« Die fünf Titularäbte Limmer, Francisci, Wolschendorf, Wickner und Mehlführer Geschichte von Kloster Heilsbronn
Adam Francisci »
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1. Konrad Limmer,[1]

der erste Titularabt von 1579 bis 89, geboren 1522 in Neustadt an der Orla, war daselbst mehrere Jahre lang Schulrektor und lutherischer Pfarrer. Verwickelt in die dogmatischen Streitigkeiten der lutherischen Theologen in Sachsen, verließ er sein Vaterland und wurde Pfarrer in Ansbach, von wo aus er, 57 Jahre alt und kränkelnd, nach dem Tode des letzten Klosterabts und nach Auflösung des Klosters vom Markgrafen Georg Friedrich nach Heilsbronn als „Abt“ befördert wurde, wo ihn der Generalsuperintendent Francisci einsetzte. Er zog mit Frau und zwei erwachsenen Töchtern nicht in die neue Abtei (jetzt Schulgebäude), welche bereits markgräfliches Absteigquartier geworden war, sondern in die für ihn und seine Angehörigen zugerichtete alte Kornschreiberei, jetzt Haus Nr. 15. Seine Wohnung bestand in zwei Zimmern, zwei Kammern und einer Küche; seine Besoldung in 200 fl. baar. Eine seiner beiden Töchter heirathete den Doktor Juris Polland von Heidelberg, die andere den Magister und Hofprediger Pesser in Königsberg. Letzterer wurde vom Markgrafen, der sich als stellvertretender Regent des Herzogthums Preußen oft in Königsberg aufhielt, i. J. 1581 „zur Verrichtung einiger Sachen“ nach Onolzbach gesendet und nebst Frau von Klosterpferden nach Königsberg zurückgeführt. Limmer fand in Heilsbronn [3] nicht die gewünschte Ruhe. Zuerst beunruhigte ihn der Abt von Ebrach, welcher als Visitator des Klosters bisher bei jeder Abtswahl einen Gaul zum Geschenk erhalten hatte und nun gleichfalls beanspruchte. Daß es zur Zeit der Klosteräbte wirklich so gehalten wurde, ergab sich aus den Akten des Klosterarchivs; Statthalter und Räthe des in Königsberg weilenden Markgrafen dekretirten daher, dem Verlangen des Abts von Ebrach stattzugeben. Demzufolge wurde der beste reisige Gaul aus dem Marstall zu Heilsbronn mit schönem Sattel und Zeug an den ebrachischen Kastner Ral in Nürnberg ausgeliefert, jedoch mit dem Bemerken: „nicht aus Gerechtigkeit, sondern aus gutem Willen,“ wogegen aber der Abt von Ebrach in einem Notariatsinstrument sofort protestirte. Eine Korrespondenz anderer Art veranlaßte in den ersten Wochen nach Limmers Eintritt die Schopper’sche Schule und deren Visitation und Reform. Hierüber, so wie über die Fürstenschule, die gleich bei ihrer Gründung dem Abt Limmer viel Verdruß bereitete, wird im folgenden IX. Abschn. berichtet werden. Weit empfindlicher berührte ihn jedoch die von Jahr zu Jahr zunehmende Entsittlichung und der allgemein herrschende Nothstand, welcher im Todesjahr des letzten Klosterabts 1578 durch eine ergiebige Ernte noch einigermassen gelindert, aber in Folge einer unergiebigen Ernte i. J. 1579, da Limmer als Abt eintrat, außerordentlich gesteigert wurde. Über die deßfallsigen Verhandlungen und Maßnahmen ist in den Beitr. S. 192 bis 97 berichtet worden. Im zweiten Jahr nach seinem Amtsantritt berichtete Limmer gemeinschaftlich mit dem Verwalter und dem Richter am 1. Juni 1580 an die Regierungsräthe: „Es steht geschrieben: Wer seine Ohren verstopfet vor dem Schreien des Armen, dessen Schreien wird sich Gott auch nicht erbarmen. Euer Gnaden werden sich zu berichten wissen, welchergestalt wir vielmals berichtet haben, daß allgemein Klagen, Schreien und Weinen in dieser theuren Zeit und Hungersnoth bei den Unterthanen ist. Denn ihnen das Wildpret ihr Getreid verdirbt und sie durch Hagel und Ungewitter, durch Abgang von Pferden und Vieh, durch Brandschatzung und andere Auflagen dahin gekommen [4] und also verarmt sind, daß sie Getreid zu kaufen nicht vermögen. Ob nun wohl etlichermassen ihnen vom Kasten allhie aufgeholfen wurde, so ist ihnen damit doch nicht geholfen gewesen; daraus erfolgt, daß gesessene Bauersleute mit Weib, Kind und Gesind vor unser Kloster kommen und das Almosen suchen. Es haben diese Woche Bauern, die vom Kasten Getreid begehrt, sich mit bösen Worten hören lassen, als ich, Verwalter, mit gelinden Worten ihnen vermeldet, daß ich kein Getreid mehr abgeben könne: Weil man ihnen nicht helfen wolle und hätte Getreid, das sie bauen und der Herrschaft geben mußten, verkauft, während sie mit den Ihrigen Hunger leiden, des Tages hart arbeiten und des Nachts vor dem Wild wachen müßten: so wollten sie Maid und Knecht, Weib, Kind und Alles dem Kloster heimweisen. Also besorgen wir uns künftigen Aufruhrs. Als wir verschienenen Frühling auf fürstlichen Befehl hundert Simra Korn auf baar Geld gen Schwabach verkauft, aber nichts auf Anschlag den Bauern gegeben, da ließ sich ein deutschherrischer Unterthan ungescheut vernehmen: Wenn wir die 100 Sra. mit des Klosters Pferden gen Schwabach führen würden, so sei die Glocke schon gegossen und die Bauern würden das Getreid unsern Knechten mit Gewalt nehmen. Wie sollen wir uns nun verhalten? Sollen wir den noch geringen Vorrath den hungernden Bauern geben, oder vom Almosen abbrechen? Wir besorgen uns eines Einfalles oder Aufruhrs. Die Noth ist so groß, daß wir nicht mehr wissen, wo wir hinaus sollen.“ Zu diesem Elend kam 1584 im Orte Heilsbronn selbst die Pest, wie oben Abschn. VI, 21 berichtet wurde. Hungersnoth und Theuerung währten fort. 1586 berichtete Limmer mit seinen Kollegen: „In diesen theuern Jahren und großer Armuth der Unterthanen sind die Gülten bei dem heutigen Mißwachs unmöglich einzubringen. Überdies finden wir bei den Unterthanen so großen Ungehorsam und Halsstarrigkeit, dergleichen wir zuvor nicht begegnet. Die Unterthanen lassen der Herrschaft Güter ganz zu Grunde gehen, liegen täglich in den Wirthshäusern, fressen und saufen, bauen nichts im Feld, hilft weder Straf noch Vermahnung. Wissen uns nicht zu rathen und zu helfen.“

