Gerechtigkeit in der Steuerverteilung

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Autor: F. W. R. [Friedrich Wilhelm Rudolph] Zimmermann
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Titel: Gerechtigkeit in der Steuerverteilung
Untertitel:
aus: Handbuch der Politik Zweiter Band: Die Aufgaben der Politik, Achtes Hauptstück: Die öffentlichen Lasten und Schulden, A. Lasten, 37. Abschnitt, S. 71−83
Herausgeber: Paul Laban, Adolf Wach, Adolf Wagner, Georg Jellinek, Karl Lamprecht, Franz von Liszt, Georg von Schanz, Fritz Berolzheimer
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1914
Verlag: Dr. Walther Rothschild
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Erscheinungsort: Berlin und Leipzig
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Achtes Hauptstück.


Die öffentlichen Lasten und Schulden.




A. Die Lasten.




37. Abschnitt.


Gerechtigkeit in der Steuerverteilung.
Von
Finanzpräsident Dr. F. W. R. Zimmermann zu Braunschweig.


Literatur. 1. Begriffsbestimmung. 2. Relativität der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung. 3. Eigenart der Jetztzeit. Keine Einheitssteuer. 4. Steuersystem. 5. Oberste Steuerprinzipien. a) Finanzpolitische Prinzipien. b) Volkswirtschaftliche Prinzipien. c) Prinzipien der Gerechtigkeit. d) Prinzipien der Steuerverwaltung. 6. Gerechtigkeit im Steuersystem und in den einzelnen Steuerarten. 7. Steuersystem der einzelnen Steuergewalten und Gesamtsteuersystem. 8. Einfluss des historischen Entwicklungsgangs. 9. Verhältnis der obersten Steuerprinzipien zu einander. 10. Besondere Schwierigkeiten in der Verwirklichung. 11. Endergebnis.

Literatur:

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Eheberg, Handwörterbuch der Staatswissenschaften. 2. Aufl. Bd. VI S. 1125 ff. –
von Heckel, Lehrbuch der Finanzwissenschaften. Bd. I S. 144 ff. –
Roscher, System der Finanzwissenschaft. 3. Aufl. S. 186 ff. –
Schäffle, Die Steuern. Bd. I S. 35 ff. S. 330 ff. Bd. II S. 16 ff. –
von Stein, Lehrbuch der Finanzwissenschaft. Bd. I S. 455 ff. –
Wagner, Finanzwissenschaft. Bd. II S. 247 ff. –
Des Weiteren zu vergleichen die besonderen Literaturnachweise bei Eheberg a. a. O. S. 1164 und bei Wagner a. a. O. S. 292, 332, 372. 389, 428, 469.

1. Begriffsbestimmung.

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Die Steuern sind – um der kurzen aber treffenden Definition von Mayrs zu folgen – allgemeine Geldbeiträge der Bevölkerung, welche zur Bestreitung des öffentlichen Aufwands kraft der Finanzhoheit erhoben werden. Die Steuer ist aber nicht etwas von selbst Gegebenes, ohne weiteres in den öffentlichen Einrichtungen nach jeder Richtung Begründetes; sie muss vielmehr, wie sie kraft der Finanzhoheit erhoben wird, von der die Finanzhoheit ausübenden Stelle, also im wesentlichen und nach dem Ausgangspunkt vom Staat, besonders festgelegt und im einzelnen geregelt werden. Daraus ergibt sich als eine in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzende Aufgabe des [72] Staats und der öffentlichen Verbände innerhalb desselben die Steuerpolitik, das ist in sachgemässer Ausübung eine folgerichtige Behandlung und Ausgestaltung der Steuer und der Steuerauflegung. Durch eine solche Steuerpolitik muss die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung zum Ausdruck gebracht werden, die sich danach als etwas sehr viel weiter gehendes und umfassenderes wie die unten zu berührende Gerechtigkeit unter den sogenannten obersten Steuerprinzipien darstellt. Unter Gerechtigkeit in der Steuerverteilung haben wir alles zu verstehen, was darauf hinzielt, die Steueranforderungen des Staats und der öffentlichen Verbände mit der Steuerkraft und den wirtschaftlichen und sonstigen Verhältnissen der steuerpflichtigen Bevölkerung sachgemäss in Einklang zu bringen.

2. Relativität der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung.

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Diese in der Gerechtigkeit der Steuerverteilung liegende Steuerpolitik ist aber ebenmässig nichts Abstraktes, für alle Zeiten gleichförmig Festliegendes, sondern sie ändert sich, wenn auch unter Umständen nur bis zu einem gewissen Grade, mit dem Entwicklungsgang der im Staat vereinten öffentlichen und privaten Wirtschaften, mit der Entfaltung der inneren politischen und sozialen Verhältnisse beziehungsweise der Volkswirtschaft überhaupt. Dem allen hat sie sich stets mehr oder weniger eng anzugliedern und muss danach für die einzelnen unterschiedlichen Zeiträume stets eine entsprechende Umgestaltung erfahren, wie ja auch Steuer und Besteuerung selbst in ähnlicher Weise einem inneren Wechsel unterliegen. Diesen Werdegang näher zu verfolgen oder im allgemeinen darzulegen, würde uns hier zu weit führen; der Hinweis darauf, dass er stattgefunden, muss genügen, womit gleichzeitig angedeutet ist, dass die Entwicklung fortläuft und weitere Verschiebungen in der Steuerpolitik zeitigen wird. Wir können unsere Betrachtung nur auf der derzeitigen allgemeinen Lage, auf den Verhältnissen des neuzeitigen entwickelten Staatswesens mit seiner staats- und volkswirtschaftlichen Grundlage, seiner Rechts- und Gesellschaftsordnung aufbauen, wobei allerdings in Einzelfragen ein Rückblick auf die Vergangenheit wie ein Ausblick in die Zukunft nicht ausgeschlossen sein dürfte.

3. Eigenart der Jetztzeit. Keine Einheitssteuer.

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Als in einem besonderen Masse für die augenblicklichen einschlagenden Verhältnisse eigenartig ist von vornherein hervorzuheben einmal das ausserordentliche und keineswegs bereits zu einem Abschluss gekommene Anwachsen des Steuerbedarfs, wie es überall in den modernen Staaten mit der schwierigeren Sicherung ihres Bestandes durch Heer und Flotte, mit dem stetigen Fortschreiten, Erweitern und Vertiefen ihrer kulturellen Aufgaben Platz greift und notwendigerweise Platz greifen muss, und sodann ferner der stets in sich verzweigter und verwickelter gewordene Stand der Volkswirtschaft mit seinen weitgehenden Verschiedenheiten im Volkseinkommen und im Volksvermögen, der sich durch die fortschreitende Entwicklung auf allen einzelnen wirtschaftlichen Gebieten herausgebildet hat. Wie diese in ihrer Einwirkung scharf vortretenden Sonderverhältnisse der Jetztzeit einerseits die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung besonders bedeutungsvoll machen, gleichzeitig aber auch in ihrer Durchführung nicht unwesentlich erschweren, so dürften sie andererseits schon allein und für sich die Möglichkeit einer Einheitssteuer, in welcher man rein theoretisch vielleicht die Verwirklichung einer Gerechtigkeit in der Steuerverteilung am einfachsten und zweckmässigsten erachten könnte, von vornherein ausschliessen, ohne dass, wie es tatsächlich der Fall ist, noch eine Reihe anderer Ausschliessungsgründe, die sich aus unserer weiteren Erörterung ergeben werden, hinzuzukommen brauchte. Weiter zusammenhängend die Unmöglichkeit einer Einheitssteuer, welche dem Bedürfnis und einer gerechten Steuerverteilung Rechnung tragen würde, nachzuweisen, werden wir uns bei der Einhelligkeit, mit welcher die Theorie – an eine praktische Durchführung ist wohl nie gedacht – solche anerkennt, versagen.

