrt wie das Quadrat der Entfernung SP verhält. Durch Zusammensetzung oder Theilung findet man, dass die Summe aller jener Kräfte, oder der Unterschied der einen und der anderen, d. h. die Kraft, mit welcher die ganze, aus beliebigen concentrischen oder Unterschieden concentrischer zusammengesetzte Kugel AB die ganze eben so gebildete Kugel GH anzieht, in demselben Verhältniss stehen wird. Man vermehre nun die Anzahl der concentrischen Kugeln in’s Unendliche so, dass die Dichtigkeit der Materie zugleich mit der anziehenden Kraft, in der Richtung vom Umfange zum Centrum, nach irgend einem Gesetze zu- oder abnimmt. Durch Hinzufügung von nicht anziehender Materie ergänze man überall die mangelnde Dichtigkeit, so dass die Kugeln die beliebige erwünschte Form annehmen; alsdann wird auch noch die Kraft, womit eine derselben die andere anzieht (nach obigem Beweise), in demselben umgekehrten Verhältniss des Quadrats der Entfernung stehen.   W. z. b. w.

Zusatz 1. Wenn mehrere Kugeln derselben Art, welche in allem einander ähnlich sind, sich wechselseitig anziehen; so verhalten sich die beschleunigenden Anziehungen, welche je eine auf die andere in gleichen und beliebigen Abständen der Mittelpunkte ausübt, wie die anziehenden Kugeln.

Zusatz 2. In beliebigen ungleichen Abständen verhalten sie sich

direct wie die anziehenden Kugeln, und
indirect wie die Quadrate der Abstände.

Zusatz 3. Die bewegenden Anziehungen aber, oder die Gewichte der einzelnen Kugeln gegen die anderen verhalten sich in gleichen Abständen der Mittelpunkte, wie die anziehenden und angezogenen Kugeln zusammengenommen, d. h. wie ihre Produkte.

Zusatz 4. In ungleichen Abständen verhalten sie sich

direct wie diese Produkte, und
indirect wie die Quadrate der Abstände ihrer Mittelpunkte.

Zusatz 5. Dasselbe gilt für den Fall, dass die Anziehung aus der anziehenden und wechselseitig wirkenden Kraft beider Kugeln hervorgeht. Durch beide Kräfte wird nämlich die Anziehung verdoppelt, indem das Verhältniss unverändert bleibt.

Zusatz 6. Drehen sich einige Kugeln dieser Art um andere ruhende, und zwar jede um eine andere, und sind die Abstände zwischen den Mittelpunkten der sich drehenden und ruhenden Kugeln den Durchmessern der letzteren proportional, so sind die Umlaufszeiten gleich.

Zusatz 7. Sind umgekehrt die Umlaufszeiten gleich, so sind die Abstände den Durchmessern proportional.

Zusatz 8. Alles, was früher über die Bewegung von Körpern um die Brennpunkte der Kegelschnitte bewiesen worden ist, gilt noch, wenn sich eine anziehende Kugel von der eben beschriebenen Form und Bedingung im Brennpunkte befindet.

Zusatz 9. Auch gilt dasselbe, wenn die sich bewegenden Kugeln selbst anziehende von der eben beschriebenen Beschaffenheit sind.

§. 120. Lehrsatz. Wenn nach den einzelnen Punkten von Kugeln Centripetalkräfte gerichtet sind, welche sich wie die Abstände der Punkte von den angezogenen Körpern verhalten; so ist die zusammengesetzte Kraft, womit zwei Kugeln sich wechselseitig anziehen, dem Abstande der Mittelpunkte beider proportional.

Fig. 110.

Erster Fall. Es sei ACBD die Kugel, S ihr Mittelpunkt, P der der angezogene kleine Körper, PASB die durch den Mittelpunkt des kleinen Körpers gehende Axe der Kugel. Ferner seien EF und ef zwei Ebenen, welche die Kugel schneiden und in gleichen Abständen von ihrem Mittelpunkte auf der vorher bezeichneten Axe senkrecht stehen, G und g die Durchschnittspunkte dieser Ebenen mit der Axe und H ein beliebiger Punkt in der Ebene EF.

