Textdaten
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Autor: Eduard Duller
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Titel: Kaisers Wort, Gottes Wort
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 24–27
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung: Gedicht über Jan Hus
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[24]
Kaisers Wort, Gottes Wort.[1]

Was gilt ein Wort in dieser Zeit?
Das lohnte sich zu wissen,
Da sich die That in Worte breit
Recht fasrig hat verschlissen;

5
Ein Wort, ein Wort, sagt an, was gilts?

Kann man’s noch brauchen statt des Schilds,
Vor Strolchen sich zu wehren?
Hei! redlich Wort
Find’t schlechten Ort,

10
Man hälts nicht mehr in Ehren.


Da reiten Zwei, so frisch und frei,
Sie haben gut Vertrauen:
„Ein Kaiserwort, das hält wohl treu,
Darauf läßt sich wohl bauen?

15
Und ob die Pfaffheit uns bedräut,

Der Kaiser gab uns frei Geleit,
Der Kaiser wird’s wohl halten.
Ein Kaiserwort,
Ist guter Hort,

20
Wie Kaiser-Mantels Falten.“


Zween Meister ihr aus Böhmerland,
Ihr solltet’s besser wissen:
Ein’s Mannes Wort zu Mannes Hand,
Das ist ein sichrer Kissen,

25
Kein Mann gab’s, nur der Kaiser sprach’s; –

Hei! schmilzt sein Wort wie schnödes Wachs
Am Kirchenlicht der Pfaffen?
O freies Wort,
Du einz’ger Hort!

30
Wer wird dein Recht dir schaffen?
[25]

Zu Costnitz war ein heißer Tag,
Die Sonn’ stand just im Krebsen;
Wohl mancher Pfaff bei Tafel lag
Oder gar bei seiner Kebsen.

35
Aus Böhmerland die Meister beid’,

Sie lagen in gar tiefem Leid,
Von aller Welt verlassen;
Im dunkeln Thurm
Bei Molch und Wurm,

40
In eisernen Ringen sie saßen.


Ha! ist das auch ein frei Geleit,
Geleit zum Scheiterhaufen?
O Zeit des Worts, o böse Zeit,
Worein wird Gott dich taufen?

45
Er wird’s in Feuer und dann in Blut;

Das alte Uebel heilt nicht gut,
Als nur durch’s letzte Mittel.
Die Asch verstäubt,
Die Wahrheit bleibt

50
Und bleibt im Ketzerkittel.


Hei! was ein frommer Mummenschanz
Zu Costnitz vor den Thoren!
Der Aberwitz hielt Wallfahrtstanz
Und schüttelte die Ohren.

55
Sie schwenkten manches Weihrauchfaß,

Sie räucherten ohn’ Unterlaß,
Bis daß man den Himmel nicht kannte,
Bis lichterloh
Wie leeres Stroh

60
Des Kaisers Wort verbrannte.


Aus Böhmerland die Meister beid’,
Wichen nicht von einander,
Sie hielten aus in Lauterkeit,
Zween treue Salamander.

65
Und als die Flamme höher fraß,

Bis sie an Hußens Herzen saß,

[26]

Als wie ein hungriger Geier,
Da sprach der Huß
Den Abschiedsgruß,

70
Das Flammenwort aus dem Feuer:


„Die Flamme frißt ein Kaiserwort,
Man weiß nicht, ob’s gewesen;
Doch Gottes Wort bleibt ewig fort,
In Flammen steht’s zu lesen.

75
Mein Vaterland, du herrlich Land!

Was Kaiserwort, hast du erkannt,
Es hält nicht gar beständig.
Doch Gott ist treu,
Drum werde frei,

80
Gott macht die Todten lebendig!“


Und als der Leib in Asch’ zerfiel,
Frei athmeten die Pfaffen;
Sie ließen drauf ein böses Spiel
Von Henkers Händen schaffen;

85
Der Henker nahm im frechen Raub

Des edlen Hußen heil’gen Staub
Und blies ihn nach allen vier Winden;
An keinem Ort –
Wie Kaisers Wort –

90
Sollt er sein’s Bleibens finden.


Doch Vöglein kamen allerhand
Geschäftig hergeflogen,
Sie wuschen rein am Seees Strand
Die Flüglein in den Wogen,

95
Und stahlen weg des Märt’rers Staub

Und trugen treu den edlen Raub
Nach Böheim unter den Flügeln.
Sie luden ihn ab
In ein großes Grab,

100
Umschanzt von Wäldern und Hügeln.


Wo ist das Grab, wo er Ruhe fand,
Wer kann die Stätte mir nennen?

