Leuchtthurm und Fort auf dem schwarzen Felsen (Blackrock, or Bellrock) bei Liverpool

LIX. Gotha Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Zweiter Band (1835) von Joseph Meyer
LX. Leuchtthurm und Fort auf dem schwarzen Felsen (Blackrock, or Bellrock) bei Liverpool
LXI. Der Mainzer Dom
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BELLROCK

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LX. Leuchtthurm und Fort auf dem schwarzen Felsen (Blackrock, or Bellrock) bei Liverpool.




Die Leuchtthürme Eddystone an der südlichen und Blackrock an der nordwestlichen Küste Britanniens gehören zu den Wunderwerken der neuern Baukunst. Letzterer erhebt sich gerade dem Hafen von Liverpool gegenüber malerisch aus stets brandenden Wogen. Er steht auf einem senkrecht aus der Tiefe emporsteigenden, etwa 100 Fuß langen und halb so breiten Felsen, der zur Fluthzeit mehre Fuß hoch von den Fluthen bedeckt ist. Nahe bei demselben streicht ein größeres, breiteres Felsenriff über 1000 Fuß weit nach der Küste hin. Tausende von Schiffen zerschellten im Laufe der Jahrhunderte an diesen gefährlichen Klippen, und bis auf die neueste Zeit forderte alljährlich das Meer hier zahlreiche Opfer. Zollstätte des Todes nannten die Schiffer den schwarzen Felsen und wenige Stellen an der ganzen brittischen Küste waren gefährlicher und mehr gefürchtet. –

Schon im grauen Alterthume machte man verschiedene Versuche, ein dauerndes Wahr- und Warnungszeichen auf der oft unsichtbaren Klippe zu errichten. Sie scheiterten immer an der scheinbaren Unmöglichkeit, ein Gebäude fest genug mit dem Felsen, der ihm zur Basis diente, zu vereinigen, um der fürchterlichen Wogenkraft zu widerstehen. – Unserer Zeit war es vorbehalten, diese Schwierigkeit zu überwinden. Foster, einer der größten Wasserbaukünstler England’s, [33] faßte den kühnen Gedanken, die Grundfeste des Gebäudes 4 Ellen tief in den Felsen selbst einzusenken, so daß es mit demselben eins werde, und der Wuth der Wellen eben so wenig Zerstörbarkeit biete, als der Felsen selbst. Er mußte diese Riesenarbeit in ununterbrochenem Kampfe mit dem Meere vornehmen. Sie begann 1807. Er ließ die Oberfläche des Felsens ebnen, auf der Mitte desselben eine kreisförmige Höhlung von 35 Fuß Durchmesser und 8 Fuß Tiefe ausbrechen, und in dieselbe die Grundmauer aus Granitblöcken genau einpassen. Schwalbenschwanzartig wurden die ungeheuern Steine, jeder 2 bis 4000 Zentner schwer, mit einander verbunden, und so stieg die Mauer empor. Ihr Durchmesser nimmt in der Höhe ab, um die Wirksamkeit des Wellenschlags zu schwächen, und mißt am obern Ende nur noch 19 Fuß. Bis zur Höhe von 32 Fuß über den Spiegel des Meers ist der Thurm ganz massiv, völlig Fels. – Erst weiter hinauf ist sein Inneres hohl, und erst da befindet sich der Eingang durch eine schmale Thür, welche bei Sturm und hoher See ventilartig verschlossen werden kann. Man gelangt zu ihr mittels einer Strickleiter, die bei ruhigem Wetter an der Mauer herunter in’s Meer hängt, bei stürmischem aber hinaufgezogen wird. Wer aber an diese Art zu steigen nicht gewöhnt ist, fährt in einem Sessel, den ein Krahn in Bewegung setzt, in die schwindelnde Höhe zum Plateau, das ein kranzförmiger Wellenbrecher umgibt. Der obere Theil des Leuchtthurms ist in 6 kleine Gemächer abgetheilt, einige zur Wohnung der 4 Lichtwärter, welche den Dienst abwechselnd verrichten; andere zur Aufbewahrung der Vorräthe von Brennmaterial und Lebensmitteln, denn in stürmischer Jahrzeit ist oft Tagelang der Thurm unzugänglich. Die Laterne (die Lichtkammer) ist ganz aus Gußeisen und, wie ein Gewächshaus, mit hohen Glasfenstern versehen, die aus fast zolldickem Spiegelglas, 2 Tafeln stets auf einander gelegt, gemacht sind. Außerdem haben sie noch Sturmläden, welche sie vor der Wuth der Wogen schützen, wenn, wie häufig geschieht, der Orkan sie thurmhoch und mit gräßlichem Geheul bis zum Scheitel der Leuchte hinan peitscht. Die Lichtkammer ist im Ganzen 15 Fuß hoch, achteckig, und mit einem schönen, vergoldeten Spitzdach aus Kupfer gedeckt.

Das Brillantfeuer, welches des Nachts in einer Entfernung von 10 Stunden den Schiffern sichtbar ist, wird durch eine Doppelreihe argandischer Lampen hervor gebracht, deren jede in dem Brennpunkte eines großen, silberplattirten, ovalen Reflektors von 2 Fuß Durchmesser steht. Sie sind sämmtlich an einem eisernen Gestell befestigt, welches durch eine Art Uhrwerk in gleichförmiger, umdrehender Bewegung erhalten wird. Vor mehren der Lampen befinden sich Scheiben von rothem Glase, das in New-Castle gemacht wird, und dem alten Rubinglase ganz gleich kömmt. Dieß hat den Zweck, das Licht des Leuchtthurms so zu wechseln, daß es, bei der steten Rotation, in der Ferne bald roth, bald weiß erscheint und dadurch von dem Meere aus von jedem andern Lichte ohne Mühe unterschieden werden kann. Die Lampen werden mit wasserhellem, sorgfältigst gereinigten Oel gespeist. Um jeder Beschädigung durch Zufall sofort abhelfen zu können, sind alle Theile des Apparats doppelt vorhanden, und einer der Wärter ist stets Mechaniker und mit einem vollständigen Arbeitsapparat versehen. –

[34] In nebelichen Tagen und Nächten, wenn das Feuer gar nicht, oder nur auf kurzer Strecke, gesehen werden kann, auch im Sturm, wenn der 113 Fuß hohe Thurm in den Wogen begraben scheint, läuten unausgesetzt 2 große Glocken, welche unter der Lichtkammer aufgehangen sind, und deren Schall über das Meer sich meilenweit fortpflanzt. Dieselbe Maschinerie, welche den Lichtapparat in Bewegung setzt, bewegt auch diese.

Auf dem größern Felsen wurde vor einigen Jahren unter der Leitung des Ingenieurs Kitson ein Fort erbaut, das zum Schutze des Hafens von Liverpool bestimmt ist. Es hat ungefähr 200 Fuß Länge auf jeder Seite und die mit Feuerschlünden des größten Kalibers besetzten Granitmauern sind 25–31 Fuß hoch und von enormer Dicke. Sie umschließen durchaus bombenfeste Wohnungen und Vorrathsgewölbe für eine Besatzung von 600 Mann.