Lebensfrische Thier- und Pflanzenleichen

Textdaten
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Autor: Ernst Krause
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Titel: Lebensfrische Thier- und Pflanzenleichen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 22, S. 366–367
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1879
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Lebensfrische Thier- und Pflanzenleichen.
Ein neues Förderungsmittel für das ärztliche, zoologische und botanische Studium.


Eine der größten Schwierigkeiten für das naturhistorische Studium im Allgemeinen und das ärztliche im Besonderen hat bekanntlich stets in der Herbeischaffung möglichst lebensvoller pflanzlicher, thierischer und menschlicher Körper, sowie geeigneter Präparate von einzelnen Theilen derselben bestanden.

Georg Ebers hat uns in seinem ägyptischen Romane „Uarda“ mit lebhaften Farben die Vorurtheile geschildert, die selbst in einem Lande, in dem man die Leichen regelmäßig öffnete und secirte, der Wißbegierde des Arztes entgegen standen. Auch im alten Griechenland und Rom hatte man zum großen Schaden der ärztlichen Bildung die religiöse Scheu vor dem Zerstückeln des Meisterwerkes der Natur noch nicht überwunden, und die auffallenden anatomischen Kenntnisse, deren sich der römische Arzt Galenus erfreute, waren größtentheils durch die Zergliederung von Hunde- und Affenkörpern erworben worden, wie dies der Vater der anatomischen Wissenschaft vom Menschen, Vesalius, auf das Unzweifelhafteste dargethan hat. Als im Beginne des vierzehnten Jahrhunderts Professor Mondini in Bologna zuerst den Versuch wagte, menschliche Leichen zu Studienzwecken zu zerlegen, bedrohte der Papst Bonifacius der Achte Alle, die diesen Frevel nachahmen würden, mit dem Kirchenbann. Eifrige Jünger der Wissenschaft, die derartige beschränkte Gesichtspunkte verachteten, mußten gleichwohl die Stille und Verschwiegenen der Nacht und verborgener Werkstätten benutzen, um ganz im Geheimen an gestohlenen Friedhofs- oder Galgen-Candidaten die ihnen so wünschenswerthen und der Allgemeinheit so nützlichen Kenntnisse erweitern zu können, und noch Vesalius litt unter allerlei aus seinen Studien hergeleiteten Verdächtigungen und Anklagen.

Ueber dieses der Wissenschaft so hinderliche Vorurtheil ist man zum Wohle der Menschheit allmählich glücklich hinweg gekommen, aber die Schwierigkeiten, welche namentlich der Beschaffung geeigneter Vorlagen für den unentbehrlichen anatomischen Anschauungsunterricht entgegenstehen, sind nichtsdestoweniger bis auf den heutigen Tag größer geblieben, als man wünschen muß. Die schönsten Papiermaché-, Glas- und Wachspräparate reichen nicht aus; die ausgetrockneten oder in Spiritus aufbewahrten Naturpräparate sind nach Form und Färbung gleichmäßig unzulänglich; auch muß der Arzt vor Allem selber seciren und präpariren lernen.

In großen Universitätsstädten fehlt es nun zwar nicht an frischen Objecten für den Anatomiesaal, aber die schnelle Verwesung, die Unmöglichkeit, sofort jede Gelegenheit auszunützen, erforderte bisher eine Abhärtung der Sinnesorgane und eine Charakterfestigkeit, welche oft gerade die am besten vorgebildeten und geeignetsten Candidaten der Medicin nicht zu erwerben vermochten. Gar mancher gefühlvolle junge Mann, der gewiß eine Zierde des ärztlichen Standes geworden wäre, ist dadurch vom anatomischen Studium abgeschreckt worden, so z. B. der berühmte Naturforscher Charles Darwin. Noch schlimmer liegen diese Verhältnisse in den kleinen Universitätsstädten, wo man sich oft wochenlang mit demselben Lehrobject behelfen und wohl selbst für diesen vorübergehenden Gebrauch zu schlimmen Giften seine Zuflucht nehmen muß, um die Verwesung aufzuhalten.