[27]

Es ist das ganze Böhmerland,
An Grabesruh zu kennen.

105
Ja, Freiheit ist zu Grab gebracht;

Da kam eine linde Majennacht,
Recht gut zur Leichenfeier.
Manch Knösplein stand
Im Böhmerland,

110
Und seine Blüthe ward theuer. etc. etc.
Eduard Duller.

  1. [27] Ueber Huß sagt J. Bader in seiner „Badischen Landesgeschichte“: Nach diesem glücklichen Erfolg (Gefangennehmung und Absetzung des Papstes Johann XXIII.) der Bemühungen des Kaisers und der Väter des Kirchenraths, geschah jetzt die Verurtheilung eines Mannes, dessen Scheiterhaufen ein unauslöschliches Brandmal in dem Andenken des Constanzer Conciliums zurückließ. Es war Johann Huß, (geboren am 6. Juli 1374 zu Hussinecz in Böhmen) Professor der Theologie an der Hochschule zu Prag, welchen der Papst als einen Ketzer mit dem Banne belegt und vor das Concilium zur Verantwortung seiner Irrlehren geladen hatte. Sein Verschulden aber war, daß der gelehrte, aufgeklärte und redliche Mann den Zerfall der christlichen Kirche, durch dessen allgemeine Anerkennung und Bedauerung eben dieses Concilium hervorgerufen worden, sich auf Ernstlichste zu Herzen nahm, die Ursachen dieses Verfalles erforschte, sie größtentheils in dem Oberhaupt und den Dienern der Kirche, in der Geistlichkeit selbst, fand, in deren Eigennutz und zügellosen Sitten, in dem Ablaßkram, in der Simonie, in dem Mißbrauch des Kirchenbannes und der päpstlichen Gewalt überhaupt, wie in dem blinden Glauben des Volkes an die Unfehlbarkeit des Papstes und an die vielen Heiligen, und daß er den Muth hatte, solche Mißbräuche und Irrthümer in öffentlichen Schriften zu beklagen und mit aller Kraft der Ueberzeugung zu bestreiten. Huß zählte schon viele Anhänger, und welcher wahrheitsliebende gute Kopf mußte seinem heiligen Eifer nicht Beifall zunicken? Aber er hatte den allgewaltigen Stand der Geistlichkeit durch öffentliche Darstellung von dessen eben so unbegrenzten Anmaßungen als tiefem Sittenverderbnisse zu bitter beleidigt; eben dieselben Väter des Concils, welche laut nach einer Reform der Kirche in Haupt und Gliedern schrieen, warfen den edlen Reformator in’s Gefängniß, ohngeachtet ihm der Kaiser in einem Geleitsbrief persönliche Sicherheit zugesagt hatte. – „Wir haben ihn“ – heißt es darin – „in Unsern und des Reiches Schutz aufgenommen, und wollen, daß er nach Nothdurft kommen, bleiben und gehen möge ohn alle Gefährde, bei Ehre und Ansehen Unserer Majestät.“ – Allein Kaiser Siegismund war schwach genug, sich von dem Concilium überreden zu lassen, daß kein Eid gegen Ketzer bindend sey, also auch kein kaiserlicher Schirmbrief. So wurde dem Angeklagten auch das Recht der Vertheidigung versagt. Er sollte nur widerrufen. Und da er dies ohne Ueberführung seiner vermeintlichen Irrthümer [28] nicht that, verdammten ihn die Väter als einen verstockten Ketzer zum Flammentode und opferten (am 6. Juli 1415) sein schuldloses Leben ihrer Verblendung und ihren gefährdeten Interessen.
    (Siehe J. Bader’s „Badische Landesgeschichte“ S. 336. ff.)