Textdaten
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Autor: E.
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Titel: Giftige Farben
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aus: Die Gartenlaube, Heft 8, S. 128
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[128] Giftige Farben. Daß unter den als Farben dienenden Stoffen manche giftige sich befinden, ist längst bekannt. Jede Mutter warnt ihr Kind, die buntbemalten Spielsachen, die Farbtäfelchen der Malkästen nicht in den Mund zu nehmen. Zu den längst als giftig bekannten Kupferfarben, als: Grünspan, Braunschweiger Grün, Bremer Grün etc., sind aber in neuerer Zeit arsenikhaltige so giftige Farben gekommen, daß im Verhältniß zu ihnen die erstgenannten Farben als unschuldig bezeichnet werden könnten. Die gefährlichste dieser Farben ist das durch seine Schönheit ausgezeichnete, von Sattler in Schweinfurt erfundene, sogenannte Schweinfurter Grün. Es übertrifft an Glanz und Feuer alle anderen grünen Farben und hat besonders den Vorzug, daß es auch bei künstlichem Lichte glänzend grün, beinahe schöner als am Tage erscheint. Es ist aber diese Farbe eins der gefährlichsten Gifte, welches 58 Procent weißes Arsenik, außerdem Kupferoxyd und Essigsäure enthält. Längere Zeit hat man diese Giftfarbe zur Färbung von Tapeten, Fensterrouleaux etc., ja sogar in einzelnen Fällen zum Bemalen von Kinderspielzeug und Conditorwaaren benutzt, bis die Behörden gegen solche Verwendungen einschritten. Tapeten mit Schweinfurter Grün gefärbt können auf doppelte Weise die Luft der Räume verderben. Einmal geben sie, besonders beim Abkehren und Abreiben, eben so wie die Rouleaux beim Aufziehen und Niederlassen, einen giftigen Staub, und sodann können sie in feuchten Räumen bei der langsamen Fäulniß des Leimes und Papieres Veranlassung zur Bildung arsenikhaltiger giftiger Gase geben. Was jenen Staub anbetrifft, so haben Tapezierer und Buchbinder, welche letzteren das Schweinfurter Grün zum Färben grüner Bücherschnitte zu benutzen pflegten, oft genug die schädlichen Wirkungen desselben erfahren. Er erzeugt Hautausschläge, Entzündung der Augen, des Schlundes etc. Seit die Behörden das Schweinfurter Grün mit allem Rechte zu vielen Anwendungen verboten haben und seine giftigen Eigenschaften bekannter geworden sind, hat aber keineswegs der Verbrauch desselben abgenommen. Im Gegentheil, die Fabrikation blüht nach wie vor. Wo das Schweinfurter Grün unter diesem Namen nicht auftreten durfte, da erschien es wieder unter dem Namen: Mitisgrün, Kaisergrün, Englisch Grün, Schwedisch Grün, Papagaygrün, Neuwieder Grün, Leipziger Grün, Brixner Grün und vielleicht noch unter anderen Bezeichnungen. Besonders spielt es in der neuesten Zeit eine Rolle auf Bällen, indem man es zum Färben von künstlichen Blättern zu Ballschmuck und zu Ballkleidern wegen seiner schönen Wirkung bei Abende benutzt. Nur arge Unwissenheit in Bezug auf die Natur der Farben oder Gewissenlosigkeit der Fabrikanten hat die abscheuliche Erfindung dieser Giftkleider machen können, welche die Luft bei jeder Bewegung mit Giftstaub erfüllen müssen.

In Leipzig sind neulich Ballkleiderstoffe, sogenannte Tarlatanes, untersucht und in Folge des Ergebnisses von der Behörde mit Beschlag belegt worden, welche zur Hälfte ihres Gewichtes aus Schweinfurter Grün bestanden. Die giftige Farbe haftete dem Zeuge so lose an, daß sie schon beim Reiben, besonders beim Zerreißen des Stoffes abstäubte und durch Waschen mit kaltem Wasser sich abspülen ließ. Sie war nur mit etwas Kleister auf das Zeug befestigt. Die Elle dieser Giftkleider wog zwanzig Grammen und gab zehn Grammen Schweinfurter Grün. Jede Elle enthält also zwei Drittel Loth des Giftes, und eine mit diesem verderblichen Stoffe bekleidete Balldame trägt, zufolge der Dimensionen eines heutigen Ballkleides, mindestens sechs Loth des gefährlichsten Giftes auf ihrem Körper, von welchem sie einen nicht unbeträchtlichen Theil in die Luft des Saales an einem Ballabende verstreut. Daß der Verfertiger oder die Verfertigerin des Kleides zuvor schon einen Theil des Giftes haben schlucken müssen, liegt auf der Hand. – Außer den grünen gibt es übrigens auch rothe arsenikhaltige Malerfarben, namentlich ein von den Zimmermalern benutztes sogenanntes Cochenilleroth, welches wesentlich arseniksaure Thonerde enthält. So drängen sich von allen Seiten Gift und Krankheit unter glänzender Hülle an den Menschen!

E.