Fortgesetzte Bemerkungen über die Blüthraupe

Textdaten
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Autor: Sr.
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Titel: Fortgesetzte Bemerkungen über die Blüthraupe
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 4, S. 231–238
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1792
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
s. a.: Über die Blüthraupe
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VII.
Fortgesetzte Bemerkungen über die Blüthraupe. (s. im ersten Jahrg. VII. Stück, p. 728-32.)
Zu Anfang des Novembers war der Fang am stärksten; er dauerte bis gegen das Ende desselben fort. Hierauf fiel starker Frost und tiefer Schnee, und endigte den diesjährigen Feldzug. Die Bäume hatten vollkommen reifes Holz, und gaben Hoffnung zu einem ergiebigen Obstjahre. Inzwischen hatte uns doch das gute Ansehen unsrer Bäume dadurch getäuscht, daß die Spathblüthen durch heftige Nachtfröste im May und Junius alle verdarben; da hingegen das Franzobst und die Spalierbäume an Mauern und inliegenden Orten unbeschädiget geblieben waren. Die Blüthraupe hatte in andern Gärten das Laub und die Blüthen wieder gänzlich verzehret, da meine Bäume hingegen alle fast ganz unbeschädiget von ihr geblieben waren. Dieß hat mich denn von neuem in meiner Überzeugung bestärkt, daß Unverdrossenheit und Fleiß diese Feinde des Obstbaues endlich ganz vertilgen können. Man reinige nur im Februar, nach einem starken Regen die Bäume von allem Moos und geborstener Rinde, mit der Baumscharre, und die Äste und schwachen Stämme mit einem groben wollenen Lappen; man behacke den Herbst zuvor, zu Anfang des Octobers, die| Bäume; man fange mit der vorgenannten Masse aus Pech und Öhl die Schmetterlinge der Blüthraupe weg, und verbrenne das abgefallene Laub, das abgescharrte Moos und Rinde sogleich im Februar, oder sobald es die Witterung zuläßt: so wird man bald Ursache finden, den Obstgarten freudiger zu besuchen. – – Die Klagen über dieß schädliche Insect scheinen in Teutschland immer allgemeiner zu werden, wie ich aus des Herrn Carl Theodor Ludewig Feige, Königl. Preuß. Kammer-Gerichts Referendarius Anweisung zu sicherer Vertilgung des schädlichen Blüthenwiklers nebst einer Beschreibung von mehreren schädlichen Obstraupen, (Berlin 1790. 8. 84 Seiten stark.) ersehe. Er klagt in der Einleitung über die Unzulänglichkeit aller bisher vorgeschlagenen Mittel, erwähnt aber nichts von dieser so nützlichen Erfindung des Herrn von Wilke, und schränkt seine Vorschläge bloß darauf ein, daß man zeitig im Frühjahre die Bäume reinigen, und das abgefegte und zusammen gekehrte verbrennen sollte. – Da diese gründliche Schrift vielleicht noch nicht von jedem unserer Leser gelesen worden ist, so will ich das nöthigste im Auszuge mittheilen.
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1) Die Blüthenraupe phal. brumata Linn. gehört unter die Spannraupen, das heißt, die keine Bauchfüße haben, und daher im Fortschreiten die hintern Füße dicht an die Brustfüsse setzen müssen, wodurch der Rücken gespannt, oder in| die Höhe gebogen wird. Sie hat am Vordertheil des Leibes 10 und am Hintertheil desselben 4 Füße, und geht langsam. Ihre Wohnung sind die Blüthen der Bäume. Der Blattwickler ist ihr sehr ähnlich; nur etwas dünner am Leibe, mit 16 Füßen versehen; der Kopf braun, der Leib dunkelgrün, und seine Bewegungen sind bey einer Berührung sehr lebhaft. Er lebt von Blättern, in denen er zugleich wohnet.
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2) Der männliche Schmetterling der Blüthenraupe ist einer Motte nicht unähnlich. Der Kopf ist klein und mit zwey schwarzen Augen und 2 langen Fühlhörnern versehen. Der Rücken ist mit einer ziemlich dicken braungrauen Wolle bekleidet, welche sich leicht abreiben läßt, da denn eine braune glänzende Schaale zum Vorschein kommt. Der Leib ist gleichfalls behaart, und von glänzend grauer Farbe, er hat sechs Einschnitte oder Gelenke, und ohngefähr die Länge eines halben Zolls. Die vier Flügel sind abgerundet, doch sind die obern etwas mehr in die Länge gestreckt, als die untern. Sie haben im Sitzen eine horizontale Lage, und nehmen ausgespannt eine Breite von 11/4 Zoll ein. Die obern sind durchgehends mit dunklern Zeichnungen gleichsam schwarz gewässert, und glänzen, wenn Lichtstrahlen darauf fallen. Die Unterflügel sind| heller, als die obern, und von glänzend weißgrauer Farbe. Alle vier Flügel sind mit einem Saum von feinen Härchen eingefaßt; die untere Seite derselben ist gleichfalls weißgrau; nur die obern sind zur Hälfte etwas dunkler gefärbt. Die sechs Füße sind grau, das Weibchen ist dem Männchen und überhaupt einem Schmetterling sehr unähnlich. Statt der Flügel hat es zwey kurze mit einem grauen Staube bedeckte Membranen; der Leib ist dick und kurz, und überall ziemlich rauh. Die Oberseite ist grau und schwarz; die untere hellgrau. Nach dem Eyerlegen verändert sich das ganze Insect und wird unkenntlicher. Es hat zwey Fühlhörner und sechs ziemlich lange Füße; und setzt seine Eyer aus einer an der äusserst stumpfen Spitze des Hinterleibes befindlichen Öffnung ab.
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3) Die Zeit der Begattung und des Eyerlegens ist die letzte Hälfte des Octobers und der November. Indem das Weibchen den Stamm hinankriecht, so geschiehet die Begattung; und die Fruchtbarkeit desselben ist immer auf drey bis vierhundert Eyer zu setzen. Rechnet man nun auf jeden Stamm nur für eine Nacht 20 solche fruchtbare Mütter, so kommt eine so furchtbare Nachkommenschaft zum Vorschein, als die Heuschrecken in Egypten. Die Eyer sind nicht größer, als Mohnsaamen und hellgrün| von Farbe; im Frühling und auch am warmen Ofen werden sie ziegelroth. Unbefruchtet behalten sie die grüne Farbe und fallen nach einiger Zeit ein; dunkelblau werden sie alsdann, wenn das in dem Ey oder der Schaale schon lebende Räupchen seiner Vollkommenheit nahe und im Begriff ist, solche zu verlassen.

