Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Malarĭa“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Malarĭa“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 11 (1888), Seite 144
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Malaria
Wiktionary-Logo
Wiktionary: Malaria
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Malarĭa. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 144. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Malar%C4%ADa (Version vom 30.11.2023)

[144] Malarĭa (v. ital. mala aria, „schlechte Luft“, ital. Aria cattiva, Sumpfmiasma, Sumpfluft), die manchen sumpfigen Gegenden, besonders den Maremmen an der Südküste von Italien und den Pontinischen Sümpfen bei Rom, eigne krankmachende Einwirkung auf lebende Organismen, die wahrscheinlich in der Luft durch in Wasser faulende Vegetabilien und tierische Stoffe erzeugt wird, wobei noch andre Momente mitwirken mögen, z. B. die Feuchtigkeit der Luft selbst, die in ihr schwebenden Pilzsporen und das Trinken des mit organischen Bestandteilen geschwängerten Wassers solcher Gegenden. Die schädliche Wirkung erfolgt bald augenblicklich, bald erst nach Stunden, Tagen, Wochen; bald tritt sie nur in der unmittelbaren Nähe der Sümpfe hervor, bald aber erstreckt sie sich auch auf weitere Entfernungen oder nimmt selbst einen epidemischen Charakter an. Die Intensität der M. wird durch eine von hohen und dichten Wäldern umschlossene oder von Bergen eingegrenzte, den Winden unzugängliche Lage der Sümpfe, durch einen schweren, moorigen Boden, durch Sonnenhitze, welche ihn dem Austrocknen nahebringt, durch Seewasser und noch mehr durch die Vermischung des Seewassers mit süßem Wasser, wodurch sowohl die Organismen des salzigen als des süßen Wassers zu Grunde gehen und das Fäulnismaterial sich häuft, sowie durch die Abend- und Nachtzeit vermehrt. Kaltes Klima, üppige Vegetation, besonders Saftpflanzen, immergrüne Wälder, schnellwüchsige Pflanzen, wie Eukalyptus, die Sonnenblume etc., und Kultur des Bodens beschränken dagegen die nachteilige Einwirkung der Sümpfe und können sie ganz aufheben. Auch wo der schädliche Einfluß der M. sich nicht in deutlich ausgeprägten Krankheitsformen verrät, macht er sich doch durch die unvollkommene Ausbildung und abnorme physische und psychische Entwickelung der Sumpfbewohner bemerklich. Außer in den Maremmen und den Pontinischen Sümpfen treten die Wirkungen der M. besonders in der Lombardei, wo der Reisbau eine jährliche Einwässerung der Felder nötig macht, in Holland, Zeeland, Walcheren, auf dem Nildelta in Ägypten, dem Gangesdelta in Indien, am meisten aber auf Sumatra und in Surinam hervor. Übrigens gibt es auch sumpflose Gegenden, wo ebenfalls eine sogen. M. herrscht, z. B. Gibraltar, sogar Hochebenen in Italien und Peru. Die Erkrankungen in solchen Gegenden sind darauf zurückzuführen, daß zwar die Oberfläche trocken, der Untergrund aber sehr wasserreich ist und durch Risse oder durch poröse Beschaffenheit der Oberfläche Luft und Wärme hinzutreten kann. Unerklärt sind dagegen jene mehrfach bestätigten Beobachtungen, daß in einzelnen Sumpfgegenden selbst bei warmer Temperatur keine Malariaerkrankungen vorkommen, z. B. in Neuseeland, Vandiemensland, auf den Sandwichinseln. Alle Urwälderböden entwickeln, nachdem sie urbar gemacht worden, in den ersten Jahren ein fiebererzeugendes Prinzip, welches den ersten Ansiedlern oft sehr verderblich wird. Die Indigobereitung, in Schiffsräumen faulender, mit Seewasser benetzter Kaffee, das Pumpenwasser etc. entwickeln gleichfalls ein sehr gefährliches Sumpfmiasma. Ein solches scheint sich auch in Häusern zu bilden, welche von Überschwemmungen gelitten haben. Das Malariafieber selbst tritt in Anfällen auf (s. Wechselfieber). Unter dem Einfluß des Malariagifts entstehen die schwersten Fieberformen, die nicht selten zu Milzinfarkten und -Abscessen, zu Leberabscessen, zu Siechtum und Tod führen. Das einzige und vorzüglichste Arzneimittel ist das Chinin in großen Dosen (1–5 g täglich). Vgl. Steifensand, Das Malariasiechtum (Kref. 1848); Hirsch, Handbuch der historisch-geographischen Pathologie, Bd. 1 (2. Aufl., Berl. 1881); Graf Torelli, La m. d’Italia (Rom 1883).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 583
korrigiert
Indexseite

[583] Malaria, s. Akklimatisation, S. 9.