Falsche und wahre Prophezeiungen

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Titel: Falsche und wahre Prophezeiungen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 97
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[97] Falsche und wahre Prophezeiungen. Es ist eine im Leben bedeutender Männer nicht ungewöhnliche Erscheinung, daß sie in ihrer Jugend gründlich verkannt werden und ihre Umgebung ihnen keineswegs glänzende Aussichten für ihr späteres Leben eröffnet. Der Heimgang Karl Hases, des großen Kirchenhistorikers und liberalen Theologen, der am 3. Januar zu Jena starb, des „Burschenschafters auf dem theologischen Lehrstuhl“, dessen Bild und Lebensabriß die "Gartenlaube" im Jahrgang 1880 gebracht hat, erinnert an ein Geschichtchen, welches der Verstorbene selbst in seiner liebenswürdigen Jugenderinnerungen „Ideale und Irrthümer"“ erzählt. Hases Vater, Pfarrer zu Steinbach am Abhang des Sächsischen Erzgebirges, war gestorben, als der kleine Karl eben 2 1/2 Jahre alt war. Mit irdischen Gütern spärlich gesegnet, vermochte die Mutter ihre 7 Kinder nicht alle selbst heranzuziehen, und so nahm den Zweitjüngsten, eben unseren Karl, ein Freund des Vaters zu sich. Indessen auch dieser Pflegevater hatte kein Glück; er verlor in dem bösen Jahre 1806 sein Vermögen und so kam der Junge im 10. Jahre zu einem Bruder des Vaters nach Altenburg. Hier geschah es nun manchmal, daß Karl am Sonnabend eine schlechte Censur aus der Schule mit nach Hause brachte und bei dem guten Onkel und seiner Tochter, der wohlmeinenden, aber etwas rauh sich gebenden „Tante Fritzchen“ in den Geruch eines Nichtsnutzes kam. Als im November 1812 - Hase war damals 12 Jahre alt - der Onkel starb und für den Jungen abermals die Frage des Wohin? sich erhob, da meinte die Tante Fritzchen: „Siehst Du, nun ist der Vater todt: hättest Du etwas gelernt, so wärst Du was; so ist nichts aus Dir geworden.“

Besser schon wurde Hase erkannt, als er nach seiner Begnadigung vom Asperg - welche zugleich seine Ausweisung aus Tübingen und dem Königreich Württemberg in sich schloß - sich von dem Tübinger Kanzler Autenrieth verabschiedete. „Sie können noch einmal mein Nachfolger werden,“ meinte der freundliche Mann. Aber „so hoch gingen meine Gedanken nicht“, fügt der Erzähler dieser Erinnerung hinzu, „doch dachte ich: sie haben mich nun von drei Universitäten fortgejagt, sie sollen mich dafür auf drei berufen; was denn auch in nicht gar zu langer Zeit geschehen ist.“

Am besten aber traf es jene Zigeunerin, die ihm eines Tages weissagte: „Du wirst bald erhöht werden.“ Ein paar Wochen drauf saß der „Staatsverbrecher“ auf dem Hohenasperg.=