[5] Drei Jahre darnach kam über Limmer eine Trübsal anderer Art, veranlaßt durch ein Lehrbuch Melanchthon’s, welches (s. den folgenden Abschnitt) bei Errichtung der Fürstenschule eingeführt worden war, Jahrelang gebraucht wurde, nun aber wieder abgeschafft werden sollte, weil es einige nicht streng lutherische, sondern calvinistische Lehrsätze enthalte. Limmer und einige Andere, z. B. der Prediger Lei in Heilsbronn, erklärten sich für die Beibehaltung des Buches, sonach für die melanchthonisch-calvinistischen Lehrsätze. Man hielt für bedenklich, ihm ferner die Leitung der strenglutherischen Fürstenschule anzuvertrauen und beschloß, ihn zu quiesziren. Limmer trat im Herbst 1589 mit einem Ruhegehalt von 100 fl. jährlich in Quiescenz. Weiter wurde über ihn beschlossen, daß er noch während des Winters Heilsbronn verlassen sollte, um so mehr, da der strenglutherische Francisci zu seinem Nachfolger ernannt wurde und bald von Ansbach nach Heilsbronn übersiedeln sollte. Auf seine Bitte, ihn während des Winters noch in Heilsbronn zu lassen, berichteten Verwalter und Richter am 10. Febr. 1590 an den Markgrafen: „Nachdem E. F. Durchlaucht befohlen haben, dem gewesenen Prälaten, Herrn Limmer, anzuzeigen, die Abtei zu räumen und was er zu seinem Gebrauch gehabt, zu hinterlassen, ist er erbötig gewesen, was ihm an Hausrath, Kleidung etc. anvertraut worden, des Klosters Petschaftring und andere Stücke von sich zu geben, so hat er solches dem Verwalter eingeantwortet. Was aber das Räumen des Klosters anbelangt, hat er sich zum allerhöchsten beschwert, weil er ein alter schwacher Mann sei, dem bei diesem kalten Winter zu reisen und anjetzo das Kloster sobald zu räumen, unmöglich sei. Derwegen hat er gebeten, mit ihm noch eine Zeit lang Geduld zu tragen und ihm auf dem Siechhaus (jetzt Haus Nr. 40 bis 43), da vier Räumlein mit Stube und Kammer sind, seine Wohnung eine Zeit lang zu vergönnen, bis die Sommer- und Wettertage herbeikämen, da er mit besserer Gelegenheit reisen könnte, mit dem Erbieten, daß er einem künftigen Herrn Abt nicht beschwerlich sein, noch viel weniger in die Läng allhier verharren wolle. Dagegen haben wir ihm vermeldet, daß es nicht wohl [6] füglich sei, weil er seinen Ein- und Ausgang allernächst bei der Hofküche haben müßte, und daß es einem künftigen Prälaten nicht gelegen sein möchte, so nahe und unter Einem Dache nebeneinander zu wohnen. Wir haben ihm dagegen vorgeschlagen, in das Wirthshaus zu ziehen, oder in das schöne Häuslein (jetzt Hs. Nr. 26) auf dem Kirchhof, so vor Zeiten Meister Kaspar Balbirer inne gehabt, wenn es nicht dem deutschen Schulmeister eingeräumt wird. Dagegen zeigt er an, wie beschwerlich es ihm sei, in ein offenes Wirthshaus zu ziehen, er bitte um die Wohnung im Siechhaus oder im schönen Häuslein. Wir schlagen für ihn das Wirthshaus vor und bitten um Entscheidung.“ Limmer erhielt seine Wohnung im schönen Häuslein, starb darin nach zwei Jahren, 70 Jahre alt, und wurde in der Klosterkirche, der Grabstätte des letzten Klosterabts Wunder gegenüber, beerdigt. Seine Wittwe erhielt auf fürstlichen Befehl eine jährliche Pension von acht Gulden aus der Klosteramtskasse, zwei Simra Korn und Brennholz. Auf seinen Leichenstein schrieb man: Conradus situs est sub hoc sepulcro Limmerus. Novus ille primus abbas Christi, non Latii Baalis abbas. Vixit annos 70, obiit A. D. 1592. Der Prediger Lei (Abschn. VI, 21), welcher ihn beerdigte, schrieb Folgendes in die Pfarrmatrikel: „1592 den 19. Aug. ist in Christo selig entschlafen Herr Magister Conrad Limmer, der andere (erste) evangelische Abt des Closters allhier, ist bürtig gewesen aus Neustadt an der Orla im Abtsstand 10 Jahr, folgends als ein Privatperson noch bis ins dritte Jahr gelebt pie, tranquille et pacifice, tandem appoplexia correptua placidissime expiravit 70 Jahre, 5 Monate, 2 Tage alt. Cui pietatis et memoriae erga hosce epitaphicos feci versiculos:

Hic, Limmere pater, post ultima fata quiescis,
Cui data per vitae tempora nulla quies.
Tempera quae septem vicere decennia quinis
Mensibus, o vitae stamina longa brevis.
Te labor atque dolor, te vexavere tot annis
Curae multiplices et genus omne mali.

[7]

Nulla quies orbi est, felix cuicunque beata.
Contigit in coeli sede quiete frui.

Die ofterwähnten Kopisten von circa 1600 bemerkten bei der Mittheilung dieser Worte: Epitaphium in publica concione recitatum in exequiis Conradi Limmeri, abbatis hujus monasterii 35 (36) a magistro Conrado Leio, poeta laureato. Die Kopisten theilten ferner mit: zwei lateinische zehnzeilige Carmina ähnlichen Inhalts, dann Limmers tägliche, an seinen Heiland gerichtete Bitte um Erlösung aus seinen Erdenleiden durch den Tod. Das Gebet besteht aus zwölf gereimten Zeilen. Limmer erscheint durchweg als ein ehrenwerther, friedlicher, frommer Charakter. Die in Neustadt an der Orla und in Heilsbronn bei der Fürstenschule vorherrschende exklusiv–lutherische Richtung, mit welcher er sich nicht befreunden konnte, hatte an beiden Orten seine Amtsentlassung zur Folge.



  1. Vgl. Stillfried S. 48.
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