Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Adam“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 101102
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Adam. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 101–102. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Adam (Version vom 24.01.2023)

[101] Adam (hebr., „der Mensch“, eigentlich „der von rötlicher Erde Gebildete“), Name des Stammvaters des Menschengeschlechts nach der biblischen Erzählung (1. Mos. 1, 26–30), in welcher sich die notwendigen Voraussetzungen des religiösen und sittlichen Bewußtseins von der im Wesen des Menschen begründeten Verschiedenheit von aller andern Kreatur, von der ursprünglichen Bezogenheit desselben auf Gott, von seiner Bestimmung zur Herrschaft über die Welt und die Materie durch den Geist, von seiner Sünde als einem schuldvollen Sichbeherrschenlassen durch die Welt und von der Gottentfremdung, die er als Folge derselben empfindet, sowie auch das Bewußtsein von der wesentlichen Einheit des Menschengeschlechts, von der Einheit der Art, die an den gemeinsamen Ursprung von einem Paar geknüpft zu sein scheint, aussprechen. Die einfache biblische Erzählung ist im Talmud und in der kabbalistischen Litteratur erweitert und mit kosmogonischen und religionsphilosophischen Ideen verknüpft. Aus ähnlichen Traditionen schöpfte der Koran. Mehr oder minder starke Anklänge an die biblische Darstellung finden sich in den Schöpfungsmythen andrer Völker, z. B. der Perser und Griechen. Diese Übereinstimmung erklärt sich bei der oben ausgesprochenen Auffassung ohne Annahme einer gemeinsamen Quelle. Der charakteristische Unterschied der biblischen Erzählung ist der religiöse Gesichtspunkt, der sie beherrscht. Als Repräsentant der Gattung bezeichnet A. in der biblischen Sprache (Apostelgesch. 17, 26) die gefallene Menschheit in ihrer sündigen Entwickelung, ihm gegenübergestellt wird daher Christus, der Anfänger und Repräsentant der erneuten Menschheit, als der „neue A.“ Nach einer andern Richtung hin aber bezieht unser Sprachgebrauch in abgeleiteten Wörtern A. auf die ursprüngliche sittliche Unschuld der Menschen. In den gnostisch-ebionitischen Systemen ist A. Kadmon der himmlische Mensch, der Urmensch, der reine Ausfluß aus der Gottheit. – Ein großer Teil der neuern Naturforscher redet, die Abstammung der Menschen von Einem Paar bezweifelnd, von „Koadamiten“, während die neuerdings von Amerikanern wieder aufgenommene Theorie des Isaak de la Peyrère (1655), daß 1. Mos. 1 die Erschaffung der Heiden, 1. Mos. 2 aber die des Stammvaters der Kaukasier berichtet werde, „Präadamiten“ annimmt.

Adam, 1) Robert, engl. Baumeister, geb. 1728 zu Kirkcaldy, bildete sich auf der dortigen Universität, bereiste Italien und Dalmatien, ward 1762 zum Architekten des Königs ernannt, trat 1768, ins Parlament gewählt, von diesem Amt zurück und starb 1792 in London. Seine bedeutendsten Bauwerke sind: die Reddleston Hall bei Derby, das Register-House, das Universitätsgebäude und die St. Georgskirche in Edinburg. Er schrieb: „The ruins of the palace of emperor Diocletian at Spalatro“ (Lond. 1764, mit 71 Kupfern) und gab mit seinem Bruder heraus: „The works in architecture“ (das. 1777–90).

2) Louis, franz. Klavierspieler, geb. 3. Dez. 1758 zu Müttersholz im Elsaß, beschäftigte sich im frühen Alter eifrig mit Klavier-, Harfen- und Violinspiel, widmete sich jedoch vom 17. Jahr an in Paris ausschließlich dem erstern Instrument und erwarb sich hier, namentlich seit seiner Anstellung als Lehrer am Konservatorium, einen großen Ruf als Klavierpädagog. Als Ergebnis seiner Erfahrungen auf diesem Gebiet veröffentlichte er seine „Méthode nouvelle du piano“ (Par. 1802; deutsch von Czerny, Wien 1826), welche durch seine zahlreichen Schüler, unter denen auch Friedr. Kalkbrenner, weite Verbreitung fand. Er starb 11. April 1848 in Paris.

