Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Alexander I. von Rußland
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Gerhard Christophe Michel Duroc → |
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[166] Nr. 162. Alexander I., Pawlowitsch, Kaiser von Rußland, 1777–1825. Es waren kriegerische Verhältnisse, die ihn nach Dresden geführt haben. Erstmalig besuchte er unsere Stadt am 11. November 1805, nachdem er unmittelbar vorher in Potsdam mit Friedrich Wilhelm III. von Preußen ein Bündnis gegen Napoleon I. geschlossen hatte und nun nach Mähren reiste, um dort sein Heer zu besichtigen. Geleitet von einer Schwadron kurfürstlicher Gardereiter, die ihm bis Meißen entgegengekommen war, hielt er in der 12. Nachtstunde unter Geschützdonner und den Jubelrufen der bereits seit dem Nachmittag seiner Ankunft harrenden Einwohner Dresdens hier seinen Einzug. Der Kurfürst mit den übrigen Gliedern seiner Familie empfing den hohen Gast im Schlosse, in dem dieser für die zwei Tage seines hiesigen Aufenthaltes Wohnung nahm. Am 12. November beteiligte sich der Kaiser mit dem Kurfürsten zunächst an einer Truppenschau, besichtigte sodann die Gemäldesammlung, die Mengs'schen Gipsabgüsse und das Grüne Gewölbe. Seine größte Aufmerksamkeit freilich brachte er den von den verschiedenen Kriegsschauplätzen in Dresden bei ihm eingehenden Nachrichten [167] entgegen, die mancherlei sofortige militärische Besprechungen nötig machten. Zwar besuchte Kaiser A. auch die Oper, doch nahm er nach derselben an der ihm zu Ehren veranstalteten Hoftafel nicht teil. Dem von ihm hochgeschätzten Maler Seydelmann, den er am Nachmittag zu sich ins Schloß hatte kommen lassen, erteilte er den Auftrag, ihm für seine Petersburger Galerie von einigen Meisterwerken der Dresdner Gemäldesammlung Nachbildungen zu schaffen. Als A. am Vormittage des[WS 1] 13. Novembers unter dem Donner der Kanonen zu Wagen unsere Stadt verließ, mußten die Truppen der kurfürstlichen Garde ein Stück des Weges das Geleit geben.
In dem furchtbaren Kriegsjahre 1813 kam Kaiser A. und zwar diesmal für längere Zeit wieder nach Dresden. Am Mittag des 24. Aprils hielt er hier mit seinem Bundesgenossen, dem König Friedrich Wilhelm III. von Preußen, unter Glockengeläut und von einer überaus zahlreichen Volksmenge freudig begrüßt und vom Rate und der Geistlichkeit der Stadt ehrfurchtsvoll willkommen geheißen, seinen festlichen Einzug. Der Kaiser bezog das für ihn vorgerichtete Brühl'sche Palais, zuletzt Augustusstraße 3. In den nächsten Tagen gab es Besichtigungen sowohl der mit den beiden genannten Fürsten angelangten, als auch der erst nach ihnen hier angekommenen russischen und preußischen Truppen, von denen jedoch der größte Teil nach der Gegend von Weißenfels abzog. Am 30. April früh 3 Uhr folgte ihnen Kaiser A., fünf Stunden später auch der König von Preußen. Man rechnete hier auf die baldige Rückkehr der beiden Fürsten, da ihre Wohngebäude mit Wachposten besetzt geblieben waren. In der Tat traf am Nachmittag des 4. Mai König Friedrich Wilhelm in Dresden wieder ein, während dies von seinem Bundesgenossen abends 8 Uhr geschah. Freilich erschienen sie nicht als Sieger, obgleich ein in unserer Stadt umlaufendes und sich zwei Tage haltendes Gerücht sie als solche hinstellte. Erst die beiden am 6. Mai veröffentlichten amtlichen Berichte gaben darüber Auskunft, daß trotz der von den beiden Verbündeten errungenen Vorteile in der am 2. Mai stattgefundenen Schlacht bei Lützen der Sieg von Napoleon errungen worden sei. Da dieser mit seinem Heere gegen Dresden vorrückte, verließen die bisher hier zurückgebliebenen preußischen und russischen Truppen bis auf einen geringen Teil, der den Rückzug decken mußte, unsere Stadt und zogen nach der Lausitz. Am frühen Morgen des 8. Mai brach Kaiser A., um die Mittagsstunde auch König F. W. III. ebenfalls dahin auf.
Zwar sind beide Fürsten in den Tagen vom 25. bis 27. August 1813 noch einmal in der unmittelbaren[WS 2] Nähe Dresdens gewesen, ohne jedoch die Stadt zu betreten. Kaiser A. hatte nämlich während der großen Schlacht seine Wohnung in Nöthnitz, der König von Preußen in Lockwitz.