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Titel: Irisches Bank-System
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aus: Das Ausland, Nr. 19, S. 73-74
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Quelle: Scans bei Commons
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[73]

Irisches Bank-System.


Die große Crisis, welche den commerciellen Wohlstand Großbritanniens in ihren Grundfesten erschütterte und in den Ruin der angesehensten englischen Häuser einen großen Theil der Handelswelt Europas wie Amerikas hineinzog, ist in noch frischem Andenken, als daß wir nöthig hätten, unsere Leser daran zu erinnern, ein wie bedeutendes Moment in den Veranlassungen dieses unglücklichen Ereignisses neben dem übertriebenen Speculations-Geist der Britten im allgemeinen, insbesondere die ausschweifende Licenz des brittischen Bankwesens ausmachte, wonach Jedem, der sich als Banquier etablirte, ohne alle Controlle, erlaubt war, Papiergeld auszugeben, so viel ihm beliebte, und so viel das leichtgläubige Publikum annehmen wollte. Ein kürzlich erschienenes, sehr unterhaltsames Werk: „Clubs of London,“ auf welches wir noch zurückkommen werden, enthält unter andern folgende Scene, welche dieses Unwesen zwar mit etwas stark aufgetragenen Farben, aber deshalb, besonders in ihrer Beschränkung auf Ireland, nicht weniger wahr und treffend schildert.

„Von dem Bankwesen Irelands zu sprechen, sagte ein Irischer Gentleman in einem der Londoner Klubbs, ist so unbarmherzig, als einem Mann, der abgebrannt ist und sein ganzes Vermögen in den Flammen verloren hat, von einem Feuer zu erzählen. Diese Art Spekulation wurde so weit getrieben, daß zu einer gewissen Periode Landbanknoten zum Belauf einer Summe von drei Pence ausgefertigt wurden; während die von sechs Schilling in der That schon etwas seltenes waren.“

Da ein anderer Gentleman sein Erstaunen hierüber aussprach, so führte der erste Sprecher sogleich ein Beispiel zum Belege der Wahrheit seiner Behauptung an.

In der Stadt Killarney, sagte er, bestand eine dieser Banken; der Eigenthümer derselben war eine Art Sattler, dessen ganzes Lager in diesem Geschäft schwerlich vierzig Schilling werth seyn mochte, und gerade diese vierzig Schillinge waren das ganze reelle Capital, welches er in seiner Bank nachweisen konnte.

Ich begleitete einst eine zahlreiche Gesellschaft englischer Damen und Herren an diesen bezaubernden Ort, wo wir mehrere Tage recht vergnügt zubrachten. Als wir im Begriff waren nach Dublin zurückzukehren, erinnerte sich einer von uns, daß er noch eine Handvoll von den Papieren des Sattlers habe; wir machten uns daher, zum Spaß insgesammt auf den Weg, sie zu wechseln; hauptsächlich, um den Eigenthümer einer solchen Bank zu sehen, und uns mit ihm zu unterhalten. Eingetreten in die Werkstatt, die kaum groß genug war, die ganze Gesellschaft zu fassen, fanden wir unseren Banquier hart in der Arbeit. Einer der Gentlemen redete ihn an: guten Morgen euch, Herr; ich glaube, ihr seyd der Herr vom Hause?

Euch zu dienen, meine Herren und Damen, erwiederte der Sattler.

Es ist hier, höre ich, wo die Bank gehalten wird? fuhr mein Freund fort.

Ihr seyd ganz richtig, mein Herr, entgegnete der Handwerker, dieß ist die Killarney-Bank, so lange keine bessere da ist.

Mein Freund sagte hierauf: Wir stehen im Begriff, eure Stadt zu verlassen, und da wir noch einige von euern Noten haben, die uns anderwärts zu keinem Gebrauch seyn werden; so könnt ihr mich durch Baarschaft für dieselben verbinden.

Der Banquier erwiederte: Baarschaft! Wenn es Euer Gnaden gefällig wäre, was ist das? Ist es irgend etwas, was in mein Geschäft gehört? Ich habe einen so schönen Sattel hier, als je auf ein Pferde gelegt wurde; gut und wohlfeil, wie ich Euch sage. Wie viel von meinen Noten habt Ihr, Herr, wenn es Euch gefällig ist?

Diese Frage erfoderte einige Zeit zur Beantwortung, da erst eine Berechnung angestellt werden mußte; endlich brachte mein Freund die Summe heraus.

Hier, Herr, sagte er; sind nicht weniger als sechszehn Zahlungsversprechungen auf die ungeheure Summe von 15 Schillig 9 Pence Sterling Geld.

Bei den Mächten[1] also, das ist es was Euer Gnaden sagen kann! denn wenn Sterling so viel ist, als brav bis auf den Knochen, so ist es gewiß, daß die Killarneynoten umlaufen werden, das ganze Jahr durch, ohne daß man sie auszuwechseln braucht.

Ohne Zweifel, ohne Zweifel! sagte unser Sprecher; aber wir sind im Begriff abzureisen und werden unterwegs wechseln müssen.