3) Sir Frederick, engl. General, geb. 17. Juni 1784, wurde auf der Artillerieschule zu Woolwich ausgebildet und erhielt schon 1795 ein Patent als Fähnrich, 1796 als Leutnant. Mit 14 Jahren trat er in aktiven Dienst, machte unter Abercromby die Feldzüge in den Niederlanden und Ägypten mit, wurde 1803 Major und 1804 Oberstleutnant. Von 1806 bis 1811 focht er auf Sizilien, 1812 und 1813 in Spanien, wo er bei Alicante und Ordal schwer verwundet wurde. Im J. 1815, also mit 31 Jahren, ward er Generalmajor, und in der Schlacht bei Waterloo kommandierte er die Brigade, welche den letzten entscheidenden Angriff der Kaisergarde Napoleons zurückschlug. Von 1817 bis 1824 war er Befehlshaber der Truppen, 1824–32 aber Lord-Oberkommissar auf den Ionischen Inseln, wo er sich besonders durch öffentliche Bauten auf Korfu verdient machte. Von 1832 bis 1837 war er Gouverneur von Madras, wurde 1846 General und starb 17. Aug. 1853. Vgl. v. Reumont, Zeitgenossen, Bd. 2, S. 105 ff. (Berl. 1865).

4) Jean Victor, franz. Maler und Lithograph, geb. 1801 zu Paris, gest. 1867, lieferte im Geschmack der Restaurationszeit Darstellungen aus der ältern französischen Geschichte, aus der Revolutionszeit und den Napoleonischen Feldzügen. Er zeigt in der Komposition Gewandtheit, erreicht aber nicht seine berühmtern Zeitgenossen Charlet und Bellangé. Hervorzuheben sind unter seinen Werken die Schlachten von Castiglione, Neuwied und Montebello (in der Galerie von Versailles). Später wandte er sich ausschließlich der Lithographie zu. Seine gedruckten Blätter füllen im Kupferstichkabinett der Nationalbibliothek zu Paris 24 Foliobände.

5) Charles Adolphe, Sohn von A. 2), franz. Komponist, geb. 24. Juli 1803 zu Paris, war Schüler seines Vaters, Reichas und für kurze Zeit auch Boieldieus. Seine Laufbahn als Komponist begann er mit Phantasien und Variationen über Opernmelodien, schrieb dann Arietten für die Vaudevilles kleiner Theater sowie mehrere Operetten und trat 1836 mit der Oper „Der Postillon von Longjumeau“ hervor, die den allgemeinsten Beifall erntete. Ihr folgte bald eine Reihe ähnlicher Werke im leichten komischen Genre, wie „Der Brauer von Preston“, „Zum treuen Schäfer“, „Die Rose von Péronne“, „Der König von Yvetot“ u. a., durch welche sich A. einen ehrenvollen Platz unter den Komponisten der Neuzeit errungen hat. Viel Glück machte auch sein melodienreiches und geistvoll instrumentiertes Ballett „Giselle“. A. wurde 1844 zum Mitglied des Instituts ernannt. Im J. 1847 gründete er ein drittes lyrisches Theater in Paris, das anfangs fast unerhörte Erfolge erzielte, aber infolge der Februarrevolution zu Grunde ging, wobei A. sein ganzes bedeutendes Vermögen einbüßte. Bald darauf (1849) an Stelle seines Vaters zum Lehrer der Komposition am Konservatorium ernannt, starb er 3. Mai 1856 in Paris. Vgl. Pougin, Adolphe A., sa vie, sa carrière etc. (Par. 1876).

6) Juliette, Schriftstellerin, s. Lamber.

[102] Adam, Münchener Malerfamilie. 1) Albrecht, Schlachtenmaler, geb. 16. April 1786 zu Nördlingen, ging als Konditorgehilfe nach Nürnberg und besuchte hier die Zeichenakademie. Der Schlachtenmaler Joh. Lorenz Rugendas legte in den Knaben den Keim zu seiner spätern Neigung. Seit 1809 finden wir ihn als Zuschauer bei den damaligen gewaltigen Schlachten im Gefolge österreichischer und bayrischer Heerführer, namentlich des Herzogs von Leuchtenberg, den er 1812 auch nach Rußland begleitete. Von hier im Dezember d. J. unter großen Gefahren nach München zurückgekehrt, begab er sich nach Italien, wo er bis 1815 verweilte, führte dann in München eine Reihe von Schlachtenbildern aus den letzten Kriegen aus und veröffentlichte ein lithographisches Prachtwerk in 120 Blättern unter dem Titel: „Voyage pittoresque et militaire“, ebenfalls Schlachtenszenen enthaltend. Später beschäftigte ihn König Ludwig von Bayern; unter anderm malte A. für den Bankettsaal der königlichen Residenz in München die Schlacht an der Moßkwa. Im J. 1848/49 machte er unter Radetzky den Feldzug in Italien mit, dessen Frucht die Gemälde der Schlachten von Novara und Custozza in der Neuen Pinakothek sind. Seine letzte Arbeit war die Schlacht bei Zorndorf für das Maximilianeum in München. Er starb daselbst 28. Aug. 1862.