4. Steuersystem.

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Wir haben demnach als von Anfang an feststehend mit dem Vorhandensein einer Mehrheit von Steuern zu rechnen, einer Mehrheit, die unter der Einwirkung jener oben berührten Sonderverhältnisse [73] eine ausgebildetere und zersplittertere sein muss. Die Durchführung der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung bedingt aber wiederum, dass die Einzelsteuern, aus welchen sich die Mehrheit in der Gesamtbesteuerung zusammensetzt, nicht etwa ohne jede weitere innere Berührung zusammenhangslos lediglich nebeneinander gestellt sind, sondern dass sie im Hinblick auf das Ganze, das sie bilden sollen, eng ineinander gegliedert und in sich verbunden werden, dass sie in einen festen inneren Zusammenhang gebracht sind und so ein systematisches Ganzes ausmachen, in welchem sich die Gerechtigkeit der Steuerverteilung zu verwirklichen hat. So werden wir es also stets mit einem Steuersystem zu tun haben, in welchem eine mehr oder weniger grosse Anzahl von Einzelsteuern folgerichtig und zweckentsprechend behufs gerechter Steuerverteilung zusammengefügt sein muss.

Vollkommen ausgeschlossen wird es dabei erscheinen, ein sozusagen Normalsteuersystem zu allgemeiner Annahme zu bilden, in welchem eine Reihe als vorzugsweise berechtigt anerkannter Einzelsteuern unter sachgemässer Durchführung zum Ganzen ineinandergegliedert und gleichzeitig die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung für dieses Ganze voll zum Durchbruch gebracht wäre. Selbst bei mustergültigster Ausgestaltung würde ein solches Normalsteuersystem sich für jede etwaige praktische Durchführung als unbrauchbar erweisen, denn die Besteuerung als solche ist zu eng einerseits mit den tatsächlichen Verhältnissen und andererseits der historischen Entwicklung des einzelnen Gebietes verknüpft, als dass sie irgendwie eine Schematisierung, wie sie in dem Normalsystem liegen würde, vertragen könnte. Dementsprechend ist wiederum für jedes Gebiet eines besonderen Steuersystems oder für den Gesamtüberblick einer Mehrheit von Steuersystemen, unter welchen jedes einzelne seine Eigenart in verschiedenster Weise bald mehr bald weniger stark hervortreten lässt, Rechnung zu tragen.

Die praktische Lösung für unsere Frage wird dadurch zweifellos zu einer verwickelteren. Eine ähnliche tatsächliche Erschwerung liegt bei uns des ferneren in den besonderen deutschen Verhältnissen, dass wir hier in formeller Unabhängigkeit von einander einerseits die Finanzhoheit des Reiches und andererseits die der einzelnen Bundesstaaten haben, welche beide selbständig auf dem Gebiet der Besteuerung vorgehen und die Bevölkerung des Deutschen Reichs mithin in doppelter Weise steuerlich belasten, wozu des weiteren dann noch die in verschiedener Art mit Finanzhoheit ausgestatteten grösseren und kleineren öffentlichen Verbände in den Bundesstaaten hinzutreten. Unter dieser Mehrheit der Steuergewalten muss naturgemäss für die Gesamtbesteuerung der Deutschen Bevölkerung sich eine Gerechtigkeit in der Steuerverteilung um so schwieriger durchführen lassen.

5. Oberste Steuerprinzipien.

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Die theoretische Grundlage für die Frage nach der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung bilden die sog. obersten Steuerprinzipien, welche ihrem allgemeinen Gehalt nach wohl ziemlich übereinstimmend anerkannt worden sind, obgleich im einzelnen formell manche Abweichungen bestehen. Wenn wir dieselben nachstehend gesondert darstellen, so folgen wir dabei im wesentlichen der von Adolph Wagner angewandten Unterscheidung, die im allgemeinen weitere Anerkennung gefunden hat. Vorweg sei noch bemerkt, dass von vornherein hier und überhaupt bei Festlegung von Steuerprinzipien unter Steuer nur die formell und materiell zu Recht bestehende Steuer verstanden sein kann; lediglich für eine solche wird man grundsätzlich die Gerechtigkeit in der Verteilung erörtern können. Die Gesetzmässigkeit der Steuer, welche für das materielle und das formelle Steuerrecht gegeben sein muss, führen wir deshalb nicht mit unter den obersten Steuerprinzipien an; sie ist eine unumgängliche Vorbedingung der Besteuerung, wie sie für uns in Frage kommt, und ist hier ohne weiteres in dem Begriff der Steuer gegeben.

a) Finanzpolitische Prinzipien.

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Die finanzpolitischen Prinzipien ergeben sich aus der Stellung, welche die Steuern in der Finanzwirtschaft einnehmen, aus dem inneren finanziellen Zweck der Steuern, welche zur Deckung des den öffentlichen Gemeinwesen durch die Erfüllung ihrer Verpflichtungen [74] erwachsenden Finanzbedarfs, soweit eine solche nicht aus anderen Quellen erfolgen kann, dienen sollen.

Es ist daraus zunächst der Grundsatz der Ausreichendheit oder Zulänglichkeit der Steuer abzuleiten, welcher ohne weiteres als in der Natur der Sache begründet erscheint. Die Steuern in ihrer Gesamtheit müssen so zusammengefügt und wiederum in sich abgemessen sein, dass sie als Ganzes ihren Zweck erfüllen, mithin durch ihren Gesamtertrag jeweilig dem Finanzbedarf eine genügende Deckung bieten. Es hat dieses nach beiden Richtungen hin Bedeutung; das Bedürfnis muss voll befriedigt werden; ebensowenig wie der Steuerertrag hinter dem Finanzbedarf zurückbleiben darf, ist aber ein Überschreiten des letzteren zulässig.