Der königliche Präparator an der Berliner Universität, Wickersheimer, hat nun in neuerer Zeit eine Entdeckung gemacht, die nach dieser, wie nach manchen anderen Richtungen gründliche Abhülfe zu schaffen verspricht. Derselbe hat nämlich nach längeren Versuchen eine Flüssigkeit entdeckt, die dem Thier- und Pflanzenleib, den man einige Zeit in dieselbe hineinlegt, oder dem man sie in die Adern spritzt, nicht nur Unverwesbarkeit verleiht, sondern auch nach dem Herausnehmen und Abtrocknen seine natürliche Farbe, Weichheit und Biegsamkeit aller Gelenke sichert.

In dem Laboratorium des Herrn Wickersheimer sah der Unterzeichnete den Körper eines vor mehreren Monaten verstorbenen Knaben, der, frei an der Luft liegend, vollkommen das Ansehen eines schlafenden Kindes bewahrt hatte; der Körper war nicht leichenfarbig und starr, sondern lebensfarben und von natürlicher Weichheit, sodaß der Schein des Lebens in erstaunlicher Weise bewahrt erschien.

Ich habe mancherlei derartige Präparate gesehen, von den ägyptischen Mumien bis zu den versteinerten Leichen des Professor Brunetti aus Padua, aber sie halten auch nicht den entferntesten Vergleich mit dem hier Erreichten aus. Die vielbewunderten ägyptische Einbalsamirungskünste sind daneben kaum zu erwähnen, denn mit aller Mühe und Arbeit wurde dadurch nur ein starrer Klumpen geschaffen, während hier eine einzige Ausspritzung genügt, um den Körper vor dem Zerfall zu bewahren. Ohne Zweifel würden sich durch beschleunigte Austrocknung so präparirter Körper treffliche Mumien herstellen lassen, wenn damit einem wirklichen Bedürfniß genügt werden könnte, aber unsere Zeit sieht mit Recht in der möglichst schnellen Zerstörung des Körpers der Todten das Heil der Lebenden. „Die Mumie,“ so schrieb der bekannte deutsche Reisende Ulrich Jasper Seetzen[WS 1] vor siebenzig Jahren, „sind immer unangenehm. Will man die Reste der uns Theuren einigermaßen unter einer angenehmen Form aufbewahren, so verbrenne man sie in einem Ofen und bilde aus ihrer Asche eine Glaspaste mit ihrem Bilde, eine Vase, Büste oder dergleichen.“ Dies im Vorübergehen.

Dagegen kann das Wickersheimer’sche Verfahren sehr zweckmäßig dazu dienen, Personen, die durch eigene Anordnung oder den Wunsch ihrer Angehörigen dazu bestimmt sind, nach ihrem Ableben weite Reisen zu machen, dazu vorzubereiten, und wie ich höre, ist dies bereits mit einem Brasilianer, der in seiner heimathlichen Erde zu ruhen wünschte, geschehen. Die nächst wichtige Errungenschaft aber dürfte sein, daß man nach dem neuen Verfahren im Stande ist, thierische und menschliche Körper für Studienzwecke monatelang geruchlos und in einem Zustande zu erhalten, den man versucht ist, lebensfrisch zu nennen. Natürlich wird man nicht verabsäumen, lehrreiche Abnormitäten und krankhafte Bildungen auf demselben Wege auch für die Sammlungen zu präpariren.

Für die Museen wird, so scheint es, eine neue Epoche beginnen. Welch ein Abstand zwischen der alten Ibismumie der Katakomben und einer jüngst präparirten Fledermaus, die mir der Erfinder zeigte! Ihre Ohren und ihre Flughäute fühlen sich an wie weiche Gummi-Membrane; die Flügel lassen sich ausbreiten und zusammenlegen und alle Bewegungen wie am lebenden Thiere studiren. Krabben und andere Kruster, sowie Insecten aller Art, die vor dem Austrocknen in die besagte Flüssigkeit gelegt worden waren, hatten gleichfalls sowohl ihre natürlichen Farben wie die volle Beweglichkeit aller ihrer Gliedmaßen bewahrt, und ein Museum solcher Präparate verspricht ganz andere Studienergebnisse, als die bisherigen starren, zerbrechlichen Bewohner der Museen. Ein so präparirter Tausendfuß kann noch im Tode „hundert Gelenke zugleich“ regen; eine todte Heuschrecke kann ihr Liebeslied vortragen, und die Käfer, deren Flügeldecken sich heben lassen und deren Fühler und Kiefer nicht gleich bei jeder Berührung abbrechen, dürften vollends das Entzücken jedes Insectenkundigen erregen.

