Johann Huß (Badisches Sagen-Buch)
Zu Costnitz, wo der alte Münster
In’s Frühroth seine Glocken schwang,
Da hallt im Thurme bang und finster
Des Armensünderglöckleins Klang.
Und in den Herzen loht der Zwist;
Der heilge Vater hat gerichtet:
Ein Ketzer stirbt zu dieser Frist!
Wer ist der Mann? Gebunden führen
Die Schergen nah’n, die Glut zu schüren –
Es wogt das Volk, ein bunt Gewühl.
Wer ist der Mann? Ich frag’ auf’s Neue,
Der solche Schmach erdulden muß?
Wer ist der Ketzer? – Johann Huß!
Und seine Schuld? Und seine Sünden? –
Er hat die Schrift geoffenbart,
Ihn trieb der Geist, das Wort zu künden,
Er riß die Bibel aus den Händen
Der feilgewordnen Priesterschaar;
Er riß die Götzen von den Wänden
Und stand, ein Lehrer, am Altar.
Es war kein nüchterner Gesang;
Die Rede war es eines Leuen,
Der siegreich mit der Hölle rang;
Es war der Zorn des Gotterkornen
Und auch der Heerde, der verlornen,
Zum reinen Quell die Pfade wies.
Da traf ihn Rom mit seinem Fluche
Und Prag mit seinem Interdict:
Den Aufruhr in die Welt geschickt!
Dich Ketzer, soll die Flamme taufen,
Nun ist’s genug des sünd’gen Spiels!“ –
Da schleppten ihn zum Scheiterhaufen
Und sieh, nun steht er vor Gerichte,
Ein Held, der keine Rachsucht hegt;
Die Flamme wird zum Siegeslichte,
Das ihn verklärt zum Himmel trägt.
Mit Kreuz und Hostie und Gesang?
Soll dein Gebet dem Sieger frommen
Der schon den Himmel sich errang?
„Dem Rhein die Asche!“ – Laßt das Pochen,
Zwar das Gefäß habt ihr zerbrochen,
Den Quell jedoch, den hemmt ihr nicht.
Mit Jubel braust er in die Lande,
Befreit aus langer Kerkerhaft,
Am Geist zersplittert eure Kraft!