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Titel: Handwerker-Briefe Nr. 2
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aus: Die Gartenlaube, Heft 39, S. 516–518
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1855
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[516]

Handwerker-Briefe.

II.

Ich gehe nun zu denjenigen unter den erwähnten Vereinen über, welche die berührte Aufgabe: „Dem Kleingewerbe die erforderlichen Kapitalmittel zufließen zu lassen,“ unmittelbar verfolgen, ohne an den Bedingungen des Gewerbebetriebes selbst etwas zu ändern. Es sind die Vorschußvereine.

Eine Anzahl Handwerker und Arbeiter vereinigt sich, um durch ihren gemeinschaftlichen Kredit die nöthigen Fonds zu erhalten, welche man sodann wieder unter die Einzelnen je nach deren Bedürfniß vertheilt. Dies der Grundcharakter des Vereins, welcher schon deshalb seine Wirksamkeit auf die Mitglieder beschränkt, und keineswegs dem Publikum als öffentliche Leihanstalt gegenübertritt. Durch Darlehen, für welche sich sämmtliche Mitglieder mit ihrem ganzen Vermögen solidarisch, d. h. Jeder für das Ganze, verpflichten, wird hauptsächlich der erforderliche Betriebsfond herbeigeschafft, und wo nur irgend die Sache vernünftig in Angriff genommen wurde, hat es den Vereinen unter dieser Form an Geldzufluß niemals gefehlt. Wenn man aber auf diese Weise auch mit Leichtigkeit den ganzen Bedarf decken könnte, so darf man doch eine zweite Einnahmequelle dabei nicht außer Acht lassen, regelmäßige, etwa monatliche Beisteuer der Mitglieder, wodurch man einen allmälig wachsenden, den Vereinsgliedern selbst gehörigen, unverzinslichen Fond erhält, welcher dem Geschäft die eigentliche, solide Grundlage giebt und den Kredit der Gesellschaft erhöht. Dabei ist es zweckmäßig, einen geringen Steuerbetrag als das Mindeste festzusetzen, dessen Ueberschreitung jedoch Allen freizugeben, indem man so der Ueberbürdung Unbemittelter vorbeugt, ohne doch der so wünschenswerthen Ansammlung unnötige Schranken zu setzen.

Was die Höhe der zu gebenden Vorschüsse anlangt, so ist dieselbe durch das lokale Bedürfniß der an den Vereinen theilnehmenden Klassen bedingt, und vor Allem darauf zu sehen, daß die Kassenbestände dasselbe vollständig decken, was in Eilenburg und Delitzsch durchaus der Fall war. In letzterem Orte, wo sich der Verkehr des Vereins recht eigentlich auf das Kleingewerbe einer Landstadt beschränkt, giebt man bis 200 Thaler auf eine Post, in Eilenburg, wo sich das Geschäft neuerlich immer großartiger gestaltet, bis 1000 Thaler und drüber. Natürlich hängt in den einzelnen Fällen Alles von der Sicherheit ab, welche die Vorschußsucher bieten und die in jedem Falle reiflich zu prüfen ist, da ein zum großen Theil auf fremde Gelder gegründetes Institut durch Verluste in dieser Beziehung leicht gefährdet werden könnte. Deshalb wird bei Vorschüssen von irgend einigem Belang in der Regel Deckung durch Pfand oder Bürgschaft verlangt, welche stets ohne große Schwierigkeit zu beschaffen war. Nie wird es namentlich einem soliden, rechtlichen Handwerker oder Geschäftsmann an einem Bürgen fehlen, da die Aushülfe hierbei eine gegenseitige ist, und der Bürge sehr bald selbst in die Lage kommt, seinerseits eines solchen zu bedürfen. Außerdem ist zur Deckung von Verlusten, welche dennoch mitunter durch Insolvenz der Schuldner vorkommen können, die Bildung einer besondern Reservefonds vorgesehen, welchem bestimmte Eintrittsgelder der Mitglieder und Antheile am Geschäftsgewinn zugewiesen sind, bis er eine seinem Zweck entsprechende Höhe erreicht hat, welche zu dem Geschäftsumfang in Verhältniß steht.