Die Centripetalkraft, welche der Punkt H auf den Körper P längs der Linie PH ausübt, ist dem Abstande PH und (nach Gesetze, Zusatz 2.) die längs der Linie PG oder gegen das Centrum S gerichtete Kraft der Lunge PG proportional. Daher verhält sich die Kraft aller in der Ebene EF gelegenen Punkte, d. h. der ganzen Ebene, wodurch der Körper gegen das Centrum S gezogen wird, wie die Anzahl jener Punkte und der Abstand PG zusammengenommen, oder wie das Produkt aus der Ebene EF selbst in den Abstand PG. Eben so verhält sich die Kraft, mit welcher die Ebene ef den Körper P gegen das Centrum S hinzieht, wie das Produkt aus der Ebene cf in den Abstand Pg, wofür man, weil

ef = EF

ist, auch das Produkt

EP · Pg

setzen kann. Hieraus ergiebt sich, dass die Summe der Kräfte, mit welchen beide Ebenen vereint den Körper P gegen das Centrum S hinziehen, sich verhält wie

EF (PG + Pg) = 2 · EF · PS.

Auf gleiche Weise findet man, dass die Kräfte aller Ebenen in der ganzen Kugel, welche auf beiden Seiten gleich weit vom Centrum abstehen, sich verhalten wie die Summe aller Ebenen, multiplicirt in den Abstand PS,

d. h. wie das Produkt aus der ganzen Kugel in den Abstand PS ihres Mittelpunktes S vom kleinen Körper P.   W. z. B w.

Zweiter Fall. Zieht nun der kleine Körper P die Kugel ABCD an, so folgt auf dieselbe Weise, dass die Kraft, mit welcher die Kugel angezogen wird, sich wie der Abstand PS verhält.   W. z. b. w.

Dritter Fall. Man denke sich eine zweite Kugel, welche aus unzähligen kleinen Körpern P zusammengesetzt sei. Da die Kraft, mit welcher jeder derselben angezogen wird, sich wie die Entfernung eines jeden Körpers vom Mittelpunkte der anziehenden Kugel, multiplicirt in diese selbst, verhält, und da sie folglich dieselbe ist, welche von einem einzigen kleinen, im Mittelpunkte der Kugel befindlichen Körper ausgehen würde; so wird die ganze Kraft, durch welche alle Körperchen in der zweiten Kugel, d. h. diese zweite ganze Kugel angezogen wird, dieselbe sein, als wenn die letztere durch eine Kraft angezogen würde» welche von einem, im Mittelpunkte der ersten Kugel befindlichen, kleinen Körper ausginge. Diese Kraft wird daher dem Abstande der Mittelpunkte beider Kugeln proportional sein.   W. z. b. w.

Vierter Fall. Ziehen die Kugeln einander wechselweise an, so behält die verdoppelte Kraft das vorige Verhältniss bei.   W. z. b. w.

Fig. 111.

Fünfter Fall. Man nehme nun den Körper P innerhalb der Kugel ACBD an. Die Kraft, mit welcher die Ebene ef ihn anzieht, ist alsdann dem Produkte

ef · PG,

und die entgegengesetzte Kraft der Ebene EF dem Producte

EF · PG

proportional. Die aus beiden zusammengesetzte Kraft verhält sich daher wie die Differenz der Produkte, d. h. wie

   ± [EF · PG — ef · Pg]
= ± EF [PG — Pg] (nach EF = ef)
= ± 2EF · PS
= ± (EF + ef) · PS.

Auf dieselbe Weise findet man, dass die Anziehung aller Ebenen EF und ef in der ganzen Kugel, d. h. die Anziehung der Kugel sich verhält, wie die Summe aller Ebenen oder die ganze Kugel, multiplicirt in den Abstand PS des Körpers vom Centrum der Kugel.   W. z. b. w.

Sechster Fall. Denkt man sich eine zweite, aus unzähligen kleinen Körpern P bestehende, Kugel, welche sich innerhalb des erstem ACBD befindet, so wird wie oben bewiesen, dass die Anziehung, sowohl die einfache von einer Kugel gegen die andere ausgeübte, als auch die doppelte, welche aus der wechselseitigen Einwirkung beider Kugeln auf einander hervorgeht, sich wie der Abstand PS der Mittelpunkte verhält.   W. z. b. w.

§. 121. Lehrsatz. Sind zwei Kugeln, in der Richtung vom Centrum gegen die Oberfläche, irgendwie unähnlich und ungleich, dagegen in demselben Abstände vom Mittelpunkte überall ähnlich, und verhält sich die anziehende Kraft eines jeden Punktes wie der Abstand des angezogenen Körpers von ihm; so ist die ganze Kraft, mit welcher zwei Kugeln dieser Art einander wechselseitig anziehen, dem Abstände ihrer Mittelpunkte von einander proportional.