Wie aus dem eben Gesagten hervorgeht, besitzt die Präparirflüssigkeit die Eigenschaft, den Sehnen und Bändern, welche die Knochen oder Panzertheile an den Gelenken verbinden, bleibende Elasticität und Weichheit mitzutheilen. Damit ist nun auch die Möglichkeit gegeben, ohne Drahtverbindungen und künstliche Gelenke bewegliche Skelete herzustellen, an denen sich die Theilnahme und Wirkungsweise der einzelnen Knochen bei den zusammengesetzten Körperbewegungen, also die Mechanik unserer natürlichen Arbeitswerkzeuge, auf das Klarste studiren lassen. Mit ganz anderer Ueberzeugungskraft, als an dem Drahtskelet, sieht man hier, wie das Gerüste des Körpers kunstreich aus Hebeln und Rollen aufgebaut ist, wie die künstlichsten Bewegungen sich aus vielen Einzelbewegungen zusammensetzen, und wie die einzelnen Knochen daran ungleichen Antheil nehmen, sodaß sich z. B. bei der Drehung der Hand nur einer der beiden den Vorderarm bildenden Knochen, die sogenannte Speiche, im Kreise bewegt etc.. Ebenso leicht lassen sich hierbei die combinirten Bewegungen des Brustkorbes beim Athmen, die des Kehlkopfes und anderer Theile zeigen. Die freie Gelenkigkeit aller mit einander verbundenen Knochen dieser wirklich bewunderungswürdigen Präparate zeigt sich besonders deutlich an den von Herrn Wickersheimer hergestellten [367] Schlangenskeleten, mit denen sich die graziösen Wellen- und Spiralbewegungen des lebenden Thieres in vollendeter Schönheit darstellen lassen, um die übersichtlichste Anschauung der Bewegung aller Theile des Gerippes zu gewinnen. Mehrere dieser Skelete mit ihren natürlichen Sehnen und Bändern sind schon über Jahr und Tag alt, ohne etwas von ihrer Biegsamkeit eingebüßt zu haben, und sollte z. B. ein derartiges Schlangenskelet einmal vor Alter steif werden, so kann man es durch kurzes Eintauchen in den Jungbrunnen der Präparirflüssigkeit sofort wieder gelenkig machen. Selbst nachträglich konnten einige ganz alte Museumsstücke, die mit Erhaltung ihrer Sehnen und Knorpeltheile präparirt worden sind, wie z. B. Rochen und andere Knorpelfische, von ihrer bisherigen Gliedersteifigkeit durch diese Badecur befreit werden. Manche Stücke erlangen dabei zugleich eine sehr angenehme Verpackungsfähigkeit und raumsparende Zusammenlegbarkeit, so die Schlangenskelete, die man wie im Leben zu einem Knäuel zusammenrollen kann, und die Schildkröten, die man Kopf und Beine einziehen läßt, sodaß sie, wie gelegentlich im Leben, geschützt in der Schale liegen.

Dieselbe unverwüstliche Weichheit und Biegsamkeit, welche den Sehnen und Bändern in der Flüssigkeit zu eigen wird, nehmen nun auch die Gefäße und Membranen des thierischen Körpers in derselben an, und darauf bauend, konnte der Entdecker einige Präparate herstellen, die man in der That als Non plus ultra der darstellenden Anatomie betrachten muß, und die wohl bei jedem Beschauer die größte Bewunderung erwecken müssen. Es sind die Athmungswerkzeuge verschiedener Thiere, mit denen sich, obwohl sie seit vielen Monaten in der freien Luft hängen, die Athmungsvorgänge beliebig wiederholen lassen. Wir sehen einen faustgroßen dunkelbraunen Körper anscheinend an einem dicken Seile hängen; es ist die zusammengesunkene Lunge eines Affen oder Fuchses mit der Luftröhre. Mittelst eines Blasebalges können nun die unzähligen, von immer feineren Röhrenverzweigungen versorgten Luftzellen dieses Organes wie im Leben von Neuem gefüllt werden; die Lunge schwillt allmählich wohl zu ihrer zehnfachen Größe an; ihre vorher unkenntlichen Lappen trennen sich deutlich von einander, die dunkelbraune Farbe weicht einer hellen frischen Röthe, und endlich bietet das ganze Organ ein Ansehen, welches dem einer frisch aus dem Körper geschnittenen Lunge nicht unähnlich ist.