Als zweites finanzpolitisches Prinzip ist die Beweglichkeit der Steuer anzuführen. Der durch die Steuern zu deckende Finanzbedarf ist kein in seiner Höhe stetig gleichbleibender. Einerseits bildet, wie schon oben bemerkt, das mehr oder weniger starke Anwachsen desselben, das in engem Zusammenhange mit der Vermehrung und Vertiefung der Aufgaben der öffentlichen Gemeinwesen steht, gewissermassen ein Kennzeichen der neueren Zeit; anderseits wird unter dem natürlichen Wechsel der Verhältnisse oder infolge ausserordentlicher Umstände der Finanzbedarf in den einzelnen Zeiträumen sich verschieden gestalten; er kann einzelne Jahre höher, einzelne Jahre niedriger werden. Diesen Veränderungen im Bedarf muss das Steuersystem von vornherein Rechnung tragen, weil ein Eingreifen in die Steuergesetzgebung, wie es sonst erforderlich sein würde, nur möglichst wenig geschehen darf. Da die einzelnen Steuerarten eine sehr verschiedene Beweglichkeit zeigen, so ist bei der Bildung des Steuersystems darauf zu achten, dass in demselben in einem entsprechenden Masse Steuern mit einer grösseren Beweglichkeit vertreten sind. Bei den Realsteuern ist die Beweglichkeit nur in sehr geringen Grenzen vorhanden, während Verbrauchs- und Ertragssteuern wie Einkommens- und Vermögenssteuern, desgleichen auch Verkehrssteuern sich stets bis zu einem gewissen Grade der jeweiligen allgemeinen und wirtschaftlichen Entwicklung anschliessen werden; bei steigender Bevölkerung, günstiger Entfaltung der Wirtschaftsverhältnisse, wachsendem Reichtum wird sich regelmässig eine Steigerung ihres Ertrages geltend machen und umgekehrt. Sehr zweckentsprechend und ausgiebig lässt sich das Prinzip der Beweglichkeit bei der Einkommens- und Vermögenssteuer durchführen, wenn das Steuergesetz nur einen bestimmten, niedriger gegriffenen Einheitssatz für die Steuer festlegt, dem jedesmaligen Finanzgesetz aber die Bestimmung darüber zuweisst, wie oft dieser Einheitssatz in der Finanzperiode zur Hebung gelangen soll.

b) Volkswirtschaftliche Prinzipien.

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Die volkswirtschaftlichen Prinzipien kommen zur Erscheinung einmal in der Wahl der richtigen Steuerquellen und sodann gleicherweise in der Wahl der Steuerarten.

Die regelmässige Steuerquelle darf nur das Nationaleinkommen bilden, welches dauernd lediglich so in Anspruch zu nehmen ist, dass das Nationalvermögen und das Nationalkapital geschont wird; nur in Ausnahmefällen (Staatsnotstand, Krieg) darf auf letztere vorübergehend zurückgegriffen werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Einzelvermögen sich nicht stets und vollkommen mit dem Nationalvermögen deckt; deshalb erscheint eine strengere Schonung, wie sie beim Nationalvermögen angebracht, für das Einzelvermögen oder das Privatkapital nicht geboten. Es ergibt sich daraus, dass unter Umständen auch das Einzelvermögen als regelmässige Steuerquelle dienen kann, wobei wiederum eine Unterscheidung nach dem Ursprung (Vermögen aus eigener Arbeit, Vermögen ohne eigene Leistung) und nach dem Zwecke (Gebrauchsvermögen, Kapital) zu machen sein wird. In erster Linie wird aber immer das Einzeleinkommen als die hauptsächlichste regelmässige Steuerquelle hinzustellen sein.

Bei der Wahl der Steuerarten ist namentlich die Wirkung auf den Steuerzahler zu berücksichtigen. Hier muss die Steuerüberwälzung eine grosse Rolle spielen, d. i. die im Verkehr sich verwirklichende Übertragung der Steuerlast von dem Steuerzahler auf einen Dritten, den Steuerträger; sie kann als Fortwälzung oder als Rückwälzung sich äussern. Die wesentliche und nicht voll zu beseitigende Schwierigkeit liegt in den tatsächlichen Verhältnissen, [75] dass es unmöglich ist, im voraus oder überhaupt mit absoluter Sicherheit zu übersehen, ob und in welcher Weise sich in dem freien Verkehr, den man entsprechend zu regeln nicht in der Lage ist, die Steuerüberwälzung wirklich vollziehen wird. Theoretisch lässt sich sehr leicht der Satz aufstellen, die Steuerarten sind so zu wählen und zu bestimmen, dass im Endergebnis vermöge der Steuerüberwälzung stets der richtige Steuerträger, d. h. derjenige, dem man die Steuer wirklich auferlegen will, getroffen wird. Ob der Erfolg in der gewollten Richtung eintritt, muss immer fraglich bleiben, da man um mit Wahrscheinlichkeiten zu rechnen imstande ist. Regelmässig wird bei den indirekten Steuern die Überwälzung als gewollt, bei den direkten Steuern als nicht gewollt anzunehmen sein. Vollzieht sich die Steuerüberwälzung nicht in der von der Steuergesetzgebung vorausgesetzten und gewollten Weise, so wird dadurch die rationelle Steuerpolitik durchbrochen und vereitelt; hierin zeigt sich gerade die bedenkliche Seite der Steuerüberwälzung und ihrer Unbestimmbarkeit. In der Berücksichtigung der Steuerüberwälzung wird man nach alledem stets mit der grössten Vorsicht zu verfahren haben.

c) Prinzipien der Gerechtigkeit.

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Als Prinzipien der Gerechtigkeit werden angeführt die Allgemeinheit der Besteuerung und die Gleichmässigkeit derselben. Dazu ist aber vorweg hervorzuheben, dass nach dem derzeitigen allgemeinen Entwicklungsstande, auf welchem sich die Besteuerung als solche aufzubauen hat, beide Prinzipien nicht nach ihrem strengen Wortlaute sondern nur mit gewissen Einschränkungen als zutreffend anzuerkennen sind.

Der Grundsatz der Allgemeinheit fusst zunächst darauf, dass die passive Besteuerung eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht ist. Dementsprechend würden für diese Besteuerung ausschliesslich die Staatsbürger in Betracht kommen. Eine derartige Einschränkung der Besteuerung müsste jedoch unter den jetzigen verwickelteren und verzweigteren allgemeinen rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Gerechtigkeit, die hier nur als relative in Betracht kommen kann, geradezu widersprechen. Die Allgemeinheit der Besteuerung ist demgemäss für die Jetztzeit begrifflich weiter zu fassen. Bezüglich der physischen Personen ist sie über den Kreis der Staatsbürger hinaus auf die Ausländer (Nichtstaatsangehörige) auszudehnen, welche sich im Inlande dauernd oder vorübergehend aufhalten. Die Allgemeinheit erstreckt sich sodann aber ferner auf die juristischen Personen im weitesten Sinne und zwar sowohl auf die des öffentlichen Rechts (Staat, Provinz, Kreis, Gemeinde pp.) wie auf die des Privatrechts Erwerbs- und Handelsgesellschaften, Aktiengesellschaften, Aktienkommanditgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Bergwerksgenossenschaften, Vereine etc.), unter Umständen auch hier auf ausländische mit. Daneben kann endlich noch die Besteuerung des Einkommens der Personen schlechthin, der inländischen Ertragsquellen für gewisse Bezüge und des Vermögens in Betracht kommen. Der Grundsatz der Allgemeinheit in der Besteuerung, wie er jetzt aufzufassen, lässt sich auf eine Einheitssteuer unbedingt nicht anwenden; es ist dieses ein weiterer ausschlaggebender Grund für die Unmöglichkeit einer solchen Steuer, die schon oben hervorgehoben wurde.