Der Beweis folgt eben so aus §. 120., wie der Beweis des letzteren aus §. 118. abgeleitet worden ist.

Zusatz. Dasjenige, was in den §§. 27. und 105. über die Bewegung von Körpern um die Mittelpunkte der Kegelschnitte bewiesen worden ist, gilt auch noch, im Falle alle Anziehungen durch die Kraft sphärischer Körper von der eben beschriebenen Beschaffenheit entstehen und die angezogenen Körper ebenso beschaffen sind.

§. 122. Anmerkung. Die zwei ausgezeichneten Fälle von Anziehungen habe ich jetzt auseinandergesetzt, nämlich wenn die Centripetalkräfte im doppelten Verhältniss der Entfernung abnehmen und wenn sie im einfachen Verhältniss derselben, zunehmen. In beiden Fällen bewirken sie, dass die beiden Körper sich in Kegelschnitten bewegen, und setzen Centripetalkräfte kugelförmiger Kräfte zusammen, welche nach demselben Gesetze in der Richtung nach dem Centrum zu- und abnehmen, wie sie selbst. Dies ist bemerkenswerth.

Die übrigen Fälle, welche weniger elegante Schlüsse darbieten, durchzugehen, würde zu weitläufig sein. Ich ziehe es vor, sie alle zugleich, wie folgt, unter einer allgemeinen Methode zusammenzufassen und zu bestimmen.

§. 123. Lehrsatz. Aus dem Mittelpunkte S wird ein beliebiger Kreis AEB gezogen, und man schlägt aus P als Centrum die beiden Kreisbogen EF und ef, welche den ersteren in den Punkten E und e, die Linie PS in F und f schneiden. Fällt man auf PS die Perpendikel ED und ed; so wird, wenn der Abstand der Bogen EF und ef in’s Unendliche verkleinert ist, das letzte Verhältniss der verschwindenden Linie Dd : zur verschwindenden Linie Ff = PE : PS.

Die Linie Pe schneide den Bogen EF in q, ferner denke man sich

Fig. 112.

die gerade Linie Ee, welche mit dem verschwindenden Bogen Ee zusammenfällt, bis zum Durchschnittspunkt T mit PS verlängert. Fällt man endlich aus S auf PE das Perpendikel SG, so ist

Δ EDT ∼ edT ∼ EDS;

mithin

1.   Dd : Ee = DT : ET = DE : ES.

Nach §. 8. und §. 7., Zusatz 3., ist aber

Δ Eqe ∼ ESG,

also

2.   Ee : eq = ES : GS,

und, weil eq aus Ff, durch Verbindung beider Proportionen

3.   Dd : Ff = DE : GS,

sowie, weil

Δ PDE ∼ PGS
4.   Dd : Ff = PE : PS.   W. z. b. w.

§. 124. Lehrsatz. Die Oberfläche EFfe (vor. Figur), welche wegen ihrer in’s Unendliche verkleinerten Breite eben verschwinden will, beschreibt bei der Umdrehung um ihre Axe PS einen concav-convexen sphärischen Körper, nach dessen einzelnen Theilchen gleiche Centripetalkräfte gerichtet sind. Die Kraft, mit welcher dieser Körper den in P gelegenen kleinen Körper anzieht, steht alsdann in einem Verhältniss, welches aus dem festen Körper

DE² · Ff.

und derjenigen Kraft zusammengesetzt ist, mit welcher ein auf Ff liegendes Theilchen jenen kleinen Körper anziehen würde.

Betrachten wir zuerst die Kraft der sphärischen Oberfläche EF, welche durch Umdrehung des Bogens EF erzeugt wird. Der letztere werde durch die Linie de irgendwo in r geschnitten; alsdann verhält sich der ringförmige Theil dieser Oberfläche, welcher durch Umdrehung des Bogens rE erzeugt wird, wie die Linie Dd, wenn der Radius PE unverändert bleibt. (Dies hat Archimedes in seinem Buche über Kugel und Cylinder bewiesen.)[4]

Die längs der Linie PE oder Pr wirkende Kraft dieses Theiles verhält sich wie dieser ringförmige Theil der Oberfläche selbst, d. h. wie die Linie Dd, oder was dasselbe ist, wie das Rechteck aus dem gegebenen Radius PE und der Linie Dd. Die Kraft hingegen, welche längs der Linie PS nach dem Centrum S hin wirkt, ist in dem Verhältniss

PD : PE

kleiner und daher proportional

PE · Dd · = PD · Dd.

