MKL1888:Metallotherapie

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Metallotherapie“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 524
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Metallotherapie. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 524. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Metallotherapie (Version vom 24.08.2021)

[524] Metallotherapie (lat.-griech.), eine Heilmethode die darin besteht, daß man Metallstücke auf die kranken Teile legt, namentlich bei Nervenleiden, Lähmungen etc. von manchen Ärzten empfohlen. Schon bei den alten ägyptischen, griechischen und arabischen Ärzten finden sich Mitteilungen über den äußern Gebrauch von Metallen zu Heilzwecken. In seinen „Ideen zur Diagnostik“ brachte Wichmann zu Anfang dieses Jahrhunderts einzelne Angaben über denselben Gegenstand, die aber keine Beachtung fanden, und ebenso blieben die ersten Mitteilungen, welche Burq 1848 und 1849 über die Heilung der Cholera durch Auflegung von Kupferplatten sowie andrer Krankheiten durch Armaturen aus andern Metallen in medizinischen Zeitschriften publizierte, unbeachtet. 1860 berichtete Burq an die Academie de médecine über seine Beobachtungen an hysterischen, epileptischen und ähnlich kranken Frauen und beschrieb die höchst auffallende Erscheinung, daß das Auflegen gewisser ganz bestimmter Metalle, Gold, Kupfer, Zink etc., sofort eine Lähmung aufzuheben vermag, welche wiederkehrt, sobald das Metallstück entfernt ist. Er fand, daß einzelne Kranke für Gold allein, andre für Gold und Silber, Gold und Kupfer etc. empfänglich seien, ein Verhalten, das lediglich durch Ausprobieren (Metalloskopie) festgestellt werden kann. Auf diese Metalloskopie gründete Burq ein Heilverfahren, welches darin besteht, daß die Patientinnen dauernd, d. h. bis zur Heilung, jene für ihren Zustand wirksame Armatur in Gestalt von Platten, breiten Ringen, Bändern, Korsetten etc. tragen mußten. Lange Zeit hatte die Wissenschaft nur ein ungläubiges Achselzucken für die M., bis 1878 namentlich Charcot, dann aber schnell nacheinander alle Spezialärzte für Nervenleiden die Beobachtungen bestätigten. Die M. ergibt nach diesen neuesten Untersuchungen (vgl. „Jahresbericht der gesamten Medizin“, Berl. 1878–79), daß Lähmungen der Bewegungsmuskeln, eines Gliedes, einer ganzen Körperhälfte, Lähmungen der Sinnesnerven, wie des Gefühls-, des Gesichts- und Geruchssinnes, z. B. auch die vorübergehende Farbenblindheit der Hypnotisierten, durch Auflegen desjenigen Metalls, für welches die Person reagiert, augenblicklich, wenn auch nur vorübergehend gehoben werden können; in andern Fällen wird durch das Metallstück die Lähmung zwar sofort gelöst, allein im selben Moment zeigt nun der entsprechende Körperteil der andern Seite dieselbe Lähmung. Diese Übertragung heißt Transfert. Legt man die wirksame Metallplatte auf und fügt eine zweite Platte von anderm nicht wirksamen Metall darauf (Überplatte) oder daneben (Nebenplatte), so fixiert man die nervösen Symptome, solange beide Platten liegen bleiben. Burq hat verschiedene Systeme zu diesem Zwecke konstruiert und namentlich die Metallotherapie weiter vervollkommt. Er fand, daß dieselbe Wirkung wie durch das Auflegen einer Metallplatte auch durch innerlichen Gebrauch oder Einspritzungen unter die Haut hervorgebracht werden kann, sofern die Arznei das wirksame Metall in Form irgend eines löslichen Salzes enthält. Darauf gründete Burq sein Verfahren und erzielte durch längern Gebrauch solcher Metallsalzlösungen dauernde Heilung. Auch starke hufeisenförmige Magnete besitzen für derartige Lähmungen oft eine überraschende Heilkraft. Die Theorie über das Zustandekommen der metalloskopischen Phänomene ist noch in ihren Anfängen begriffen. Vgl. Burq, M., Behandlung von Nervenkrankheiten durch Auflegen von Metallen (Leipz. 1854); Eulenburg, Metalloskopie und M. (Separatabdruck aus der „Wiener Medizinischen Presse“ 1879).

Anmerkungen (Wikisource)

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