Dieses wirklich erstaunliche Experiment habe ich mit immer gleichem Erfolge an den getrockneten Lungen verschiedener Thiere vornehmen sehen. An der Herstellung eines anderen ähnlichen Präparates fand ich den Entdecker bei meinem Besuche gerade beschäftigt. Bekanntlich besitzen die fliegenden Vögel im ihrem Körper eine Menge rings um das Knochengerüst vertheilter Luftsäckchen, die sich bei der Athmung mit Luft füllen und dadurch den Körper größer und spezifisch leichter machen. Diese Säckchen, welche ihrer Größe nach mit der Schwimmblase eines kleinen Fisches verglichen werden können, waren nun durch Einspritzung der mit Anilinblau versetzten Präparirflüssigkeit in die Luftröhre zunächst blau gefärbt worden, um sie sicherer mit dem Messer freilegen zu können, und wenn nun dem Torso Luft eingeblasen wurde, so sah man alle diese kleinen Nebenlungen an so vielen Stellen des Körpers zugleich mit anschwellen, ein Vorgang, durch den sich wahrscheinlich die höhere Körperwärme, Kraftentwickelung und Lebhaftigkeit der unermüdlichen Flieger zum guten Theile erklärt. Auch die Verdauungswerkzeuge und Eingeweide der Thiere kann man, nachdem sie gereinigt, präparirt und aufgeblasen worden, in ebenso haltbare wie übersichtliche Lehrpräparate verwandeln, und ich sah unter Anderem das gesammte Eingeweide eines Affen in ein zierliches, wenige Loth wiegendes Präparat verwandelt, welches an Anschaulichkeit weit das ungleich theurere Papiermachépräparat übertraf, dessen man sich sonst beim Studium bedient, zumal man hier die Theile hin- und herwenden kann.

Auch für solche Schaustücke, die in der Flüssigkeit verbleiben sollen, besitzt dieselbe bedeutende Vorzüge vor dem gewöhnlich zu diesem Zwecke benutzten Weingeist. In dem letzteren schrumpfen weiche Körper bekanntlich stark und manchmal bis zur Unkenntlichkeit zusammen und verlieren nach und nach ihre natürliche Farbe vollständig, so daß der Inhalt der Gläser der Reihe nach dieselbe unnatürliche blaßgelbe bis weiße Farbe zeigt. Querschnitte eines Elephantenrüssels, die gleichzeitig theils in Spiritus, theils in die neue Conservirflüssigkeit gelegt worden waren, zeigten nach einigen Wochen bereits den sprechendsten Unterschied. Die ersteren erschienen stark gebleicht und in der Farbe verändert, die letzteren sahen aus, als ob sie eben abgeschnitten worden wären. Dasselbe galt von einigen durch Operationen entfernten krankhaften Gebilden, die nach längerer Zeit noch das Ansehen boten, als seien sie frisch aus einem Körper herausgeschnitten worden, und die auf diese Weise dem Studium längere Zeit erhalten werden können. Der Preis der Präparirflüssigkeit würde sich einer solchen Anwendung keineswegs hinderlich erweisen, da sie billiger als Spiritus herzustellen ist.