Ausserdem ist noch einer Durchbrechung des Prinzips der Allgemeinheit zu gedenken, welche jedoch gerade auf der Gerechtigkeit, die das Prinzip vertreten soll, beruht, der Steuerfreiheit des Existenzminimums bezw. der damit im Zusammenhang stehenden Befreiungen in einer unteren Steuerbegrenzung. Unter lediglich finanziellem Standpunkt würde eine derartige prinzipielle Befreiung nicht anzuerkennen sein, wohl aber muss sie vom sozialpolitischen, welcher in der neueren Zeit schärfer in den Vordergrund gebracht ist, gefordert werden. Durchzuführen ist die Befreiung nur bei einem Teil der Steuern, so namentlich bei der direkten Einkommens-, Ertrags- und Vermögensbesteuerung, desgleichen meist bei den Verkehrssteuern, während sie bei der indirekten Besteuerung, den Verbrauchs- und Gebrauchssteuern, durchweg ausgeschlossen erscheint, zum Teil jedoch durch die Steuerüberwälzung zum Ausgleich gebracht werden wird. Eine weitergehende Durchführung der fraglichen Befreiung wird namentlich da zu fordern sein, wo der steigende Finanzbedarf stärker auf die Verbrauchsbesteuerung von Lebensbedürfnissen zurückzugreifen zwingt.

[76] Das zweite Gerechtigkeitsprinzip, die Gleichmässigkeit in der Besteuerung, würde, rein nach der Wortbezeichnung aufgefasst, zur Hebung eines gleichen Steuerbetrages von allen Steuerpflichtigen und damit unbedingt zu einer grossen Ungerechtigkeit führen. Unter Gleichmässigkeit ist hier demnach Gleichmässigkeit im Verhältnis zu verstehen, so dass also die Verschiedenheit nach dem allgemeinen wirtschaftlichen Stand der einzelnen Steuerpflichtige entsprechend zur Berücksichtigung kommt. Während man früher als Grundlage für die Festlegung des Verhältnisses das Interesse und den Vorteil annahm, welcher dem Steuerpflichtigen aus seiner Zugehörigkeit zum Staat insgesamt oder in den einzelnen Beziehungen erwachsen musste (Genusstheorie, Assekuranztheorie), erkennt man jetzt als unter dem vorgeschritteneren Entwicklungsstand der Gerechtigkeit allein entsprechend durchweg nur das Verhältnis nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen an, wie solches allein der Natur des Staats und der gegenseitigen Beziehung zwischen Staat und Steuerpflichtigen entsprechen dürfte. Jeder Steuerpflichtige hat demnach gemäss seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an der Steuerlast teilzunehmen. Wenn dieses nun auch sozusagen als oberster Grundsatz für die Gleichmässigkeit in der Besteuerung hinzustellen ist, so hat sich das Interessenprinzip doch bei einzelnen Steuerarten nach Massgabe deren besonderer Eigenschaftlichkeit bis jetzt erhalten und wird sich voraussichtlich in diesem beschränkteren Masse weiter erhalten; es ist dieses namentlich bei den Gebühren und bei einer Reihe von Verkehrssteuern der Fall.

Bei der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kommen wiederum verschiedene besondere Momente in Betracht. Dass ein gewisses Mindestmass von wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit überhaupt von der Besteuerung frei zu lassen ist (Steuerfreiheit des Existenzminimums), hatten wir schon bei dem vorigen Prinzip der Allgemeinheit berührt. Es schlägt hier ferner her die Proportionalität und die Progression der Steuer. Bei der proportionalen Besteuerung bestimmt sich der Steuerbetrag zwar nach der Höhe des Steuerobjekts, aber lediglich in der Weise, dass das Verhältnis zwischen Steuer und Steuerobjekt ohne Rücksicht auf die Höhe des letzteren sich stets gleich bleibt; der Steuersatz wechselt also nur gleichmässig mit der Höhe des Steuerobjekts. Die progressive Besteuerung lässt mit der Höhe des Steuerobjekts auch die Steuersätze der Höhe nach steigen, so dass mit dem höheren Steuerobjekt das Verhältnis zwischen Steuer und Objekt gleichfalls in einer entsprechenden Weise sich erhöht. Die progressive Besteuerung beruht auf dem Gesichtspunkt, dass die Leistungsfähigkeit einer Einzelwirtschaft bezw. eines einzelnen wirtschaftlichen Objektes für die Regel mit der Grösse nicht nur proportional sondern progressiv ansteigt. Die proportionale Besteuerung entspricht im wesentlichen dem Genuss- und Assekuranzprinzip; sie hat sich jedoch auch unter dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit noch bei gewissen Steuerarten erhalten, so bei den Gebühren und vielfach bei den Verkehrssteuern, namentlich bei denen, welche in der Form des Stempels erhoben werden. Die progressive Besteuerung bringt recht eigentlich das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zum Durchbruch; durch sie wird am entschiedensten nach den neueren Grundsätzen den wirtschaftlichen und sozialpolitischen Gesichtspunkten Rechnung getragen. In der ausgesprochensten Weise durchgebildet erscheint die progressive Besteuerung gerade bei den jüngsthin hauptsächlich bedeutungsvoll gewordenen Steuerarten, bei den Einkommens- und Vermögenssteuern; sie bricht sich aber auch bei anderen Steuern in neuester Zeit mehr Bahn, so bei der Erbschaftssteuer und in besonderen Beziehungen bei einzelnen Stempelsteuern.

Ein weiter hier einschlagendes sozialpolitisches Moment beruht auf der Erwägung, dass die Leistungsfähigkeit des Einkommens durch die Quelle, aus der es fliesst, in einer unterschiedlichen Weise bedingt wird, dass die Leistungsfähigkeit eine um so grössere sein muss, je sicherer diese Quelle fliesst. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint das fundierte Einkommen, das Einkommen aus einem Besitz oder aus Rente das leistungsfähigste; ihm gegenüber steht sodann das unfundierte Einkommen, dasjenige aus reiner Arbeit; zwischen beide stellt sich das gemischte Einkommen, welches teils auf Besitz teils auf Arbeit beruht und in der Hauptsache das gewerbliche Einkommen umfasst. Eine Gleichmässigkeit in der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist in vollem Masse daher nur vorhanden, wenn die so nach der Quelle [77] geschiedenen Einkommen steuerlich entsprechend verschieden behandelt werden. – Wie das vorberührte Moment wesentlich nur die Einkommensbesteuerung betrifft, so haben wir zum Schluss noch ein sich in der gleichen Richtung bewegendes aber von weniger einschlagender Bedeutung hervorzuheben. Auf dem Einkommen können gewisse Lasten oder Verpflichtungen wie namentlich solche aus Familienverhältnissen (grosse Kinderzahl) ruhen, welche die Leistungsfähigkeit sei es dauernd sei es vorübergehend in einer bestimmten Weise beeinträchtigen. Auch sie entsprechend bei der Steuerbemessung zu berücksichtigen, muss wiederum die Gleichmässigkeit in der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit bedingen.

d) Prinzipien der Steuerverwaltung.