Nun denke man sich die Linie DF in unzählige kleine Stücke getheilt, welche alle Dd genannt werden mögen; alsdann wird die Oberfläche FE in eben so viele gleiche Ringe getheilt, deren Kräfte sich wie die Summe aller

PD · Dd.

verhalten werden. Da wir alle Dd einander gleich angenommen haben und daher als gegeben betrachten können, so verhalten sich diese Kräfte wie die Summe aller PD, multiplicirt in Dd, d. h. wie

½(FP² — PD²)[5] = ½(PE² —PD²) = ½DE²,

oder kurz wie

DE².

Multiplicirt man die Oberfläche FE in die Höhe Ff, so verhält sich die vom Körper EF fe auf P ausgeübte Kraft wie

DE² · Ff,

d. h. wenn die Kraft gegeben ist, welche ein gegebenes Theilchen Ff im Abstande PF auf P ausübt. Ist diese Kraft nicht gegeben, so verhält sich die erstere Kraft, wie das Produkt aus DE² · Ff in diese nicht gegebene Kraft zusammengesetzt.   W. z. b. w.

§. 125. Lehrsatz. Nach den einzelnen gleichen Theilen einer um das Centrum S beschriebenen Kugel AEB sind gleiche Centripetalkräfte gerichtet. Auf der Axe AB der Kugel, auf welcher sich ein kleiner Körper P befindet, werden in den einzelnen Punkten D Perpendikel DE errichtet, welche die Kugelfläche in E schneiden und auf denselben Längen DN angenommen, welche sich zusammengesetzt wie

und diejenige Kraft verhalten, welche das im Abstände PE auf der Axe gelegene Theilchen der Kugel auf P ausübt. Alsdann verhält sich die ganze Kraft, mit welcher der Körper P gegen die Kugel gezogen wird, wie die Fläche, welche durch die Axe AB und die Curve ANB, worin der Punkt N beständig liegt, eingeschlossen wird.

Bei derselben Construction, wie in den beiden vorhergehenden §§. denke man sich die Axe AB in unzählige gleiche Stücke Dd und die ganze Kugel in eben so viele concav-convexe Schalen EF fe getheilt und die Perpendikel DN und dn errichtet. Nach §. 124. verhält sich die Kraft, mit welcher die Schale EF fe den kleinen Körper P anzieht, wie

DE² · Ff und

die von einem Theilchen im Abstände PE oder PF ausgeübte Kraft zusammengenommen. Nach §. 123. ist aber

Dd : Ff = PE : PS,
also
Ff = und DE² · Ff = Dd · .
Fig. 113.

Demnach verhält sich die Kraft der Schale EFfe wie

Dd ·

und die in der Entfernung PF durch Ein Theilchen ausgeübte Kraft zusammen genommen.

Da nach der Voraussetzung DN dem Ausdrucke

proportional ist, so verhält sich die erstere Kraft wie

Dd · DN,

d. h. wie die verschwindende Fläche DNnd.

Es verhalten sich daher alle von den Schalen auf P ausgeübten Kräfte wie die ganze Fläche ABNA.   W. z. b. w.

Zusatz 1. Ist die nach den einzelnen Theilen gerichtete Centripetalkraft immer dieselbe in allen Entfernungen, und ist DN proportional ; so verhält sich die ganze Kraft, mit welcher der kleine Körper durch die Kugel angezogen wird, wie die Fläche ABNA.

Zusatz 2. Verhält sich die Centripetalkraft der einzelnen Theile umgekehrt wie der Abstand des durch sie angezogenen Körper von ihnen, und ist DN dem Ausdrucke

proportional; so verhält sich die ganze Kraft, mit welcher die Kugel den Körper P anzieht, wie die Fläche ABNA.

Zusatz 3. Verhält sich die Centripetalkraft der einzelnen Theilchen umgekehrt wie der Cubus des Abstandes, und mit DN proportional

;

so verhält sich die Kraft der ganzen Kugel wie die Fläche

ABNA.

Zusatz 4. Verhält sich allgemein die von den einzelnen Theilen auf den Körper ausgeübte Centripetalkraft umgekehrt wie die Grösse V, ist DN aber proportional

;
so verhält sich die ganze Kraft, durch welche der Körper gegen die Kugel gezogen wird, wie die Fläche ABNA.

§. 126. Aufgabe. Unter Voraussetzung der vorhergehenden Bedingungen, soll der Flächeninhalt von ABNA bestimmt werden.

