Johnstown (Die Gartenlaube 1889/30)

Textdaten
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Titel: Johnstown
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aus: Die Gartenlaube, Heft 30, S. 515
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[515] Johnstown. Ungeheuerlich, fast über alles Begreifen und Verstehen schrecklich ist das Unglück, das am 30. Mai dieses Jahres über die Stadt Johnstown in Pennsylvanien und ihre Umgebung hereingebrochen ist. Man denke sich eine mittlere deutsche Stadt von 15 000 Einwohnern, etwa in der Größe von Marburg, durch einen fürchterlichen Schlag vernichtet; zertrümmert, verkohlt, weggeschwemmt die Häuser, die stolzen wie die bescheidenen, todt die meisten Bewohner, ertrunken, verbrannt, ja vom Entsetzen allein entseelt; ausgestrichen das ganze blühende Gemeinwesen aus dem Buche des Bestehenden – und das alles das Werk einer einzigen Nacht, fast eines einzigen Augenblicks! Kein Wunder, wenn die ganze gesittete Welt aufs tiefste erschüttert ist von diesem ungeheuren Schicksalsschlage, der das ferne Thal des Conemaugh getroffen, kein Wunder aber auch, wenn die ganze gesittete Menschheit wie ein Mann in werkthätiger Barmherzigkeit sich aufmacht, auf diesem Schlachtfeld der Elemente ihren Samariterdienst zu üben. Wie einst der alte Römer Marcus Curtius seine Vaterlandsliebe, so wirft sie ihre Menschenliebe in den Abgrund, daß er sich schließe.

Ganz besonderen Grund zu inniger Antheilnahme, zu thätiger Beihilfe hat Deutschland, denn Johnstown hatte eine starke deutsche Bevölkerung, mehrere deutsche Kirchen, Schulen, Anstalten, einen deutschen Turnverein, mehrere deutsche Gesangvereine und Freimaurerlogen.

Es war immer Brauch der „Gartenlaube“, in solchen Augenblicken unter den Vordersten zu stehen und an die unerschöpfliche Milde ihrer Leser zu appelliren; und niemals hat sie umsonst geworben und gebeten. Aber die Verhältnisse haben sich im Laufe der Jahre wesentlich verschoben. Die schöne Sitte, in Fällen öffentlicher Noth den hilfsbereiten Mitmenschen ein Vermittler ihrer Gaben zu sein, ist heute ein Gemeingut der gesammten Presse geworden, und da die Hilfe ja immer eine doppelte ist, wenn sie schnell kommt, so sind es naturgemäß die Tageszeitungen, denen die Rolle des Bittens und des Sammelns zufällt. Sie haben denn auch in diesem Falle ihre Aufgabe ergriffen und durch sie hat auch bereits ein von hervorragenden deutschen Männern gebildetes Unterstützungskomitee seinen Aufruf für die Opfer der Wassersnoth in Pennsylvanien erlassen. Die „Gartenlaube“, die einerseits zu ihrer sorgfältigen Herstellung begreiflicherweise längere Zeit in Anspruch nimmt und die infolge ihrer starken Auflage allein zum Drucke vierzehn Tage bedarf, kommt zu spät. Aber nichts liegt ihr ferner, als eine Empfindung des Neides, daß sie ihr schönes Ehrenamt, die Vermittlerin für ihrer Leser menschliches Mitgefühl zu sein, hat abtreten müssen. Im Gegentheil, sie freut sich von Herzen, daß die Ungeduld unserer Zeit sich wie im Leben so auch im Geben äußert, und mit Genugthuung beobachtet sie, wie ihre Nachfolger die übernommene Aufgabe rascher und darum besser lösen.

Sollte vielleicht doch ein Leser dieser Zeilen noch nicht den Weg gefunden haben, da er sein Scherflein zur Linderung der Noth jener armen Unglücklichen von Johnstown anbringen kann, so ist die „Gartenlaube“ selbstverständlich gerne bereit, seine Gabe in Empfang zu nehmen und an den Schatzmeister des deutschen Unterstützungskomitees, Dr. G. Siemens, Direktor der Deutschen Bank in Berlin, Mauerstraße 29, weiterzubefördern.