4) Der Ort, wo die Eyer eingelegt werden, sind nicht, wie einige glauben, die Blüthknospe, in welche das Weibchen durch den Legestachel das Ey einschob, sondern die Rinde und das Moos der Bäume und der Äste, besonders an der Mittagsseite, wo sie zerstreut oder Reihenweise beysammensitzen; bey den Herzkirschen-Bäumen findet man sie an den abgestorbenen Ästchen oben und unten am dicken Ende. Daher thut man wohl, wenn man diese im Frühjahr zeitig, bis ins frische Holz, wegnimmt. Der Schmetterling legt auch seine Eyer zerstreut in gewisse Büschel abgetrockneter Blätter und Blüthen, welche sich um die Tragknospe gelegt und zusammen gewickelt haben.

5) Die Zeit des Ausschliefens der Raupen ist der April, May und Junius, da sie sich sogleich in eine noch nicht völlig aufgeschlossene Blüthe einquartiren, mit ihr zugleich wachsen, und so lange darin aufhalten, bis sie vertrocknet oder verzehrt ist: alsdenn suchen sie eine neue| Wohnung und frische Nahrung in einer andern Blüthe auf. Ihr Spinnfaden dienet ihr, daß sie von Ast zu Ast fortsteigt. Die Blüthraupe ist von hellgrüner Farbe mit weißen Streifen, ohne weitere merkliche Zeichnung. Ausgewachsen hat sie beynahe die Länge eines Zolls, ist rund und stark vom Leibe. Sie lebt zerstreut, und ist durch ihre Freßbegierde und Bespinnen, Blüthen und jungen Austrieben sehr schädlich; besonders den Herzkirschen-Äpfel- und Birn-Bäumen. Die Vögel, die Ameisen und Baumwanzen töden viele: können sie aber ohne Beyhülfe des Gärtners nicht vertilgen.

