Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Valentin Ernst Löscher

Pantaleon Hebenstreit Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen (1918) von Adolf Hantzsch
Valentin Ernst Löscher
Hermann Joachim Hahn
Wikipedia: Valentin Ernst Löscher
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[43] Nr. 47. Löscher, Valentin Ernst, 1674–1749. Er war ein ebenso gelehrter als charaktervoller Theolog, ein glänzender Redner, der auch als Schriftsteller eine außerordentlich reiche Tätigkeit entfaltet hat. 1709 wurde er aus seiner Professur in Wittenberg nach Dresden an die Kreuzkirche als Superintendent berufen. In dieser Stellung, in der er nach allen Seiten hin reichen Segen verbreitete und sich deshalb die Liebe und Verehrung der hiesigen Einwohnerschaft in hohem Grade erwarb, ist er bis zu seinem Tode geblieben.

Aus L's. Dresdner Wirksamkeit sei nur einiges hervorgehoben. Zu drei neuen evangelischen Kirchen unserer Stadt hatte er nicht allein den Grundstein zu legen, sondern sie auch zu weihen, und zwar die heutige Matthäuskirche 1730, die Frauenkirche 1734 und die Dreikönigskirche 1739. – Als August der Starke Ende Mai 1737[WS 1] anordnete, der evangelische Hofgottesdienst müsse aus der seit 1539 in Gebrauch gewesenen Schloßkapelle in die Sophienkirche verlegt werden, entstand in der Dresdner Bevölkerung eine starke Erregung, so daß man am Hofe beim Schlußgottesdienste Unruhen befürchtete und das Militär zum Eingreifen in Bereitschaft hielt. Zu Ruhestörungen ist es aber nicht gekommen, als L. am 10. Juni 1737 (dritter Pfingsttag) in der Schloßkapelle die letzte evangelische Predigt hielt. Sie wurde bald gedruckt, aber sogleich beschlagnahmt, und dies steigerte die Mißstimmung im Volke natürlich noch mehr. – Gegen die Frauenwirtschaft am Hofe, insbesondere gegen die Cossell (s. Nr. 43), trat L. in einer Predigt mit aller Entschiedenheit auf und hat man ihn deshalb den „berühmten Nathan August des Starken“ genannt; doch gelang es der höchst erzürnten Gräfin nicht, die von ihr beim König beantragte Bestrafung des sittenstrengen Geistlichen zu erwirken. – Daß der am Tage der Ermordung [44] des Magisters Hahn (s. Nr. 48) unter den hiesigen niederen Volksschichten in der Stadt entstandene Aufruhr nicht noch schärfere Formen annahm, war zum guten Teil dem tatkräftigen persönlichen Einwirken L's. zu verdanken. – Das Andenken an diesen hochgefeierten Dresdner Superintendenten, den man mit vollstem Rechte für seine Zeit als „eine Säule der deutschen evangelischen Kirche“ bezeichnet hat, wird noch heute und zwar nicht nur in Dresden, durch eine Anzahl der von ihm gedichteten geistlichen Lieder, von denen sechs in unserem Landesgesangbuche Aufnahme gefunden haben, wach erhalten. Seit dem Jahre 1907 haben wir in unserer Stadt auch noch ein sichtbares Erinnerungszeichen an L. Sein in Sandstein erhaben gearbeitetes Kopfbild schmückt nämlich die rechte Seite des Haupteinganges der in dem erwähnten Jahre geweihten neuen Ehrlich'schen Gestiftskirche, weil er der von Ehrlich ausdrücklich erbetene erste Verwalter seiner Stiftung gewesen ist.

Während der vierzig Jahre, die L. in Dresden verlebte, wohnte er in dem alten Superintendenturgebäude, zuletzt An der Kreuzkirche 4 (O.-Nr. 541, 392). (S. Nr. 2.)


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Wahrscheinlich ein Druckfehler, denn August der Starke starb bereits 1733.