Textdaten
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Titel: Kaiser Wilhelm II. in Kiel
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aus: Die Gartenlaube, Heft 32, S. 547–548
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[545]

Kaiser Wilhelm II. in Kiel.
Originalzeichnung von Hans Olde.
1. Empfang des Kaisers auf dem Bahnhofe. – 2. Einschiffung und Salut vom Geschwader. – 3. Salut von der Hafenbefestigung in Friedrichsort. – 4. Die Jacht „Hohenzollern“ mit der Torpedoflotille.

[547] Kaiser Wilhelms II. nordische Meerfahrt. (Mit Illustration S. 545.) Vor einem Jahre erst erlebte Kiel denkwürdige „Kaisertage“, als der greise Kaiser Wilhelm I. Anfang Juni der Grundsteinlegang des Nord-Ostseekanals beiwohnte (vergl. „Gartenlaube“ 1887, S. 426). Mitte Juli d. J. prangte die Stadt abermals im reichen Festschmuck, als es galt, den Enkel Wilhelms des Siegreichen, Kaiser Wilhelm II., beim Antritt seiner Meerfahrt nach Rußland und den nordischen Höfen zu begrüßen, und wie das Volk vor Jahresfrist den greisen Kaiser mit jubelnder Begeisterung empfing, so brachte es jetzt auch dem Enkel Kundgebungen der Liebe und des freudigen Vertrauens entgegen.

Des Kaisers Bruder Prinz Heinrich, der stellvertretende Chef der Admiralität Graf von Monts, Vizeadmiral von Blanc, die Contreadmirale Knorr und von Kall, die Spitzen der Civilbehörden etc. hatten sich am Morgen des 14. Juli zur Begrüßung auf dem Bahnhofe eingefunden, wo die Ehrenkompagnie des Seebataillons Aufstellung genommen hatte und Mannschaften des Füsilierbataillons eine Kette gegen die nach Tausenden zählende Volksmenge bildete. Der Hofzug traf bald nach 9 Uhr ein und der Kaiser, welcher über der Admiralsuniform das Orangeband vom Schwarzen Adler trug, umarmte den Prinzen Heinrich und begrüßte die zum Empfange anwesenden hohen Offiziere sowie die Vertreter der Stadt. Als er dann die Bahnhofstreppe hinabschritt, spielte die Musik des Seebataillons die Nationalhymne.

In der Stadt wurde keinerlei Aufenthalt genommen, auch nicht im Schlosse, über dessen inneren Hof die Wagen nach dem Hafen fuhren. An letzterem herrschte ein überaus reges Leben; die Zuschauermenge war eine unübersehbare und das Schauspiel, welches sich derselben bot, in der [548] That ein imposantes. Als der Kaiser in das Boot stieg, welches ihn nach der Raddampferjacht „Hohenzollern“ übersetzen sollte, erschütterte plötzlich der gewaltige Donner der salutirenden Geschütze die Luft, und von Bord wie von den Raaen jedes einzelnen Schiffes, welches das Kaiserboot passirte, erbrauste ein dreifaches seemännisches Hurrah. Bereits um 11½ Uhr warf sich die Jacht „Hohenzollern“, den Kaiser an Bord, von der Boje los und setzte sich in Bewegung, gefolgt von den beiden Divisionen der Torpedoflottille, zwölf schwarzen Schichaubooten, welche bis dahin in der Wyker Bucht verborgen gelegen hatten und nun gleich unheimlichen Seeteufeln heransausten, um der kaiserlichen Jacht das Geleit bis zu dem draußen wartenden Geschwader zu geben. Bei der Hafenbefestigung von Friedrichsort wurde die Flotte nochmals salutirt – dann ging’s hinaus aufs offene Meer, in rascher Fahrt dem Ziele entgegen.

Heute wissen wir, daß die Fahrt eine glückliche war, da bereits am Nachmittage des 19. Juli das deutsche Geschwader in Kronstadt einlief und Kaiser und Kaiser sich begrüßten, in Freundschaft und – hoffen wir’s! – zu dauerndem Frieden.
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