6) Sobald die Raupe spinnrecht ist, läßt sie sich am Spinnfaden auf die Erde, und sucht den Ort ihrer Verwandelung auf; verfertiget eine eyrunde Hülse aus Erde um sich herum, in welcher die eines viertel Zolles lange braune Puppe ihre Auskriechzeit erwartet. Im October und November läßt dieselbe einen Tropfen Saft aus dem Munde fließen, und erweicht dadurch die Erde, wo sie sich durcharbeiten will: kommt als Schmetterling aus ihrem Grabe hervor, zeugt Nachkommen und stirbt.

7) Andere dem Obstbau schädliche Raupen und ihre Schmetterlinge sind a) der große Fuchs, Papil. polychloros Linn. b) Der Baumweisling, Papil. Crataegi, nebst seiner schädlichen| orange- und schwarzbunten Winterraupe. c) Das Eichenblatt, die Obstmotte, Phalaena Quercifolia. d) Die Ringelmotte, Phal. Neustria Linn. e) Die gelbe Bürstenraupe mit dem rothen Haarschweif, Phal. Pudibunda. f) Der Blaukopf, Phal. caeruleocephala. g) Die Schwammotte, Phal. dispar Linn. h) Phal. auriflua, die kleinhaarichte schwarze rothgestreifte und weißgefleckte Raupe. i) Phal. chrysorrhoea, die gesellige braune rothhaarige Raupe. k) Phal. antiqua, die mit rothen Knöpflein gezierte Bürstenraupe. l) Der Mondvogel, der Wappenträger, Phal. Bucephala, mit der schwarzbraunen gelbgestreiften Raupe. m) Die Pfeilmotte, Phal. Psi, die gemeine Zapfenraupe mit dem citronengelben Rückenstreif. n) Der Strohhut, Phal. quadra, die graue gelb und schwarzgestreifte haarige Raupe mit rothen Knöpfchen. o) Die Kirschmotte, Phal. cerasi, die gelbgrüne dreystreifichte Raupe. p) Phal. Alniaria. q) Phal. Defoliaria, der glatte braunrothe Spannenmesser, mit dem gelben Seitenstreife. r) Phal. prunata, der grüne oder braune Spannenmeister, mit den drey weißen Seitenlinien. s) Phal. fluctuata, eine gelblich grüne Raupe mit einigen carminrothen Puncten auf dem letzten Ringe. t) Phal. Cuculatella, die kleine braunhaarichte weißgefleckte Raupe. u) Der Rosenwickler, Tortix | Rosana Linn. der schwarze weißpunctirte Blattwickler. v) Der grasgrüne Blattwickler mit braunem Kopf und schwarzen Puncten, nebst seinem Schmetterlinge. – Andere Raupenarten, besonders von Blattwicklern, weil sie nicht so häufig gefunden werden, werden hier billig verschwiegen. – Die Abbildungen genannter Schmetterlinge und Raupen wird man größtentheils in den Röselischen Insectenbelustigungen finden. – Ob es nicht rathsam wäre, statt mancher unnützen Kupfer in Taschenkalendern, solche Abbildungen aus der Naturgeschichte mit Farben erleuchtet, zu liefern? Wenigstens lernten viele, die größere entomologische Werke nie zu sehen bekommen, manche Gegenstände daraus besser kennen und sorgfältiger beobachten, als es bey theatralischen Gruppen und Moden-Abbildungen geschehen kann.

N. S. Der Zweifel, (S. 1 Jahrg. VI Heft S. 729.) ob die Blüthraupe, Phal. brumata Linn. die Phalaena dispar sey? wird durch die Belehrung des Herrn Feige aufgelöst. Phalaena dispar Linn. ist die Schwammotte. (S. num. 7. lit. g.) vorstehenden Auszugs seiner Anweisung etc. etc.)

 Tann im December 1791.