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Die Prinzipien der Steuerverwaltung wollen wir nur kurz herausheben, da sie für unsere Frage von untergeordneter Bedeutung sind und wesentlich die Gesetzgebungs- und Verwaltungstechnik betreffen. Zunächst gilt der Grundsatz der Bestimmtheit der Besteuerung. Die Steuer muss gegenüber dem Steuerpflichtigen nach Betrag, Zahlungszeit, Zahlungsort, Zahlungsart fest und scharf bestimmt sein; gleichzeitig sind diese Einzelpunkte in einer einfachen und verständlichen Weise zum Ausdruck zu bringen, so dass bei dem Pflichtigen ein Zweifel bezüglich seiner Steuerpflicht nach keiner Richtung hin entstehen kann. Sodann der Grundsatz der Bequemlichkeit in der Besteuerung. Die Einhebung der Steuer ist bezüglich der Zeit, des Orts und der Art der Zahlung so festzulegen und einzurichten, dass für den Pflichtigen aus der Zahlung selbst möglichst geringe Beschwerden erwachsen; unter Umständen kann auch die Zulassung von Raten- und Teilzahlungen in Frage kommen. Endlich das grundsätzliche Streben nach möglichst geringen Erhebungskosten der Steuer. Es ist dieses bei der Ausgestaltung der einzelnen Steuer sowohl wie bei der Wahl der Steuerarten in dem Steuersystem zu berücksichtigen; hier laufen die wirtschaftlichen Interessen des Hebenden und des Zahlenden der Hauptsache nach in der gleichen Richtung, denn jede Erhöhung der Erhebungskosten würde in der Regel eine Erhöhung des zu hebenden Gesamtsteuerbetrages bedingen.

6. Gerechtigkeit im Steuersystem und in den einzelnen Steuerarten.

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Da die tatsächlichen Verhältnisse und die Grundprinzipien der Besteuerung nach ihrer neueren Entwicklung eine Einheitssteuer ausschliessen müssen, so ist die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung in dem hier angewandten weiteren Sinn in einem Steuersystem zum Ausdruck zu bringen. Dieses Steuersystem ist so zu bilden, dass in ihm insgesamt die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung zur Durchführung kommt. Es kann sich bei der Bildung des Steuersystems mithin nicht etwa nur darum handeln, eine mehr oder weniger grosse Zahl von Einzelsteuern willkürlich und lediglich unter dem finanzpolitischen Prinzip der ausreichenden Deckung des Finanzbedarfs aneinanderzureihen. Die Einzelsteuern sind vielmehr sorgfältigst unter Berücksichtigung ihrer inneren Eigenart auszuwählen und systematisch zusammenzusetzen, so dass in dieser Zusammenfügung selbst, die auf diese Weise sich in Wirklichkeit als ein Steuersystem darstellt, die Grundprinzipien der Besteuerung im ganzen gewahrt erscheinen und gleichzeitig der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung sachgemäss Rechnung getragen ist. Dabei verschlägt es nichts, wenn bei der einzelnen eingestellten Steuerart das eine oder das andere Grundprinzip mehr zurück- oder hervortritt; eine Verschiedenheit in dieser Beziehung ist durch die Eigenart der einzelnen Steuern sogar notwendig bedingt; diese Verschiedenheit wird entsprechend zum Ausgleich zu bringen sein.

Gleichzeitig ist aber bei der Regelung und Ausbildung der einzelnen Steuerarten in sich den Grundprinzipien der Besteuerung und der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung nach Möglichkeit Rücksicht zu tragen. Innerhalb der einzelnen Steuerarten selbst ist also schon tunlichst ein Ausgleich anzustreben, wie er trotz der unterschiedlichen Eigenart bis zu einem gewissen Grade zu erreichen sein dürfte. Für die Steuersystembildung muss hierdurch eine nicht unwesentliche Erleichterung geschafft werden. Hat man behufs Herstellung einer Gerechtigkeit in der Steuerverteilung bei der Steuersystembildung in erster Linie darauf zu sehen, [78] dass die Steuerobjekte, Erwerb, Besitz, Gebrauch, in einem sachgemässen, jener Gerechtigkeit entsprechenden Verhältnis zur Besteuerung herangezogen werden, so ist bei der Ausgestaltung der einzelnen Steuerarten vornehmlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, dass nach ihr und nach den oben berührten, der neueren sozialpolitischen Entwicklung entsprechenden Einzelmomenten die Steuer, soweit deren Eigenart es zulässt, abgemessen wird. Nach dem hierdurch erzielten Ergebnis wird sich dann wieder die Systembildung vermöge des stetigen gegenseitigen Ineinandergreifens zu richten haben.

7. Steuersystem der einzelnen Steuergewalten und Gesamtsteuersystem.

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Ebenso wie die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung in den einzelnen Steuern sowohl wie in der Zusammenfassung derselben, dem Steuersystem, zum Ausdrucke kommen muss, ebenso ist sie nicht etwa nur in dem Steuersystem der einzelnen Finanzhoheit, welcher das Becht einer Steuererhebung gesetzmässig zusteht (Steuergewalt), sondern auch in der Gesamtheit dieser Steuersysteme, sozusagen einem Gesamtsteuersystem des staatlichen Gemeinwesens überhaupt zu verwirklichen. Die Steuergewalten sind daher in der Ausübung ihres Besteuerungsrechts nicht unbeschränkt; sie können sich nicht beliebig ein selbständiges Steuersystem mit in sich geschlossen durchgeführter Gerechtigkeit in der Steuerverteilung bilden, sondern sie sind vielmehr gezwungen, eine solche Bildung in unbedingter Rücksichtnahme auf die Ausübung des Besteuerungsrechts der anderen Steuergewalten vorzunehmen. Um die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung für das Deutsche Reich im ganzen zur Geltung zu bringen, ist ein bis zu einem gewissen Grade gemeinsames Vorgehen des Reichs, der Bundesstaaten, der grösseren mittleren Verbände und der Gemeinden hinsichtlich der Besteuerung notwendig, welches naturgemäss bei der loseren bezüglichen gesetzlichen Abgrenzung namentlich zwischen Reich und den übrigen Faktoren stets Schwierigkeiten bieten wird und leicht im einzelnen zu Verletzungen des gerechten Verteilungsprinzipes führen kann.

Eine äussere Abscheidung, die allerdings durch die neueste Steuergesetzgebung des Reichs mit ihrer Vermögensbesteuerung erheblicher durchbrochen wurde, ist hier insofern getroffen, als das Reich in erster Linie Konsumsteuern, gewisse Bereicherungssteuern, namentlich einen Teil der Verkehrssteuern und Erbschaftssteuer erhebt, während die übrigen Faktoren vorzugsweise Einkommens- und Vermögenssteuer, daneben aber auch Ertrags- und Verkehrssteuer ihrer Besteuerung zugrunde legen; zugleich sind den mittleren Verbänden und den Gemeinden stellenweise ganz oder doch zum vorragenderen Teil die Realsteuern zugewiesen. Durch die gegenseitige Beschränkung in der Besteuerungsmöglichkeit muss wesentlich auch unter der vorbezeichneten äusseren Abgrenzung die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung bei dem Steuersystem des einzelnen Faktors wie Reich, Bundesstaat pp. zum Teil mehr oder weniger zurücktreten, weil ja die einzelnen Steuerarten, auf welche jede Steuergewalt für ihre Besteuerung angewiesen ist, vielfach nach ihrer unabänderlichen Eigenart nur eine beschränktere Durchführung jener oben bezeichneten obersten Steuerprinzipien, auf welchen die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung beruht, gestatten. Dieses Zurücktreten in dem einen Steuersystem wird aber in der Hauptsache wieder ausgeglichen werden bei einem anderen Steuersystem, welches vorwiegender Steuerarten mit der entgegengesetzten Tendenz enthält, bezw. nach Lage der Sache enthalten muss. Dadurch wird in der Zusammenfassung der einzelnen Steuersysteme für das darin zum Ausdruck gelangende Gesamtsteuersystem des Deutschen Reichs die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung wiederum erreicht.

