Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Marăthon“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 217
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Marăthon. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 217. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mar%C4%83thon (Version vom 06.12.2023)

[217] Marăthon, im Altertum Flecken in der attischen Landschaft Diakria, unweit des Meers am südwestlichen Rand einer größern Strandebene und am Nordfuß des Pentelikon gelegen, ist berühmt durch den Sieg, welchen hier 490 v. Chr. die Athener unter Miltiades (s. unten) über die Perser erfochten. Noch jetzt liegt an dem Hauptbach der Ebene, 28 km von Athen, ein kleines Dorf, Marathona, in dessen Nähe das alte M. gestanden hat. Von den von Pausanias beschriebenen Denkmälern zur Erinnerung an die Schlacht hat sich der 12 m hohe und 150 m im Umfang haltende Grabhügel der gefallenen Athener sowie die Fundamente des Trophäums und des Denkmals des Miltiades bis auf den heutigen Tag erhalten.

Schlacht bei M. Das persische Heer von 100,000 Mann, welches Dareios I. 490 v. Chr. unter dem Befehl des Datis und Artaphernes gegen Griechenland ausgeschickt hatte, war nach der Zerstörung Eretrias an der Bucht von M. gelandet, um von da aus zu Lande gegen Athen vorzudringen. Sofort zogen 9000 athenische Hopliten unter den zehn Strategen und dem Polemarchen Kallimachos nach dem bedrohten Punkt, um den Persern den Weg zu verlegen. Obwohl die Hilfe der Spartaner ausblieb (2000 Lakedämonier langten erst nach der Schlacht an) und nur 1000 Platäer zum athenischen Heer stießen, so beschlossen die Feldherrn auf Rat des Miltiades doch, bei M. eine Schlacht zu wagen, und übertrugen auf Antrag des Aristeides dem mit der persischen Kriegführung vertrauten Miltiades den Oberbefehl. Von ihrem Lager am Fuß des Pentelikon schritten die Athener am Morgen des 17. Metageitnion (12. Sept.) zum Angriff. In langer Linie, damit ihre Flügel von den Persern nicht umfaßt werden könnten, rückten sie gegen dieselben vor, welche gerade im Begriff waren, ihr Lager bei M. zu verlassen, da sie den direkten Marsch durch Attika aufgegeben und die Reiterei und einen Teil der Mannschaft bereits wieder eingeschifft hatten, um zur See nach Athen zu gelangen. Zuletzt im Laufschritt stürmten die Athener auf die persische Schlachtreihe los und gerieten sofort in heftiges Handgemenge, in welchem ihre schwere Bewaffnung, ihr persönlicher Mut und ihre gymnastische Gewandtheit ihnen zu statten kamen. Ihre allzu dünne Mitte unter Aristeides und Themistokles ward allerdings etwas zurückgedrängt, aber die siegreichen Flügel kamen nun den Persern in Rücken und Flanke; diese flohen und wurden in den Sümpfen in großer Menge getötet. Einigen gelang es, auf die Schiffe zu entkommen, von denen nur sieben in die Hände der Athener fielen. Bei dem Kampf um die Schiffe ward Kallimachos getötet. Miltiades führte das Heer noch an demselben Tag nach Athen zurück, um die Stadt gegen einen persischen Angriff und den Verrat der eignen Bürger zu schützen. Der Sieg hatte 192 Tote gekostet. Die Marathonkämpfer (Marathonomachoi) waren noch lange Zeit nachher die Vorbilder tapferer Bürger. Vgl. Campe, De pugna Marathonia (Greifsw. 1867).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 552
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[552] Marathon. Die Aufnahme der Landschaft Attika durch Offiziere und Beamte des preußischen Generalstabes hat für die Topographie der 28 qkm großen, durchaus flachen, aber von steilen Felsbergen scharf umränderten Ebene von M. und ihrer vier Ortschaften („ionische Tetrapolis“) neue Grundlagen geschaffen und die Ansichten geklärt. M. selbst wird nicht länger mehr in dem versteckt gelegenen heutigen Marathona gesucht (der von 550 Einw. bewohnte Ort ist erst unter der Türkenherrschaft entstanden), sondern 4 km südlich davon bei dem ärmlichen Dorf Vraná, dessen Lage die Ebene durchaus beherrscht. Vollständig gesichert ist die Lage von Trikorythos beim heutigen Káto Suli an der Nordwestecke des großen, dem Perserheer so verderblich gewordenen Sumpfes und von Oinoë beim heutigen Ninói, etwa 1 km westlich von Marathona. Probalinthos endlich wird an das südliche Ende der Ebene in die Gegend Valaría gesetzt, wo zwischen dem Sumpfe Vrexisa und dem Berg Agrieliki nur ein schmaler Paß nach S. führt. Die Schlacht selbst fand auf der freien Ebene zwischen dem Berg Stavrokoraki und dem Meer statt, etwa 3–4 km nordöstlich von Vraná, wo sich bei der Kirche Panagia Misosporitissa Reste eines Marmordenkmals erhalten haben und massenhafte Knochenreste gefunden worden sind. (Vgl. „Karten von Attika“, Blatt 18 u. 19, und A. Milchhöfers erläuternden Text, Heft 3–6, S. 40–54.)[WS 1]


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 597
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[597] Marathon. Die griechische Regierung hat im Frühling 1890 den bekannten Grabhügel auf der Ebene von M., den sogen. Sorós, untersuchen lassen. Derselbe war ursprünglich ca. 12 m hoch, jetzt aber nur noch 9, da sich der Boden der Ebene seitdem um 3 m erhöht hat. Man fand in dieser Tiefe unter dem Hügel eine Art Estrich, 1 cm dick, und darüber eine Aschenschicht von 2–6 cm Dicke, welche außer Holzresten massenhaft verbrannte Knochen enthielt sowie Scherben von kleinen, mit flüchtigen, schwarzfigurigen Malereien bedeckten Lekythen, die dem Anfang des 5. vorchristlichen Jahrhunderts angehören. Der Sorós ist demnach ein Massengrab, in welchem viele Tote gemeinsam verbrannt und bestattet worden sind, und ohne Zweifel ist in ihm die Grabstätte der 192 bei M. gefallenen Athener aufgedeckt worden. Mit dieser Erkenntnis fällt aber auch neues Licht auf die Lage des Schlachtfeldes, welches man zuletzt (vgl. Bd. 17, S. 552) bei der Kirche Panagia Misosporitissa suchte; offenbar lag es ca. 2 km südwestlicher, in der Nähe des Sorós. Im Herbst sollten die Nachgrabungen, welche man mit möglichster Schonung des Denkmals vornimmt, fortgesetzt und später dem Hügel seine ursprüngliche Form wiedergegeben werden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Ernst Curtius (Hg.): Karten von Attika. Berlin 1881–1903 UB Heidelberg