Ein fernerer Hauptpunkt hierbei sind die von den Vorschußempfängern zu zahlenden Zinsen. Da dieselben den ganzen Geschäftsertrag bilden, so müssen davon auch alle Geschäftsunkosten, also: a) die Zinsen für die vom Verein aufgenommenen Kapitalien; b) die Verwaltungskosten gedeckt werden, welche letztere, einschließlich angemessener Besoldung der Kassenbeamten, immerhin zwei bis drei Procent des Betriebsfonds betragen werden. Soll nun außerdem noch Etwas für den Reservefond und die Dividende erübrigt werden, so ist es klar, daß man mit dem landesüblichen Zinsfuß nicht auskommen wird. Nun liegt in der Normirung eines solchen höhern Zinsfußes zwar kein Wucher, da nur die Mitglieder eines geschlossenen Vereins sich dazu gegenseitig verpflichtet haben, und von dem Mehr theils gewisse, ihnen sonst obliegende Aufgaben decken, z. B. Verwaltungskosten theils für sich eine Reserve und Dividende aufsammeln. Doch drängt sich eine zweite Frage dabei auf: „Ob die durch einen solchen Zins zu bringenden Opfer nicht die den Betheiligten dagegen gewährten Vortheile übersteigen?“ – ein Bedenken, an welchem manche der derartigen Vereine gescheitert sind. Doch kann für denjenigen, welcher die praktischen Verkehrsverhältnisse kennt, nicht der mindeste Zweifel hierüber obwalten. Man forsche nur genauer nach, was unsere Handwerker und Arbeiter bei den Geldnegocianten zahlen müssen, wenn sie einmal auf kurze Frist einer mäßigen Summe bedürfen. Ein Thaler Zins für 20 Thaler Kapital auf vier Wochen, gilt hier für überaus billig, was auf das Jahr sechzig Procent austrägt. In vielen Fällen gäben die Leute gern mehr, wenn sie nur das Geld erhalten könnten. Das Wuchergesetz weiß man dabei Seitens der Gläubiger stets zu umgehen, so wie man sich Seitens der Schuldner wohl hütet, sich über die hohen Procente zu beschweren, da man sich das Wiederkommen bei Jenem sichern muß. In Erwägung dessen wurde daher anfänglich in den erwähnten Vereinen den Vorschußempfänger ein Zins von einen preuß. Pfennig (= 1/12 Neugroschen) vom Thaler auf die Woche berechnet (= 141/3 Procent auf das Jahr). Später, als sich das unverzinsliche Kapital und der Verkehr hoben, wurde dies in Delitzsch auf drei preuß. Pfennige vom Thaler auf den Monat (= 10 Procent auf das Jahr) ermäßigt, wogegen man in Eilenburg, mit Rücksicht auf die größeren Summen und längeren Fristen der Vorschüsse: 5 Procent eigentlichen Zins in jedem Falle und außerdem 3 – 5 Procent Provision, für Verwaltungskosten etc., also 8 – 10 Procent auf das Jahr zusammen von den Schuldnern einzog, je nachdem der Vorschuß nur bis 20 Thaler betrug und in wöchentlichen Terminen zurückgezahlt wurde, oder, bei höhern Beträgen unter oder über drei Monat ausgeliehen war. Daß diese Sätze von 8 – 141/3 Procent bedeutend niedriger sind, als dasjenige, was die Mitglieder außerhalb des Vereins zahlen müssen, ist sicher. Auch beim höchsten Satze von einem Pfennig vom Thaler auf die Woche beträgt der Zins von 20 Thalern auf vier Wochen nur – 62/3 Neugroschen, bei dem Satze von drei Pfennigen auf den Monat, welcher die Regel bildet, nur – 5 Ngr. – eine Abgabe, der sich die Leute mit Freuden unterwerfen, und die gegen den Nutzen, den sie sich mit diesem Gelde im Geschäft verschaffen können, gar nicht in Betracht kommt. Daß die Vorschüsse bei dem im Kleingewerbe bedingten rascheren Umsatz meist nur auf kürzere Fristen gebraucht werden, kommt dabei sehr mit in Anschlag.