8. Einfluss des historischen Entwicklungsgangs.

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Wir haben im Vorstehenden stets schlechthin von Bildung von Steuersystemen und Ausgestaltung einzelner Steuerarten behufs Durchführung des Prinzips einer gerechten Steuerverteilung gesprochen. In Wirklichkeit kann sich diese Bildung und Ausgestaltung keineswegs so einfach und ohne weiteres vollziehen. Niemals wird es sich nämlich um eine vollständige Neubildung eines Steuersystems sozusagen von reinem Tisch aus handeln, sondern stets nur um eine Aus- oder Umbildung in engeren oder weiteren Grenzen auf Grund und unter wesentlicher Berücksichtigung [79] der historisch überkommenen Verhältnisse. Dass man in die Lage kommen sollte, ein Steuersystem für eine einzelne Steuergewalt oder gar für sämtliche Steuergewalten eines Staatswesens unter Überbordwerfung der gesamten früheren Besteuerung von Grund aus neu zu bilden, dürfte ausgeschlossen erscheinen, obgleich eine derartige Steuersystembildung für die Durchführung einer gerechten Steuerverteilung weitaus das Einfachste und Günstigste sein würde. Gerade in der Besteuerung wird man grundsätzlich das Überkommene und von altersher Bestehende besonders zu achten haben, wenn man nicht weitgehende Schwierigkeiten und eventuell auch Missstände zeitigen will; es kommt hier der in einer entsprechenden Beschränkung immerhin als zutreffend anzuerkennende Satz, dass jede alte Steuer besser sei als eine neue, zur Geltung.

Alle Änderungen im Steuersystem, welche sich mit der Entwicklung der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse behufs Beibehaltung bezw. Durchführung des Prinzips der gerechten Steuerverteilung vermöge der historischen Relativität des letzteren notwendig vollziehen müssen, werden sich regelmässig auf der bisherigen Besteuerung, diese tunlichst aber jedenfalls bis zu einem gewissen Grade schonend, aufzubauen haben. Dass hierdurch bei dem Mangel der Einheitlichkeit und der Unmöglichkeit, das historisch zu Übernehmende den Verhältnissen der Gegenwart in allen Einzelheiten und mit der gleichen Vollkommenheit wie eine Neubildung auzupassen, grössere Schwierigkeiten für die Durchführung unseres Prinzips erwachsen müssen, ja dass dieselbe dadurch nach einzelnen Richtungen hin sogar beeinträchtigt werden kann, braucht kaum näher nachgewiesen zu werden. Die Schwierigkeiten und Beeinträchtigungen werden natürlich um so grösser, je verschiedener die Kulturepochen, welche die Umgestaltung des Steuersystems bedingen, sich voneinander abheben. Unter Umständen wird man sich damit helfen können, die Umgestaltung nach und nach in gewissen Zwischenräumen und dann insgesamt um so einschneidender zu vollziehen; dem steht allerdings wieder entgegen, dass grundsätzlich gesetzliche Eingriffe in die bestehende Besteuerung so wenig wie möglich vorgenommen werden sollen. Nach der ungünstigen Seite verschärfend muss endlich noch der Umstand einwirken, dass durch die vermöge der kulturellen Weiterentwicklung notwendigen Umgestaltungen der Besteuerung die Steuersysteme alle der einzelnen Steuergewalten des Staatswesens gleichzeitig teils schon an und für sich teils durch ihren gegenseitigen Zusammenhang unter einander berührt werden.

9. Verhältnis der obersten Steuerprinzipien zu einander.

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Bislang sind die in der Hauptsache mehr äusserlichen Momente für die Bildung des Steuersystems unter dem Gesichtspunkte des gerechten Steuerverteilungsprinzips erörtert; dabei ist davon ausgegangen, dass das uns hier interessierende Prinzip der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung in den Steuersystemen der Steuergewalten, allein und zusammengefasst, und eventuell auch in den einzelnen Steuerarten durch eine möglichst weitgehende Beobachtung der obersten Steuergrundsätze, welche wir in den Anfang gestellt hatten, zum Durchbruch gebracht werden müsste. Die obersten Steuerprinzipien werden aber weder an und für sich noch für unsere besondere Frage unter sich als gleichwertige zu erachten sein, ebenmässig sind sie nicht derart, dass sie überall neben einander, wenn auch nur mehr oder weniger weitgehend, zur Anwendung kommen könnten; es treten vielmehr in ihnen oder wenigstens in einzelnen von ihnen immerhin gewisse innere Gegensätze zur Erscheinung, welche, wenngleich nur in Einzelbeziehungen, eine entgegengesetzte Stellung und ein gegenseitiges Ausschliessen bedingen. Wie hierdurch unsere Frage, die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung, näher berührt werden muss, wie mithin die einzelnen obersten Steuerprinzipien für diese Frage in besonderer Weise zu bewerten und eventuell gegeneinander in ihren Einzelbeziehungen abzuwägen sind, werden wir nunmehr darzulegen haben; wir müssen uns aber auch hier wieder auf die grossen Grundzüge beschränken ohne auf die vielfachen Einzelbeziehungen, welche für die verschiedenen Steuerarten in Betracht kommen können, näher einzugehen.

Die finanzpolitischen Prinzipien und die Steuerverwaltungsprinzipien wollen wir in eins zusammenfassen und vorwegstellen. Obwohl diese Prinzipien stets die notwendige Voraussetzung für eine gute Besteuerung und in letzterer auch für die [80] Gerechtigkeit in der Steuerverteilung bilden, so ist ihre unmittelbare Einwirkung auf diese Gerechtigkeit doch nur von untergeordneter Art. In der Hauptsache stehen sie unserer Frage etwa in der gleichen Weise gegenüber, wie nach den obigen Ausführungen die Gesetzmässigkeit in der Besteuerung den obersten Steuerprinzipien in ihrer Gesamtheit. Unter Umständen kann jedoch eine unmittelbare Berührung bis zu einem gewissen Grade gegeben sein. Durch eine dem Finanzbedarf nicht entsprechende Besteuerung wird sogleich oder in der Folge vermöge eines ungenügenden Ausbaues des Steuersystems oder einzelner Steuerarten die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung in Mitleidenschaft gezogen werden können, wie ebenso die gleiche Möglichkeit vorliegt, wenn wegen der Unbeweglichkeit in der Besteuerung diese den Verschiebungen in den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu folgen nicht in der Lage ist. Auch durch Mängel bezüglich der Bestimmtheit oder der Bequemlichkeit in der Besteuerung wie ebenfalls durch zu hohe Erhebungskosten werden möglicherweise die einzelnen Klassen der Steuerträger in einem verschiedenen Grade getroffen, wodurch gleicherzeit die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung beeinflusst werden würde. Es sind dieses jedoch immerhin nur Einwirkungen untergeordneter Art; man wird deshalb die unmittelbare Bedeutung der finanzpolitischen und der Steuerverwaltungsprinzipien für die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung nur als eine geringfügigere anzusehen haben, welche keinesfalls mit der der beiden anderen Prinzipiengruppen in Vergleich gestellt werden kann.