Bei Jesus, ihr werdet das nöthig haben, sicher genug; aber, ich rufe meinen Gott zum Zeugen, daß ich nicht mehr Silbergeld auf dem Platze habe, als diese vier Blechpfennige und ein Paar Harfer,[2] was Euer Gnaden Notiz nicht werth ist.

Lieber Himmel, Herr! entgegnete der Gentleman, wie ist es möglich, daß ihr das Bankgeschäft mit einem so kleinen Capital treiben könnt?

[74] O, bei allen Heilgen! leicht genug, mein lieber Herr! antwortete der Banquier, die Leute sind voller Freuden, meine Banknoten zu haben, denn es giebt wenig anderes Geld in diesen Gegenden; und sie kaufen ihre Erdäpfel und ihre Buttermilch dafür; und, mag seyn, ein Schaaf oder Schwein, oder zwei, dann und wann; und so gehen meine Noten ganz bequem von einem zum andern.

„Aber ihr seyd beständig verpflichtet, ihren Werth zu zahlen, wenn sie euch eingesandt werden;“ bemerkte einer aus der Gesellschaft.

Bei dem heiligen Paul und St. Peter dazu! das ist wahr genug, Euer Gestrengen! Wenn einer von den Pächtern ein Roßkummet bedarf, einen Gurt oder ähnliches Geschirr, so bringt er mir eine Handvoll von dem Papier, und ich bin gut dafür, daß ich mich niemals weigere, ihm einen guten Artikel zum Tausch zu geben.

Ihr wollt damit sagen, fuhr der Gentleman fort, daß eure Noten nie eincassirt zu werden brauchen?

Cassirt, rief der Banquier, meint ihr gewechselt?

Gewiß, erwiederte der Fragende.

Bei den Mächten! das ist es eben, was eine große Ausgabe für mich ist. Die Leute bringen mir die Noten zurück, wenn sie alt und zerrissen sind, und ich gut dafür, daß ich niemals mich weigere sie einzuwechseln für schöne neue, die frisch von Dublin gekommen sind; und ich setze meinen Namen dazu, damit sie desto besser gehen.

Hier brach die ganze Gesellschaft, der es nicht länger möglich war, ihre lustige Laune zu unterdrücken, in ein lautes Gelächter aus; worauf der Banquier folgendermaßen fortfuhr.

Wie ich ihnen sage, es macht mir Freude, daß eine so vornehme Gesellschaft sich ein Vergnügen macht; aber ich bin gut dafür, daß ich am besten weiß, wieviel Geld es mich kostet, sie so schön zu stechen, und auf so gutes Papier drucken zu lassen – ja, 500 auf einmal, bei Jesus.

Ihr meint also, sagte der erste Gentleman, daß die Inhaber eurer Noten niemals gültiges Landesgeld für dieselben verlangen?

Sicher, Euer Lordschaft; sind die Noten nicht selbst gültig genug? Aber ihr meint Silber?

Ey freilich, entgegnete der Frager.

O, bei den Mächten, erwiederte der Banquier; das Volk hier würde mich nicht mit solchen Fragen beleidigen. Wenn sie es thäten, würde die Bank aufhören zu zahlen, und dann wäre gar kein Geld da. Nein, bei Jesus, es würde ihnen leid thun, wenn das geschähe.

Sie geben die Noten einer dem andern, wenn sie überdrüßig sind, sie länger zu behalten, oder wenn sie irgend etwas zu kaufen haben. Ich habe mehr Mühe, mit Euer Gnaden Erlaubniß, die Noten für die Herrschaften zu wechseln, welche kommen, um die Seen zu sehen, als von meinem ganzen übrigen Papier zusammengenommen. Der Teufel möge davon fliegen mit den See’n von Killarney, sage ich!

Also, wie es mir scheint, Herr – sagte der Gentleman, indem der die Noten hin hielt – haben wir nicht nöthig, unsere Zeit damit zu verlieren, daß wir versuchen für diese eure Papiere, Zahlung von euch zu erhalten?

Es würde mir leid thun, Euer Gnaden, erwiederte der Banquier, wenn Eure Lordschaft irgend etwas von Ihrer Zeit verlören, oder diese süßen, schönen Damen und Herren; aber wenn Sie ihre Reise nur aufschieben könnten bis die Post von Cork ankommt, mit der ich eine Dreißig Schilling Note von der Bank von Ireland erwarte! Auf mein Wort und Doppelwort und dreifaches Wort! Dann soll alles in einem Augenblick abgemacht seyn.

Der Schluß der Unterhaltung, mit deren ferneren Details wir unsere Leser verschonen wollen, war, wie man von Anfang voraus sehen konnte, daß die Gesllschaft sich entfernte, und ihre Banknoten ungewechselt wieder mit sich nahm.

Aber, wie der Engländer sagt, es ist ein schlimmer Wind, der Niemanden zu Dank weht; als sie vor die Thür des Gasthofes kamen, fanden sie den Wagen von mehr als 100 Bettlern umgeben, unter welche die Noten ausgeworfen wurden, um den Weg von ihnen zu reinigen. Und so nahm die Gesellschaft ihren Abzug, während die Bettler sich um die Noten balgten.


  1. By the powers!, Ein vielleicht noch aus dem Heidenthum stammender Ausruf des irischen Landvolks.
  2. Harpers, irische Halbpfeninge