Man ziehe vom Punkt P an die Kugel die Tangente PH, und fälle von H das Perpendikel HJ auf die Axe AB. Hierauf halbire man PJ in L; alsdann ist

1. PE² = PS² + SE² + 2 PS · SD.

Da ferner

Δ SPH ∼ SHJ,

so ist

2.   SE² = SH² = PS · JS,

also nach 1. und 2.

PE² = PS² + PS · JS + 2 PS · SD
= PS [PS + JS + 2 SD]
= PS [PL + LJ + JS + JS + 2 · SD]

oder weil

PL = JL und PL + JS = LJ + JS = LS
PE² = PS [2 · LS + 2 · SD]
3.   PE² = PS · 2LD.

Ferner ist

DE² = SE² — SD²
= SE² — LD² + 2 LD · LS — LS²,

oder da

LS² — SE² = LS² — SB² = LB · LA
4.   DE² = 2LD · LS — LD² — LB · LA.

Hiernach wird die Grösse

,

welche nach §. 125., Zusatz 4. der Ordinate DN proportional ist,

Schreibt man statt V das umgekehrte Verhältniss der Centripetalkraft, und statt PE (nach 3.) die mittlere Proportionale zwischen PS und 2LD; so gehen diese drei Theile in die Ordinate eben so vieler Curven über, deren Flächeninhalt nach den bekannten Methoden gefunden wird.

Erstes Beispiel. Verhält sich die nach den einzelnen Theilen der Kugel gerichtete Centripetalkraft umgekehrt wie der Abstand, so setze man

V = PE und PE² = 2PS · LD,

und es wird DN proportional

= LS — ½LD - .

Man setze DN gleich dem doppelten Werthe dieses Ausdruckes,

also

DN = 2 · LS — LD — ;

alsdann beschreibt der constante Theil dieser Ordinate

2 · LS,
indem er über die Länge AB fortgeführt wird, das Rechteck
2LS · AB.

Der unbestimmte Theil LD beschreibt, indem er in stetiger Bewegung über dieselbe Länge so fortgeführt wird, dass bei der Zu- oder Abnahme die Ordinate stets = LD bleibe, die Fläche

[6] = LS · AB.

Subtrahirt man dieselbe von der vorhergehenden Fläche 2 · LS · AB, so bleibt die Fläche

LS · AB

übrig.

Der dritte Theil wird, wenn er ebenso perpendikulär über dieselbe Lange AB fortgeführt wird, eine hyperbolische Fläche[7] beschreiben, welche von der Fläche

LS · AB

abgezogen werden muss, damit die gesuchte Fläche ABNA übrig bleibe.

Fig. 114.

Es ergiebt sich daher folgende Construction der Aufgabe.

In den Punkten L, A, und B errichte man die Perpendikel

Ll
Aa = LB
Bb = LA,

zu LI und LB als Asymptoten beschreibe man durch die Punkte a und b die Hyperbel acb und ziehe die Sehne ab. Alsdann ist die Fläche

acba = ABNA.

Zweites Beispiel. Verhält sich die nach den einzelnen Theilen der Kugel gerichtete Centripetalkraft umgekehrt wie der Cubus des Abstandes, oder was dasselbe ist,

indirect wie dieser Cubus und
direct wie eine constante Fläche;

so setze man

V =

und wie vorhin

PE² = 2PS · LD.

Alsdann wird DN proportional

2.   

d. h. weil

PS : AS = AS : SJ, also = SJ
— ½JS — .
Werden die drei Theile dieses Abdruckes über die Länge AB fortgeführt, so erzeugt der erste

eine hyperbolische Fläche.[8]

Der zweite Theil

½JS

erzeugt das Rechteck

½AB · JS;

der dritte Theil

bringt die Fläche

[9] = ½(LB — LA) JS = ½AB · JS.

hervor.

Von der ersten Fläche subtrahire man die Summe der zweiten und dritten Fläche, welche Summe

= AB · JS = 2 · AS · JS
Fig. 115.

wird; alsdann stellt der Rest die gesuchte Flache ABNA dar. Hiernach ergiebt sich auch folgende Construction der Aufgabe. In den Punkten L, A, S, B errichte man die Perpendikel

Ll, Aa, Ss = JS, Bb

und ziehe durch s zu den Asymptoten LI und LB die Hyperbel asb, welche die Perpendikel Aa und Bb in a und b schneidet. Subtrahirt man nun von der hyperbolischen Fläche Aa sb B das Rechteck 2 · AS · JS, so bleibt die gesuchte Fläche ABNA übrig.