Hält man diese Sätze bei Verzinsung der Vorschüsse fest, so bleibt, nach Deckung aller Unkosten, noch eine nahmhafte Summe als Reingewinn für die Mitglieder übrig, selbst wenn man einen Theil davon dem Reservefond zuschlägt. Wie wichtig diese Dividende für die Vereinszwecke wird, besonders wenn man sie, wie die genannten Vereine, den Mitgliedern nicht baar herauszahlt, sondern gutschreibt, möge man aus Folgendem entnehmen. Wie wir sahen, entstand durch die monatlichen Beisteuern ein Guthaben der Mitglieder in der Vereinskasse, und diesem schreibt man die am Jahresschlusse sich ergebende Dividende zu. Dieses Guthaben der Einzelnen wird als ein Theil des Betriebsfonds im Geschäft gewagt, indem es gegen die Forderungen der Vereinsgläubiger zurücktritt. Tragen demgemäß die Mitglieder vorzugsweise mit ihrem Guthaben die Gefahren des Kassengeschäfts, so ist es nicht mehr als gerecht, daß auch dessen Gewinn, die Dividende, nach Höhe desselben, und nicht nach Köpfen, unter sie vertheilt werde., Der Reiz, welchen alsdann eine solche, einigermaßen beträchtliche Dividende auf Erhöhung der Beisteuern, also auf das Sparen, selbst bei sonst ganz Unbemittelten, ausübt, ist außerordentlich. So wurden in Delitzsch in Folge davon die Monatssteuern um Mehr als das Doppeite erhöht, und die Beschränkung des Guthabens bis auf einen höchsten Betrag von 16 Thaler nothwendig, wollte man nicht den Bemittelteren einen zu großen Vorsprung hierbei vor den Unbemittelteren gestatten, und letztere an der Dividende unverhältnißmäßig verkürzen. So wird das ganze Vereinsvermögen allmälig auf Actien der Mitglieder übergeführt, deren volle Einzahlung beim Eintritt der Meisten unmöglich fallen würde, weshalb man sie ihnen durch Aufsammlung ihrer Monatssteuern und Gewinnantheile erst bilden muß.

Wegen Leitung der Vereinsangelegenheiten, insbesondere wegen [517] der so wichtigen Kassen- und Buchführung kann hier nur das Allgemeinste bemerkt werden. Im Ganzen üben die Vereine in den Generalversammlungen aller Mitglieder die beschließende Gewalt, somit die Oberaufsicht über die Verwaltung, welche letztere gewissen Vorständen und Ausschüssen anvertraut ist, von denen die eigentlichen Kassenbeamten (mindestens ein Kassirer und ein Controleur) besoldet und zu genauer Buchführung und Rechnungslegung verpflichtet sind. Ueberhaupt kann ich mich umsomehr des Eingehens in die Details enthalten, als so eben ein der Verlagshandlung dieser Blätter eine ausführliche Schrift darüber:

     Vorschußvereine als Volksbanken. Praktische Anweisung zu deren Gründung und Einrichtung von Schulze in Delitzsch
zu dem geringen Preise von – 10 Ngr. – erschienen ist, welche den Gegenstand in erschöpfender Weise behandelt und zugleich Statuten, Geschäftsformulare, Schemata zur Buchführung, kurz alles Mögliche mittheilt, was bei Gründung solcher Vereine irgend von Nutzen sein kann. Als Beleg für die von mir entwickelten Ansichten möge aus den in dieser Schrift gegebenen Rechnungsnachweisen über die erwähnten Vereine das Nachstehende eine Stelle finden.

