Geschichte von Kloster Heilsbronn/Die untern Volksklassen
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Das religiös-sittliche Volksleben in und um Heilsbronn erscheint im ganzen Reformationsjahrhundert auf einer sehr tiefen Stufe. Die Äbte in dieser Periode sprechen sich in den vielen, oben mitgetheilten Mandaten dahin aus, daß das Volk allenthalben, in Heilsbronn insonderheit, immer zügelloser werde. Vergebens boten sie Alles auf, um dem rohen Treiben auf der Gasse und im Wirthshause während der Gottesdienste Einhalt zu thun. In den Familien und im öffentlichen Verkehr herrschten Rohheit und Entsittlichung. Der Schafmeister und sein Geselle wurden wegen Nothzucht mit Gefängniß bestraft; der Klosterschmied Mayr, ein Familienvater, wegen Ehebruchs, nachdem alle Warnungen fruchtlos waren; der Gemeindeschmied von Weiterndorf und drei Andere daselbst wegen vieler böser Thaten. In Folge von Wein und Würfelspiel wurde Murr von Gottmannsdorf vom Müller Laubner von Aich im Klosterwirthshause mit einem Schrotbeil erschlagen. Die Sache wurde in Onolzbach verhandelt, Laubner auf beiderseitige Fürbitte aus dem Gefängniß entlassen und lediglich damit bestraft, daß er an die Wittwe des Erschlagenen eine Baarsumme zahlen mußte. Die Baderin und die Viehmagd haderten miteinander in der rohesten Weise. „Vischer hat dem Egersdorfer vor der Scharstube in der Abtei eine Hand abgehauen“, berichtet Hartung. Der Bader Vogt verspielt sein Geld und seines Kindes Pathengeld, wird mit Gefängniß bestraft, dann auf Urphed entlassen. Im Klosterwirthshause blutige Schlägerei zwischen dem Klostermetzger, dem Gerichtsknecht und den zwei Thorwarten; daher Gefängnißstrafe, der Gerichtsknecht wegen [104] Ehebruchs seines Dienstes entlassen. Apollonia Scherzer und Leonh. Beck zu Heilsbronn werden wegen Hurerei und Ehebruchs auf fürstlichen Befehl mit Thurm und Landesverweisung bestraft. Kastenmesser Brodwurm und Konsorten werden nach gütlichem und peinlichem Verhör wegen Dieberei bestraft. Der Steinhof, damals das einzige Wirthshaus in Heilsbronn, eine Pachtwirthschaft, war fortwährend der Schauplatz von Exzessen aller Art, welche durch liederliche Wirthschaftspächter begünstigt wurden. Einer derselben, Weigenast, verdarb wegen liederlicher Haushaltung, zog nach Weißenbronn, wo er als Pachtwirth abermals verdarb. Eben so üppig und verschwenderisch wirthschaftete sein Nachfolger, Bened. Faber, welcher nicht bloß Pachtwirth in Heilsbronn, sondern auch Organist und obendrein bei seinem Vetter, dem Klosterverwalter Cornberger, Vormundschaftsschreiber war. Cornberger hatte seinem Vetter und Vormundschaftsschreiber Geld geliehen. Um wieder zu seinem Gelde zu gelangen, überredete er sechs Vormünder in seinem Amtsbezirk, Kindsgelder dem Bedrängten zu leihen. Ja er bedrohte die Vormünder mit dem Thurm, wenn sie das Darlehen verweigern würden, und formulirte die Schuldscheine anders, als mündlich verabredet worden war. Die Vormünder und deren Bürgen brachten die Sache an den Markgrafen mit der Bitte: die Darlehen von den reichen Relikten des inzwischen verstorbenen Klosterverwalters zu erheben. Außer den sechs Vormündern wurden noch viele andere Männer vernommen, und diese erklärten, daß Cornberger auch sie zur Bürgschaftleistung beredet und ihnen vorgespiegelt habe: es sei nur eine Scheinbürgschaft, er werde sie schon gegen Schaden schützen. Es folgte Verhaftung des Wirthes und Amtsentlassung des Verwalters, welcher seine Wohnung vorläufig im Burggrafenhause (jetzt Pfarrhaus) erhielt und daselbst noch vor dem völligen Austrag der Sache starb. Mit diesem aktenmäßigen Charakterbild Cornberger’s steht nicht im Einklang folgende Grabschrift auf seinem Leichenstein in der Klosterkirche: Prudentissimo atque integerrimo viro domino Bartholomeo Cornbergero, fontium salutarium annos circiter 20 curatori, pie defuncto [105] 22. Jan. 1587. Über das Verhalten der Dienstbothen in Heilsbronn schrieb Cornberger in einem seiner letzten Berichte an die markgräflichen Räthe: „Nichts will einen Fortgang gewinnen; allenthalben geht es im alten Trapp. Das Gesinde gibt wenig auf mein Gebieten und Verbieten. Alt und Jung, Jedes thut seines Gefallens, was es will. Ich halte dafür, daß mit den jetzigen Knechten, welche des Müßiggehens gewohnt sind, keine Ordnung zu machen sein wird. Derwegen ich bedacht, die uns gehorsamen, halsstarrigen und nichtsnutzigen Knechte abzuschaffen und andere zu bestellen, mit welchen der Herrschaft Bestes geschafft wird.“
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