Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Gustav Friedrich Dinter
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Franz Gerhard von Kügelgen → |
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[138] Nr. 146. Dinter, Gustav Friedrich, 1760–1831, namhafter Pädagog und fruchtbarer pädagogischer Schriftsteller, ist auch in Dresden eine Reihe von Jahren tätig gewesen. Nachdem er 1779–1783 in Leipzig Theologie und Philosophie studiert und seit 1787 mit bestem Erfolge als Pfarrer in Kitzscher bei Borna 10 Jahre gewirkt hatte, folgte er einem Rufe des Oberhofpredigers Reinhard als Direktor an [139] das 1787 in der Friedrichstadt errichtete Lehrerseminar. Hier entfaltete er eine reichgesegnete Erzieher- und Lehrtätigkeit, die er aber zu seinem eigenen Leidwesen 1807 aufgeben mußte, weil er infolge von Überanstrengung im Berufe ernstlich erkrankte. Er übernahm nun das von ihm erbetene Pfarramt zu Görnitz bei Borna, wirkte aber zugleich auch an der hier von ihm errichteten Privatschule. 1816 wurde D. nach Königsberg berufen, wo er noch 15 Jahre als Konsistorial- und Schulrat für die Provinz Ostpreußen und als a. o. Professor der Pädagogik und Theologie an der Universität höchst erfolgreich tätig gewesen ist.
Während seines zehnjährigen Wirkens in Dresden war der gefeierte Schulmann und Meister in der katechetischen Lehrform, namentlich beim Religionsunterricht, unermüdlich bemüht, das von ihm geleitete noch junge Seminar möglichst zu heben, die geistigen Fähigkeiten seiner Schüler zu entwickeln und letztere zu selbständigem Denken und Arbeiten anzuleiten. Ehe D. 1807 von Dresden schied, gab er in einem ausführlichen Berichte an die seiner Anstalt vorgesetzte Kommission eine summarische Darstellung der Veränderungen, die das Seminar unter seiner Leitung erfahren hatte. So wurde auf D's. Veranlassung 1803 ein „Vizedirektor“ angestellt, die geringe Besoldung der an der Anstalt wirkenden Lehrer erhöht, die leibliche, recht kärgliche Verpflegung der in den Kammern des Dachgeschosses wohnenden Seminaristen verbessert, so daß „die landesherrlichen Kostgänger wenigstens nicht mehr hungrig von Tische gingen“. Für Krankheitsfälle wurde eine „Patientenstube“ mit zwei Betten eingerichtet, den Seminaristen, die anfangs fast ausschließlich den ärmeren Volkskreisen entstammten, gestattet, in Familien Privatunterricht zu erteilen, wodurch sie ihre Lebensführung etwas freundlicher gestalten konnten. – Die Bibliothek, die 1797 200 Bücher enthielt, zählte bei D's. Abgange deren 950. Die bisher fast gänzlich fehlenden Lehrmittel wurden unter D. durch Freunde und Gönner der Anstalt vermehrt. Eine lebhafte Genugtuung bereitete dem Seminardirektor das Vertrauen, das man ihm und seiner Anstalt entgegenbrachte. Nicht nur mehrte sich fortgesetzt die Zahl der Zöglinge, sondern auch alle fanden nach ihrer Abgangsprüfung sogleich Anstellung. Ja, D. konnte sogar in einem Jahre nicht alle Wünsche nach von ihm ausgebildeten Lehrkräften befriedigen.
Der allgemein hochgeschätzte Anstaltsleiter wohnte, wie sein Vorgänger Nicolai und alle ihm bis 1866 folgenden Direktoren im Seminargebäude, damals „Prießnitzer“ Straße 92, jetzt Seminarstraße 11. In diesem Hause sind eine Anzahl der von der sächsischen Volksschul-Lehrerschaft in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts gern und viel benutzten pädagogischen Schriften D's. entstanden, von denen hier angeführt sein mögen: „Die vorzüglichsten Regeln der Katechetik (1802), „Die vorzüglichsten Regeln der Pädagogik, Methodik und Schulmeisterklugheit (1806), „Materialien zu Unterredungen über Glaubens- und Sittenlehren“ (1804), „Kleine Reden an künftige Volksschullehrer“ (1803–1805). Von D s. weiteren, viel später verfaßten zahlreichen Werken haben seine „Schullehrerbibel“ [140] und seine eigene Lebensbeschreibung, „ein Lehrbuch für Eltern, Pfarrer und Erzieher“ wohl die weiteste Verbreitung gefunden.
Die Erinnerung an den hochverdienten Schulmann wird nicht nur durch ein von der Gemeinde Görnitz 1844 ihm errichtetes Standbild, sondern auch in Dresden dauernd wach erhalten. Vor seinem Weggange von hier im Jahre 1807 überwies er 100 Tlr. zu einer „Dinter'schen Prämienstiftung“ für Zöglinge des Friedrichstädter Seminars, das allerdings 1910 nach der Vorstadt Strehlen verlegt wurde und seitdem den Namen „Kgl. Friedrich-August-Seminar“ führt. Die Stiftung besteht noch heute mit der Bestimmung, den jährlichen Zinsenertrag von etwa 17 Mark zum Ankaufe von Prämienbüchern für Seminaristen zu verwenden, „die sich durch Sittlichkeit und Geschicklichkeit auszeichnen“. – Außerdem befindet sich ein Zeichen dankbaren Gedenkens an D. an dem im August 1868 eingeweihten Gebäude der 1. Bezirksschule (Pestalozzistraße 2). An der Schauseite des linken Flügels derselben erblickt man in der Höhe des zweiten Obergeschosses die aus Sandstein gefertigte vergoldete Büste D's. Darunter liest man in durchgängig lateinischen Großbuchstaben die Worte:
„Und wäre ich der Gebildetste im Volk,
Menschenbildung zur Weisheit ist mir unentbehrlich.
Dinter.“