Der Vorschußverein in Eilenburg (Fabrikstadt von 10,000 Einwohnern im preuß. Herzogthum Sachsen) Ende 1850 mit 180 Mitgliedern aus dem Handwerker- und Arbeiterstande ohne Unterstützung von irgend einer Seite gegründet, wuchs 1851 auf 390, 1852 auf 582, 1853 auf 650, 1854 auf 714 Mitglieder, welche – 1 Sgr. – Monatssteuer entrichten, seit 1853 aber auch mehr einlegen dürfen. Der Verein erfreute sich von seiner Stiftung an eines immer wachsenden Kredits, und flossen ihm darlehnsweise an fremden Gelder zu:

im Jahre 1851 5,943 Thlr., wovon 1,946 Thlr. Sgr.,
0"       " 1852 5,914 0 "  " 3,521 0 " 0 "
0"       " 1853 13,334 0 "  " 6,261 0 " 0 "
0"       " 1854 26,685 0 "  " 13,027 0 " 26 0 "
zurückgezahlt wurden.
zusammen: 51,878 Thlr., wovon 24,755 Thlr. 26 Sgr. zurückgezahlt sind.

Mit diesen Geldern wurde es möglich, folgende baare Vorschüsse an die Mitglieder zu gewähren:

im Jahre 1851 8,801 Thlr. 29 Sgr. Pf.
0"       " 1852 13,366 0 " 5 0 " 0 "
0"       " 1853 21,621 0 " 2 0 " 1 0 "
0"       " 1854 25,661 0 " 4 0 " 5 0 "
zusammen: 69,450 Thlr. 10 Sgr. 6 Pf.

Von den Vorschußempfängern gingen im Jahre 1854 mit Ausschluß der Reste ein:

768 Thlr. 5 Sgr. 11 Pf. eigentliche Zinsen à 5 Procent,
595 0 " 24 0 " 0 " Provisionen à 3 – 5 Procent
1363 Thlr. 29 Sgr. 11 Pf. zusammen,

und wurden die Gehalte der Beamten dadurch aufgebracht, daß man von den eingegangenen Provisionen an 595 Thlr. 24 Sgr. dem Kassirer 1/2, dem Director und Controleur 1/4, den Ausschußmitgliedern 1/12 gewährte, das übrige 1/6 aber der Kasse zur Deckung der sonstigen Unkosten und Verstärkung der Dividende überwies. Das Guthaben der Mitglieder betrug an Monatssteuern und frühern Dividenden Ende 1853 718 Thlr. 10 Sgr. 10 Pf., hierzu traten 73 Thlr. 27 Sgr. 3 Pf. Reingewinn etc. 1853, welche mit 60 Thlr. 5 Sgr. 5 Pf. als Dividende zugeschrieben und mit 13 Thlr. 21 Sgr. 10 Pf. zur Reserve geschlagen wurde, so daß die letztere sich auf 60 Thlr. 24 Sgr. 3 Pf. erhöhte. Der Reinertrag des Geschäfts pro 1854 stellt sich ungefähr eben so, doch war, als die Schrift verfaßt wurde, der Rechnungsabschluß noch nicht erfolgt. Da im Jahre 1854 326 Thaler 9 Sgr. 7 Pf. Monatssteuern eingekommen waren, so stellte sich der Betriebsfond Ende 1854 auf circa 28,000 Thaler heraus, wovon gegen 1200 Thaler als Guthaben und Reserve den Mitgliedern gehörten.

Das Angeführte ergiebt, daß der Verein durch seine Erfolge in den Stand gesetzt worden ist, über das Bedürfniß der Handwerker und Arbeiter, die ihn gründeten, hinauszugehen und weitere Kreise des bürgerlichen Verkehrs in seine Wirksamkeit hereinzuziehen. Um auch bedeutendere Geschäfte nicht zurückzuweisen, bedurfte er ansehnlicher Baarvorräthe, weshalb er Geldofferten niemals zurückweist, auch wenn sie das vorhandene Kassenbedürfniß übersteigen.

