Maschinenfabrik Germania, vorm. J. S. Schwalbe & Sohn, Chemnitz, Maschinenfabrik und Baumwollspinnerei

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Titel: Maschinenfabrik Germania, vorm. J. S. Schwalbe & Sohn, Chemnitz, Maschinenfabrik und Baumwollspinnerei
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aus: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil, in: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild.
Herausgeber: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Maschinenfabrik Germania, Chemnitz
vorm. J. S. Schwalbe & Sohn.


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Maschinenfabrik Germania
vorm. J. S. Schwalbe & Sohn
Chemnitz
Maschinenfabrik und Baumwollspinnerei.

Unter der großen Anzahl der sächsischen und speziell Chemnitzer Maschinenfabriken nimmt das Etablissement, welches bereits auf ein 82-jähriges Bestehen zurückblicken kann, eine bedeutende Stellung ein und seine Fabrikate sind heute auf der ganzen Welt rühmlichst verbreitet.

Der Gründer des Etablissements, Herr J. S. Schwalbe, hatte wohl im Jahre 1811, als er in kleinem Umfange den Bau von Baumwollspinnereimaschinen begann, gewiß nicht die Ahnung, daß aus der damalig bescheidenen Werkstätte ein so gewaltiges Etablissement, wie es jetzt dasteht, hervorgehen würde. Der Thatkraft, Energie und Umsicht des Gründers, welche sich nicht nur auf den Nachfolger, seinen Sohn Herrn Louis Schwalbe, sondern auch auf des letzteren Söhne, die Herren Bruno, Richard, Otto und Emil Schwalbe als nachmalige Leiter des Werkes vererbte, ist es wohl in erster Linie zuzuschreiben, daß das Etablissement heute auf die gewaltige Ausdehnung zurückblicken kann, die es unter ihren intelligenten jeweiligen Leitern gewonnen hat. – Nachdem der Gründer der Fabrik Herr J. S. Schwalbe leider im Jahre 1845, sein Nachfolger Herr Louis Schwalbe im Jahre 1870, dessen letzteren beide Söhne Bruno und Otto im Jahre 1871 bezw. 1879 mit dem Tode abgegangen und Herr Emil Schwalbe dagegen infolge anderweitiger Unternehmung im Jahre 1885 aus dem Geschäfte geschieden waren, verblieb die alleinige Leitung des Etablissements, welches 1873 in eine Aktien-Gesellschaft umgewandelt wurde, bis heutigen Tages in den Händen des nunmehrigen Direktors Herrn Richard Schwalbe, welcher durch [Ξ] drei Prokuristen, die Herren Otto Korb, Alfred Glaßmann und Herm. Hallbauer vertreten wird.

Wie bereits erwähnt, wurde 1811 der Bau von Spinnerei-Maschinen begonnen. Nach Überwindung der ersten Schwierigkeiten erfreuten sich die Schwalbeschen Maschinen bald eines ehrenhaften Rufes sowohl in Sachsen als auch in Österreich. Im Jahre 1820 wurde, unbeschadet des Maschinenbaues, der erste Anfang zur Errichtung einer eigenen Baumwollspinnerei gemacht, und zwar, wie man sich dies heute gar nicht mehr vorstellen kann, mit – Göpelbetrieb. Das Geschäft erweiterte sich auch hierin in Gemeinschaft mit dem Maschinenbau derartig, daß die vorhandenen Lokalitäten nicht mehr ausreichten und der erste Schritt zur Erweiterung gethan werden mußte. Dies geschah im Jahre 1846 durch die Verlegung des Betriebes von der Garten­-Straße nach der Angergasse, jetzigen Friedrichstraße. Der damalige Leiter der Firma, Herr Louis Schwalbe, unternahm es hier, die erste Baumwollspinnerei in Sachsen, welche durch Dampf betrieben wurde, zu erbauen. Bei der heutigen hochentwickelten Baumwollspinnerei-Industrie dürfte diese Thatsache ein besonderes Interesse verdienen. Trotz der bekannten schlimmen Zeit wurde diese neue Fabrik doch gleich darauf so schwunghaft betrieben, daß nach wenigen Jahren auch diese schon nicht mehr genügte und eine weitere Vergrößerung der Lokalitäten ins Auge gefaßt werden mußte. 1853 kam dieselbe auch zur Ausführung, und zwar wurde auf dem bis dahin noch freien Felde an der Kaßbergstraße, jetzigen Fabrikstraße eine abermals erweiterte neue Fabrik erbaut und 1854 der Geschäftsbetrieb darin eröffnet. Die hierin erzeugten Schwalbeschen Maschinen und Garne errangen sich bald einen Ruf und mit berechtigtem Stolz konnte der damalige Leiter des Unternehmens auf das neu Geschaffene zurückblicken. Das Etablissement hat die beiden Branchen Maschinenbau und Baumwollspinnerei bis heute beibehalten. Allerdings hat der Maschinenbau im Laufe der Jahre insofern eine Änderung erfahren, als der Bau von Baumwollspinnmaschinen verlassen und andere Spezialitäten dafür aufgenommen wurden.