2) Benno, ältester Sohn des vorigen, geb. 15. Juli 1812 zu München, Tiermaler, zeichnet sich besonders durch Darstellung der jagdbaren Tiere und Jagdhunde in figurenreichen Kompositionen (Hirschjagd, Fuchshetze, Sauhatz, Halali) und der Haustiere aus. – Sein Sohn Emil, geb. 1843 zu München, Schüler seines Oheims Franz, dann von Portaels in Brüssel, malt vorzugsweise Pferdebilder, Reiterporträte und Jagdszenen mit scharfer Charakteristik.

3) Franz, Bruder des vorigen, zweiter Sohn von A. 1), geb. 4. Mai 1815 zu Mailand, Schlachten- und Pferdemaler, nahm schon frühzeitig an den Arbeiten seines Vaters teil, machte den Feldzug von 1849 in Oberitalien mit, veröffentlichte seine Studien aus demselben in Steindruck und bereiste 1850 die Schlachtfelder von Ungarn im Auftrag des Kaisers Franz Joseph. Für diesen malte er die Schlachten von Custozza und Temesvár und mehrere lebensgroße Reiterbildnisse. Im J. 1859 machte er wiederum den Feldzug in Oberitalien mit und ließ sich dann in München nieder, wo er unter anderm die Schlacht von Solferino und den Rückzug der Franzosen aus Rußland (Berliner Nationalgalerie) malte. In der Zeit bis 1870 kultivierte er besonders das Sportbild. Durch den französischen Krieg gewann seine Kunst einen neuen Aufschwung, und er konnte vornehmlich die dramatische Kraft seiner Schilderung und den Reichtum seines Kolorits in den beiden Darstellungen des Kavallerieangriffs bei Floing in der Schlacht von Sedan (im Besitz des Herzogs von Meiningen und der Berliner Nationalgalerie) und in dem Kampf der Bayern um den Bahndamm bei Orléans (Neue Pinakothek in München), welche zu den vorzüglichsten neuern Schlachtenbildern gehören, in vollem Umfang bewähren.

4) Eugen, Bruder des vorigen, dritter Sohn von A. 1), geb. 1817, gest. 1880 in München, behandelte als Schlachtenmaler besonders kriegerische Episoden und Genreszenen, zu welchen er während des italienischen Feldzugs 1848 und 1849 die Studien gesammelt hatte. Er hielt sich bis 1856 in Italien auf und malte seitdem in München Bilder aus dem Kriegs-, Volks- und Jagdleben, zuletzt aus dem deutsch-französischen Krieg. Mit seinem Bruder Franz gab er auf Stein gezeichnete Erinnerungsblätter an den italienischen Feldzug heraus, die von seinem Bruder Julius (1821–74), der Lithograph war, gedruckt wurden.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 67
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[6]  Adam, 7) Lucien, franz. Gelehrter und Schriftsteller, hervorragender Kenner der amerikanischen und der finnisch-tatarischen Sprachen, geb. 31. Mai 1833 zu Nancy, studierte Rechtswissenschaft in Paris, diente als Beamter 1857–60 in Cayenne, dann in Montmédy, Epinal, Nancy und wurde 1883 zum Präsidenten des Appellationsgerichts in Rennes ernannt. Außer einigen politischen und litterarhistorischen Schriften veröffentlichte er eine zusammenfassende Darstellung der „Vocalharmonie“ im Finnisch-Tatarischen oder Uralaltaischen in „De l’harmonie des voyelles dans les langues ouralo-altaïques“ (Par. 1874) sowie eine mandschurische und tungusische Grammatik; ferner verschiedene Schriften über allgemeine Linguistik, z. B. „Du genre dans les diverses langues“ (das. 1883); namentlich aber reorganisierte er die „Bibliothèque linguistique americaine“ und gab eine Reihe auf die amerikanischen Indianersprachen bezüglicher Arbeiten heraus, unter andern: „Esquisse d’une grammaire comparée du [7] Crée et du Chippeway“ (1876), „Examen grammatical comparé de seize langues américaines“ (1878), „Du parler des hommes et du parler des femmes dans la langues Caraïbe“ (1879), „Grammaires et vocabulaires des langues et dialectes de la Guyane“ (1882), „Grammaire et vocabulaire de la langue Taensa“ (1882), „Grammaire de la langue Jagane“ (1885), „La langue Chiapanique“ (1887).

Adam, Malerfamilie, 1) Albrecht. Seine Selbstbiographie wurde von Holland herausgegeben („Aus dem Leben eines Schlachtenmalers“, Stuttg. 1886).

3) Franz, Maler, starb 30. Sept. 1886 in München.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 4
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[4] Adam, Karl Ferdinand, Komponist, geb. 22. Dez. 1806, empfing seine musikalische Ausbildung in Leipzig durch Kantor Weinlig, schrieb Kantaten, kleine Oratorien und Männerchöre, von denen namentlich das Quintett „Abend wird es wieder“ ein Lieblingslied der Männergesangvereine geworden ist. A. starb als Kantor 23. Dez. 1867 in Leisnig.