Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Illustration“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 8 (1887), Seite 893894
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Illustration. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 893–894. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Illustration (Version vom 10.01.2023)

[893] Illustration (lat., „Erleuchtung, Erklärung, Verschönerung, Verherrlichung“) wird jetzt fast ausschließlich für die bildliche Erläuterung, den bildlichen Schmuck eines gedruckten Buches gebraucht. Die Buchillustration in diesem Sinne, nämlich durch Holzschnitte, Kupferstiche, Radierungen, Bunt- und Lichtdrucke, farbige und getönte Heliogravüren, Zinkotypien etc., entspricht der alten Buchmalerei oder Miniatur (s. d.) wie die gedruckten Bücher den geschriebenen und hängt auf das engste mit der Buchdruckerkunst (s. d., S. 548) zusammen, welcher der Druck von Holztafeln vorausging. Die von solchen Tafeln gedruckten Bücher (Blockbücher, s. d.) bieten wesentlich Bilder mit wenigem erläuternden Text, waren auch zunächst für „Ungelehrte“, d. h. Leute, welche nicht lesen können, berechnet. Nach Erfindung des Letterndrucks stellte sich das umgekehrte Verhältnis wieder her, wie es zwischen dem Text und den Zeichnungen in den Handschriften bestanden hatte; man erläuterte den Text durch bildnisartige Darstellungen der Verfasser, z. B. der Evangelisten, durch Szenen aus dem Erzählten und zierte ihn mit reich ornamentierten, häufig auch als Rahmen für Figürliches benutzten Anfangsbuchstaben (Initialen), mit Kopf- und Randleisten, mit Arabesken u. dgl. am Schluß eines Abschnitts (Finalstock, cul de lampe). Für diese Illustrationen wurde durchweg der Holzschnitt verwendet, weil allein dieser Zweig der graphischen Kunst die Einfügung der Bilder in den Letternsatz und den Druck mit diesem zugleich auf der Buchdruckpresse gestattete. Auf diese Weise untrennbar mit der Holzschneidekunst verwachsen, erlebte die I. mit dieser Blütezeit und Verfall. Den höchsten künstlerischen Aufschwung nahm sie im Reformationszeitalter, in welchem sie zugleich ein wichtiges Mittel der Agitation und der Polemik für alle Parteien wurde. Hauptwerke in Deutschland sind: „Der Schatzbehalter“ (1491) und Hartmann Schedels „Chronik“ (1493), beide in Nürnberg erschienen und mit zahlreichen Holzschnitten nach Michael Wohlgemuth, Dürers Lehrmeister; Dürers „Apokalypse“ (1498); Hans Schäufeleins „Speculum passionis dom. n. J. Chr.“ (1507) und Bilder zum „Theuerdank“; Burgkmairs Bilder zu den „Predigten Gaylers von Kaisersberg“, zum „Weißkunig“, zu Thomas Murners „Schelmenzunft“ u. a. Hans Holbein lieferte zahlreiche Illustrationen zur Bibel, Titelblätter und eine Fülle der reizendsten Initialen. Auch Lukas Cranach und die Kleinmeister waren vielfach für die Buchillustration thätig; einen besondern Zweig derselben bildeten die kunstvoll ausgeführten Buchdruckerwappen oder Signete. Die glänzendste Leistung der frühsten italienischen I. sind die Holzschnitte zur „Hypnerotomachia Poliphili“ (Vened. 1499); im Anfang des 16. Jahrh. war vorzüglich Zoan Andrea thätig. Als ältestes original-französisches Illustrationswerk betrachtet man „Le procès de Bélial“ (Lyon 1481). In der Zeit des Verfalles des Holzschnitts wurde dieser immer mehr auf die I. der wohlfeilsten Volkslitteratur beschränkt, während künstlerischen Tendenzen der Kupferstich diente; gestochene Vignetten wurden im vorigen Jahrhundert auf ganz dünnes Papier gedruckt und dann in den Text eingeklebt oder auch in die leer gelassenen Stellen desselben eingedruckt, so daß ein solcher Druckbogen zweimal durch die Presse gehen mußte. Die englischen „Pfennigmagazine“ (seit 1832), die Vorläufer der heutigen illustrierten Zeitungen, und die Bestrebungen des Deutschen Gubitz riefen den Sinn für Holzschnittillustration in der ersten Hälfte unsers Jahrhunderts wieder wach, und durch das Auftreten Ludwig Richters (Zeichnungen für O. Wigands Volksbücherausgaben, dann zu Musäus’ Volksmärchen, zu Kinderbüchern etc.) und Adolf Menzels (zu Kuglers „Leben Friedrichs d. Gr.“) in Deutschland, Horace Vernets, Bellangés, Raffets („Leben Napoleons“, „Die Soldaten des Kaiserreichs“ etc.), [894] Tony Johannots („Don Quichotte“ etc.), Grandvilles u. a. in Frankreich, die Zeichner des Londoner „Punch“ etc. wurde dieser Bewegung wieder eine künstlerische Richtung gegeben (s. Holzschneidekunst). Seit der Mitte der 40er Jahre hat durch die Gründung großer und kleiner illustrierter Wochenblätter an allen Orten und durch die Bildung von Holzschnittschulen in allen Kunststädten das Illustrationswesen eine ungeheure Ausdehnung gewonnen, welche buchhändlerische Spekulation ins Krankhafte gesteigert hat, so daß die I. nicht mehr zur Erläuterung des Textes dient, sondern der Endzweck geworden ist. Die illustrierten Zeitungen und die sogen. „Prachtwerke“ leiten uns allmählich wieder zu dem Ausgangspunkt zurück, indem sie das Bild zur Hauptsache machen, welches ohne Gefahr von dem „begleitenden“ Text ganz losgelöst werden kann, und daß sie vielfach, anstatt das geschriebene Wort zu verdeutlichen und zu versinnlichen, der müßigen, gedankenlosen Schaulust Vorschub leisten. Die namhaftesten illustrierten Zeitungen Deutschlands sind: die von J. J. Weber in Leipzig begründete „Illustrierte Zeitung“[WS 1] (seit 1843), die „Fliegenden Blätter“[WS 2] (Münch., Braun u. Schneider, seit 1845), „Die Gartenlaube“[WS 3] (Leipz., von E. Keil begründet, seit 1853), „Über Land und Meer“[WS 4] (Stuttg., 1858 von E. Hallberger begründet), „Daheim“[WS 5] (Leipz., seit 1864 von Velhagen u. Klasing hrsg.), „Schorers Familienblatt“[WS 6] (Berl., seit 1880), die Wiener „Deutsche illustrierte Zeitung“ (seit 1873), die Berliner „Deutsche illustrierte Zeitung“ (seit 1880); daneben „Westermanns Illustrierte deutsche Monatshefte“[WS 7] (Braunschw., seit 1856) und Speemanns Monatsschrift „Vom Fels zum Meer“[WS 8] (Stuttg., seit 1881). Vgl. Jackson, The pictorial press, its origin and progress (Lond. 1884).

Anmerkungen (Wikisource)

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Nachweise zu Digitalisaten: