Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Karoline Friederike Neuber

Karl Albert (Karl VII.) Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen (1918) von Adolf Hantzsch
Karoline Friederike Neuber
Johann Joachim Quantz
Wikipedia: Friederike Caroline Neuber
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[67] Nr. 81. Neuber, Karoline Friederike, geb. Weißenborn, 1697 bis 1760. Sie war, wie es an ihrem in Laubegast errichteten Denkmale heißt, die berühmteste Schauspielerin ihrer Zeit, hat aber auch daneben sich dadurch hohe Verdienste erworben, daß sie von der damals verwilderten deutschen Bühne den Harlekin oder Hanswurst verbannte, die edlere französische Spielweise einführte und Gottsched und Lessing für das Theater begeisterte. Sehr jung verheiratet, übernahm sie mit ihrem Gatten 1727 die Leitung einer schon bestehenden Schauspielertruppe, erhielt auch für diese auf sechs Jahre das Vorrecht, sie als „Hof-Comoedianten“ bezeichnen zu dürfen. Leider ist ihr diese Vergünstigung nach Ablauf der festgesetzten Frist durch das rücksichtslose Vorgehen eines neidischen Mitbewerbers entzogen worden. Am häufigsten spielte die Gesellschaft der N. in Leipzig, in Dresden zunächst nur sechs Wochen lang während der letzten drei Monate des Jahres 1730, dann während des Karnevals 1732, 1744, 1748, 1749 und 1750. Die Vorstellungen fanden in dem großen Saale des auf dem Neumarkte nahe dem Jüdenhof 1591 erbauten und erst 1805 abgebrochenen Gewandhauses statt. Die Preise der Plätze betrugen je nach der Lage zwei, vier, sechs oder acht Groschen.

Als die N. 1748 und 1749 mit ihrer Truppe in Dresden spielte, wohnte sie, wie Fürstenau II, Seite 348, 349 berichtet, seit dem 24. Juli des erstgenannten Jahres wenigstens acht Monate auf der „Moritzstraße beim Dr. Johann Gottfried Beyer“, in dessen Hause sie gegen einen Monatszins von 20 Talern das zweite Obergeschoß innehatte. Weil die Schauspieldirektion in der Zahlung jener Summe unpünktlich war, auch dem abgeschlossenen Vertrage zuwider mehrere Mitglieder ihrer Truppe in ihre Wohnung aufnahm, kam es mit dem Hauswirt zu Zwistigkeiten. Nach und nach wurden diese so heftig, daß letzterer zunächst die vermieteten Räume kündigte, und als dies nicht half, sich an den Rat wandte. Weil die N. aber auch von diesem „kein Gebot annahm“ auszuziehen, wendete sich Beyer unterm 24. Februar 1749 mit einem Gesuch an den König und bat um „Exmittirung“ der N. Namentlich machte der Kläger geltend, daß die Komödianten [68] „großen Lärmen mit Springen und Thürschmeißen verursachten“, den ganzen Tag über außer den Stunden, „als sie Comoedie gespielet, Toback" geraucht und wenn sie sämtlich ins Theater gegangen, „Feuer in den Oefen und auf dem Heerde gelassen“ und ihn dadurch nicht wenig in Angst und Schrecken gesetzt hätten. In einer Gegeneingabe vom 25. Februar 1749 machte das Ehepaar N. geltend, sie ständen als „teutzsche Hof-Comoedianten nur unter Jurisdiction des Hofmarschallamtes“. Leider ist nicht bekannt, zu wessen Gunsten der Streit entschieden worden ist.