Vielmehr suchte man die Kasse zu einem Mittelpunkt für alle müßige Gelder in einem gewissen Kreise zu machen, und trat mit einigen Banquiers in Verbindung, bei denen die Ueberschüsse zinsbar angelegt wurden, was z. B. im Januar d. J. mit 6000 Thalern der Fall war. Unter diesen Umständen mußte man sich aber auch entschließen, Vorschüsse auf längere Fristen, bis zu neun Monaten und ein Jahr zu geben, was in Verbindung mit den höhern Beträgen wiederum auf den Zinsfuß zurückwirkte, den man sich mit den erwähnten höchst zweckmäßigen Modificationen zu reduciren entschloß, um sich nicht derartige Geschäfte von vorn herein abzuschneiden. Natürlich konnte diese auf die Dividende nicht ohne Einfluß bleiben, welche dadurch ebenfalls eine Verminderung erlitt, so daß, wie im Verhältniß zu der bedeutenden Mitgliederzahl geringen Monatssteuerbeträge ergeben, eine wesentliche Anregung davon zur Verstärkung dieser Steuern nicht ausging.

Einen andern Verlauf nahmen die Dinge in Delitzsch, einer nicht bedeutenden Landstadt von 5000 Einwohnern, in Eilenburgs Nachbarschaft, wo der Vorschußverein, zwar schon im Frühjahr 1850 gegründet, doch erst im Herbst 1852 auf der besprochenen gesunden Grundlage reorganisirt wurde und in Thätigkeit trat. Die bis auf 30 gesunkene Mitgliederzahl hob sich Ende 1852 auf 100, 1853 auf 175, 1854 auf 210. Doch blieb der Verkehr wesentlich auf das Kleingewerbe der unbemittelteren Einwohner beschränkt, indem die Wohlhabenderen, welche genügende Sicherheiten bestellen können, die mit der städtischen Sparkasse seit 1854 verbundene Darlehnskasse benutzen. So behielt der Verein einen scharf abgegrenzten, auf das Bedürfniß einer bestimmten Klasse berechneten Charakter. Im Gegensatz zu Eilenburg nimmt die Kasse daher keine Gelder über den Bedarf an, und da die Vorschüsse nur bis auf drei Monate gegeben und höchstens bis auf ebensolange prolongirt werden, so ist im Verhältniß zu dem Umsatze ein weit geringeres Betriebskapital nöthig, wie in Eilenburg. Deshalb treten denn auch die Monatssteuern der Mitglieder nebst der Dividende weit mehr in den Vordergrund, indem man die Kapitalbildung für die Mitglieder zu einer Hauptaufgabe macht. Das hat zur Folge gehabt, daß man in 5 bis 6 Jahren, bei irgend gedeihlichem Fortgange der Geschäfte, das ganze Betriebskapital durch das aufgesammelte Guthaben der Mitglieder darzustellen hoffen kann, wie die nachstehenden Daten aus den Rechnungen der besten Jahre bestätigen. Während der Umsatz seit 1850 bis zur Reorganisation kaum einige hundert Thaler auf das Jahr erreichte, hob er sich seitdem in folgender Weise, daß:

bis Ende 1852 244 Thlr.
im Jahre 1853 3261 Thlr. 15 Sgr.
im Jahre 1854 2935 0 " 29 0"
zusammen: 6441 Thlr. 14 Sgr.

darlehnsweise aufgenommen, davon 3808 Thaler wieder zurückgezahlt, und an Vorschüssen gewährt wurden:

im Jahre 1853 7,167 Thlr. 10 Sgr.
0"     " 1854 12,039 0 " 0"
zusammen 19,206 Thlr. 10 Sgr.