Die Fabrik beschäftigt sich jetzt hauptsächlich mit dem Bau von Brauerei- und Mälzereimaschinen, Eis- und Kühlmaschinen, Dampfmaschinen bis zu 1000 Pferdestärken, Dampfkessel, Holzschleiferei-, Pappen- und Papiermaschinen, Maschinen für Cellulose- und Zementfabriken, Dampfwaschanstalten, Turbinen und Wasserrädern, Transmissionen, mechanischen Aufzügen, Walken, Heizungsanlagen und Trocken­-Einrichtungen, Rohrleitungen und Pumpen aller Art. Neben den geräumigen der Neuzeit entsprechend eingerichteten Maschinenbauwerkstätten besitzt die Fabrik noch eine Schmiedewerkstatt mit zwei Dampfhämmern, sowie Eisen- und Metallgießerei, Kupferschmiede, Klempnerei, Tischlerei und Dampfkesselschmiede, letztere mit vervollkommneter hydraulischer Nietung.

Dank des Renommees der Fabrik haben deren Maschinen nicht nur im Inlande, sondern auch in allen übrigen Staaten der Welt guten Eingang gefunden, und sind darin namentlich die Brauerei- und Mälzereimaschinen, Eis- und Kühlmaschinen und Sterilisierapparate besonders hervorzuheben. Durch vorzügliche Leistung der Eis- und Kühlmaschinen ist es nun auch den Bewohnern der tropischen Länder möglich geworden, ihr Bier an Ort und Stelle zu brauen und nach deutscher Art zum Ausschank zu bringen. In den Zonen, in denen man bis vor Jahren [Ξ] das Eis nur dem Namen nach kannte, ersetzen die Eismaschinen nun das, was die Natur daselbst versagt.

Mit der Einführung der Eismaschinen und Sterilisierapparate hat sich in der Brauerei­-Industrie eine vollständige Umwandlung vollzogen und was man vor Jahren in dieser Branche noch für unmöglich hielt, entrollt sich heute als vollendete Thatsache.

Auch andere Zweige, wie z. B. die Schokoladenfabriken, Konservenfabriken, Schlächtereien, Konzerthallen, Tiefbohrungen etc., haben sich die Vorteile der künstlichen Luftkühlung resp. Kälteerzeugung zu eigen gemacht und somit dem Maschinenbau ein vollständig neues Gebiet erschlossen.

Um auch der großen Vielseitigkeit des Etablissements eine weitere Beleuchtung zu geben, sei noch erwähnt, daß neben dem eben erläuterten sehr ausgedehnten und weitverzweigten, als Hauptabteilung der Fabrik geltenden Maschinenbau auch eine nicht unbedeutende Baumwoll-Spinnerei, welche Branche seit ihrer Begründung beibehalten worden ist, betrieben wird. Mit derselben ist noch seit einigen Jahren eine nach größerem Stile eingerichtete Verbandwattefabrik verbunden worden. Auch diese Abteilungen, der Textilbranche angehörig, haben den Fortschritten der Neuzeit ebenfalls insofern volle Rechnung getragen, als sie neben einer mit den Jahren herausgebildeten Vergrößerung auch den technischen Vervollkommnungen in der ausgedehntesten Weise gefolgt sind, so daß sie auch hierin die Überzeugung haben können, auf der Höhe der Zeit geblieben zu sein.

So ist das Etablissement jetzt an einem Umfange angelangt, daß es insgesamt ca. 1100 Arbeitern Beschäftigung bietet, worunter 80 Betriebsbeamte zählen. Den Betrieb für das Werk leisten 10 Dampfmaschinen mit zusammen 400 Pferdestärken, welche von 6 Dampfkesseln mit 700 qm Heizfläche gespeist werden.

Die Fabrik hat sich mit ihren Erzeugnissen an vielen großen Ausstellungen beteiligt, wobei ihr immer die ersten Auszeichnungen zugefallen sind. So hat sie allein auf der im Jahre 1888 in Melbourne stattgefundenen Ausstellung für ihre daselbst ausgestellten Maschinen, und zwar eine Eismaschine Nr. V mit Süßwasserkühleinrichtung, eine Dampfmaschine mit Ventilsteuerung, diverse Gerstesortier- und Malzputzmaschinen fünf erste Preise unter besonderer ehrenvoller Erwähnung (Awarded First Order of Merit and special mention) erhalten und ist ihr dafür die goldene Medaille zugeschickt worden. Auf der Ausstellung in Hagenau 1874 und der Hygiene-Ausstellung zu Berlin 1883 ist sie ebenfalls mit der goldenen Medaille bedacht worden.

Eine hohe Ehre wurde auch der Firma in den 60er Jahren durch den Besuch Sr. Majestät des hochseligen Königs Johann zuteil, welcher die damals schon bestandenen vortrefflichen Einrichtungen der Fabrik, sowie die hauptsächlichsten Erzeugnisse in ihrer Entstehung in Augenschein nahm.

Daß die Fabrik trotz der ihr vom Staat auferlegten bedeutenden Beiträge für Kranken-Kasse, Invaliden-Pensionskasse, Alters- und Invaliditäts-Versicherung und die Sächsisch-Thüringische Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaft für das Wohl ihrer Arbeiter und Beamten weiter besorgt [Ξ] geblieben ist, hat sie mit der aus eigenen Mitteln begründeten Beamten- und Arbeiter-Unterstützungs-Kasse bewiesen, welche jetzt einen Fonds von Mark 44 647,65 aufweist. Die Kasse dient dem Zwecke, da unterstützend einzugreifen, wo die staatlichen Unterstützungskassen nicht oder nicht genügend ausreichen.

Möge nun der ferneren Entwicklung des Etablissements, welches den besten und bedeutendsten unseres engeren sächsischen Vaterlandes würdig anzureihen ist, weitere Bahnen offen bleiben, zum Segen des Landes sowohl, als aller die hieran in der einen oder andern Weise beteiligt sind.