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Autor: Karl Freiherr von Levetzov
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Titel: Mésalliance
Untertitel:
aus: Die zehnte Muse. Dichtungen vom Brettl und fürs Brettl. S. 151–152
Herausgeber: Maximilian Bern
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Otto Eisner
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
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Quelle: Commons = Google-USA*
Kurzbeschreibung:
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Mésalliance.

Sie war ein Mädchen von hohem Stande,
Den Namen will ich verschweigen.
Tät des Sommers, wo es chik auf dem Lande,
Im Fasching bei Hofe sich zeigen;

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Doch dort, encouriert von Prinzen und Grafen,

Empfand sie nur Neigung – zum Gähnen und Schlafen,
Und trug sie auch stets die neueste Mode,
Sie langweilte sich schier dabei zu Tode.
Die einzige Freude in ihrem Leben

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Schien die zu sein, täglich fünf Körbe zu geben; –

Sogar den Mucki hat sie verschmäht,
Der doch „im zweiten Teil I“ vom fürstlichen Gotha steht!

Da kam einmal, wie von ungefähr,
Ein ganz gewöhnlicher Kerl daher,

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„Ein Dichterling“ oder sonst so ein – Genie;

Den lernte sie kennen, man weiss nicht wie,
Ich glaube gar, auch irgend wo auf dem Lande,
Wo er Hauslehrer war bei zwei Rangen vom Stande.
Der hat ganz frech sie angelacht

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Und, der Teufel weiss! Hokuspokus gemacht;

Und hat ihr, unfasslich! den Kopf verdreht –

Obwohl er gar nicht einmal im Gotha steht.
Natürlich bleibt so was nicht lange verborgen;
Die ganze Gesellschaft von Abend zu Morgen,

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Die Anverwandten, die Eltern, die Tanten

Rastlos, ratlos durcheinander rannten.
Herrgott! War das eine richtige Rage
Bei der hohen und höchsten Cousinage!
Bis der hohe Familienrat beschloss,

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Sie, umgeben vom wachsamen Tantentross,

Recht weit von jenem – jenem Herrn
In ein fernes Familienschloss zu versperrn. –
Damit ihr die dumme Caprice vergeht,
Für den Kerl, – der nicht einmal im Gotha steht.

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„Es doch nicht möglich!“ – „Sie kann ihn nicht lieben!“

„Wo wäre die gute Erziehung geblieben!“ – –
Mit weisen Gesprächen die Anverwandten,
Mit Seufzen und Salbung die guten Tanten,
Mit Seelen-Sanftmut und Herzensmilde

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Bemühte sich ängstlich die gütige Gilde – –

Und preist so … unmerklich … das Klosterleben,
Unter sanften Schwestern, still, gottergeben.
„Für die Welt leider ist sie ja doch verloren.“ …
„Man muss sich ja schämen … bis über die Ohren …“

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„Jedes Kind muss doch einseh’n, dass das nicht geht,

Mit dem Kerl, der nicht einmal im Gotha steht!“

Da fand eines Tags man im Schlosshofteiche
Die Komtesse als scheussliche Wasserleiche.
Da war erst Entsetzen und Händeringen,

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Dann – musste man „seinen Schmerz bezwingen“,

Vom Teichschlamm reinwaschen das Grafenkrönchen,
Die Presse beschwichtigen mit einem Milliönchen.
War ein peinliches Hin- und Widerhuschen –
Um den schrecklichen Skandal zu vertuschen!

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Nur Tante Amalie, die ruhigste der Damen,

Fasst so ihre Impressionen zusammen:
„Unbegreiflich! … Dass Eine ins Wasser geht,
Für einen, der nicht einmal im Gotha steht!“

Karl Freiherr von Levetzow.