Drittes Beispiel. Nimmt die nach den einzelnen Theilen der Kugel gerichtete Centripetalkraft im vierfachen Verhältniss der Abstände ab, so setze man

V = ,

worauf man, indem

PE =

gesetzt wird, für DN das Verhältniss

erhält. Führt man die drei Theile desselben über die Länge AB fort, so erhält man für sie respective folgende Flächenräume:

, ,
[10].
Reducirt man dieselben gehörig, und subtrahirt man die beiden letzten vom ersten, so erhält man
[11].

Die ganze Kraft, durch welche der Körper P gegen den Mittelpunkt gezogen wird, ist daher, weil

LJ = ½PJ,

proportional

,

d. h. weil

SJ = und so ,

wo AS constant, jene Kraft umgekehrt proportional

PS³ · PJ.

Nach derselben Methode kann man die Anziehung eines innerhalb der Kugel gelegenen Körpers bestimmen. Kürzer geschieht dies aber durch den folgenden Lehrsatz.

§. 127. Lehrsatz. Werden, wie in der Figur der vorhergehenden Aufgabe, die Linien

SJ, SA, SP

stetig proportional angenommen, so verhält sich die Anziehung, welche ein innerhalb der Kugel in I befindlicher Körper erleidet, zu der entsprechenden im Punkt P zusammengesetzt wie

die Quadratwurzeln aus den Abständen JS und PS vom Centrum und die Quadratwurzeln aus den, in P und J nach dem Centrum gerichteten Centripetalkräften.
Fig. 116.

Verhalten sich etwa die Centripetalkräfte einzelner Theile der Kugel umgekehrt wie die Abstände des durch sie angezogenen Körpers, so verhält sich die Kraft, mit welcher der Körper im Punkt J durch die ganze Kugel angezogen wird, zu derjenigen, mit welcher ihn dieselbe in P anziehen würde, zusammengenommen wie

,

und wie die Quadratwurzel aus der Centripetalkraft, welche im Punkt J durch ein im Centrum befindliches Theilchen ausgeübt wird, zur Quadratwurzel aus der im Punkt P eben so ausgeübten Kraft, d. h. wie

,

Das zusammengesetzte Verhältniss wird daher gleich

1 : 1:

mithin sind die auf J und P von der ganzen Kugel ausgehenden Anziehungen einander gleich.

Verhalten sich die Kräfte einzelner Theile der Kugel umgekehrt wie die Quadrate der Entfernungen, so schliesst man auf ähnliche Weise, dass die Anziehung in J sich zu der in P verhält, wie

SP : SA.[12]

Verhalten sich jene Kräfte umgekehrt wie die Cuben der Entfernungen, so erhält man das gegenseitige Verhältniss der Anziehungen in J und P

= SP² : SA².[13]

Verhalten sich die Kräfte umgekehrt wie die Biquadrate der Entfernungen, so ergiebt sich das zusammengesetzte Verhältniss

SP³ : SA³.[14]

In diesem letztem Falle verhält sich nun die Anziehung im Punkt P umgekehrt wie SP³ · PJ (§. 126., drittes Beispiel), also direct wie

;

mithin wird die Anziehung im Punkt J proportional

,

d. h. (weil SA³ constant ist) umgekehrt PJ proportional. Auf ähnliche Weise kann man in’s Unendliche fortfahren.

Der Lehrsatz wird folgendermassen bewiesen.

Bei der vorhergehenden Construction befinde sich der Körper im beliebigen Punkte P, alsdann ist die Ordinate DN proportional

1.    (§. 126.)

Zieht man nun JE, so erhält man für die dem Punkte J entsprechende Ordinate, mutatis mutandis, das Verhältniss

2.   .

Gesetzt aber, die aus dem beliebigen Punkte E hervorgehenden Centripetalkräfte verhielten sich in den Abständen JE und PE zu einander, wie

PEn : JEn

(wo n der Exponent von PE und JE ist); alsdann werden jene Ordinaten proportional

und .

Zu einander verhalten sich daher beide Ordinaten wie

3.   PS · JE · JEn : JS · PE · PEn.

Es ist aber

Δ SPE ∼ SEJ[15]

also

JE : PE = JS : SE = JS : SA

und

4.   PE · JS = JE · SA.

Substituirt man diesen Werth von PE · JS. in 3., so wird das vorige Verhältniss

5.   PS · JEn : SA : PEn.

Es ist aber

PS : SA = ,

ferner

JEn : PEn,

das halbe Verhältniss der Kräfte in den Abständen PS und JS.[16] Mithin verhalten sich die Ordinaten, folglich auch die durch diese Ordinaten beschriebenen Flächen und die den letzteren proportionalen Anziehungen zusammengesetzt wie

.   W. z. b. w.

