Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Marbach“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 218
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Marbach. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 218. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Marbach (Version vom 06.12.2023)

[218] Marbach, Oberamtsstadt im württemberg. Neckarkreis, am Neckar, der unterhalb der Stadt die Murr aufnimmt, und an der Linie Bietigheim-Backnang der Württembergischen Staatsbahn, in 200 m Meereshöhe, hat 2 evang. Kirchen (darunter die schöne, im frühgotischen Stil 1451–80 erbaute Alexanderkirche, nördlich von der Stadt, mit vielen Grabmälern), ein Amtsgericht, ein Schlachthaus, Zichorienfabrikation, Furniersägerei, Gerberei, Obst- und Weinbau und (1885) 2407 meist evang. Einwohner. M. ist der Geburtsort Schillers und des Astronomen Tobias Mayer. In dem Geburtshaus des erstern ist die Büste des Dichters von Thorwaldsen aufgestellt; eine nahe Anhöhe schmückt seit 1876 sein Standbild (von Rau in Stuttgart gefertigt). Die vielen hier und in der Umgegend aufgefundenen Römerdenkmäler lassen vermuten, daß M. von den Römern gegründet worden; schon 950 war es Festung. Hier wurde 14. Sept. 1405 zwischen einigen rheinischen Fürsten und 17 schwäbischen Städten ein Bündnis (Marbacher Bund) geschlossen. M. war seit den ältesten Zeiten württembergisch, wurde aber 1462 pfälzisches Lehen und kam erst 1504 wieder an Württemberg. 1693 wurde die Stadt von den Franzosen niedergebrannt. Das königliche Hauptgestüt M. liegt im Donaukreis, Oberamt Münsingen.

Marbach, 1) Gotthard Oswald, Dichter und Schriftsteller, geb. 13. April 1810 zu Jauer in Schlesien, studierte zu Breslau und Halle Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften, ward dann Lehrer am Gymnasium zu Liegnitz, 1833 Privatdozent zu Leipzig und 1845 Professor der Philosophie daselbst, neben welcher Stellung er 1852–85 dem Direktorium der von ihm mitbegründeten Lebensversicherungsgesellschaft „Teutonia“ angehörte. Von vielseitiger Bildung, trat M. auch als Schriftsteller in den verschiedensten Richtungen auf. Von seinen zahlreichen Schriften sind hervorzuheben: „Populäres physikalisches Lexikon“ (Leipz. 1833–37, 5 Bde.; 2. Aufl., das. 1858–60, 6 Bde.); „Über moderne Litteratur“, Briefe (das. 1836–38, 3 Bde.); „Lehrbuch der Geschichte der Philosophie“ (das. 1838–41, 2 Bde.); ferner „Gedichte“ (unter dem Namen Silesius Minor, das. 1836, 2. Aufl. 1838); „Buch der Liebe“, Gedichte (das. 1839); „Die Dioskuren“ Novelle (das. 1840); „Unsterblichkeit“, Sonettenkranz (das. 1843); „Liebesgeschichten“ (das. 1846); die Trauerspiele: „Antigone“ (1839), „Papst und König“ (1843), „Hippolyt“ (1858), „Medeia“ (1858), „Brutus und Cassius“ (1860), „Ein Weltuntergang“ (Trilogie, 1861) und „Coriolanus“; ferner das Lustspiel „Herodes“ (1867); das Satyrspiel „Proteus“ (1868); „Johannes“, ethische und religiöse Gedichte (Leipz. 1856); die Zeitgedichte: „Das Halljahr Deutschlands“ (Berl. 1870) und „Deutschlands Wiedergeburt“ (das. 1871); „Shakespeare-Prometheus. Phantastisch-satirisches Zauberspiel vor dem Höllenrachen“ (Leipz. 1874); die Gedichtsammlungen: „Lenz und Liebe“ (das. 1877) und „Licht und Leben“ (das. 1883). M. redigierte auch die Vierteljahrsschrift „Jahreszeiten“ (Leipz. 1839–40, 5 Bde.), von 1848 bis Oktober 1852 die „Leipziger Zeitung“ und gab die „Altdeutschen Volksbücher“ (das. 1838–47, 44 Bdchn.) sowie Übertragungen des „Nibelungenlieds“ (das. 1840, 4. Aufl. 1872), des Sophokles in fünffüßigen Iamben (das. 1867) und der „Oresteia“ des Äschylos (das. 1873), endlich einige Trauerspiele Shakespeares („Julius Cäsar“, „Othello“, „Romeo und Julia“ u. a.) in zum Teil kühner Umarbeitung und „Goethes Faust 1. und 2. Teil erklärt“ (Stuttg. 1881) heraus.