Infolge der vielen ernsten Widerwärtigkeiten, mit denen die alternde Künstlerin seit dem Anfang der 1750er Jahre unausgesetzt zu kämpfen hatte, löste sie ihre Truppe auf, geriet aber bald in Not. Leider gelang es ihr weder durch Gastspiele, noch durch Vorstellungen, die sie mit einer neugebildeten kleinen Gesellschaft während des Karnevals 1755 in Dresden gab, ihre traurige Lage zu bessern. Da erbarmte sich ihrer und ihres Gatten ein Menschenfreund in unserer Stadt, der Kgl. Leibarzt Dr. Löber. „Dieser hatte“, wie Ed. Devrient in seiner Geschichte der deutschen Schauspielkunst, II. Teil, Seite 60, 61 wörtlich berichtet, „in seinem Hause auf der Pirnaischen Gasse dem Neuber'schen Ehepaare eine freie Wohnung in einer Unterstube gegeben ... Neuber erkrankte und starb.“ Diese und noch weitere Angaben über den letzten Dresdner Aufenthalt der verarmten und großen Künstlerin, über ihre durch die Beschießung unserer Stadt veranlaßte Flucht nach Laubegast, ihren im November 1760 dort erfolgten Tod und ihr Begräbnis in Leuben rühren, wie Devrient auf Seite 61 in einer Anmerkung angibt, „von einer Tochter des Dr. Löber her“. In diesen fesselnden Mitteilungen stieß ich auf einen Fehler, den ich nach vieler Mühe berichtigen kann. Auf Grund der Geschoßbücherauszüge ließ sich nachweisen, daß Löber bis zum Jahre 1760 weder auf der Inneren noch auf der Äußeren Pirnaischen Gasse noch auf einer anderen Straße der Altstadt überhaupt ein Haus besessen hat. Auch ergab die Einsichtnahme in die Kirchenzettel auf das Jahr 1759, daß der Gatte der N. anfangs März desselben Jahres in Teltzens, aber nicht in Löbers Hause gestorben ist. Der dort nicht richtig geschriebene Name des Hausbesitzers erschwerte zunächst erheblich die Ermittelung des Grundstückes; doch konnte schließlich festgestellt werden, daß es das Gebäude Innere Pirnaische Gasse (jetzt Landhausstraße) nachmals Nr. 5 war und seit 1720 länger als vier Jahrzehnte dem kurfürstlichen Sekretär Paul Döltze und seinen Erben gehörte. In diesem Hause, in dem der Schauspieler N. mit seiner Gattin zuletzt wohnte, aber vor ihr gestorben ist, besaß also Löber eine Mietwohnung, von der er dem in die größte Bedrängnis geratenen[WS 1] Ehepaare die Unterstube abgetreten hatte. Bei der Beschießung Dresdens im Juli 1760 wurde das von seinen Bewohnern rechtzeitig geräumte Haus völlig eingeäschert. Im Jahre 1767 erkaufte Dr. Löber diese Brandstelle und fünf Jahre später auch noch das daneben liegende Grundstück mit dem ebenfalls durch Feuer ganz zerstörten Gebäude Nr. 4 hinzu. Auf dem Raume der zwei Häuser ließ nun Löber einen großen Bau aufführen, der schon vor Ablauf von zwei [69] Jahrzehnten große Mängel zeigte und schließlich mit Einsturz drohte. Bei der Zwangsversteigerung 1787, die der Eigentümer des Grundstückes nicht mehr erlebte, erstand es die Stadtgemeinde. Sie ließ es abbrechen und an seiner Stelle die beiden 1798 fertiggestellten Häuser jetzt Landhausstraße 7 und 9 erbauen, jetzt Stadthaus.

Das von Fürstenau zuerst erwähnte, an der Moritzstraße stehende Wohngebäude, in dem N's. ebenfalls längere Zeit gewohnt haben, gehörte seit 1739 dem Rechtskonsulenten Dr. Johann Gottfried Beyer. Bei der Beschießung wurde es, wie das Nachbarhaus des Oberkonsistorialrates Gottschalck in Asche gelegt. Zwar schlug man die beiden bis 1780 liegen gebliebenen Brandstätten zunächst zum Hofe des neuerbauten Landhauses, trennte aber schließlich das ganze Gottschalck'sche Grundstück und einen kleinen Teil des Dr. Beyer'schen wieder ab und vereinigte beides zu einer Baustelle. 1788 erstand sie in der Versteigerung der Baumeister Lohse, der auf dem freigelegten Platze ein großes Wohnhaus errichtete. 1801 ging es durch Kauf in den Besitz des Geheimen Referendars im Geh. Konsilium Dr. Christian Gottfried Körner über, bei dessen Erben es bis 1834 verblieb. Es war das an der linken Seite des verschwundenen Landhausgäßchens stehende umfangreiche Haus Moritzstraße zuletzt 10 (O.-Nr. 212), das aber 1885 beim Durchbruch der König-Johann-Straße fallen mußte. Später wurde dessen Ortslistennummer 212 auf den Neubau König-Johann-Straße Nr. 10, dagegen die Hausnummer 10 bei Umnumerierung der Moritzstraße auf das Grundstück „Meinholds Säle“ übertragen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: geatenen