Der Rechnungsabschluß pro 1854 stellte sich dahin heraus:

334 Thlr. 1 Sgr. 11 Pf. eingegangene Zinsen der Vorschußempfänger à 10 Procent, wovon zu decken waren 111 Thlr. 14 Sgr. 2 Pf. Zinsen der Vereinsgläubiger, 130 Thlr. 22 Sgr. 9 Pf. Verwaltungskosten einschließlich der Besoldungen, 242 Thlr. 6 Sgr. 11 Pf. zusammen, so daß: 91 Thlr. 25 Sgr. Reinertrag des Geschäfts blieb. Davon wurden 88 Thlr. 27 Sgr. 6 Pf. den Mitgliedern auf die im Guthaben eines Jeden Ende 1853 begriffenen vollen Thalereinheiten als Dividende zugeschrieben, was, da 149 solcher Einheiten vorhanden waren, 171/2 Sgr. auf jeden Thaler betrug. Den Rest von 4 Thlrn. 27 Sgr. 6 Pf. schlug man zur Reserve. Das Gesammtguthaben aller Mitglieder betrug inclusive der erwähnten Dividende Ende 1854 558 Thlr. 15 Sgr., der Reservefond 235 Thlr. 18 Sgr. 3 Pf. In Folge der Dividende wurden aber im Januar 1855, sobald der Rechnungsabschluß pr. 1854 bekannt wurde, zur Abrundung des Guthabens, außer den gewöhnlichen Monatssteuern, über 200 Thaler von den Mitgliedern eingezahlt, so daß, da die gewöhnlichen Steuern 25 bis 30 Thaler allmonatlich betragen, das Guthaben Ende dieses Jahres, mit Einschluß der zu erwartenden Dividende, jedenfalls 1200 Thaler erreichen wird, was mit [518] Hinzurechnung des Reservefonds bereits mehr als ein Drittheil vom Betriebskapital ausmacht.

Nach alledem glaube ich in jeder Beziehung in das Urtheil des angeführten Buchs einstimmen zu müssen, das ich hier wörtlich mittheile.

„Um es kurz zusammen zu fassen,“ – sagt der Verfasser am Schlusse des zweiten Kapitels – „bestehen die Vortheile, welche dem kleinen Gewerbstande aus solchen Vereinen entstehen, darin, daß derselbe dadurch
     1) in den Stand gesetzt wird, jeden Augenblick eine den Verhältnissen angemessene baare Summe zu erhalten;
     2) daß ihm die hohen, wucherischen Zinsen erspart werden, die er bisher bei solcher Aushülfe, wenn er sie überhaupt fand, opfern mußte;
     3) daß der Gewinn des Vorschußgeschäfts, bisher das thatsächliche Monopol der Kapitalisten, in seine eignen Taschen zurückfließt, und nebst den kleinen, ihn nicht belästigenden Steuern, die Anfänge einer eignen Kapitalbildung zu seinen Gunsten bildet.

Nur auf solche Weise läßt sich ein vernünftiger, praktischer Ausgangspunkt bei Handhabung der sozialen Frage auffinden, der auch von der allerconservativsten Seite die Probe hält. Der systematischen Entzweiung von Arbeit und Kapital, zum großen theil der Frucht bitterer Noth und des Unverstands, so gefürchtet in ihren Konsequenzen, kann wohl nicht besser entgegengetreten werden, als wenn man den Arbeiter selbst der Vortheile des Kapitals theilhaft werden läßt, ihm die Bildung eines eignen Kapitals ermöglicht.“

Möchten die in dem Buche vertretenen Grundsätze, so schließe ich, das Beispiel so bedeutender Erfolge, zum Segen unseres Handwerker- und Arbeiterstandes eine recht ausgebreitete Nachfolge finden, und besonders dazu dienen, so manche einseitige Bestrebungen, welche von der Rückkehr zu den Beschränkungen voriger Jahrhunderte das Heil erwarten, aber die Unmöglichkeit ihrer Voraussetzungen zu belehren, da mit den Verkehrsformen, welche dem Stande der Dinge zu einer gewissen Zeit entsprachen, diese Zeit selbst nimmermehr zurückgeführt werden kann.