2) Hans, Schriftsteller und Dichter, Sohn des vorigen, geb. 21. Jan. 1841 zu Leipzig, studierte in Berlin und Tübingen Philosophie und Geschichte und ließ sich nach zeitweiligem Aufenthalt in Dresden, Genf, Paris, Berlin 1872 dauernd in seiner Vaterstadt nieder, wo er 1880 die Redaktion der „Wissenschaftlichen Beilage“ zur offiziellen „Leipziger Zeitung“ übernahm. Außer einer Sammlung formschöner und meist origineller „Gedichte“ (Berl. 1869) und den Novellen „Auf Irrwegen“ (Leipz. 1880) bethätigte M. ein wirklich gestaltendes und entwickelungsfähiges, aber, wie es scheint, nicht ausgiebig produktives Talent in den Dramen: „Timoleon“ (Berl. 1869), „Lorenzino von Medici“ (Leipz. 1873), „Marius in Minturnä“ (das. 1875) und „Ein Liebling der Götter“ (das. 1877).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 552
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[552]  Marbach, 3) Johann, Führer der Straßburger Lutheraner, geb. 24. Aug. 1521 zu Lindau, gest. 17. März 1581 in Straßburg, studierte seit 1539 in Wittenberg, als einer der Haus- und Tischgenossen Luthers, Theologie, ging 1545 nach Straßburg als Diakonus an der Nikolaikirche; 1551 war er einer der Abgesandten Straßburgs zum Tridentiner Konzil und wurde 1552 Professor der Theologie und Präsident des Straßburger Kirchenkonvents. Der eifrige, aber nach Melanchthons Urteil nicht hinreichend unterrichtete (mediocriter doctus) Mann setzte sich Beseitigung der Tetrapolitana und aller zum schweizerischen Typus neigenden Lehrweise und Liturgie zur Lebensaufgabe. Sein Versuch, das Kontroversbuch des lutherischen Zeloten Tileman Heßhus über die leibliche Gegenwart Christi im Abendmahl mit Umgehung der Zensur und unter Angabe eines falschen Druckortes einzuschwärzen (1561), trug ihm einen Streit mit dem reformierten Professor Zanchi über die Prädestination ein; derselbe endigte mit dem Abgang des letztern 1563. Den französischen Prediger Garnier hatte er schon 1555, den Petrus Martyr Vermigli 1556 aus Straßburg verdrängt; 1577 wurde auf sein Betreiben der reformierte Gottesdienst in Straßburg ganz untersagt. Auch beteiligte sich M. in der Kurpfalz 1556 an der Einführung der Reformation und 1576 an der Zurückführung der Landeskirche zum Luthertum. „Bei der Norm und Regel ist er steif geblieben und weder zur Rechten noch zur Linken davon abgewichen“ heißt es in der Leichenrede. Beweis hierfür liefert sein „Christlicher und wahrhafter Unterricht von den Worten der Einsetzung des heiligen Abendmahls“ (1565). Vgl. Trenß, Situation intérieure de l’église luthérienne de Strassbourg sous la direction de M. (Straßb. 1857); „Zeitschrift für lutherische Theologie und Kirche“ (1872).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 597
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[597] Marbach, 1) Gotthard Oswald, Dichter, starb 28. Juli 1890 in Leipzig.