§. 128. Aufgabe. Man soll die Kraft finden, durch welche ein im Mittelpunkte einer Kugel befindlicher kleiner Körper gegen ein Segment derselben angezogen wird.

Fig. 117.

Es sei P der Körper im Mittelpunkte, RBSD das Segment, welches durch die Ebene RDS und die sphärische Oberfläche RBS eingeschlossen wird. Durch eine aus dem Mittelpunkte P beschriebene sphärische Oberfläche EFG werde DB in F geschnitten und das Segment in die Stücke BREFGS und FEDG getheilt. Jene Oberfläche sei aber keine rein mathematische, sondern eine physische von sehr geringer Dicke, welche letztere durch O bezeichnet werden mag. Diese Oberfläche ist alsdann (nach dem Beweis von Archimedes) proportional

PF · DF · O.[17]

Setzen wir ferner voraus, dass die anziehenden Kräfte der einzelnen Theilchen der Kugel sich umgekehrt wie die nte Potenz der Abstände verhalten; so ist die Kraft, mit welcher die Oberfläche GFE den Körper P anzieht, nach §. 125., proportional

.

Dieser Grösse sei das Produkt Perpendikel FN mal O proportional, alsdann wird die krummlinige Fläche BDLJB, welche die Ordinate FN bei stetiger Bewegung über die Länge DB beschreibt, sich wie die ganze Kraft verhalten, mit welcher das Segment RBSR den Körper P anzieht

Fig. 118.

§. 139. Aufgabe. Man soll die Kraft finden, mit welcher ein ausserhalb des Mittelpunktes auf der Axe befindlicher kleiner Körper durch das, zu dieser Axe gehörige, Segment angezogen wird.

Durch das Segment EBK werde der auf der Axe ADB gelegene Körper P angezogen. Vom Mittelpunkte P aus beschreibe man mit PE als Radius die sphärische Oberfläche EFK, durch welche das Segment in die beiden Stücke EBKFE und EFKE getheilt wird. Die dem ersten Stücke entsprechende Kraft suche man nach §. 126, die dem zweiten entsprechende nach §. 128 und es ergiebt ihre Summe die Kraft des ganzen Abschnitts EBKE.

§. 130. Anmerkung. Nachdem die Anziehungen sphärischer Körper dargestellt worden sind, könnten wir jetzt zu den Gesetzen der Anziehung anderer Körper, welche aus ähnlichen anziehenden Theilen bestehen, übergehen; es ist jedoch dem Plane dieses Werkes nicht entsprechend, diese speciell zu behandeln. Es wird hinreichend sein, einige allgemeine Sätze über die Kräfte derartiger Körper und über die daraus entspringenden Bewegungen wegen ihrer Anwendung in der Physik, beizufügen.


Bemerkungen und Erläuterungen [des Übersetzers] Bearbeiten

  1. [587] No. 52. S. 193. (Fig. 107.) Es ist DF = DS — FS und df = ds — fs, also DF : df = DS — FS : ds — fs. Werden nun die Winkel DPE = FSE und dpe = fse verschwindend klein, so geht FS in ES und fs in es über, und es wird die Proportion
    DF : df = DS — SE : ds — es = 1 : 1 nach Gl. 1 im Text.
  2. [587] No. 53. S. 193. Die bei der Umdrehung durch den Bogen JH beschriebene Zone ist = 2SA · π · p, wo p den Abstand des Punktes Q von dem Fusspunkte des aus H auf AB gefällten Perpendikels bezeichnet. Denkt man sich dieses Perpendikel gezogen, fällt man auf dasselbe aus J das Perpendikel JM = p und zieht man JS; so ist Δ JSQ ∼ HJM, also SJ : JQ = HJ : p SJ · p = SA · p = JQ · JH und endlich JQ · JH proportional 2SA · π · p.
  3. [588] No. 54. S. 195. Die Anziehung der einen Kugel sei = A, der Abstand des Körpers von ihrem Mittelpunkte = Δ, ihr Durchmesser = D. Dieselben Grössen in Bezug auf die zweite Kugel seien a, δ, d. und dabei
    1.   Δ = αD, δ = αd,

    wo α eine Constante ist. Nach §. 114. ist

    2.   A : a = D : d,

    und indem man Δ so in Δ' vermindert, dass

    3. Δ : Δ' = D : d, also Δ' = Δ = δ,

    so wird, wenn A' die nun entsprechende Anziehung bezeichnet,

    4.   A' : A = ;

    also nach 2. und 4.

