Ludwig Fulda (Die Gartenlaube 1895)

Textdaten
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Autor: J. Pr.
= Johannes Proelß
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Titel: Ludwig Fulda
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 8, S. 117 und 131
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[117]

Ludwig Fulda.
Nach dem Gemälde von W. Auberlen.

[131] Ludwig Fulda (Mit Bildnis S. 117.) Der Name des liebenswürdigen, noch in der Blüte der Jugend stehenden Lustspieldichters, dessen Bild die erste Seite unserer Nummer schmückt, wird vielen Lesern die angenehme Erinnerung an Theaterabende wachrufen, die ihnen den seltenen Genuß eines künstlerisch abgetönten Humors, der auch den Geist ansprach und anregte, vermittelt haben. Der nachdenklich kritische Zug, welcher in dem den Dichter fein charakterisierenden Porträt W. Auberlens hervortritt, ist auch der heiteren Muse eigen, welcher wir die geistvoll satirischen Lustspiele „Die wilde Jagd“, „Der Talisman“ und „Die Kameraden“ verdanken. Diese Nachdenklichkeit Ludwig Fuldas, sein Hang, im besonderen die Schwächen und Grundschäden der modernen Geselligkeit satirisch zu beleuchten, entspringt aber nicht der Vorherrschaft eines kühlen Verstandes über die poetische Kraft, sondern einer tiefinnigen, warmherzigen Anteilnahme des Gemüts an menschlicher Schwäche und Unvollkommenheit. Mit scharfem Blick erkennt sein Auge die Verkehrtheiten, mit denen sich so viele das Leben sauer machen und um dasjenige Maß von Glück betrügen, das sie erwerben könnten, wenn sie nur wollten. Aber mit mildem Humor führt er das Bekehrungswerk durch. So verschieden nach Stoff und Stil die genannten dramatischen Hauptwerke des Autors sind, es ist die gleiche Tendenz, die sie durchdringt. Da wird in der „wilden Jagd“ die Sucht nach äußerlichen Erfolgen und gesellschaftlichen Zerstreuungen auf Kosten des häuslichen Glücks verspottet. Im „Talisman“, in dem Anderssens Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ eine mächtige poetische Vertretung erlebte, fällt das Licht der Satire auf die schweren seelischen Gefahren, die den Herrschern zum Unheil ihres ganzen Volks von ihrer schmeichlerischen Umgebung drohen. Und sein neuestes Werk „Die Kameraden“ schildert im Schicksal einer modernen Weltdame die verhängnisvolle Wirkung von unverstandenen Emancipationstheorien und deren Schlagwörtern auf unreife Köpfe. Wie in diesen Lustspielen waltet auch in seinen Gedichten ein fein satirischer Humor von gleicher Richtung, der über scharfzugespitzten epigrammatischen Ausdruck verfügt; wir verweisen auf die gehaltvollen Sammlungen „Satura“, „Sinngedichte“, „Gedichte“, neben denen auch die fesselnden Novellen „Lebensfragmente“ zu nennen sind.

Ludwig Fulda, am 15. Juli 1862 in Frankfurt a. M. als Sohn eines Kaufmanns geboren, ist sich schon früh seines poetischen Talents bewußt geworden. Für einen Einakter in Versen „Die Aufrichtige“ erhielt er noch als Student in einer ausgeschriebenen Konkurrenz den Preis. Seinen ersten Dichtungen fehlte freilich die warme Unmittelbarkeit poetischer Lebensdarstellung. Und wie sich in ihnen der Einfluß seiner gleichzeitigen litterarhistorischen Studien geltend machte, so gab in einigen späteren Dramen, wie „Das verlorene Paradies“, „Die Sklavin“, die starke Wirkung der „sozialen Frage“ auf die gleichzeitige Litteratur vorübergehend auch seinem Talent eine Richtung, in welcher sich dasselbe nicht mit frischer Unmittelbarkeit bewegte. Doch rechtzeitig erkannte der feinfühlige Dichter die ihm gezogenen Grenzen und kehrte zum Lustspiel zurück, auf dessen Felde ihm jetzt Lorbeeren blühen, die nicht so bald verwelken werden. Rastlos bemüht, sich in der Beherrschung der dramatischen Technik immer mehr zu vervollkommnen, ergab er sich mit besonderer Hingabe dem Studium Molières, des großen Meisters der neuzeitlichen Bühnensatire, und dieser Eifer ist nicht nur seinem eigenen Schaffen, sondern auch dem klassischen Dichter selbst zu gute gekommen, wie seine musterhafte Uebersetzung von „Molières Meisterwerken“ und deren Wirkung von der Bühne herab beweisen. J. Pr.