Die volkswirtschaftlichen und die Gerechtigkeits-Prinzipien stehen für unsere Frage wiederum in einem engen Zusammenhang zu einander und zwar der Hauptsache nach in dem Verhältnis, dass die volkswirtschaftlichen Prinzipien die breitere Grundlage abgeben, auf der allein erst vermöge der Prinzipien der Gerechtigkeit die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung aufzubauen ist.

Die Beobachtung der volkswirtschaftlichen Prinzipien stellt sich als die notwendige, unter allen Umständen zu erfüllende Vorbedingung für eine Durchführung der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung dar, obwohl diese Durchführung selbst sich eigentlich noch nicht in den volkswirtschaftlichen, sondern erst in den Gerechtigkeitsprinzipien vollzieht. Die volkswirtschaftlichen Prinzipien geben nach unseren obigen Ausführungen die richtige Steuerquelle und den richtigen Steuerträger – durch Auswahl der Steuerarten nach ihrer Wirkung unter Berücksichtigung der Steuerüberwälzung – an; ohne beides ist an eine Gerechtigkeit in der Steuerverteilung nicht zu denken. Die Steuerquelle muss nach Massgabe der jeweiligen Verhältnisse in Volks- und Privatwirtschaft unter zutreffender Abmessung sachgemäss festgelegt sein; ebenso muss der Steuerträger, welchen die Steuerbelastung nach den wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen des Staats zu treffen hat, in zweckentsprechender Weise bestimmt sein. In beiden Beziehungen ist den volkswirtschaftlichen Prinzipien in vollstem Masse Rechnung zu tragen. Erst wenn Steuerquelle und Steuerträger nach dem tatsächlichen Verhältnis auf die wirkliche wirtschaftliche Grundlage des Staats gestellt sind, wie solches durch die Beobachtung der volkswirtschaftlichen Prinzipien geschieht, kann eine Gerechtigkeit in der Steuerverteilung zur Geltung gebracht werden. Dementsprechend bilden für letztere die obersten Steuerprinzipien der Volkswirtschaft stets eine notwendige und unabweisbare Voraussetzung und sind als solche zu bewerten.

Die Prinzipien der Gerechtigkeit sind, wie schon in der Bezeichnung selbst zum Ausdruck kommt, diejenigen, in welchen die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung sich nach ihrem spezifischen Gehalt und ihrer inneren Eigenart ausprägt und in vollständiger Weise verwirklicht. In ihnen kann die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung überhaupt erst zu einer sachgemässen uneingeengten Durchführung gebracht werden; ohne sie würde eine solche überhaupt nicht denkbar sein; sie bilden die festen Grundpfeiler für dieselbe. Ihre Beobachtung ist daher in Hinsicht auf die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung unbedingt als das Wesentlichste anzusehen. Dabei ist aber nicht auf die erste Grundgestaltung, sozusagen auf den Wortlaut jener beiden obersten Steuerprinzipien, sondern auf ihren inneren Gehalt, wie er sich in seinen Einzelheiten unter den derzeitigen rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen herausgearbeitet hat, Gewicht zu legen; er ist zu berücksichtigen, so wie wir ihn oben zur Darstellung gebracht haben. Dementsprechend ist als der Hauptgrundsatz für die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung, in welchem gewissennassen beide Prinzipien ihrem eigentlichen Gehalt nach zum Ausdruck kommen, der Satz [81] hinzustellen, dass Jeder nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zur Besteuerung heranzuziehen ist. Dem Prinzip der Allgemeinheit in der Besteuerung dürfte damit gleicherweise Rechnung getragen sein, da jeder Leistungsfähige heranzuziehen ist, ein gewisses Mindestmass von Leistungsfähigkeit aber immerhin ausser Betracht gelassen werden kann.

Die Leistungsfähigkeit ist mit allen den einzelnen Verschiedenheiten, die bezüglich ihrer nach den massgebenden Richtungen hin zur Erscheinung kommen, zu berücksichtigen, wobei namentlich nicht ausser acht zu lassen ist, dass mit den grösseren Mitteln die Leistungsfähigkeit nicht nur proportional sondern progressiv anwächst. Die Progressivbesteuerung gewinnt dadurch für die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung eine ganz besondere Bedeutung. Gerade in jenen Einzelmomenten, in welchen sich in der Hauptsache der Entwicklungsstand der Jetztzeit geltend macht, liegt, und zwar eben aus diesem Grunde, der springende Punkt; durch sie wird den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen der Zeit Rechnung getragen, was als eine Hauptbedingung für die Durchführung der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung anzusehen ist. Dadurch müssen die in Frage stehenden beiden obersten Steuerprinzipien noch weiter in den Vordergrund gerückt werden; sie stellen sieh als das für die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung hauptsächlich Massgebende dar.

10. Besondere Schwierigkeiten in der Verwirklichung.

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Aus der vorgehenden Erörterung der Bedeutung, welche die obersten Steuerprinzipien für unsere Frage im Verhältnis zu einander haben, ergibt sich, dass bis zu einem gewissen Grade alle die einzelnen Prinzipien auf die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung von Einfluss sind. Die obersten Steuerprinzipien lassen sich jedoch bei den einzelnen Steuerarten keineswegs beliebig oder bis zu festliegenden Grenzen gleichmässig zur Anwendung bringen. Die Sonderheiten der einzelnen Steuerarten gestatten vielmehr eine Durchführung der obersten Steuerprinzipien, wie schon berührt, nur in einer sehr verschiedenen Weise oder nach einer stark unterschiedlichen Abstufung. Um so mehr ist es natürlich ausgeschlossen, bei den einzelnen Steuerarten der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung auf einer gleichmässigen und übereinstimmenden Grundlage Geltung zu verschaffen, da bei ihr sämtliche Prinzipien und noch dazu nach einer bestimmten abgestuften Bedeutung in Frage kommen. Die einzelnen sich hieraus ergebenden Verschiedenheiten bezüglich aller der zahlreichen Steuerarten näher zu verfolgen, muss ausgeschlossen erscheinen; auf einzelnes haben wir oben hingewiesen; wir können jetzt nur die Tatsache als solche hervorheben, die aber wohl kaum zu Zweifeln Anlass bieten dürfte.

Um zu einer absoluten Gerechtigkeit in der Steuerverteilung zu gelangen, müssten bei der Bildung des Steuersystems alle diese Verschiedenheiten der Steuerarten durch die entsprechende Zusammenfügung derselben vollkommen zum Ausgleich gebracht werden. Nach den tatsächlichen Verhältnissen wird es aber bei der ausserordentlichen Mannigfaltigkeit in den Abweichungen, die sich zugleich dem Grade nach wiederum in der grössten Verschiedenheit abstufen, als vollkommen ausgeschlossen anzusehen sein, überhaupt jemals ein solches Ziel zu erreichen. Wenn Adolph Wagner sagt, dass die Bildung eines rationellen, theoretisch richtigen, praktisch brauchbaren Steuersystems eine in jeder Hinsicht ausserordentlich schwierige und immer nur mehr oder weniger gut zu lösende Aufgabe sei, so muss dieses ebenmässig und wohl noch in einem erhöhten Masse von der Durchführung einer Gerechtigkeit in der Steuerverteilung gelten.

