James Fenimore Cooper (Die Gartenlaube 1889/37)

Textdaten
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Titel: James Fenimore Cooper
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aus: Die Gartenlaube, Heft 37, S. 627–628
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[627] James Fenimore Cooper. Am 15. September sind es hundert Jahre, seitdem dieser einst so hochgefeierte Romanschriftsteller zu Burlington am Delaware das Licht der Welt erblickte. Auf keinem Gebiete der Litteratur herrscht die Mode so wie auf dem des Romans; nirgends aber ist sie vergänglicher, und auch das Werthvolle und mit Recht Gepriesene wird von den nachdringenden Strömungen verdrängt. Cooper war einst der erklärte Liebling der ganzen europäischen Lesewelt; sein Name stand mit demjenigen von Walter Scott in einer Reihe, und jetzt sind es nur noch zwei oder drei seiner hervorragendsten Romane, welche ihre Anziehungskraft auf das Lesepublikum, und in zahlreichen Bearbeitungen insbesondere auf die männliche Jugend, behaupten. Gleichwohl ist Coopers Darstellung in einem wenn auch noch so abgegrenzten Stoffkreise als Muster zu betrachten und die nordamerikanische Litteratur zählt ihn mit Recht zu ihren Klassikern. Cooper hatte auf dem College in New-Haven seine erste Bildung erhalten, war, noch nicht sechzehn Jahre alt, aus Begeisterung für die See und die Marine in den Seedienst getreten, doch schon nach fünf Jahren, 1810, wieder aus demselben geschieden. Mit schriftstellerischen Arbeiten beschäftigt, lebte er zu Cooperstown am Otsegosee, besuchte 1826 England und Frankreich, war bis 1829 Konsul der Vereinigten Staaten in Lyon, lebte dann eine Zeitlang in Dresden, Italien und der Schweiz und kehrte 1831 in sein Vaterland zurück. Am 14. September 1851 starb er zu Cooperstown. Auf seine Romandichtungen hatte die europäische Reise nur geringen Einfluß, obschon er dieselbe in einem sechsbändigen Werke beschrieben hat; in der heimatlichen Erde sind die starken Wurzeln seiner Kraft; da herrscht bei ihm Wahrheit, Leben, höchste Anschaulichkeit der Schilderung und ein warmer patriotischer Hauch. Die Scenerie des Urwalds, die Bilder aus dem Leben der Ansiedler und Hinterwäldler und der Rothhäute, das Kolorit des geschichtlichen Hintergrundes, besonders aus der Zeit des Befreiungskrieges: das alles findet sich mit ebenso viel Treue wie Frische in seinen Romanen wieder.

Sein Roman „Der Spion“ (1821), der erste, der ihm einen Weltruf verschaffte, verewigt alle diese Vorzüge; in noch höherem Maße müssen sie dem „Letzten der Mohikaner“ (1826) zugesprochen werden, in welchem das Leben der wilden Urstämme und die großartige unberührte Natur des Urwalds und der Prairien mit der ganzen Welt von Abenteuern, die sie für den Eindringling in ihrem Schoße birgt, in ebenso lebendiger wie spannender Weise geschildert wird. Dasselbe gilt auch von den andern sogenannten „Lederstrumpfromanen“, wie z. B. den „Pionieren“, der „Prairie“, dem „Pfadfinder“ und auch von manchen schwächeren Werken; denn Cooper war überaus fruchtbar und seine „Sämmtlichen Werke“ in deutschen Uebertragungen füllen 250 Bändchen. Wo er mehr schablonenhaft schreibt, da tritt die allzugroße Breite seiner Darstellungsweise ganz wie in den schwächeren Romanen Walter Scotts störend hervor, und das Verweilen bei Einzelheiten läßt den Zug und Schwung des Ganzen sowie die Spannung der Leser erlahmen; immer aber finden sich interessante Natur- und Kulturbilder.

Bahnbrechend erscheint Cooper auf dem Gebiete des Seeromans; da sind die Marryat und Eugène Sue und alle französischen und englischen Marinedichter als seine Schüler zu betrachten. Das erste dieser Werke war „Der Pilot“ (1823); es folgten die „Wasserhexe“ und eine nicht unbeträchtliche Zahl von Seegeschichten, in denen der heldenhafte Zug überwiegt, mag es sich nun um die Thaten oder die Leiden muthiger Seefahrer handeln. Coopers Romane wurden in fast alle lebenden Sprachen, „Der Spion“ selbst ins Persische übersetzt.

Das heutige Geschlecht, das längst mit Werken ähnlicher Art überfluthet worden ist, mag sich mit Pietät des Meisters erinnern, dessen Hauptromane noch immer nicht übertroffen worden sind, so oft die Muse aller [628] Völker auch jetzt den Urwald und die Wigwams der Indianer besucht hat, und wer ein treues und unbefangenes Bild früherer Zustände in jenen jetzt schon meistens von der Kultur berührten oder eroberten Gebieten gewinnen will, wird auch noch heutigen Tags den „Spion“ und den „Letzten der Mohikaner“ mit warmer Theilnahme lesen. †