In ganz ähnlicher Weise können nun auch Pflanzentheile in dieser Flüssigkeit conservirt werden, Blumen, Früchte, Knollen, Pilze etc., und würden darin für sehr lange Zeit ihr natürliches Ansehen behalten. Ich sah unter Anderem einen jener aus haarfeinen Zweigen bestehenden Algenrasen, wie wir sie in allerlei Gewässern finden, der, vor einem Jahre eingesetzt, seine frische grüne Farbe so vorkommen bewahrt hatte, daß man glauben konnte, er wachse einstweilen in dem Glase lustig weiter. Wäre dieses überaus zarte Gebilde in Weingeist gesetzt worden, so würde dieser nach wenigen Tagen die grüne Farbe völlig ausgezogen haben, und statt des frischen Gewächses wäre eine gebleichte, zerbrechliche Leiche übrig gewesen. Ich zweifle nicht, daß man mit dieser Flüssigkeit die zartesten Seetange in ihrer wunderbaren Zierlichkeit und Farbenpracht erhalten und auf diesem Wege prachtvolle Schau-Aquarien selbst herstellen und aus dem Seebade als Andenken mit nach Hause bringen könnte. Man denke sich ein Becken mit zart bläulich gefärbter Flüssigkeit, in welcher zauberhaft geschlitzte und gefiederte, rosenrothe und purpurne oder perlweiße und grüne Algen die phantastischste Landschaft zusammensetzen, in welcher Seesterne, Seeigel, Muscheln, Korallen, Krabben und andere zierliche Meerbewohner die Staffage bilden! Das könnte ein in seiner Art einziger Zimmerschmuck werden. Möglicher Weise werden sogar Seethiere, die bisher entweder gar nicht oder nur mit starker Einbuße ihres Aeußeren präparirt werden konnten, wie z. B. Quallen, Seerosen, Prachtwürmer und Nacktschnecken, in dieser Flüssigkeit ihre Schönheit bewahren, was weitere Versuche feststellen müssen. Reisende und Sammler werden sich desselben Mittels bedienen können, um zarte Thier- und Pflanzentheile für spätere Untersuchungen gesichert unterzubringen.

Man kann sich wohl denken, wie sehr die erste Kunde von diesem großen Fortschritte der Präparirkunde die Kenner elektrisiren mußte. Seit geraumer Zeit ist das Laboratorium des Herrn Wickersheimer der Wallfahrtsort von Anatomen, Zoologen und Botanikern geworden, die mit höchster Befriedigung seine Präparate untersuchen, sich außerordentliche Erfolge für den Unterricht von denselben versprechen und nur das eine Bedauern mitnehmen, nicht gleich eine Anzahl käuflich erwerben zu können. Vom Auslande sind dem Erfinder bereits erhebliche Anerbietungen gemacht worden, wenn er sein Geheimniß verkaufen wolle, indessen wünscht er, daß die preußische Regierung dasselbe erwerben möge, nicht, um es blos für sich zu verwerthen, sondern um es der allgemeinen Benutzung frei zu geben. Das Unterrichtsministerium wäre dazu auch anscheinend gern bereit, die verlangte, sehr bescheidene Entschädigungssumme bildet kein Hinderniß; allein, wie das in solchen Fällen so oft zu geschehen pflegt, die zur Prüfung eingesetzte hohe Commission kann seit langen Monaten zu keinem Entschlusse kommen und wird wahrscheinlich erst feststellen wollen, ob die Präparate auch hundert Jahre zusammenhalten. Der Erfinder wird durch diese Verschleppung um so empfindlicher geschädigt, als er inzwischen seine stark begehrten Präparate nicht einmal verkaufen kann[1], da er ja befürchten müßte, daß man durch Analyse seinem Verfahren auf die Spur kommen möchte und daß Andere den Lohn seiner redlichen Mühe und Arbeit ernten könnten. Vielleicht gelingt es diesen Zeilen, dazu beizutragen, uns das klägliche, aber leider ziemlich häufige Schauspiel der Auswanderung einer deutschen Erfindung diesmal zu ersparen; damit wäre ein guter Zweck und ein Vortheil für Alle erreicht.
Carus Sterne.
  1. Den geschäftlichen Vertrieb der Präparate hat die rühmlichst bekannte Firma der Hoflieferanten Gebrüder Sasse in Berlin (Friedrichsstraße 178) übernommen, deren See-Aquarien Professor Carl Vogt in diesen Blättern kürzlich so warm empfahl. Dieselbe wird auf diesbezügliche Anfragen gern vorläufige Auskunft ertheilen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Ulrich Jaspar Seetzen