Eine absolute, in allen einzelnen Beziehungen durchschlagende Gerechtigkeit in der Steuerverteilung wird man selbst bei einem rein theoretischen Aufbau eines Steuersystems kaum je erreichen können, denn es dürfte als ausgeschlossen erscheinen, die einzelnen Steuerarten zu dem System gerade so zu vereinigen, dass die für die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung massgebenden obersten Steuerprinzipien in ihren bei diesen Steuerarten in verschiedener Weise und nach beiden Seiten hin zur Erscheinung kommenden Abweichungen sich behufs Erzielung der vollen Gerechtigkeit ganz genau und ohne ein Überschiessen nach der einen oder nach der anderen Seite hin ergänzen, dass sozusagen stets das Plus auf der einen Seite durch ein entsprechendes Minus auf der anderen und umgekehrt ausgeglichen wird. Ausserdem kommt in Betracht, dass die bei [82] vielen wichtigen Steuerarten eine so grosse Rolle spielende Steuerüberwälzung in ihrem tatsächlichen Erfolge häufig oder meist nicht einmal mit unbedingter und zweifelloser Sicherheit abzuschätzen ist. Gewisse Unstimmigkeiten, wenn sie auch vielleicht auf ein verhältnismässig geringes Minimum zu beschränken sind, werden bei der rein theoretischen Bildung eines Steuersystems stets noch verbleiben und entsprechend die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung beeinträchtigen.

In wie viel höherem Grade muss dieses aber bezüglich des für die reale Wirklichkeit zu bildenden Steuersystems der Fall sein, wo des weiteren nach den tatsächlichen Verhältnissen die Bewegungsfreiheit gehemmt ist und aus solchen neue Schwierigkeiten sich ergeben.

Unter den realen Verhältnissen kommt diesbezüglich einmal in Betracht, dass, wie wir oben schon gesehen, bis zu einem gewissen Grade die historische Entwicklung zu achten ist. Jede Umbildung des Steuersystems hat sich an das von früher Überkommene anzuschliessen. Damit müssen notwendig für das neuere Prinzip, in dem sich wesentlich die gerechte Steuerverteilung zu verkörpern hat, Beeinträchtigungen nach dieser Richtung hin gegeben sein.

Ein anderer ähnlich wirkender Umstand ist der, dass für die Bildung des Gesamtsteuersystems, in welchem die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung endgültig zum Ausdruck zu bringen ist, eine Mehrheit von Steuergewalten – Reich, Bundesstaaten, mittlere Verbände (eventuell mehrere), Gemeinde – in Frage kommt, welche in Organisation und betreffender Machtvollkommenheit im grossen und ganzen selbständig nebeneinander stehen und lediglich bezüglich des Gebiets der Besteuerung in den Hauptzügen und zum Teil nur lose gegeneinander abgegrenzt sind. Einerseits dadurch dass diese einzelnen Steuergewalten in unserer Beziehung eine äussere Einwirkung auf einander nicht haben, sondern mehr zusammenhanglos nebeneinander gestellt sind, andererseits dadurch, dass sie bei solcher Sachlage stets in erster Linie das eigene Sonderinteresse ohne Rücksicht auf die Allgemeinheit und die Verhältnisse der anderen Steuergewalten walten lassen werden, ist eine Einheitlichkeit in dem Vorgehen bezüglich der Besteuerung mehr oder weniger ausgeschlossen, eine Einheitlichkeit, wie sie gerade die Vorbedingung für die volle Durchführung der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung bilden müsste.

Dazu kommt endlich die Organisation der Steuergewalt, dass über die Besteuerung die vollziehende Gewalt – Regierung – nicht allein, sondern unter Zustimmung der besonderen Vertretung der einzelnen öffentlichen Körperschaft – Parlament – zu entscheiden hat. Aus der Notwendigkeit des Zusammenwirkens von Regierung und Parlament dürfte sich aber vielfach eine ungünstige Einwirkung auf die Durchführung der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung ergeben, weil dieselbe vorwiegender von einer zufälligen Verbindung der parlamentarischen Parteiungen bedingt sein kann. Gerade in den Besteuerungsfragen pflegt das besondere Interesse der verschiedenen beteiligten Bevölkerungsgruppen eine grössere Rolle zu spielen und in stärkerem Grade auf die einzelnen parlamentarischen Parteien zurückzuwirken. Folgeweise werden letztere jenes Interesse in erster Linie zum Durchbruch zu bringen bestrebt sein müssen und unter Umständen jede andere Rücksicht, also auch die auf eine Gerechtigkeit in der Steuerverteilung, dahinter zurücktreten lassen. Die Regierung, welche bei dem steigenden Finanzbedarf sich notwendig Steuerquellen erschliessen muss, ist gezwungen, wiederum in erster Linie dem finanzpolitischen Prinzip der Ausreichendheit der Besteuerung zu folgen und eine Ausgestaltung des Steuersystems, wie sie sie allein vom Parlament erreichen kann, anzunehmen, wenn damit auch den übrigen Steuerprinzipien nicht in vollkommener Weise Rechnung getragen ist. In einem höheren Masse muss sich diese letztere Gegenwirkung gegen eine gerechte Steuerverteilung bei der augenblicklichen allgemeinen Lage verschärfen, denn durch diese ist der Finanzbedarf unter den erweiterten kulturellen Aufgaben verhältnismässig sehr erheblich für alle Steuergewalten angewachsen, was gleichzeitig wieder eine stärkere Inanspruchnahme der Steuerquellen bedingt.

11. Endergebnis.

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Wenn wir zum Schluss das Endergebnis aus unseren Ausführungen ziehen, so läuft solches auf Folgendes hinaus: Die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung, welche in dem Gesamtsteuersystem des staatlichen Gemeinwesens zum Ausdruck kommen muss, beruht auf einer verhältnismässig [83] grossen Zahl von Einzelmomenten, welche sich zum Teil gegenseitig bedingen, zum Teil unabhängig nebeneinander stehen. Behufs Erfüllung der ihr in dieser Beziehung obliegenden Aufgabe hat die Steuerpolitik das Steuersystem des staatlichen Gemeinwesens in seiner Gesamtheit unter sachgemässer Vereinigung der Steuerarten nach jenen Momenten und unter entsprechender Berücksichtigung aller Steuerquellen so zu bilden, dass durch das System als Ganzes die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung verwirklicht wird. Hierbei ist in erster Linie darauf zu sehen, einmal dass jede physische oder nicht physische Persönlichkeit, welche nach ihren Verhältnissen zur Steuertragung zu verpflichten erscheint, auch tatsächlich zur Besteuerung herangezogen wird, und ferner dass jeder einzelne Steuerträger nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unter besonderer Berücksichtigung aller dieselbe bedingenden Verhältnisse steuerlich belastet wird. Die in der Natur der Sache begründeten, teils schon durch die vorstehende theoretische Festlegung, teils durch deren praktische Durchführung gegebenen Hemmnisse, welche einer absoluten und bis zu den äussersten Grenzen gehenden Gerechtigkeit in der Steuerverteilung entgegenstehen, erweisen sich aber so gross, dass überhaupt nur eine annähernde Erfüllung der bezüglichen steuerpolitischen Aufgabe als möglich erscheinen dürfte.