    5. A' : a = = D³ : d³.
  4. [588] No. 55. S. 201. (Fig. 112.) Der Flächeninhalt dieser Zone ist bekanntlich = 2 · PE · π · Dd, also wenn PE constant ist, der Linie Dd proportional.
  5. [588] No. 56. S. 202. Um die Summe aller PD zu bilden, haben wir eine arithmetische Progression zu betrachten, deren erstes Glied = PD, letztes = PF und Differenz = Dd ist. Mithin wird die Summe aller PD = und das Produkt dieser Summe in Dd = ½(PF + PD)(Dd + PF - PD) und wenn wir Dd gegen PF — PD = DF vernachlässigen: = ½(PF² — PD²). Kürzer erhalten wir, indem wir PD = x und Dd = dx setzen xdx = ½(PF² — PD²).
  6. [588]
    Fig. 241.

    No. 57. S. 205. Im Punkte A wird ALI = AL, im Puncto D wird DLII = DL, im Puncte B wird BLIII = BL und die beschriebene Fläche

    ALILIIIB = · AB
    .

    Dasselbe ergiebt sich auch kurz folgendermassen, indem man die unbestimmte Ordinate LII D = y und nach der Voraussetzung = der Abscisse LD = x setz. Hiernach wird die beschriebene Fläche

    = xdx = ½(LB² - LA²).
  7. [589] No. 58. S. 205. Dass hier eine hyperbolische Fläche und zwar zwischen den Asymptoten entstehe, ersieht man daraus, dass LA · LB constant, also = a² zu setzen ist. Bezeichnet man nun DL durch x, so wird die Ordinate y = und die Fläche
  8. [589] No. 59. S. 206. Dies ergiebt sich unmittelbar wie im ersten Beispiel.
  9. [589] No. 60. S. 206. Setzt man LD = x, so wird die zu findende Fläche bestimmt durch .
  10. [589] No. 61. S. 206. Setzt man nämlich wieder LD = x, so erhält man nach der Reihe: ; ; .
  11. [589] No. 62. S. 207. Denkt man sich von L eine Tangente LT an den Kreis gezogen (Fig. 116.), so wird LA · LB = LT² = LS² — ST² = (LJ + JS)² — AS² = LJ² + 2LJ · JS + JS² — AS² = LJ² + PJ · JS + JS² — AS² = LJ² + JH² + JS² — AS² = LJ² + SH² — AS² mithin LA · LB = LJ² oder
    1.   LA : LJ = LJ : LB.

    Hieraus folgt LA : LJ = oder

    2.   LA · = LJ ·

    und ebenso LB : LJ = , oder

    3. LB · = LJ ·

    Bringt man nun die drei Glieder im vorliegenden Beispiele unter gleiche Benennung, so erhält man zunächst den Ausdruck:

    [590]

    oder, weil LA = LS — AS, LB = LS + AS und LB + LA = 2LS, jener Ausdruck .

  12. [590] No. 63. S. 208. (Fig. 116.) Die beiden einzelnen Verhältniss sind hier und, das zusammengesetzte also
    (§. 126.)
  13. [590] No. 64. S. 208. Wir haben in diesem Falle die einzelnen Verhältnisse und , als das zusammengesetzte = PS : JS = PS² : AS².
  14. [590] No. 65. S. 208. Aus und folgt durch Zusammensetzung .
  15. [590] No. 66. S. 208. Es ist Δ SPE ∼ SEJ, weil JS : SH = SH : PS d. h. JS : SE = SE : PS und JSE = PSE.
  16. [590] No. 67. S. 208. Es ist nämlich JE : PE = JS : SA = SA : PS = JS½ : PS½ mithin JEn : PEn = .
  17. [590] No. 68. S. 209. (Fig. 117.) Ist r der Radius der Engel, x die Höhe des Segments, so hat man den Flächeninhalt der Calotte = 2rπ · x, und daher die oben bezeichnete physische Fläche von der Dicke O = 2rxπ · O, mithin proportional rxO.
Buch I. Abschnitt XI. Nach oben Buch I. Abschnitt XIII.
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